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Unterwegs mit Zwergen
#1
Der Hintergrund der Gruppe

Die Magierin heißt Althea. Sie entstammt einer Händlerfamilie aus Beilunk. Sie ist ein bisschen verwöhnt aufgewachsen, und hat sich aber nie besonders für das Geschäft ihres Vaters interessiert. Da sie eine magische Begabung zeigte, gingen sie in den Süden auf Artefaktakademie in Kunchom, etwas, das in den Augen ihres Vaters Gnade fand. Nachdem sie die Akademie abgeschlossen hatte, sandte ihr Vater sie mit einem ihrer Schiffe auf eine Reise um den Kontinent um einen seiner Geschäftspartner im entfernten Thorwal zu besuchen. Wahrscheinlich erhofft er sich, sie in das Geschäft der Familie einzubinden. Althea ist eine sehr charismatische Person, mit Eleganz und Agilität. Die Prägung ihrer Akademie hat ihr ein geschultes Auge für den Wert weltlicher Dinge eingebracht. Im inneren ihres Herzens ist sie aber eine Romantikerin, die den Sagen der Vergangenheit ind den Balladen der Gegenwart lauscht. Während sie gedankenverloren die Saiten ihrer Laute zupft, träumt so von Reisen voller Abenteuer.

Der zwergische Streuner heißt Furka. Er ist als Handwerker im Haushalt ihres Vaters, er ist Handwerksgeselle, tätig. Er hat Althea von Kindheitsbeinen an aufwachsen sehen. Und da er selbst für einen Zwerg verhältnismäßig jung ist, hat sich so etwas wie ein geschwisterliches Verhältnis entwickelt. Furka ist ein geselliger Kerl, den man abends bei einem frischgezapften Bier und einem Kartenspiel in den Gesindehäusern oder in einer Taverne der nahen Stadt antreffen kann. Er hat sich an das Leben in der Menschenwelt gewöhnt, auch wenn es mit dem Garethi nicht so recht klappen will. Im Haushalt ihres Vaters ist er sowas wie der Zwerg für alles in einer Hausmeisterrolle. Als Athea ihre Studien abgeschlossen hatte, hatte ihr Vater Furka auf einer der Koggen der Handelsgesellschaft losgeschickt, um sie auf dieser Reise abzuholen.

Kommen wir zu den drei zwergischen Brüdern. Keldi, Hurdin und Tondar hatten sich einer zwergischen Minengemeinschaft angeschlossen. Hurdin als Bergmann, Keldi als Bergwächter, Tondar für den Holzschlag, ein "oberirdischer" Zwerg also. Als die Ausbeute nach einigen Jahren zur Neige ging, Wir sahen die drei sich gezwungen weiter zu ziehen, Worauf sie die zwergische Wanderlust packte. Etwas ziellos in der Welt der Menschen, trafen Sie in einer Hafenkneipe auf Althea und Furka. In einer sich entwickelnde Schlägerei zwischen Seemännern und Flussschiffern, jetzt fangt die Gruppe an, sich gemeinsam zu behaupten, Bevor Sie das Weite suchten. Nun sind Zwerge Zwerge und Furka hatte das, was den anderen drei fehlte, den Draht zur Menschenwelt und menschliche Begleitung. Ab da waren die fünf gemeinsam unterwegs.

Hurdin ist am einfachsten zu beschreiben. Er redet nicht viel. So etwas wie ein Stoiker, wenn man den Begriff auf Zwerge anwenden kann. Er ist hart arbeitend, endlos belastbar und greift dramatisch zu, wo es nötig ist. Keldi ist einer von denen, die in jeder Situation alle möglichen Optionen im Blick behalten. Alle Ausgänge und jede Bewegung in der Umgebung. Er hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, und scheint Althea und Furka als die jüngsten seiner Familie wahrzunehmen. Tondar ist  von den dreien der unabhängigste und beweglichste und hat auch kein Problem damit, sich von der Gruppe zu entfernen. Die drei halten zusammen wie es nur zwergische Brüder tun, wobei es eher so ist, dass Althea und Furka die drei adoptiert haben. Drei verlorene Zwerge, wie Althea in ihr Tagebuch schrieb.

Kommen wir zum letzten Teil der Gruppe. Einen halben Kontinent entfernt in der Hafenstadt Havenna. Dort traf diese Gruppe Zwerge, plus Mensch, einen stillen und zurückgezogenen Angehörigen Ihres Volkes. Dieser Zwerg mit dem Namen Archon suchte eine Schiffspassage, und er schien nicht sehr wählerisch zu sein, solange das Schiff am nächsten Tag auslaufen würde. Und wie gesagt, Zwerge sind Zwerge. Auch wenn dieser Zwerg, wie Tondar bemerkte, ganz und gar unzwergisch daherkam. Archon scheint die Welt sich herum nur aus den Tiefen des Schattens seiner Kapuze wahrzunehmen. Er ist das, was man einen urbanisierten Zwerg nennen würde. Nicht zu menschlich, aber unauffällig. Abends sitzt er abseits, häufig über einem Buch, oder eingehüllt in den Rauch seiner Pfeife. Er redet nicht viel über seine Vergangenheit. Eigentlich redet er gar nicht viel. Aber wenn er mal redet, dann redet er mit wohlgewählten Worten. Der Mannschaft des Schiffes machte er sich schnell beliebt, weil er sich mit allerhand Wehwehchen und Tinkturen auskennt  Althea beschleicht manchmal das Gefühl, dass sich dieses Wissen nicht aus Menschenfreundlichkeit angeeignet hat. Aber wie gesagt, er redet nicht viel. Über die Zeit wurde er in der Gruppe akzeptiert und da er zwar von irgendwo weg wollte und jetzt nicht sicher ist, ob er irgendwo hinwollte, ist der eben dabei. Wie gesagt, Zwerge sind Zwerge. Er ist wohl mit Abstand der älteste der Zwerge, was ihm eine natürliche Achtung einbringt.
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#2
Unterwegs mit Zwergen #1

Ein leichter Nieselregen brachte die Bohlen des Docks zum Glänzen. Althea zog die Kapuze ihres Umhangs etwas tiefer und versuchte eine bequemere Sitzhaltung zwischen der Seetruhe und einem Ballen Ölzeug einzunehmen.

Thorwaler Langschiffe mögen ja schnell sein, aber sie war es gewohnt eine Kabinentür zwischen sich und den Elementen zu haben...

Auch wenn es schlimmer sein könnte, wie ein Blick auf ihre Gefährten sie wieder erinnerte. Die Gruppe Angroschim versuchte sich soweit es ging von den Bordwänden entfernt zu halten, einzig Tondar stand tapfer hinter dem Mast und blickte besorgt auf das offene Wasser jenseits der Hafeneinfahrt.

Und Archon natürlich. Dem schweigsamen Stubenhocker schien nichts etwas anhaben zu können und dafür, dass er wohl eigentlich nicht freiwillig hier war, saß er doch recht unbekümmert im Schutz einer Plane und stopfte eine Pfeife.

Im Gegensatz zu Furka, der nahezu an Borde getragen worden war, und dessen Gesicht schon eine ungesund fahl-grünliche Farbe angenommen hatte. Dabei hatten sie noch nicht einmal abgelegt...

Althea schloss die Augen und ließ die letzten Stunden Revue passieren. Die 'Aequitas', eine Kogge aus der Flotte ihres Vaters, hatte bei Ankunft in Thorwal eine Nachricht vorgefunden, die sie unverzüglich nach Süden zurückbeorderte. Wenigstens hatte ihr Kapitän eine schnelle Passage vermitteln können, mit der sie den Weg nach Prem fortsetzen konnten...

Die zwei Stunden dazwischen hatten gerade einmal ausgereicht, auf dem Markt einen Teil der mitgebrachten Waffen und Werkzeuge (gute zwergische Ware) an den Mann zu bringen und ihrer Reisegruppe einen Teil der Kleidung zu ersetzen, der auf dem Weg aus dem Süden dem Salzwasser zum Opfer gefallen war...

