15.07.2020, 15:50
Ich habe in meinem aktuellen Spiedurchlauf, den ich hier ja Stück für Stück dokumentiere, nun das Hauptspiel bis auf das Finale im Tempel von Bhaal durchgespielt. Demgegenüber habe ich die Gebiete aus dem AddOn "Legenden der Schwertküste" noch nicht betreten. Das war durchaus Absicht, nicht nur aus meiner persönlichen Spieltradition heraus oder weil der Hauptplot so mitreißend ist, dass ich mich nicht ablenken lassen wollte, sondern auch, um es mir zu ermöglichen, ein Zwischenfazit nach dem (allergrößten Teil vom) Hauptspiel ohne das AddOn zu ziehen. Dies will ich nun versuchen, wenngleich ich mich freilich auf einige herausgegriffene Punkte beschränken muss.
Meine Helden stehen jeweils bei knapp 150.000 XP. Damit haben alle Helden bis auf Imoen, die als Diebin noch einmal bei 160.000 XP aufsteigen wird, bereits jetzt ihre Maximalstufe erreicht. Das XP-Cap von Baldur's Gate mit installiertem AddOn liegt ja bei 161.000 XP. Wenn man davon ausgeht, dass sich an den vergebenen XP im Hauptspiel durch das AddOn nicht weentlich etwas verändert hat, sieht man, dass das ursprüngliche XP-Cap von 89.000 XP eigentlich viel zu niedrig war, da man es lange vor Spielabschluss bereits erreicht hatte. Für das AddOn ist das XP-Cap von 161.000 XP eigentlich auch zu niedrig, weil man es allein durch das Hauptspiel - wenn man alles mitnimmt - schon fast ausgereizt hat.
Ein XP-Cap macht im Grunde natürlich Sinn, da es ja in der Wildnis unendlich viele Kampf-XP gibt und man nicht unendlich viel leveln können soll. Anders könnte ein Balancing kaum funktionieren, wenn man nicht eine Zeitgrenze einbauen wollte (was ich noch schlimmer fände). Aber es sollte idealerweise doch schon so sein, dass man beim Spielen ohne Farming bis zumindest kurz vor dem Ende noch XP brauchen und sich durch Aufstiege weiter verbessern kann. Sonst geht - wie jetzt während des AddOns - ein wesentlicher Spielanreiz verloren. Das Verhältnis der bei gründlichem Spiel ohne Farming erlangbaren XP zum XP-Cap halte ich deshalb für nicht gut ausbalanciert.
Ein anderer erwähnenswerter Punkt ist die Ausrüstung: Natürlich müssen die Helden nicht gottgleich mit +20-Waffen herumlaufen. Und es gibt auch innerhalb Baldur's Tors noch mächtige magische Gegenstände zu erbeuten, man denke nur an die Ogerkrafthandschuhe, die dem Träger ST 18/00 und damit einen ordentlichen ST-ZUschlag sowie eine immense Tragekapazität garantieren. Gleichwohl zieht es sich durch das Spiel, dass es einen gewissen Mangel an Fortentwicklung bei der ausrüstung gibt. In vielen Fällen gibt es keine verbesserte bzw. magische Variante, in anderen findet man das Non-Plus-Ultra schon sehr früh im Spiel. Und besonders hoch gehen Boni nicht. Ein paar Beispiele:
- Der Druide kann als einzige Schilde Tartschen tragen. Es gibt keine einzige magische Tartsche im Spiel.
- Obgleich alle Helden Gürtel tragen können, gibt es - abgesehen von dem Geschlechtsumwandlungsgürtel, den ich niemandem zumuten möchte - nur vier Gürtel im ganzen Spiel: 3 magische, die RK-Boni gegen bestimmte Waffen-typen geben, und einen unmagischen, der nichts bringt. Von den drei magischen Gürteln soll man einen bei ehrlicher Spielweise eigentlich durch Ablieferung bei Unshey im Freundlichen Arm verlieren. Das ist insgesamt nicht viel, was für diese Position übrigt bleibt.
- Das beste Schwert im Spiel ist das Langschwert +2, das man bereits in Kapitel 2 von Grauwolf - wenn auch nach extrem hartem Kampf - in dem Minengebiet bei Nashkell erbeutet. Eine Waffenverbesserung gibt es danach für den Kämpfer der Gruppe nicht mehr (abgesehen von dem Bastardschwert +1, +4 gegen Gestaltwandler, speziell wenn es gegen diese Spezies geht).
