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Nehmen, wie es kommt
#21
Oh nee... lange nicht mehr soo gelacht..:lol: Danke!
#22
@ Crystal
Ich versuche mich gern an einem würdigen Finale. Leider hängt das zu nicht unbeträchtlichen Teilen von meinen Helden ab. Oh je. :lol:

@ Achwas
Gern geschehen. Freut mich, wenn es gefällt. :)
#23
Ohne blaue Bohnen zum Hallelujah

Ein Computerspielheld kennt keinen Rost, vielmehr bewahrt seine digitale Biologie Spannkraft wie Frische. Folglich kramten sich die Helden ohne jedes Ächzen aus den Betten, als nach dem langen Winter die Schneeschmelze die Wege freispülte und erwanderten sich in der aufblühenden Natur den Weg zum grausen Spukschloss. Nicht einmal meinem Jäger gelang es, ein zinnenbekröntes, drei Etagen hohes Anwesen zu übersehen, also ward es auf Anhieb gefunden. Klopf, klopf, hinein.

Einmal darinnen, offenbarte sich das Werk eines Architekten, den anzubeten sich jeder Messie verpflichtet fühlen sollte. Überall war an Ecken, Winkel, Abstellflächen und Sammelplätze gedacht worden, die in vorbildlicher Weise selbst abnorme Mengen der Zeugnisse eines ausgeprägten Sammelwahnes aufnehmen könnten. Offenkundig war der Hausherr erst kürzlich eingezogen, denn noch stand das Schloss - genauer: die gemauerte Kredenz - größtenteils leer. Zu meinem größten Bedauern sah ich mich gezwungen, ihm selbst das Wenige zu nehmen, das er bereits horten konnte, denn ich trachtete nach seinem Kartenstück. Zu seinem größten Bedauern sah er sich außerstande, meinem Wunsch nachkommen zu wollen, entsprechend ließ ich ihn von meinen Helden in aller Artigkeit erschlagen. Neuer Zähler: 6 Kartenstücke.

Ich prüfte meine Notizen und las in meinen Vermerken von noch zwei verbleibenden kartenstückgebenden Möglichkeiten: Zunächst das Einhorn, das aber bekanntlich einer ganz eigenen Zeitrechnung folgt und auf die kalendarische Kompetenz eines so saumseligen Gesellen wollte ich lieber nicht Thorwals Schicksal verwetten. Blieb noch der Händler Kolberg, den ich allerdings bereits erfolglos gesucht hatte. Nur was heißt hier "allerdings", wenn das Geschick einer kompletten Gegend daran hängt? Eben. Daher rüstete ich keine Geringere als meine eigene Einstellung, es mit dem größten Feind des Durchschnittsspielers aufzunehmen und zog gegen das zufallsabhängige Eintreten Höchstwichtigen ("ZAEH") zu Felde. Hoho - und was war das für ein Gegner!

Handelsübliche Heldensagen vermitteln ob solcher Suchreisen gerne den Eindruck entschiedener Dramatik. Da wird angekämpft, durchgerungen, entbehrt, strapaziert, durchgehalten und eine arge Not gelitten. Meine Helden hingegen verbrachten ihre Tage mit landschaftsholder Wanderung und ihre Abende am gemütlichen Grill. Wieder und wieder und wieder. Es gibt schlimmere Feinde als Mordor-Orks; ereignislose Routine beispielsweise. Wer die Spielbeschreibungen auswendig aufsagen kann, sei auf die Stadttexte verwiesen: Mir wurde diese Spieletappe zu einem immerwährenden Groenvelden.
Die Thorwaler Fauna wird sich erst in Jahren von den umfänglichen Streifzügen meiner Helden erholen, denn während mein Jäger schon in seinen Anfangstagen ein Vertreter der Einstellung "Erst schießen, dann fragen" war, hat er mittlerweile endlich das notwendige Talent perfektioniert, dem Reh tatsächlich ein Dirty Harry zu sein. Make my day, Bambi. Auch der Druide sammelte fleißig und während ich wieder und wieder das Halbrund des Premer Golfs in erfolgloser Händlersuche abschritt, dachte ich während der ebenso zahlreichen wie einträglichen Krautverkäufe immer häufiger daran, dass die 20.000 Goldstücke für ein eigenes Schiff kein gänzlich unerreichbares Ziel seien. (Doch, eigentlich schon. Wer sich die Mundwinkel beschweren möchte, kann ja mal gucken, was passiert.)

[Bild: kolberg.png]
Allein schon der tückische Blick. Kein Wunder, dass so jemand über Monate gehässig kichernd himterm Busch hockt.