Für einen Happen im Traviatempel, der ortsfremde Reisende mit offenen Armen empfing, hatte es noch gereicht. Besser als dem Drängen der Söhne des Angrosch nachzugeben – aus einer der zahlreichen Tavernen hätte sie sie wohl nicht rechtzeitig herausgekriegt...

Dafür aber wahrscheinlich leichter an Bord...

Sie musste lächeln...

...
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#3
Unterwegs mit Zwergen #2

Hinter den Marktständen kam der Travia Tempel in Sicht, die geöffneten Tore einladend in der Nachmittagssonne. Althea konnte sich nicht des Gedankens erwehren, schon einmal in dieser Situation gewesen zu sein, zwei Wochen zuvor... Sie hatten nach Prem übergesetzt, auf dem wohl ältesten thorwalschen Handelsschiff, das den Golf von Prem noch befuhr. In Prem hatten sie sich zum Haus von Garsvik Thorfinsson durchgefragt, und den ehemaligen Kapitän ihres Vaters in der Taverne nebenan aufgefunden. Ein vertrauter Moment, hatte sie doch, wie Garsvik nicht müde wurde zu betonen, als Kind auf seinen Knien gewippt. Man musste keine Zauberkräfte haben, um zu erahnen, dass er nichts dagegen hätte, wenn die jetzt dralle junge Frau dies wieder tun würde – „Männer“, dachte sie mit einem inneren Lächeln...

Als sie ein letztes Bier getrunken hatten, war ein Bote der Hetgarde aus Thorwal eingetreten und hatte einen Aufruf des Hetmanns verkündet. Etwas, das ihr noch jetzt in den Ohren klang – und soviel besser als Schafe auf die Olportsteine zu transportieren. Es hatte einiges an Charme gekostet, den alten Kapitän davon zu überzeugen, mit ihr nach Thorwal zurückzukehren. Und das auch nur „für einmal, das wohl“. Und nachdem er alles geregelt hatte: derselbe alte Seelenverkäufer!

Wobei das nicht die Hauptsache war. Männer hin und her, sie musste diese Tentakel aus ihren Träumen verscheuchen. Auf dem Hinweg nach Prem war der alte Pott schwer stampfend den zweiten Tag unterwegs, als ein Krakenmolch versuchte seinen Speiseplan zu erweitern. Sie sah immer noch vor sich, wie Furka plötzlich über Deck geschleudert wurde und besinnungslos an der gegenüberliegenden Bordwand zu liegen kam. Dann hatte sie schon ein Tentakel erfasst und sie über Bord gezogen. Wer weiß, was passiert wäre, hätte sich Keldi nicht bedingungslos auf den Krakenmolch geworfen. Sie hatten vereinte Kräfte benötigt, um ihn wieder an Bord zu bekommen.

Dasselbe – sie blieb dabei – derselbe Molch hatte sich kurz nach Ausfahrt aus Prem wieder über das Schiff hergemacht. Diesmal hatten fast alle der Zwerge ein unfreiwilliges Bad genommen, bevor es gelungen war, das Biest wieder vom Schiff abzubringen. „Was essen die, wenn sie keine Zwerge bekommen?“, hatte Furka noch gekeucht, aber nicht einmal Tondar hatte eine Antwort.

Also – Tentakel. Und von Schiffsreisen hatte sie erst einmal genug...
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#4
Unterwegs mit Zwergen #3

Nachdem sie sich einen Überblick über die Stadt Thorwal verschafft hatten, die Geschäfts- und Übernachtungsmöglichkeiten, war die Nacht hereingebrochen. Wie vereinbart traf sich die Gruppe auf dem großen Marktplatz, dessen Stände allesamt zusammengeräumt und verriegelt waren.
"Dort gibt es eine lebhafte Taverne" – Furka deutete auf ein Gebäude gegenüber dem Travia-Tempel und ließ unternehmungslustig die Würfel in der Hand klickern.
"Das wohl, meine Kehle ist trocken", ließ sich Garsvik vernehmen, "Kommst du, Mädchen?" und hielt ihr ungelenk den Arm hin.
Althea verkniff sich ein Grinsen. Zusammen betraten sie den Letzten Held.

Furka war schnell zwischen Seeleuten und Bürgern ungewissem Charakters verschwunden, während der Rest der Gruppe sich ein Abendessen gönnte – das hatte es schon einmal besser gegeben. Über einigen Krügen Bier besprachen sie die nächsten Schritte, fragten den Wirt aus und unterhielten sich mit Ortsansässigen... Die Gespräche kamen schnell zu dem Stadtviertel jenseits des Bodir, die Klippen hinauf, über denen sich die Türme vergangener Zeiten erhoben. Als die Tür der Taverne sich nach einem letzten Bier hinter ihnen schloss, steckte Furka zufrieden einen Beutel klingender Münze hinter seinen Gürtel.
Althea runzelte die Stirn – sie war nie sicher, mit wie rechten Dingen das Glück des Zwergen einherging.

Sie erreichten das Herbergsviertel vor den großen Werkshöfen im Osten der Stadt und fielen alsbald in tiefen Schlaf.
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#5
Unterwegs mit Zwergen #4

...
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#6
Unterwegs mit Zwergen #5

Althea hatte die taktische Situation vorgegeben, indem sie sich, geschmeidig wie sie ist, an den Wachen vorbei lavierte. Dies erlaubte der Gruppe der Zwerge, die ankommenden Stadtgardisten am Eingangstor abzufangen, während Garsvik sich mit allen Mitteln um die Torwachen kümmerte.

In der Hitze des Handgemenges ging Garsvik dann zu Boden, worauf Althea sich unter einem Schutzzauber über ihn stellte. Weiter vorne wurde auch Keldi K.O. geschlagen, und nur den vereinten Kräften der anderen Zwerge ist es zu verdanken, dass die Gruppe am Ende ihre Kameraden halbtragend die Straße hinunter retten konnte...
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#7
Unterwegs mit Zwergen #6

Die Gruppe schaffte es zurück in ihre Herberge „Am Enterhaken“. Nachdem sie sich in ihre Zimmerflucht zurückgezogen hatten, kümmerte sich Archon sofort um Garsvik, der mehr tot als lebendig war, und um Keldi, den letztendlich die Ohnmacht überkommen hatte. Nachdem er die beiden stabilisiert und ihnen einige Tage Bettruhe verordnet hatte, bandagierte er die Blessuren von Hurdin und Tondar. Furka winkte nur ab.

Althea hatte sich, nachdem sie gesehen hatte, dass Garsvik und Keldi versorgt waren, still in ihr Zimmer zurückgezogen. Dort setzte sie sich im Schneidersitz auf das Bett, schlang die Arme um sich und begann mit leiser Stimme den ursprünglich elfischen Singsang des Balsam Salabunde zu murmeln. Ihre eigene Magie durchströmte sie – warm, tief und heilend. Die größte Erschöpfung fiel von ihr ab, und der Schlaf nahm sie bald darauf mit sich.

Am nächsten Morgen vertraten sich Althea, Furka, Hurdin und Tondar die Beine bei den nahen Eisenhöfen, dem industriellen Herz des Ostens von Thorwal – eine Faszination besonders für die Zwerge, die den Ausschlag gegeben hatte, in diesem Teil der Stadt zu bleiben. Anschließend besuchten sie das Immanstadion, das jedoch leer stand.

Während Hurdin und Tondar zur Herberge zurückkehrten, schlenderten Althea und Furka noch zur Wasserlinie hinunter, um die Werftanlagen zu begutachten – sehr zum Missfallen von Garsvik, der lautstark von seinem Bett aus kommentierte, während Archon ihn konsequent liegen ließ. Keldi hingegen erwies sich als vorbildlicher Patient.

Nach zwei weiteren stillen Tagen im Osten der Stadt war die Gruppe bereit zum Aufbruch. Im Zeughaus wurden die Bolzenvorräte aufgefüllt, bei einem nahegelegenen Händler zusätzlicher Proviant erworben. Dann wandte sich die Gruppe dem Osttor Thorwals zu – hinaus, dem Fluss Bodir folgend, in Richtung Norden.