- Ähnlich sieht es mit Schilden allgemein aus. Bereits in Nashkell bekommt man Langschilde +1. Es gibt nur einen einzigen besseren Schild, den Langschild +1, +4 gegen Geschosse, den man in der Queste um Varci Roaringhorn in Baldur's Tor bekommt. Und auch er bleibt im Wesentlichen ein +1-Schild.
- Es gibt keine einzige verbesserte Keule im Spiel. Damit wäre als Waffenwahl fpr Jaheira "kleine Schwerter" deutlich besser gewesen, was man aber vorher nicht weiß. Denn die beste Waffe für sie ist der Dolch +2: "Langzahn" von Krystin in Baldur's Tor, der als Dolch den Schaden eines +2-Kurzschwertes macht.
- Es gibt nichts Besseres für Magier als eine Schleuder +1 (ggf. mit Kugeln +2 allerdings). Die erste bekommt man schon im Freundlichen Arm. Eine Schleuder +2 findet sich im Hauptspiel nicht.
- Für den Dieb ist die Schattenrüstung, für Magier sind die Roben des guten bzw. neutralen Erzmagiers die besten Torso-Rüstungen. Beide kann man sehr früh im Spiel - in Beregost bzw. der hohen Hecke - erwerben, allerdings aufgrund der hohen Preise erst, wenn man etwas gespart hat. Das ist so schlecht nicht gelöst, wobei ich das schlichte Kaufen für die besten Gegenstände im Spiel dann doch etwas zu profan finde.
- Schutzringe, -umhänge- und Ketten gibt es eine ganze Reihe. Mit zwei Ausnahmen (Schutzring +2 und Schutzumhang +2) gehen sie über +1 nicht hinaus. Selbst bei der Attentäter-Gruppe um Rahvin kurz vor dem Endkampf findet man noch mehrere +1-Schutzringe. Hier häre Besseres schöner gewsen.
- Die hochstufigen Magierzauber bleiben sehr begrenzt. Meine Magier haben jeder nur wenige Stufe 4- und nur jeweils einen Stufe 5 Zauber (Todeswolke bzw. Chaos) erlernen können. Das liegt allerdings bzgl. Stufe-5-Zauber wohl daran, dass man im Hauptspiel ohne AddOn nur bis zu Stufe-4-Zaubern kommen konnte, so dass eine Kritik hieran nicht ganz fair ist. Eine gute Verknüpfung zwischen Hauptspiel und AddOn hätte allerdings anders ausgesehen.
Was dieses Thema angeht, liegt sowieso ein Bisschen etwas im Argen: Es gibt nur sehr wenige, sehr sehr schwache Verbindungslinien vom Hauptspiel zum Addon. Die eine ist Winthrop, der Wirt in Kerzenburg. Er verkauft - als einziger Händler im Hauptspiel - Krummsäbel und damit Waffen, die erst mit dem AddOn eingeführt worden sind. Die andere ist Gandolar Glücksfuß, der Dorfvorsteher von Gullykin, der Durlag's Turm, eines der AddOn-Gebiete, zumindest einmal als Ziel für Abenteurer erwähnt, auch wenn man nur abweisend antworten kann.
Dass es mehr Verbindungen nicht gibt, mag wohl daran liegen, dass man das AddOn auch mit Helden noch spielen konnte, die das Hauptspiel schon durch hatten. Dann wurde man nach Laden des Abschlussspielstandes direkt in das AddOn-Gebiet versetzt und der Bhaal-Tempel war wieder auf Null gesetzt. Hätte es im Hauptspiel mehr veränderungen gegeben, wären die Helden, die schon durch waren, so entgangen.
Für Spieler, die mit AddOn neu beginnen, geht ohne diese Verbindungslinien indessen einiges verloren. Das AddOn scheint nämlich isoliert und etwas unmotiviert neben dem Hauptspiel zu stehen. Es gibt eigentlich - zumal bei dichter Haupthandlung, die den Eindruck von Zeitdruck zumindest gegen Ende vermittelt - keinen Grund, die AddOn-Gebiete aufzusuchen. Zwar trifft das auch auf so manchen Landstrich des Hauptspiels zu, so dass diese Kritik auf Durlag's Turm, der inmitten der anderen Landstriche liegt, eher weniger zutrifft. Was allerdings Ulgoth's Beard angeht, ist die Stadt durch den Pfeil erkennbar ein Stück jenseits des eigentlichen Reisegebietes gelegen. Weshalb sollten die Helden dorthinreisen, wenn doch niemand sie dazu aufgefordert hat und keine Hinweise im Hinblick auf Eisenkrise, Mordkomplott oder die eigene Vergangenheit - worum es bei der ganzen Reise ja letztlich geht - in diese Richtung weist.