Und plötzlich kommt Kolberg einfach so um die Ecke. Gerade noch müssen mich meine Helden zum wiederholten Male zwingen, sie doch nur noch dieses eine Mal von Daspota nach Varnheim zu klicken, da taucht der Händler auf und will für läppische 60 Dukaten sein Kartenstück veräußern. Meine Helden tragen inzwischen über das Hundertfache bei sich; es ist zu finanzieren. Puh, was für eine Geduldsprobe. Und mit diesem Kartenstück steht die Tür zum Finale sperrangelweit offen.
#24
Famos, Herr Hamster!
#25
Oh, grausamer Hamster! Wie konntest du mich nur so lange warten lassen? Ebenso wie die Helden auf ihrer Suche nach dem Händler zog ich meine Runden durch das Forengrün, unauffällig nach einem neuen Beitrag in dieser Geschichte schielend. Nicht zu auffällig, um ihn nur ja nicht durch zu offensichtliche Erwartungshaltung zu verschrecken. So hocke auch ich hinter/neben/unter einem der grünen Bereiche, kichernd vor Freude - nicht vor Gehässigkeit -, in der Hoffnung, das nicht auch monatelang tun zu müssen, bevor die wackeren Helden von ihrem Nagetiermeister wieder hier vorbeigeleitet werden.
Treffen sich zwei Streuner auf einem Fest.
Sagt der eine: "Hast du schon die schöne Halskette der Gastgeberin gesehen?"
Sagt der andere: "Nein. Zeig mal her."
#26
@ Gaddezwerch
Habe die Ehre! :)

@ Boomer
Ich hätte den getreulichen Heldenbericht wirklich gern schon früher abgegeben, aber die paar Zeilen zur Suche nach Kolberg sind der geraffte Extrakt gleich mehrerer Spielsitzungen. Das zog sich elendig. Aber nun ist das Hindernis aus dem Weg und es zählt statt wirrer Zufälligkeit nun vor allem allerechtestes Heldenkönnen. Da kann ja nichts mehr schiefgehen. :D
#27
Finale Bravour

Dank der hinreichend ausgefüllten Karte folgerten meine Helden schlau, wo das Schwert zu suchen sei und schon während der ersten Schritte des finalen Abenteuers wuchsen sie über sich selbst hinaus. Zwar fehlten mir die Kartenstücke oben links, aber eine gar nicht eingezeichnete Dracheneiche hält echte Heroen nicht davon ab, eben jene dennoch zu erkennen, wenn sie zwischen Vilnheim und Phexcaer patroullieren. Du bist erkannt, Schwertpfad! Ab in die Büsche.

Der Jäger stürzte an der ersten Möglichkeit und das Spiel führte akribisch Protokoll, damit ich auch nicht eine einzige Kleinigkeit der folgenden Peinlichkeit übersehe:
- Weg verfehlen? Jepp.
- Auf morschen Ast treten? Jepp.
- Umknicken? Jepp.
- In dornigen Busch fallen? Jepp.
- Übel zerkratzt werden? Jepp.
- Die Stiefel dabei verlieren? Jepp.
- Slapstick-Einlage abgeschlossen? Nein.

Der Druide konnte nämlich unmöglich zurückstehen, platschte in seiner ganzen Hagerkeit in den Fluss und war auf der Stelle erkrankt. Eingedenk seiner früheren Missetaten an hilflosen Patienten war ich der Spielmechanik aber ganz dankbar, die verhinderte, dass er einen Heilversuch an sich selbst anrichten könnte. So folgte er den Helden hustend, niesend und tropfend in die alte Stille der verlassenen Burg. In kürzester Zeit fanden die Recken fast alle Stellen, die Geröllkrater oder Deckeneinstürze bargen und hätten sich fast selbst als architektonische Burgbestandteile verewigt. Doch mein allsehender Weitblick hatte die Sechse mit einem Heilkrautvorrat versehen, der sie davor bewahrte, sich schon in den oberen Etagen zu zertölpeln.

Mein erkrankter Druide machte die Kämpfe gegen Zombies durchaus interessant, denn mit seinem auf nur einen einzigen Punkt zusammengeschrumpelten Bewegungspunktevorrat gab er eine beispielhafte Illustration der alten Zombiefilmregel, nach der sich stets einer verletzt und deshalb noch langsamer humpelt, als ein Zombie hinterher torkeln kann. Das Spiel schien Freude an dieser Konstellation zu finden und platzierte den Druiden verlässlich exponiert. Natürlich war es auch im abschließenden Großkampf gegen die Untoten nicht anders.

[Bild: hyggelik.png]
Hyggelik wartete wohl schon etwas länger auf die Helden.