Tondar ging voraus, seine Augen wachsam.
Keldi hinter ihm, ruhend wie ein Fels.
Althea hielt sich nah bei Furka.
Und Archon? Wie immer mit ein paar Metern Abstand –
der stille Schatten der Gruppe.

Die erste große Reise begann.
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#8
Unterwegs mit Zwergen #7

Die Gruppe zog also den Bodir hinauf. Eine weitestgehend ereignislose Reise über Fährstation Tjoila, den Ort Rukian, Fähre Angbodirtal, dann über Auplog zum Städtchen Vilnheim. Die Orte entlang der großen Handelsstraße am Bodir liegen so nah beieinander, dass man nahezu jede Nacht in einer Herberge übernachten kann.

Nur eine Nacht verbrachte die Gruppe in der Wildnis – doch gerade dort bewährten sich die Fertigkeiten der Gefährten. Archon entdeckte sogar zwei Wirselkräuter, der erste Grundstock für den Heilkräutervorrat der Gruppe.

Furka spielte sich von Taverne zu Taverne und schaffte es, die Gruppenkasse ordentlich aufzustocken – etwas, das Althea mit einem halbherzigen Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm. Aber: Gold ist Gold.

Nicht ganz eine Woche später erreichten sie schließlich Oberorken – den Ort mit der größten Zwergensiedlung in ganz Thorwal. Die Angroschim fühlten sich sofort heimisch, besonders nachdem sie den zentralen Ingerimmtempel besucht hatten.

Im Kern des Ortes, am geschäftigen Marktplatz zwischen dem Tempel des Ingerimm und dem der Travia, lagen auch die Werkstätten der Söhne des Grufalm, eine zwergische Händler- und Schmiedefamilie. Deren Sortiment an Waffen, Ausrüstung und Waren war selbst in Thorwal selten gesehen. Unsere Zwerge verstanden sich auf Anhieb mit den Grufalm-Söhnen, und so saßen sie bei Einbruch der Nacht gemeinsam in der Taverne „Ingerimms Feuer“, direkt neben dem Tempel, bei Bier, Geschichten und dem warmen Knacken des Feuers.

Ein Ort der Ruhe.
Ein Hauch von Heimat.
Ein Zwischenspiel, das sich wie ein Versprechen anfühlte.
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#9
Unterwegs mit Zwergen #8

Die Gruppe hatte sich in Oberorken nur für ein paar Tage zur Rast entschieden. Keine tiefen Bande – noch nicht. Dafür war es zu früh auf ihrer Reise. Aber dennoch: ein vertrauter Ort im Herzen der Zwergenheit.

Am ersten Morgen begaben sie sich gemeinsam zum Ingerimmtempel. Dort hielten sie inne – keine großen Zeremonien, aber ein Moment der Einkehr. Eine kleine Spende, ein Nicken in Ehrfurcht. Dann zogen sie weiter.

Die Herberge „Glücklicher Prospektor“ bot ein solides Dach über dem Kopf, und Archon kümmerte sich dort um Tondar und Garsvik, die im letzten Gefecht mit den Harpyien deutlich gelitten hatten. Die restlichen Gruppenmitglieder nutzten die Tage, um Vorräte aufzufüllen, Ausrüstung zu ergänzen und sich mit den Söhnen des Grufalm zu beraten – einem Händlernetz, das die Stadt prägte.

Tardosch, der Krämer, versorgte sie mit Alltäglichem,
Morka, der Waffenhändler, mit robustem Gerät,
Rodar, der Schmied, mit handfester Zwergenkunst.

Während die Zwerge sich mit dem geschäftigen Treiben in Oberorkens Mitte wohlfühlten, zog sich Althea in ihr Zimmer zurück. Dort, in der stillen Dunkelheit der Nacht, umgeben von den feinen Geräuschen der Stadt, vollzog sie ein Ritual – getragen von innerer Reife und neuer Kraft.

Sie wirkte den zweiten Zauber ihres Stabes:
Ein nie verlöschendes Licht – ein magisches Feuer, das ihr auf allen Wegen leuchten sollte.
Die ganze Nacht verbrachte sie mit der Beschwörung. Am nächsten Tag ließ sie sich nicht blicken.

Vier Nächte vergingen.
Dann – mit leichten Rucksäcken, aber gestärkten Herzen – verließ die Gruppe Oberorken erneut, diesmal Richtung Norden, der großen Handelsstraße folgend.

Und zum ersten Mal… fühlte sich das Reisen an wie ein Zuhause in Bewegung.
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#10
Unterwegs mit Zwergen #9

Die Gruppe reiste weiter die Straße nach Norden entlang, als Tondar auf der anderen Flussseite etwas Ungewöhnliches entdeckte. Ohne lange zu zögern, entschieden sie sich, ein kleines Floß zu bauen – Zwerge schwimmen nicht, und sie würden es auch nie tun. Aber bauen? Das konnten sie.

Mit vereinten Kräften setzten sie über. Alles verlief gut – bis Furka ein unfreiwilliges Bad nahm. Wahrscheinlich hatte er das Steuer übernommen und leicht übersteuert, so meinte man später schmunzelnd.

Auf der anderen Seite fanden sie, was Tondar erspäht hatte:
Ein orkisches Götzenbild, umringt von Zwergenschädeln.
Ein Anblick, der keinen Moment lang akzeptiert wurde.
Sie zerschlugen das Götzenbild – aus Zorn, aus Pflicht, aus Ehre.

Der Rückweg verlief… ähnlich. Wieder fiel Furka ins Wasser. Man begann zu vermuten, dass es vielleicht einfach sein persönliches Schicksal war.

Am anderen Ufer angekommen, schlugen sie ein erschöpftes Nachtlager auf. Doch mit dem Morgengrauen erreichten sie endlich Felsteyn, das Ziel ihrer ersten großen Etappe.

Und dort, mit dem Eintritt in die Stadt,
stieg Keldi – still, aber spürbar – auf Stufe 2 auf.
Ein Krieger, der seine Gefährten durch Wildnis, Fluss und Gefahr geführt hatte.

Die Gruppe war angekommen.
Nicht nur in Felsteyn.
Sondern in ihrem Abenteuer.
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#11
Unterwegs mit Zwergen #10

Isleif Olgardsson war ein alter, weißhaariger Mann, der sichtlich überrascht – und dann doch erfreut – war, als die Gruppe an seine Tür klopfte. Althea sprach für sie, mit dem Charme und der Selbstsicherheit einer Frau, die gelernt hatte, in jeder Welt zu Hause zu sein.
Furka stand neben ihr und versuchte ein offenes Lächeln – das eher wie ein Grinsen wirkte.
Die anderen Zwerge hielten sich im Hintergrund.
Garsvik, wie es seine Art war, übernahm bei Gelegenheit das thorwalsche Element – und Isleif, als alter Thorwaler, blickte mit einem Hauch von Wehmut auf die beiden… vielleicht erinnerte ihn Althea an seine eigene Tochter.

Die Gruppe erzählte ihre Geschichte – fragmentarisch, tastend, aber mit Ziel.
Und Isleif… lächelte schließlich.
Ja, er erinnerte sich.
An Namen.
An Geschichten.
An ein Stück Pergament, das einst Hyggelik der Alte hinterlassen hatte – ein Fragment, das wie Teil einer Schatzkarte wirkte.

Er nannte ihnen zwei weitere Namen:

Jurge Torfinsson in Skjal

Asgrimm Thurboldsson aus Breida


Dann schenkte er ihnen Bier ein.
Nicht, weil er ihnen misstraute – sondern weil er sich freute.
Dass er noch Teil einer größeren Geschichte sein durfte.
Dass sein Wissen noch einmal Bedeutung hatte.

Als die Gruppe wieder hinaustrat in das goldene Licht der sich senkenden Sonne,
lag das Pergament sicher verstaut,
und ihre Schritte waren ein wenig fester.