Hier wäre vielleicht doch ein Mittelweg der besere gewesen, der für neu anfangende Gruppen eine Motivation schafft, sich den zusätzlichen Herausforderungen zu stellen und dafür die sonstigen Aktivitäten etwas beiseite zu lassen.
Abgesehen von der AddOn-Frage bleibnt zum Hauptspiel zu sagen, dass die Begleiter nicht sehr ausgewogen sind. Es gibt eine ganze Reihe Diebe, jedoch ist diese Position mit Imoen, die man von Beginn an dabei hat, eigentlich schon besetzt. Einen wirklichen Grund, dauerhaft umzusteigen, gibt es nicht (es sei denn, man wollte Imoen zur Magierin machen, die dann aber bei Stufe 1 damit anfängt, wenn andere schon deutlich weiter sind, und auch nicht so hoch kommt). Es gibt außer Khalid keinen einzigen nicht-bösen reinen Kämpfer im Spiel. Kivan, Minsc und Ajantis sind zwar kampfstark, aber eben auch keine Kämpfer. Mehr als zwei Waffenspezialisierungen können sie nicht erwerben.
Es gibt außer Xan und Dynaheir auch keine nicht-bösen reinen Magier. Die beiden ergänzen sich allerdings insoweit ganz ordentlich, als dass Xan neutral ist und Dynaheir gut, so dass für jeden eine Erzmagierrobe da ist. Dass Xan die meisten guten Kampfzauber nicht beherrscht, ist allerdings gerade am Anfang ein Problem. Seine coole Waffe, die Mondklinge, die in gleißend blauem Feuer erstrahlt, kann er kaum einsetzen, da er mit 4 HP pro Stufe selbst mit Schutzzaubern einfach zu gefährdet bleibt, solange es nicht gegen sehr schwache Gegner geht. Jaheira ist ein sehr schwacher Charakter. Durch ihre Druidenklasse ist sie in den Waffen und den Kleriker-Zaubern jeweils deutlich eingeschränkt. Im Grunde macht es nur aus RP-Gründen Sinn, sie mitzunehmen. Ansonsten wäre Branwen die deutlich bessere Wahl: sie ist als Klerikerin bei dere Waffenwahl kaum beschränkt und hat ein viel größeres Zauberrepertoire zur Verfügung. Einzig kann sie nur einen stat zwei Waffenfertigkeitspunkte erwerben.
Viele Begleiter kommen auch zu spät ins Spiel. Ich meine, dass man ab Kapitel 4 oder spätestens 5 eher keine Austausche mehr vornimmt, weil es ein Auseinanderreißen der langzeitig bestehenden Gruppe bedeuten würde. Dies würde nur interessant, wenn ein deutlich besserer Held hinzukommt. Solche aber gibt es nicht; alle NPC haben eher durchschnittliche Werte.
Unangenehm ist es, dass sich viele NPC - ab einem bestimmten Punkt jedenfalls - endgültig verabschieden, wenn man sie einmal aus der Gruppe entlässt. Das macht es schwierig, temporär, z.B. für eine Begleiterqueste - mal die Mitglieder durchzuwechseln. Das geht mit Imoen z.B. immer. Xan, Dynaher und Khalid und Jaheira laufen aber mitunter dauerhaft weg.
Dass die Begleiter-Questen eher schlecht ausgearbeitet sind im Original-Baldur's Gate hatte ich ja schon verschiedentlich geschrieben.
Ebenfalls wenig gelungen ist die Tagebuchführung (die deshalb in der Enhanced Edition ja wohl auch deutlich verändert/verbessert wurde). Es gibt zu viel zu vielen Questen keinen Abschlusseintrag, zu manchen sogar überhaupt keinen Eintrag. Demgegenüber werden häufig eine vielzahl nichtssagender Einträge aus Zufallsgesprächen mit Stadtbewohnern oder Zech-Gerüchten geamcht, auch wenn sie von dem Stadium der Handlung her schon längst nicht mehr passen.