So sehr viel hatte sich nicht geändert; den meisten Schaden machte immer noch der Jäger und ein auf etliche Helden verteilter Pfeilnachschub sicherte mir die Waidmannkanonade als dauerhaften taktischen Halt. Ich deute den Kampfausgang so, dass auch das hartnäckigste Skelett irgendwann zerbricht, wenn die Last der in ihm steckenden Pfeile zu groß wird. Vermutlich empfand auch der sichtlich alte Hetmann Hyggelik diese Vorgehensweise, mit der mir das Ungeschick meiner Nahkämpfer zu übergehen gelang, als sattsam originell, denn er überreichte den Helden die begehrte Waffe. Leider war es kein Pfeil, sondern nur ein magisches Schwert, was im weiteren Verlauf zu kleineren Verlegenheiten führen sollte, doch ein Gast mit Sinn für Ziemlichkeit sagt danke, was immer auch ihm gereicht wird.

Mit einem erkrankten Druiden im Schlepptau und den unmöglichen Bodenverhältnissen um mich herum, stand mir nicht der Sinn nach mußevollem Verweilen, also hieß ich den Magier, aus seiner lethargischen Anteilnahmslosigkeit zu erwachen und den Trupp per Transversalis als Eilgut zum Ausgang zu senden. Schwupp, raus. Der Druide wurde in Phexcaer umgehend geheilt und des Jägers Füße neu besohlt. Zwischen besagter Stadt und dem Einsiedlersee legten sich meine Helden auf die Lauer und gedachten voll kenntnisreicher Tücke, das in ein oder zwei Jahren hier vorbeiziehende Orklager abzufangen. Oder so ähnlich. Ich habe ihren Plan nicht verstanden, was indes nicht weiter ins Gewicht fällt, denn er hat ja funktioniert. Die Orks erschienen an erwarteter Stelle.

[Bild: finalkampf.png]
Duell auf Augenhöhe: Mannsweib gegen Orkproll

Und wenn ich in einem ein gelehriger Schüler zahlreicher Computerrollenspiele bin, dann darin, den Ork umstandslos zu hassen. Ich plante nicht nur einen Sieg, ich dürstete danach, den Hauergesichtern eine Schmach zu bereiten. Die definitive Erniedrigung sollte darin bestehen, den Endgegnerchampion von einer Frau verprügeln zu lassen. Meine Kriegerin gürtete Grimring und ich klickte mit all der Routine, die sich nach zwei Jahrzehnten "Schicksalsklinge" so ansammelt, auf den Kampfgong. Leider kämpfte meine Trulla zum Fremdschämen schlecht, zum Glück übertrumpfte sie der Ork in seinem ziellosen Ehrgeiz aber just darin und ehe ich mich fragen konnte, ob man das Spiel etwa überlisten könne, indem man gezielt schlechte Werte auf den Endgegner projeziert, zerbröselte dieser bereits zu Pixelstaub.

In der abschließenden Beförderung widerstand der Thorwaler mit eingespielter Übung meinen ebenso wiederholten wie kärglichen Mühen, seinen Aberglauben auf unter 6 zu senken. Er ist ein Mann von Tradition und bleibt seiner Herkunftskultur fest verbunden. Dafür erhob sich der Zwerg mit einem Getösewert von 8 zum besten Axtkämpfer und die Kriegerin kann hinfort die blonden Locken noch betörender schwingen. Beste Voraussetzungen für die Party. Festgaben wie Festworte waren voll mondänen Pomps und während die Helden noch ihre neuen Heldenabzeichen glitzern lassen, klingen mir die Ohren vom allseits ertönenden Lob: Noch nie hätte man Helden wie diese zum Ruhme Thorwals siegen sehen. So ist es.


Ende
#28
Ein Happy End, wie es nicht vorhersehbar war, das gefällt mir. :)

Darf man auf eine Fortsetzung der Abenteuer dieser glorreichen Sechs hoffen?
"Alrik war durstig und hat getrunken."
#29
Oh ja, angesichts der Startwerte und der ersten tapsigen Verhaltensmustern der Helden (gleich zwei Nahtoderlebnisse im ersten Drittel) hatte ich ein glückliches Ende auch nicht als zwangsläufiges Ergebnis einplanen wollen. Auch die Zufälligkeit des Beförderungssystems war nicht gerade eine Stütze. Ich denke, mein Vorwissen und der Fernkämpfer gaben den Ausschlag.

In "Sternenschweif" fiele einer dieser Vorteile deutlich kleiner aus, denn ich erinnere mich an den Nachfolger nicht ganz so gut und ausgerechnet der protzt mit der größten Ansammlung tödlicher Fallen der Trilogie. Das wäre natürlich noch spannender und entsprechend reizvoll. Vielleicht würde ich sogar eine neue Party erstellen, denn auf die Art habe ich "Sternenschweif" noch nie gespielt.




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