Sie hatten eine erste Ahnung davon,
was diese Reise ihnen noch abverlangen –
und schenken würde.
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#12
Unterwegs mit Zwergen #11

Der Rückweg nach Oberorken verlief zunächst ruhig. Die vertrauten Etappen – Vilnheim, Auplog, Angbodirtal – zogen still an ihnen vorbei. Doch kurz vor dem Ziel, in einer einsamen Nacht in der Wildnis, geschah es.

Sie wurden überfallen.
Nicht von Räubern.
Nicht von Orks.
Sondern von drei Harpyien, die sich kreischend aus der Dunkelheit auf sie stürzten – Federn, Krallen, verfilzte Haare, blanker Hass. Es war ein Kampf, wie er selten war – roh, direkt, gefährlich.

Tondar und Garsvik steckten schwere Treffer ein,
Furka manövrierte wie immer an der Grenze zum Chaos,
doch gemeinsam – mit Bolzen, Axt und Magie – bezwangen sie die geflügelten Kreaturen.

Archon bewährte sich erneut. Am nächsten Morgen versorgte er die Verwundeten mit ruhiger Hand, während Althea bereits Pläne für den nächsten Rastpunkt machte.

Als sie schließlich wieder Oberorken erreichten, wirkte die Stadt anders.
Nicht wie ein Ziel.
Sondern wie ein sicherer Hafen.

Die Gruppe kehrte erneut beim Ingerimmtempel ein – diesmal mit einer kleinen Spende, aus Dankbarkeit. Danach suchten sie die Herberge „Glücklicher Prospektor“ auf, wo Archon sich erneut um die Verletzten kümmerte.

Althea zog sich in den folgenden Tagen zurück. In der Stille ihres Zimmers wirkte sie das Ritual ihres zweiten Stabzaubers: Ein magisches Licht, das sie fortan begleiten sollte. Die ganze Nacht flüsterte sie alte Formeln, gebar das Feuer aus sich selbst – und schlief danach zwei Tage lang wie erschlagen.

Furka verkaufte einige der Felle und Vorräte, die Tondar auf der Reise gesammelt hatte.
Keldi, Hurdin und Archon durchstöberten die Geschäfte der Söhne des Grufalm, füllten Bolzen auf, ließen reparieren, kauften ein.

Und mit dem letzten Licht des vierten Tages schnallten sie wieder ihre Rucksäcke.
Sie verließen Oberorken – nicht als Fremde,
aber noch nicht als Söhne und Tochter der Stadt.

Es ging weiter –
die große Handelsstraße entlang, Richtung Thorwal.

Und in ihren Herzen:
der erste Sieg über die Wildnis.
Der erste Schritt auf einem Pfad, der sich immer weiter öffnen würde.
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#13
Unterwegs mit Zwergen #12 – Die Söhne des Grufalm

Der Morgen dämmerte klar über Oberorken,
und die ersten Rauchfahnen stiegen bereits aus den Schornsteinen der Schmieden auf,
als sich die Gruppe Althea & ihre Zwerge vom „Glücklichen Prospektor“ auf den Weg machte.

Die Straßen rund um das Stadtzentrum waren bereits belebt –
nicht chaotisch wie in Thorwal, sondern mit dieser zwergisch-menschlichen Ordnung,
die Oberorken so einzigartig machte.
Zwischen dem bescheidenen Travia-Tempel und dem massiven, rußgeschwärzten Bau des Ingerimm-Tempels
lag der Marktplatz wie ein Herz – kräftig, arbeitend, rhythmisch.
Hier klopften Hämmer, klirrten Münzen und murmelten Stimmen über den Preis von Mehl, Bolzen oder Met.

Und mittendrin:
Die Söhne des Grufalm.

1. Tardosch – der Krämer

Ein gedrungener Zwerg mit scharfen Augen und einem Bart, der in kleinen bronzenen Klammern gefasst war.
Sein Laden war klein, überfüllt, aber präzise organisiert, mit einer Theke, hinter der er stand wie ein Offizier vor seiner Kartentafel.

„Aha! Althea und ihre Sippe“, rief er, als sie eintraten.
Er hatte sie wiedererkannt – und das nicht nur, weil Furka gleich den besten Honigschnaps aus dem Regal klaubte.
„Was darf’s denn heute sein? Rationen für den Marsch? Kräuter? Vielleicht ein wenig Seife?“ – letzteres mit einem Seitenblick auf Garsvik.

Tondar verhandelte über Trockenvorräte.
Hurdin prüfte das Salz.
Althea kaufte einige Kleinigkeiten – konzentriert, leise, höflich.
Sie war nicht hier, um sich festzusetzen – das spürte auch Tardosch.

Zum Abschied drückte er ihr ein kleines Beutelchen mit Trockenobst in die Hand.
„Ein Geschenk“, sagte er. „Ihr wirkt... unterwegs.“

2. Morka – der Waffenhändler

Ein echter Klotz von Zwerg.
Breite Schultern, ruppiger Ton, aber ein Blick, der Respekt kannte.
Morkas Laden war ein schmaler Raum mit einer Waffenauslage, die ehrfürchtig machte:
Axtblätter in jeder Form, Bolzen in perfektem Schliff, Dolche, die Geschichten erzählen könnten.

Keldi war der Erste, der vortrat.
Nicht aus Gier – sondern aus Verantwortung.
Die Diskussion um Axtköpfe und Gegengewicht dauerte eine halbe Stunde –
Morka behandelte ihn wie einen der Seinen.

Archon betrachtete schweigend ein Wurfmesser.
Morka nickte nur. Kein Wort. Aber sie verstanden sich.
Furka testete einen Schleudermechanismus.
„Nicht für dich, Freund“, murmelte Morka. „Du brauchst was, das sich auch versteckt führen lässt.“
Furka grinste.

Am Ende verließen sie den Laden mit einem Dutzend frischer Bolzen,
einem Ersatzdolch und zwei Wetzsteinen.

Morka stand in der Tür, als sie gingen.
„Wenn ihr zurückkommt“, rief er, „will ich wissen, wie’s gelaufen ist.“

3. Rodar – der Schmied

Rodar war jünger als die anderen,
aber sein Laden war voller Leben – das rhythmische Hämmern war wie Musik in Keldis Ohren.
Die Esse glühte, der Amboss klang,
und Rodar stand mit blankem Arm in der Glut, als sie eintrafen.

„Kommt nur herein, meine Flamme schläft nie.“
Ein alter Ingerimm-Spruch, doch bei ihm klang er wie ein Versprechen.

Hurdin prüfte die Riemen seiner Rüstung – Rodar sah sich das sofort an,
half, flickte, schien mit Metall zu sprechen.

Tondar brachte zwei Pfeilspitzen zum Schärfen.
Rodar machte es wortlos –
aber bei jedem Hammerschlag war ein Rhythmus, der mehr sagte als jedes Gespräch.

Althea stand still in der Ecke,
ihre Hand ruhte auf dem Stab,
und ein Moment lang sah Rodar sie an –
nicht wie einen Kunden.
Wie jemanden, der Dinge verändert.

„Ihr seid nicht nur Krieger.“
„Nein“, sagte sie. „Aber ich weiß, was Krieg bedeutet.“

Er nickte. Dann gab er ihr einen kleinen gläsernen Phiole mit Öl.
„Für euren Stab. Wenn er jemals sprechen will.“

Sie verließen das Marktviertel mit volleren Taschen,
doch es war mehr geblieben:
Ein Gefühl der Zugehörigkeit, auch wenn sie es nicht in Worte fassen wollten.

Oberorken war nicht Thorwal.
Aber Zwergenblut und Magierwürde hatten hier einen Platz.
Nicht für immer. Noch nicht.
Aber sie würden wiederkommen.