Auch dass die Tagebicheinträge mit dem Gesprächsverlauf oft nicht übereinstimmen, ist misslich. Teilweise bekommt man bestimmte Informationen nur oder nur in klarer Form durch den Tagebicheintrag (am extremsten: Mordkomplott in Kerzenburg vor dem Treffen mit Rieltar). In anderen Fällen leitet der Tagebicheintrag durch unrichtige Wiedergabe in die Irre (etwa: Erwähnung der Abwasserkanäle nach dem Gespräch mit G'axir, dem Seher).
Es bleibt beeindruckend die Fülle der Questen, der Gebiete, der NSC, zum Teil auch der detailreichtum der Grafik, die Epik der durchaus nicht ganz geradlinigen Geschichte und die Fülle der Gegenstände (man bedenke die diversen Edelsteine und Geschichtsbücher, die magischen Gegenstände und die eine eigene Geschichte mitbringen).
Nicht so gut gelungen finde ich das Ruf-System. Ruf +20 ist allzu schnell erreicht, wenn man alle Questen mitnimmt. Und danach gibt es nichts merh zu erreichen. Wollte man böse spielen, wäre es sicherlich eine stetige Herausforderung, von einem heldenhaften Ruf herunterzukommen. Jedenfalls hätte ich schon nicht geweusst, wie ich wirklich RP-gerecht einen neutralen (also nicht guten) Druiden hätte spielen sollen.
Auch das Tavernen- und Gasthaussystem ist nicht ideal. Dass man fast überall jede Zimmerkategorie buchen kann und jeder Händler die gleichen An- und Verkaufspreise zahlt sowie unendlich viel GM hat, ist nicht besonders logisch. Da hätte etwas mehr Vielfalt durchaus gut getan. Vielleicht hätten manche Händler auch im Laufe des Spiels neue Ware bekommen können.
Schön finde ich, dass es mit den Leitfäden Möglichkeiten gibt, jede Eigenschaft einmal zu steigern, was bei AD&D leider ja auf normalem Wege überhaupt nicht möglich ist. Etwas weniger schön ist demgegenüber, dass man einen weiteren Weisheits-Leitfaden eigentlich in der Queste um den Geas verliert. Dass man hier in den Taschendiebstahl gedrängt wird zur Lösung ist suboptimal.
Das gilt auch insgesamt für das Taschendiebstahls-Konzept. Zum einen der Diebstahl an sich: Man klaut großteils Gegenstände, die später Questbelohnung sein sollen. So heißt es später, man bekäme eine Belohnung, es wird aber nichts ausgehändigt. Die Dialoge sind also auf die Diebstahlsoption nicht angepasst. Einmal jemandem abgegebene Gegenstände kann man hingegen nicht zurückklauen. Das kann durchaus Sinn machen, hätte dann aber auch für Questbelohnungen gelten sollen. Zum anderen sind die Diebstahsfolgen zu gravierend. Ein missglückter Versuch und das Opfer greift an. Es gibt keine Möglichkeit, sich rauszureden oder rauszukaufen. Da die Folgen viel zu gravierend sind, wird man so quasi in ein "Cheaten" durch Speicher-und-Laden gedrängt.
Es sind - zumindest für das Hauptspiel - nicht alle Heldenklassen gleichgut geeignet. Um es ganz konkret zu sagen: der Druide war im Grunde ein Fehlgriff. Nicht nur, dass es wenig Gelegenheit gibt, druidisch zu spielen. Es ist vielmehr allgemein so, dass das Spiel darauf ausgelegt ist, dass der Hauptheld vorangeht und im Zweife auch kämpferisch ist. Ein Dieb oder Zauberkundiger wäre hier auch keine so gute Wahl. Das sind Helden, die in der Regel als "Hilfstruppen" eher nicht in vorderster Front laufen. So läuft es - gerade für einen Druiden, dem wie dem Kleriker eher die Rolle als Heiler zukommt - darauf hinaus, dass Khalid als Kämpfer (oder halt Ajantis oder Minsc, wenn man denen mehr abgewinnt) voran geht und der Hauptheld im alltäglchen Spiel Statist bleibt. Dadurch sinkt auch der Wiederspielwert, denn ich weiß, dass bei meinem nächsten Spieldurchlauf - wenn ich keine Kämpferklasse spiele - mein Hauptheld wieder hinter Khalid zurückstehen würde und dieser die Gruppe wie schon jetzt anführen würde. Eigene Akzente setzen jedenfalls die Heiler (Driden/Kleriker) in einem so auf Kampf ausgelegten System eher wenig. Eventuell könnte ein Zauberkundiger das noch am ehesten.