Und vielleicht – beim nächsten Mal –
nicht mehr als Reisende,
sondern als Rückkehrer.
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#14
Unterwegs mit Zwergen #13 – Rückkehr nach Thorwal

Die große Handelsstraße lag hinter ihnen. Keine Zwischenfälle, keine neuen Narben – nur Staub an den Stiefeln und Kräuter in den Taschen. Archon hatte zweimal am Wegesrand Halt gemacht, wortlos, mit Blick für Dinge, die anderen verborgen blieben. Und was er fand, füllte fast die gesamte Reiseapotheke. Althea hatte es mit einem leisen Nicken quittiert – mehr war nicht nötig.

Jetzt, am frühen Nachmittag, passierten sie das Osttor von Thorwal. Die Stadt nahm sie auf, wie ein alter Bekannter: Gleichgültig, laut, vertraut. Die Hämmer der Eisenhöfe hallten wie ein Echo ihrer Schritte. Die Gassen des Herbergsviertels wirkten schmaler als zuvor – oder waren sie gewachsen?

Die Herberge war dieselbe: Der Glückliche Prospektor. Oder vielleicht war es auch der Enterhaken – für die Zwerge spielte das keine große Rolle. Hauptsache solide Wände, gutes Essen und ein Krug Bier.

Ein warmes Mahl, ein schweres, dampfendes Gericht, das die Müdigkeit aus den Knochen zog. Dann zerstreuten sich die Zwerge wie von selbst in Richtung Eisenhöfe. Kein Plan, keine Absprache – nur der Sog des Metalls, der Funken, der Maschinen. Zwerge und Industrielärm – eine alte Liebe.

Althea blieb zurück. Sie saß am Fenster ihres Zimmers, die Laute auf dem Schoß, und ließ die Saiten sprechen, wo Worte unnötig waren. Archon rauchte am Fenster, irgendwo. Vielleicht ein Stockwerk drüber. Vielleicht gar nicht da. Wer wusste das schon.

Die Nacht verging still. Kein Gespräch, kein Plan. Nur Schlaf.

Am nächsten Morgen war Althea die Erste im Schankraum. Einer nach dem anderen kehrten die Zwerge zurück – Ruß an den Ärmeln, neue Ideen in den Augen, kein Wort über das Gesehene. Es genügte, da gewesen zu sein.

Dann – ein kurzes Nicken. Ein Blick nach Westen. Die Stadt hatte sie wieder.

Und jetzt würden sie zur Zwingfeste aufbrechen.
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#15
Unterwegs mit Zwergen #14 – Feuer und Stein

Sie standen auf der obersten Stufe. Hinter ihnen: Stein. Vor ihnen: Dunkel. Die zweite Ebene der Zwingfeste wartete – und doch blieb die Gruppe kurz stehen, als hätte das Erlebte selbst sie für einen Moment innehalten lassen.

Denn sie kamen nicht von irgendwo.

Die erste Kelleretage der Zwingfeste war aus dem blanken Fels geschlagen. Wuchtig. Roh. Alte Zwergenarbeit, wenn auch von Menschen übernommen. Der Boden war hart, die Luft schwer, und doch war es nicht die Umgebung, die forderte – es war das Gefühl, wirklich in Feindesland zu sein.

Furka hatte sich unaufdringlich an die Spitze gesetzt. Nicht aus Gier, nicht aus Eitelkeit – sondern mit dem instinktiven Gespür eines Zwergen, der mehr vom Untergrund versteht als jeder Wächter der Oberwelt.
Er tastete sich durch Gänge, prüfte Fugen, duckte sich plötzlich, wenn er einen Fallmechanismus vermutete – und lag meist richtig. Zwei Fallen wurden entdeckt, eine vermieden, eine ausgelöst, aber ohne ernsthafte Folgen. Zweimal führte er die Gruppe durch vermeintlich leere Wände, die sich als versteckte Durchgänge erwiesen. Und jedes Mal war da dieses Zucken in den Mundwinkeln – der Ausdruck von: „Ich hab’s gerochen.“

Althea und Archon hielten sich in der Mitte. Nicht aus Schwäche – sondern weil sie dort am besten funktionierten. Wie ein ruhendes Auge im Sturm. Althea mit der Laute an der Seite und dem Stab in der Hand. Archon mit kühlem Blick, die Hände an der Tasche, in der sich kleine Phiolen klirrend aneinanderlegten.

Dann – der Aufenthaltsraum der Räuber.
Licht, Stimmen, Metall. Sie wussten, dass hier der eigentliche Widerstand wartete.

Und sie formierten sich. Kein Kommando. Keine Diskussion. Nur Bewegung.
Keldi und Hurdin bildeten das vordere Kreuz. Tondar und Furka setzten sich seitlich ab – ein Karree.
Als die Feinde stürmten, rückte Tondar nach vorn, Furka wich zurück, schräg, leicht versetzt – eine schräge Linie entstand, wie aus einem alten Gefechtsbuch.

Althea und Archon wurden geschützt, mit gerade genug Raum zum Wirken.
Althea hob ihre Hände – keine großen Gesten, kein dramatisches Rufen – nur Konzentration, Agilität, Präzision.
Und als einer der Räuber sich durchschlug und sie direkt angriff, wich sie ihm mit einer fließenden Bewegung aus, fast tänzerisch, und ließ Flammen aus beiden Händen auf ihn niederfahren. Abwechselnd. Linke, rechte. Kleine, gezielte Feuerstöße – Ignifaxius in Serie, wie Pfeile aus Magie.

Er fiel brennend zurück. Nicht tot – aber nie wieder bereit, sie anzugreifen.

Die Schlacht drehte sich. Die Angreifer flohen, manche stolpernd, manche schreiend. Andere kämpften noch – doch nun waren sie eingekesselt, in einem letzten Fluchtwinkel.
Die Gruppe zog sich zu einer Zange zusammen. Kein Entrinnen. Kein Chaos. Nur Konsequenz.

Am Ende lagen sie da. Die Feinde. Und die Stille senkte sich wieder über den Raum.

Furka stand dort, das Gesicht schweißnass, das Grinsen verzogen. Doch in seinem Blick lag etwas anderes – ein Funke, ein Licht, das die anderen nicht übersehen konnten.

Und dann… kam es.
Ein Zittern durchzog ihn – kein körperliches, sondern ein inneres.
Seine Hand legte sich wie selbstverständlich auf den Dolch an seiner Seite, und plötzlich war da diese Gewissheit:

Er war gewachsen.

Nicht nur durch das, was er gesehen hatte. Sondern durch das, was er geführt hatte.

Stufe 2.
Verdient. Keine Diskussion.

Und jetzt?

Jetzt stehen sie auf den Stufen zur nächsten Tiefe.
Die zweite Ebene ruft.
Der härtere Kampf wartet.
Und doch… trägt jeder von ihnen etwas Neues in sich.

Feuer.
Stein.
Und die Erinnerung an den Moment, in dem sie mehr wurden als eine Gruppe.

Sie wurden eine Einheit.
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#16
Unterwegs mit Zwergen #15 – Der zweite Abstieg

Die Stufen knarrten nicht. Sie waren aus Stein, uralt und glattgetreten. Die Fackel war überflüssig – Altheas Stab leuchtete mit stiller Entschlossenheit. Die Gruppe stieg hinab, einer nach dem anderen, in die zweite Ebene der Zwingfeste.

Furka ging voraus, seine Sinne geschärft vom Rausch des letzten Stufenanstiegs. Er tappte, lauschte, roch – und fand, was andere übersehen hätten. Versteckte Türen. Lockere Steine. Stolperfallen. Hinter ihm, wie ein lebendiger Schutzwall: Keldi. Der Krieger war schweigsam, aber sein Blick ruhte auf allem, was Furka entging. Gemeinsam bildeten sie eine Art lebendes Leitsystem.

Althea hielt sich im Zentrum, das Licht in der einen Hand, die andere nahe am Griff ihres Stabes. Um sie: Archon, Hurdin, Tondar und Garsvik – ein loses Karree aus Bewegung, bereit, jede Richtung zu decken.

Die unteren Gewölbe der Zwingfeste waren kein Labyrinth. Eher ein Höhlensystem, das vergessen machen wollte, dass es je von Menschenhand geschaffen worden war. Kalter Stein, rostiger Duft. Und eine Spannung, die knisterte.