Soviel einstweilen. Als nächstes folgen die AddOn-Gebiete. Mal schauen, ob da wirklich Lohnendes ergänzt wurde. Ich erinnere ein wenig, aber mehr schemenhaft, wie auch vom Hauptspiel. Es ist eben lange her, dass ich es gespielt habe. Und es kann nun auch wieder eine Weile dauern, bis es weiter geht.
Meine Helden stehen jeweils bei knapp 150.000 XP. Damit haben alle Helden bis auf Imoen, die als Diebin noch einmal bei 160.000 XP aufsteigen wird, bereits jetzt ihre Maximalstufe erreicht. Das XP-Cap von Baldur's Gate mit installiertem AddOn liegt ja bei 161.000 XP. Wenn man davon ausgeht, dass sich an den vergebenen XP im Hauptspiel durch das AddOn nicht weentlich etwas verändert hat, sieht man, dass das ursprüngliche XP-Cap von 89.000 XP eigentlich viel zu niedrig war, da man es lange vor Spielabschluss bereits erreicht hatte. Für das AddOn ist das XP-Cap von 161.000 XP eigentlich auch zu niedrig, weil man es allein durch das Hauptspiel - wenn man alles mitnimmt - schon fast ausgereizt hat.
Ein XP-Cap macht im Grunde natürlich Sinn, da es ja in der Wildnis unendlich viele Kampf-XP gibt und man nicht unendlich viel leveln können soll. Anders könnte ein Balancing kaum funktionieren, wenn man nicht eine Zeitgrenze einbauen wollte (was ich noch schlimmer fände). Aber es sollte idealerweise doch schon so sein, dass man beim Spielen ohne Farming bis zumindest kurz vor dem Ende noch XP brauchen und sich durch Aufstiege weiter verbessern kann. Sonst geht - wie jetzt während des AddOns - ein wesentlicher Spielanreiz verloren. Das Verhältnis der bei gründlichem Spiel ohne Farming erlangbaren XP zum XP-Cap halte ich deshalb für nicht gut ausbalanciert.
Ein anderer erwähnenswerter Punkt ist die Ausrüstung: Natürlich müssen die Helden nicht gottgleich mit +20-Waffen herumlaufen. Und es gibt auch innerhalb Baldur's Tors noch mächtige magische Gegenstände zu erbeuten, man denke nur an die Ogerkrafthandschuhe, die dem Träger ST 18/00 und damit einen ordentlichen ST-ZUschlag sowie eine immense Tragekapazität garantieren. Gleichwohl zieht es sich durch das Spiel, dass es einen gewissen Mangel an Fortentwicklung bei der ausrüstung gibt. In vielen Fällen gibt es keine verbesserte bzw. magische Variante, in anderen findet man das Non-Plus-Ultra schon sehr früh im Spiel. Und besonders hoch gehen Boni nicht. Ein paar Beispiele:
- Der Druide kann als einzige Schilde Tartschen tragen. Es gibt keine einzige magische Tartsche im Spiel.
- Obgleich alle Helden Gürtel tragen können, gibt es - abgesehen von dem Geschlechtsumwandlungsgürtel, den ich niemandem zumuten möchte - nur vier Gürtel im ganzen Spiel: 3 magische, die RK-Boni gegen bestimmte Waffen-typen geben, und einen unmagischen, der nichts bringt. Von den drei magischen Gürteln soll man einen bei ehrlicher Spielweise eigentlich durch Ablieferung bei Unshey im Freundlichen Arm verlieren. Das ist insgesamt nicht viel, was für diese Position übrigt bleibt.
- Das beste Schwert im Spiel ist das Langschwert +2, das man bereits in Kapitel 2 von Grauwolf - wenn auch nach extrem hartem Kampf - in dem Minengebiet bei Nashkell erbeutet. Eine Waffenverbesserung gibt es danach für den Kämpfer der Gruppe nicht mehr (abgesehen von dem Bastardschwert +1, +4 gegen Gestaltwandler, speziell wenn es gegen diese Spezies geht).
- Ähnlich sieht es mit Schilden allgemein aus. Bereits in Nashkell bekommt man Langschilde +1. Es gibt nur einen einzigen besseren Schild, den Langschild +1, +4 gegen Geschosse, den man in der Queste um Varci Roaringhorn in Baldur's Tor bekommt. Und auch er bleibt im Wesentlichen ein +1-Schild.