Kleine Auseinandersetzungen pflasterten ihren Weg. Einzelne Wachen, die überrascht wurden. Leichte Beute, schneller Tod. Die Formation hielt. Die Linie lernte. Immer wieder ging Tondar in die Flanke, um sie zu stabilisieren. Immer wieder rückte Hurdin wortlos vor, wenn Druck aufgebaut wurde.

Dann die untere Halle.

Ein Raum, groß wie ein Marktplatz, flankiert von Schatten, durchzogen von Unruhe. Die Räuber, aufgestellt in einem lockeren Halbkreis. Der Kampf begann sofort.

Archon war vorbereitet. In der linken Hand ein Dolch, in der rechten eine Phiole. Er zerbrach sie mit einer Bewegung, die in den Schatten verschwand. Das Gift war lautlos, aber seine Wirkung nicht. Als die linke Flanke der Räuber auf Garsvik zustürmte, stieß Archon aus dem Schatten vor, eine blitzende Bewegung, ein kalter Schnitt, und der erste Gegner taumelte. Garsvik hielt die Linie. Dann standen sie Seite an Seite. Und einer nach dem anderen ging zu Boden.

In der Mitte des Raums: Keldi, Furka, Tondar, Hurdin – Schulter an Schulter, die Linie unter Druck. Die Räuber drückten. Die Linie hielt. Rückte sogar zurück. Bolzen fanden ihre Ziele. Einer nach dem anderen fiel. Sie wurden fast bis zur Tür gedrängt, dann kam der Wendepunkt.

Althea, bisher geschützt, trat mit einem einzigen Schritt aus der Formation. Rechts, in der Dunkelheit: ein Bogen. Ein Schuss. Sie wich aus. Der Pfeil zischte vorbei. Sie hob beide Hände. Zwei kleine Sonnen auf ihren Handflächen. Flammen. Ein Fulminictus, dann noch einer. Der Bogenschütze schrie, taumelte, fiel. Kein zweiter Schuss.

Die letzte Bewegung war ein Keil. Die Reste der Räuber versuchten zu fliehen, aber die Gruppe trieb sie zusammen, umschloss sie. Klinge, Axt, Faust. Und dann – Stille.


---

Archon ließ unauffällig seine vergiftete Klinge unter seinem Umhang verschwinden und rückte den zweiten Dolch an seiner Seite zurecht. Althea stürzte einen Zaubertrank hinunter.

Furka und Keldi machten sich an einer großen Truhe zu schaffen. Althea und Archon nahmen je einen der gefundenen Heiltränke. Garsvik, zu stolz für Klagen, griff sich eine Flasche Schnaps.

Archon durchsuchte einen Weinvorrat, zog eine Flasche echten Yaquirtalers heraus, betrachtete sie lange und steckte sie dann ein.

Die Gruppe durchkämmte die Halle. Plünderte, verteilte, sichtete. Mehrere Räuber wurden in den Randgängen gestellt und besiegt. In einem scheinbar ungenutzten Gang stieß Furka auf eine verborgene Mechanik. "Ist euch etwa nichts aufgefallen?" meinte er trocken, bevor sich eine Wand öffnete. Dahinter: die geheime Schatzkammer der Piraten.

Schwer bepackt kehrten sie in die erste Etage zurück. Es kam zu kleineren Gefechten mit versprengten Feinden. Die Gruppe nahm einen alternativen Aufgang, wich dem bekannten Weg aus. Auf halber Höhe, in einem vergessenen Gang, lag ein Phexenschrein. Die letzten Räuber verteidigten ihn verbissen. Es wurde ein Nahkampf, wie man ihn selten sah. Klingen kreuzten sich, niemand wich zurück.

"Bis aufs Messer," sagte Keldi später, und so war es.

Am oberen Ende der Treppe, kurz vor der Kriegerakademie, lehnte Garsvik schwer atmend an die Wand. "Nichts passiert," murmelte er und stürzte einen weiteren Schnaps hinunter.

Die Fackeln flackerten. Die Waffen wurden gesenkt. Der Abstieg war geschafft. Die Beute sicher. Die Geschichte – eine weitere.
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#17
Unterwegs mit Zwergen #16 – Abschied im Abendgold

Der Markt lag hinter ihnen, der Tag hatte sich zur Seite geneigt.
Althea trat zuletzt aus den Gassen der Thorwaler Mitte, den Griff ihres Stabs locker in der Rechten, in der Linken ein kleiner Beutel mit getrockneten Blüten aus dem Tsa-Tempel. Ihr Blick war still, wie das warme Licht, das die Häuserfluchten vergoldete.

Furka lief ein paar Schritte voraus, mit einem Honiggebäck in der Hand, das er mit einem Kind getauscht hatte. Tondar kaute noch auf einem Apfel, den er nicht gekauft hatte.
Archon war nirgends zu sehen, aber das war nichts Ungewöhnliches.

Nur Garsvik hielt einen Moment inne. Er sagte nichts, als sie an einem der feineren Händler Thorwals vorbeikamen – ein stilles Abbiegen, ein kurzes Verschwinden.
Als er zurückkehrte, trug er ein in weinroten Samt eingeschlagenes Päckchen.
Furka sah es zuerst, hob eine Braue.
„Was’n das?“
Garsvik schüttelte nur den Kopf. „Später.“


---

Die Taverne „Steile Treppe“ empfing sie mit prasselndem Feuer, dunklem Holz, und einem Gefühl von Aufgehobenheit.

Sie saßen beisammen, eine Tischplatte voller Bierkrüge, ein halbes Huhn für Hurdin, dampfende Eintöpfe und das Klackern von Würfeln.
Ein lautes Lachen von Keldi.
Und dann – ein Moment der Stille.
Garsvik stand auf.

Er legte das Päckchen vorsichtig auf den Tisch und schob es zu Althea hinüber.
Sie schaute ihn verwundert an, tastete nach dem Stoff.

„Mach auf“, brummte er.

Altheas Finger zogen das Samt zurück.
Eine thorwalsche Skaldenharfe kam zum Vorschein – aus dunklem, poliertem Holz, mit silbernen Verzierungen in Form von Möwen und Windruten. Die Saiten fein, klar, gespannt wie das Schicksal selbst.

Althea hielt den Atem an.
Garsvik blickte in die Runde.

„Ich kann nicht mit euch kommen. Ein Bote aus Prem hat mir eine Depesche gebracht. Vom Handelshaus.“
Ein Seufzer.
„Sie haben euren Vater endlich an die Olportsteine zitiert. Und jemand muss die Fahrt antreten. Einer, dem man vertraut.“
Er sah Althea an.
„Ich geh für dich. Aber ich sag ihm nicht, dass du nicht mitkommst. Das schulde ich dir.“

Althea war still. Ihre Finger umfassten das Instrument.
Sie beugte sich vor, küsste Garsvik auf den Mund – nicht wild, nicht zaghaft, sondern mit einer stillen Würde.

Dann lehnte sie sich zurück, drehte die Harfe, liebkoste jede Linie, als spräche sie eine Sprache, die keiner der Anwesenden verstand.
Nach einer Weile begann sie, die Saiten zu stimmen.

Das Stimmen wurde zu einem Lied.
Und das Lied zu einem Moment.

Sie stand auf, trat zum Fenster auf der Seeseite.
Der Horizont war blutgolden, der Tag verglühte in der Gischt.

Althea stand im Licht, das sich wie ein Halo um sie legte.
Und dann begann sie zu singen.
Eine Ballade der Thorwaler – von Aufbruch, von Sehnsucht, von einem Schiff, das auslief, ohne zu wissen, ob es je zurückkehrt.

Die Gespräche verstummten.
Selbst die Würfel hielten inne.

Und in dieser einen Sekunde –
gehörten Althea, die Harfe,
und der Klang des Meeres
nur sich selbst.
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#18
Hier der vollständige Text zu


Unterwegs mit Zwergen #5

Die Nacht, die uns alle lehren sollte, dass Thorwal keine Stadt für Narren ist.

Die Straßen Thorwals lagen dunkel vor ihnen, getaucht in das fahle Licht vereinzelter Laternen, als die Gruppe wankend, halb lachend, halb brummend die Taverne verließ. Der Geruch von salzigem Seewind und kaltem Stein mischte sich mit dem restlichen Bier auf ihren Kleidern – und mit der unvermeidlichen Sturheit, die nach einer durchzechten Nacht in zwergischen Schädeln erwachte.

"Hier lang." Furka schwankte, zeigte vage auf die massiven Mauern der Wehrburg vor ihnen.

"Das ist nicht unsere Herberge", murmelte Archon mit seiner üblichen, ruhigen Stimme.

"Sieht aus wie ein verdammt guter Schlafplatz", grunzte Hurdin, der sich mit schweren Schritten über das Pflaster bewegte.

Keldi, dessen Gleichgewichtssinn unter dem Einfluss diverser Krüge Bier deutlich gelitten hatte, setzte sich auf einen nahen Wasserspeier und betrachtete die Fassade. "Tore sind dafür da, um durchzugehen", sagte er weise.

"Das wohl!" Garsvik, der alte Seebär, stützte sich mit einer gewissen Gravitas auf seinen Säbel und nickte. "Und ich werde nicht in der Kälte schlafen."

Althea stand mit verschränkten Armen daneben und schüttelte den Kopf. Sie hatte diesen Blick – diesen ganz bestimmten Blick, den sie immer bekam, wenn ihre Begleiter dumm genug waren, einen Blödsinn durchzuziehen, den sie hinterher mit Zaubern und Verhandlungen wieder geradebiegen musste.

"Vielleicht…", begann sie, doch es war zu spät.

Furka klopfte bereits gegen das Tor. Nicht zaghaft, nicht vorsichtig – sondern mit dem unerschütterlichen Selbstbewusstsein eines Zwergs, der glaubt, die Welt sei dazu da, ihm Türen zu öffnen.

Die Antwort kam in Form eines ärgerlich klirrenden Gucklochs. "Verschwindet!"

Keldi, jetzt von einem Gefühl der tiefen persönlichen Beleidigung erfüllt, stapfte nach vorne. "Wir haben bezahlt, also wollen wir rein."

"Was?!"

"Unsere Herberge", erklärte Tondar, der seinen Arm um Hurdin gelegt hatte, um ihn aufrecht zu halten.

"Das ist keine Herberge, ihr Narren, das ist eine Wehrburg!"

Es entstand eine Pause.

Althea seufzte.

Dann sagte Garsvik, mit leicht verzögerter Deutlichkeit: "Gut. Dann macht uns die Herberge daraus."

Und dann ging es los.

Es begann als Streit. Ein Wortgefecht, das ein paar Minuten anhielt. Doch dann stieß einer der Wachen Furka mit dem Knauf seiner Hellebarde zurück – und das war der Moment, in dem sich alles veränderte.

Furka taumelte – fing sich. Blickte auf. Und in seinem Gesicht war dieses Zwinkern, das man nur sah, bevor Dinge eskalierten.

Ein Faustschlag, ein Gerangel – und plötzlich standen die Tore weit offen, aber nicht, weil man ihnen Einlass gewährt hatte, sondern weil die Wachen hinausstürmten, mit gezogenem Stahl.

Tondar wich einem Schlag aus und zog sein Jagdmesser. "Das war nicht klug."

Keldi hatte sich bereits zwischen die Gegner geworfen, seine Fäuste schlugen mit der Wucht eines Bergsturzes auf die Brustplatten der Wachen. Doch sie waren gut trainiert – und als die Stadtgardisten um die Ecke bogen, wurde aus einem Gerangel eine echte Schlacht.

Hurdin trat mit der Kraft eines Rammbocks einen Angreifer zurück, während Furka zwischen den Beinen der Kämpfenden hindurchglitt, einen Dolch blitzschnell von der Hüfte eines Stadtgardisten zog und ihn genau dem nächsten Gegner zwischen die Beine schob.

Archon? Archon stand im Schatten. Wartete. Berechnete.

Doch dann fiel Garsvik.

Der alte Seebär hatte sich wacker geschlagen, doch ein Schlag mit einem Schild ließ ihn taumeln – und dann ging er zu Boden.

Althea reagierte sofort.

Sie hob ihre Hand, ihre Magie pulsierte – ein Schutzzauber, der sich wie ein unsichtbarer Schleier über den gefallenen Kapitän legte.

"Rückzug!", rief sie.

"Nicht ohne Keldi!", brüllte Hurdin zurück.

Doch Keldi… Keldi stand nicht mehr. Eine Wache hatte ihn mit einem präzisen Schlag auf die Seite geschickt – und der härteste Zwerg der Gruppe lag auf dem Pflaster.

Für einen Moment standen sie zwischen den Kämpfenden, zwischen Licht und Schatten, zwischen Sieg und Flucht.

Dann packte Tondar Keldi unter den Armen. Hurdin griff nach Garsvik. "Wir verschwinden hier."

Die Nacht war schwarz, als sie rannten.

Rannten durch die Straßen, die Patrouillen im Rücken, ihre Körper erschöpft, aber ihr Wille ungebrochen.

Thorwal war keine Stadt für Narren – aber es war auch keine Stadt für Feiglinge.

Sie hatten verloren – aber sie hatten überlebt.

Und in diesem Moment, als sie in einer dunklen Gasse keuchend und blutend zur Ruhe kamen, sahen sie sich an – und lachten.

Denn sie wussten, dass es nicht das letzte Mal war, dass Thorwal ihren Namen hören würde.

Althea & ihre Zwerge – unterwegs in einer Welt, die sie nie vergessen wird.


Ich kann leider den ursprünglichen Beitrag nicht mehr editieren.
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#19
Unterwegs mit Zwergen #17 – Schatten über Daspota

Nach all den Wochen in Thorwal – die Zwingfeste bezwungen, der Abschied von Garsvik mit einem Kloß im Hals – war es Zeit aufzubrechen. 
Der Sommer neigte sich, aber der Himmel über dem Golf von Prem zeigte sich mild, fast einladend. Die Gruppe stach in See. 

Vaermhag 
Die erste Station: Vaermhag – ein Ort, wie gemacht für Durchreisende. Nicht unangenehm, aber auch nicht erinnerungswürdig. 
Die Taverne Küstennebel war schlicht, das Bier trinkbar, der Wirt wortkarg. 
Man verbrachte zwei Nächte – nicht aus Interesse, sondern weil die Schiffe sich Zeit ließen.

Varnheim 
Varnheim war da schon ein anderes Kaliber: ein Städtchen mit einem Puls. 
Althea bestand darauf, nicht in einer Hafenkneipe, sondern im Pelikan einzukehren – „für ein bisschen Kultur“, wie sie sagte. 
Dort saß sie dann tatsächlich am Kamin, die Harfe auf dem Schoß, und während ihre Finger über die Saiten glitten, verstummten die Gespräche. 
Furka probierte Wein – ein Fehler. Aber ein schöner Abend. 
Vier Nächte** verstrichen, bis ein Schiff bereit war, sie aufzunehmen.

Die Überfahrt 
Ein schwerer Kahn, eine Knorre, ließ sie an Bord. Ziel: Ottarje. 
Der Himmel klar, der Wind gut, doch als der Tag sich neigte, sah man es: 
ein gestreiftes Segel.

Piraten.

Acht Mann.

Was dann geschah, war kein Kampf – es war ein Lehrstück.

Althea, ein Armatrutz um sich legend, hielt stand. 
Archon zog aus dem Schatten seine vergiftete Klinge. 
Die Zwergen-Armbruster zogen sich zurück, fanden Position – und Piraten fielen. 
  
Garsvik war nicht mehr da, aber sie waren **nicht weniger stark.** 
 
Tondar, schwer verwundet. Archon versorgte ihn mit Wirselkraut. 
Furka kappte Enterseile, Hurdin und Keldi deckten den Rückzug. 
  