- Es gibt keine einzige verbesserte Keule im Spiel. Damit wäre als Waffenwahl fpr Jaheira "kleine Schwerter" deutlich besser gewesen, was man aber vorher nicht weiß. Denn die beste Waffe für sie ist der Dolch +2: "Langzahn" von Krystin in Baldur's Tor, der als Dolch den Schaden eines +2-Kurzschwertes macht.
- Es gibt nichts Besseres für Magier als eine Schleuder +1 (ggf. mit Kugeln +2 allerdings). Die erste bekommt man schon im Freundlichen Arm. Eine Schleuder +2 findet sich im Hauptspiel nicht.
- Für den Dieb ist die Schattenrüstung, für Magier sind die Roben des guten bzw. neutralen Erzmagiers die besten Torso-Rüstungen. Beide kann man sehr früh im Spiel - in Beregost bzw. der hohen Hecke - erwerben, allerdings aufgrund der hohen Preise erst, wenn man etwas gespart hat. Das ist so schlecht nicht gelöst, wobei ich das schlichte Kaufen für die besten Gegenstände im Spiel dann doch etwas zu profan finde.
- Schutzringe, -umhänge- und Ketten gibt es eine ganze Reihe. Mit zwei Ausnahmen (Schutzring +2 und Schutzumhang +2) gehen sie über +1 nicht hinaus. Selbst bei der Attentäter-Gruppe um Rahvin kurz vor dem Endkampf findet man noch mehrere +1-Schutzringe. Hier häre Besseres schöner gewsen.
- Die hochstufigen Magierzauber bleiben sehr begrenzt. Meine Magier haben jeder nur wenige Stufe 4- und nur jeweils einen Stufe 5 Zauber (Todeswolke bzw. Chaos) erlernen können. Das liegt allerdings bzgl. Stufe-5-Zauber wohl daran, dass man im Hauptspiel ohne AddOn nur bis zu Stufe-4-Zaubern kommen konnte, so dass eine Kritik hieran nicht ganz fair ist. Eine gute Verknüpfung zwischen Hauptspiel und AddOn hätte allerdings anders ausgesehen.
Was dieses Thema angeht, liegt sowieso ein Bisschen etwas im Argen: Es gibt nur sehr wenige, sehr sehr schwache Verbindungslinien vom Hauptspiel zum Addon. Die eine ist Winthrop, der Wirt in Kerzenburg. Er verkauft - als einziger Händler im Hauptspiel - Krummsäbel und damit Waffen, die erst mit dem AddOn eingeführt worden sind. Die andere ist Gandolar Glücksfuß, der Dorfvorsteher von Gullykin, der Durlag's Turm, eines der AddOn-Gebiete, zumindest einmal als Ziel für Abenteurer erwähnt, auch wenn man nur abweisend antworten kann.
Dass es mehr Verbindungen nicht gibt, mag wohl daran liegen, dass man das AddOn auch mit Helden noch spielen konnte, die das Hauptspiel schon durch hatten. Dann wurde man nach Laden des Abschlussspielstandes direkt in das AddOn-Gebiet versetzt und der Bhaal-Tempel war wieder auf Null gesetzt. Hätte es im Hauptspiel mehr veränderungen gegeben, wären die Helden, die schon durch waren, so entgangen.
Für Spieler, die mit AddOn neu beginnen, geht ohne diese Verbindungslinien indessen einiges verloren. Das AddOn scheint nämlich isoliert und etwas unmotiviert neben dem Hauptspiel zu stehen. Es gibt eigentlich - zumal bei dichter Haupthandlung, die den Eindruck von Zeitdruck zumindest gegen Ende vermittelt - keinen Grund, die AddOn-Gebiete aufzusuchen. Zwar trifft das auch auf so manchen Landstrich des Hauptspiels zu, so dass diese Kritik auf Durlag's Turm, der inmitten der anderen Landstriche liegt, eher weniger zutrifft. Was allerdings Ulgoth's Beard angeht, ist die Stadt durch den Pfeil erkennbar ein Stück jenseits des eigentlichen Reisegebietes gelegen. Weshalb sollten die Helden dorthinreisen, wenn doch niemand sie dazu aufgefordert hat und keine Hinweise im Hinblick auf Eisenkrise, Mordkomplott oder die eigene Vergangenheit - worum es bei der ganzen Reise ja letztlich geht - in diese Richtung weist.