Die Schiffe trennten sich. Die Piraten flohen.

Der Angriff auf See war abgewehrt – und die Gruppe hatte sich bewiesen. 
Ohne Garsvik. Ohne den Schatten eines Veteranen.

Ottarje 
Ottarje war ein Rückschritt. 
Ein wachsendes Fischerdorf mit schlechtem Eintopf und schlechteren Betten. 
Die Einheimischen sahen nach Westen, nach Norden – nie nach Osten. 
Nach Daspota.

Zwei Nächte, aus Notwendigkeit.

Ljasdahl 
Dann Ljasdahl – ein anderes Bild. 
Ein gepflegter Marktplatz. 
Eine echte Herberge: Haus Hjalland. 
Und sogar ein Kontorviertel, klein, aber selbstbewusst. 
 
„So schnell wie man nach Ljasdahl hinüberkommt, sollte man Ottarje meiden“, 
murmelte Archon. 
Althea prostete ihm mit einem Glas Weißwein zu.

Und irgendwo in der Ecke zupfte sie sacht an ihrer Harfe. Nicht zum Spielen. Nur zur Erinnerung. 
An den Kampf auf See. An das Gefühl, wieder gewachsen zu sein. 
Und an die Geschichte, die weitergeht.
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#20
Unterwegs mit Zwergen #18 – Goldener Zwischenhalt

Die Sonne stand noch hoch, als sich die Gruppe aus Ljasdahl aufmachte, dem schmalen Pfad zu folgen, der sich sanft durch wogende Felder und lichte Haine wand. Althea schritt mit wehendem Mantel und ihrer Harfe über der Schulter vorneweg, ihre Stiefel kaum spürbar auf dem staubigen Weg. Hinter ihr schritten die Zwerge mit gemächlichem Tritt, die Stimmung leicht, fast sommerlich. Keldi pfiff leise, Hurdin trug einen Strauß wilder Kräuter, den er auf dem Weg gesammelt hatte. Der Duft von warmem Gras und Kornblumen lag in der Luft.

Der Hjallander Hof tauchte hinter einer Biegung auf – ein befestigtes Gehöft mit dicken Holzwällen, die eher nach Abwehr denn nach Gastfreundschaft rochen. Eine Mauer aus Schweigen empfing die Gruppe. Die wenigen Menschen, die man auf den Feldern oder zwischen den Gebäuden sah, senkten die Blicke oder wandten sich ab. Kein Willkommen. Kein Wasser. Kein Wort.

Furka scharrte mit dem Stiefel in der Erde. 
„Ich dachte, die Leute hier wären gastfreundlicher.“ 
„Vielleicht haben sie Gründe“, murmelte Archon, den Blick auf die geschlossenen Tore gerichtet.

---

Die Gruppe hatte einen Platz gefunden – etwas abseits, dort, wo ein paar kleinere Nebengebäude des Hjallander Hofs standen. Zwischen ihnen und dem eigentlichen Gehöft lagen Felder und ein Hain aus alten Bäumen, durch deren Äste das Licht der Sonne wie durch ein grünes Mosaik fiel. In der Nähe summten die Bienen – ein ganzes Dutzend kunstvoll gearbeiteter Bienenstöcke stand hier, umgeben von duftendem Klee.

Ein ausgebreitetes Tuch, das Althea aus ihrer Tasche gezogen hatte, diente als Tafel. Die Mahlzeit war einfach, aber von einer Qualität, wie man sie nur in Gegenden wie dieser bekommt: frisches, noch leicht warmes Brot mit dicker, geschlagener Sahne und goldenem Honig. Der mit Wasser verdünnte Wein schmeckte blumig und mild – sicher nicht der Hochprozentige, den Furka sonst bevorzugte, aber an einem Ort wie diesem völlig richtig.

Althea saß im Schneidersitz, die Harfe über den Knien, doch sie spielte nicht – sie ließ nur die Finger sanft über die Saiten gleiten, so wie man das Fell eines vertrauten Tieres streichelt. Ihr Blick wanderte über die Landschaft, dann zu ihren Gefährten.

Hurdin und Tondar hatten sich gegen einen alten Apfelbaum gelehnt, beide mit einem zufriedenen Ausdruck. Archon kaute schweigend, den Blick auf die Stöcke gerichtet, als würde er die Struktur des Honigs studieren, um später ein Gegenmittel daraus zu entwickeln. Keldi hatte eine Biene auf seiner Hand landen lassen und beobachtete sie mit kindlicher Faszination. Furka fluchte leise, als er sich ein wenig Honig in den Bart tropfen ließ – aber selbst er musste schmunzeln.

Der Wind trug den Duft des Sommers heran: Blüten, Staub, das Harz der nahen Wälder. Für einen Moment schien es, als würde die Zeit langsamer laufen – als hätte das Abenteuer selbst angehalten, um kurz durchzuatmen.

Kein Kampf, kein Rätsel, keine Last der Verantwortung. Nur Brot, Sahne und Honig. Und das Gefühl, dass sie – für diesen Augenblick – genau dort waren, wo sie sein sollten. Vielleicht hatte man sie am Tor nicht willkommen geheißen. Aber hier, bei den Bienen und dem goldenen Licht, war ihnen ein Stück Heimat geschenkt worden.

Als sie irgendwann weiterzogen, war da kein Groll. Nur das Gefühl, dass manche Türen eben geschlossen bleiben – und dass der Weg allein manchmal Antwort genug ist.

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Am Abend kehrten sie nach Ljasdahl zurück, müde, aber gelöst. Die Sonne senkte sich hinter den sanften Hügeln, und die Silhouetten der Windmühlen warfen lange Schatten über die Felder. Im Hjallander Haus – das mit dem Hof nur den Namen teilte – wurden sie bereits erwartet. Keine großen Worte, keine Zeremonien – nur ein gedeckter Tisch, ein heißes Bad, und weiches Licht, das durch buntes Glas in die Zimmer fiel.

Sie blieben noch eine Nacht. Aus freien Stücken.

---

Am nächsten Morgen führte der Weg sie in aller Frühe zum Hafen. Die Docks lagen still, doch an einem der äußeren Stege war Bewegung – ein thorwalsches Kriegslangschiff, **die Skjaldbrud**, machte sich bereit.

Ein massiver Mann mit Zopf und Tätowierung über der Schläfe schien niemanden zu beachten – bis Althea das Schreiben des Hetmanns vorzeigte. Da hob sich die Braue des Kapitäns, und der Ton veränderte sich. Aus knappen Worten wurde Gespräch. Aus reservierter Distanz: Achtung.

„Ihr steht unter Auftrag des Hetmanns? Dann segelt ihr mit uns. Und keiner an Bord wird euch anrühren.“

Er musterte die Zwerge, Altheas Harfe, ihren Stab – und dann ihre Augen. Und senkte seinen Blick.

Das Schiff war eine andere Welt. Die Riemen lang, das Holz poliert vom Salz. Jeder Mann an Deck wusste, was zu tun war – kein Geschrei, nur Bewegung. Und als sie ablegten, war es wie der Sprung eines Raubtiers ins Wasser.

Die Skjaldbrud pflügte durch den Golf von Prem wie ein Schwert durch Nebel. Die Gischt spritzte hoch, der Wind sang in den Segeln – und alles bisher Gesehene wirkte... kleiner. 
Furka schwieg. Archon hielt sich am Mast fest. Althea stand mit wehendem Umhang am Bug, als sei sie Teil des Schiffes selbst.

Kurz vor Ottarje trat der Kapitän zu ihr. 
„Ich wünsche euch Glück bei eurem Unterfangen. Und wenn ihr dem Hetmann berichtet – sagt ihm, dass die Skjaldbrud wieder fährt.“

Dann wandte sich das Schiff, und während die Gruppe an Land ging, verschwand es mit donnerndem Bug Richtung Prem. 
Nur ein Strudel in der See blieb – und ein Moment, der lange nachhallte.
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