Hier wäre vielleicht doch ein Mittelweg der besere gewesen, der für neu anfangende Gruppen eine Motivation schafft, sich den zusätzlichen Herausforderungen zu stellen und dafür die sonstigen Aktivitäten etwas beiseite zu lassen.
Abgesehen von der AddOn-Frage bleibnt zum Hauptspiel zu sagen, dass die Begleiter nicht sehr ausgewogen sind. Es gibt eine ganze Reihe Diebe, jedoch ist diese Position mit Imoen, die man von Beginn an dabei hat, eigentlich schon besetzt. Einen wirklichen Grund, dauerhaft umzusteigen, gibt es nicht (es sei denn, man wollte Imoen zur Magierin machen, die dann aber bei Stufe 1 damit anfängt, wenn andere schon deutlich weiter sind, und auch nicht so hoch kommt). Es gibt außer Khalid keinen einzigen nicht-bösen reinen Kämpfer im Spiel. Kivan, Minsc und Ajantis sind zwar kampfstark, aber eben auch keine Kämpfer. Mehr als zwei Waffenspezialisierungen können sie nicht erwerben.
Es gibt außer Xan und Dynaheir auch keine nicht-bösen reinen Magier. Die beiden ergänzen sich allerdings insoweit ganz ordentlich, als dass Xan neutral ist und Dynaheir gut, so dass für jeden eine Erzmagierrobe da ist. Dass Xan die meisten guten Kampfzauber nicht beherrscht, ist allerdings gerade am Anfang ein Problem. Seine coole Waffe, die Mondklinge, die in gleißend blauem Feuer erstrahlt, kann er kaum einsetzen, da er mit 4 HP pro Stufe selbst mit Schutzzaubern einfach zu gefährdet bleibt, solange es nicht gegen sehr schwache Gegner geht. Jaheira ist ein sehr schwacher Charakter. Durch ihre Druidenklasse ist sie in den Waffen und den Kleriker-Zaubern jeweils deutlich eingeschränkt. Im Grunde macht es nur aus RP-Gründen Sinn, sie mitzunehmen. Ansonsten wäre Branwen die deutlich bessere Wahl: sie ist als Klerikerin bei dere Waffenwahl kaum beschränkt und hat ein viel größeres Zauberrepertoire zur Verfügung. Einzig kann sie nur einen stat zwei Waffenfertigkeitspunkte erwerben.
Viele Begleiter kommen auch zu spät ins Spiel. Ich meine, dass man ab Kapitel 4 oder spätestens 5 eher keine Austausche mehr vornimmt, weil es ein Auseinanderreißen der langzeitig bestehenden Gruppe bedeuten würde. Dies würde nur interessant, wenn ein deutlich besserer Held hinzukommt. Solche aber gibt es nicht; alle NPC haben eher durchschnittliche Werte.
Unangenehm ist es, dass sich viele NPC - ab einem bestimmten Punkt jedenfalls - endgültig verabschieden, wenn man sie einmal aus der Gruppe entlässt. Das macht es schwierig, temporär, z.B. für eine Begleiterqueste - mal die Mitglieder durchzuwechseln. Das geht mit Imoen z.B. immer. Xan, Dynaher und Khalid und Jaheira laufen aber mitunter dauerhaft weg.
Dass die Begleiter-Questen eher schlecht ausgearbeitet sind im Original-Baldur's Gate hatte ich ja schon verschiedentlich geschrieben.
Ebenfalls wenig gelungen ist die Tagebuchführung (die deshalb in der Enhanced Edition ja wohl auch deutlich verändert/verbessert wurde). Es gibt zu viel zu vielen Questen keinen Abschlusseintrag, zu manchen sogar überhaupt keinen Eintrag. Demgegenüber werden häufig eine vielzahl nichtssagender Einträge aus Zufallsgesprächen mit Stadtbewohnern oder Zech-Gerüchten geamcht, auch wenn sie von dem Stadium der Handlung her schon längst nicht mehr passen.
Auch dass die Tagebicheinträge mit dem Gesprächsverlauf oft nicht übereinstimmen, ist misslich. Teilweise bekommt man bestimmte Informationen nur oder nur in klarer Form durch den Tagebicheintrag (am extremsten: Mordkomplott in Kerzenburg vor dem Treffen mit Rieltar). In anderen Fällen leitet der Tagebicheintrag durch unrichtige Wiedergabe in die Irre (etwa: Erwähnung der Abwasserkanäle nach dem Gespräch mit G'axir, dem Seher).
Es bleibt beeindruckend die Fülle der Questen, der Gebiete, der NSC, zum Teil auch der detailreichtum der Grafik, die Epik der durchaus nicht ganz geradlinigen Geschichte und die Fülle der Gegenstände (man bedenke die diversen Edelsteine und Geschichtsbücher, die magischen Gegenstände und die eine eigene Geschichte mitbringen).
Nicht so gut gelungen finde ich das Ruf-System. Ruf +20 ist allzu schnell erreicht, wenn man alle Questen mitnimmt. Und danach gibt es nichts merh zu erreichen. Wollte man böse spielen, wäre es sicherlich eine stetige Herausforderung, von einem heldenhaften Ruf herunterzukommen. Jedenfalls hätte ich schon nicht geweusst, wie ich wirklich RP-gerecht einen neutralen (also nicht guten) Druiden hätte spielen sollen.
Auch das Tavernen- und Gasthaussystem ist nicht ideal. Dass man fast überall jede Zimmerkategorie buchen kann und jeder Händler die gleichen An- und Verkaufspreise zahlt sowie unendlich viel GM hat, ist nicht besonders logisch. Da hätte etwas mehr Vielfalt durchaus gut getan. Vielleicht hätten manche Händler auch im Laufe des Spiels neue Ware bekommen können.
Schön finde ich, dass es mit den Leitfäden Möglichkeiten gibt, jede Eigenschaft einmal zu steigern, was bei AD&D leider ja auf normalem Wege überhaupt nicht möglich ist. Etwas weniger schön ist demgegenüber, dass man einen weiteren Weisheits-Leitfaden eigentlich in der Queste um den Geas verliert. Dass man hier in den Taschendiebstahl gedrängt wird zur Lösung ist suboptimal.
Das gilt auch insgesamt für das Taschendiebstahls-Konzept. Zum einen der Diebstahl an sich: Man klaut großteils Gegenstände, die später Questbelohnung sein sollen. So heißt es später, man bekäme eine Belohnung, es wird aber nichts ausgehändigt. Die Dialoge sind also auf die Diebstahlsoption nicht angepasst. Einmal jemandem abgegebene Gegenstände kann man hingegen nicht zurückklauen. Das kann durchaus Sinn machen, hätte dann aber auch für Questbelohnungen gelten sollen. Zum anderen sind die Diebstahsfolgen zu gravierend. Ein missglückter Versuch und das Opfer greift an. Es gibt keine Möglichkeit, sich rauszureden oder rauszukaufen. Da die Folgen viel zu gravierend sind, wird man so quasi in ein "Cheaten" durch Speicher-und-Laden gedrängt.
Es sind - zumindest für das Hauptspiel - nicht alle Heldenklassen gleichgut geeignet. Um es ganz konkret zu sagen: der Druide war im Grunde ein Fehlgriff. Nicht nur, dass es wenig Gelegenheit gibt, druidisch zu spielen. Es ist vielmehr allgemein so, dass das Spiel darauf ausgelegt ist, dass der Hauptheld vorangeht und im Zweife auch kämpferisch ist. Ein Dieb oder Zauberkundiger wäre hier auch keine so gute Wahl. Das sind Helden, die in der Regel als "Hilfstruppen" eher nicht in vorderster Front laufen. So läuft es - gerade für einen Druiden, dem wie dem Kleriker eher die Rolle als Heiler zukommt - darauf hinaus, dass Khalid als Kämpfer (oder halt Ajantis oder Minsc, wenn man denen mehr abgewinnt) voran geht und der Hauptheld im alltäglchen Spiel Statist bleibt. Dadurch sinkt auch der Wiederspielwert, denn ich weiß, dass bei meinem nächsten Spieldurchlauf - wenn ich keine Kämpferklasse spiele - mein Hauptheld wieder hinter Khalid zurückstehen würde und dieser die Gruppe wie schon jetzt anführen würde. Eigene Akzente setzen jedenfalls die Heiler (Driden/Kleriker) in einem so auf Kampf ausgelegten System eher wenig. Eventuell könnte ein Zauberkundiger das noch am ehesten.
Soviel einstweilen. Als nächstes folgen die AddOn-Gebiete. Mal schauen, ob da wirklich Lohnendes ergänzt wurde. Ich erinnere ein wenig, aber mehr schemenhaft, wie auch vom Hauptspiel. Es ist eben lange her, dass ich es gespielt habe. Und es kann nun auch wieder eine Weile dauern, bis es weiter geht.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."