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Der Fall Hoeneß und die Steuerhinterziehung
#21
3 1/2 Jahre Haft also, sagt das Gericht. Selbstanzeige demnach unwirksam. - Da wird Hoeneß aber natürlich in Revision gehen. Noch muß er nicht einsitzen.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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#22
Und im Radio läuft "We will rock you". :evil:
Die der Götter Gunst verloren,
sind verfallen einer Macht -
Die sie führt zu fernen Toren,
und durch sie in ew'ge Nacht.
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#23
Hm, betrüblich. :sad2: Aber es war nach den letzten Tagen ja fast schon damit zu rechnen.
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#24
wieso betrüblich? ich wünsche keinem gefängnis aber wenns dazu kommt imo absolut in ordnung
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#25
(13.03.2014, 14:28)Pergor schrieb: Hm, betrüblich. :sad2: Aber es war nach den letzten Tagen ja fast schon damit zu rechnen.

Wieso betrüblich?

Er hat Mist gebaut und muss dafür büßen. So funktioniert ein Rechtssystem.
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#26
Der Typ hat 80Mio- Menschen bestohlen. Viel krimineller geht es wirklich nicht. Ich hoffe die Staatsanwaltschaft geht in Revision.
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#27
(13.03.2014, 17:49)Maulwurf schrieb: Der Typ hat 80Mio- Menschen bestohlen. Viel krimineller geht es wirklich nicht. Ich hoffe die Staatsanwaltschaft geht in Revision.
Nunja das kann man nun sehen wie man will...

Was für mich interessanter wäre ist die Frage, wie absichtlich hat er die Steuern hinterzogen...sicherlich wusste er, dass er hier und da Angaben an das Finanzamt hätte machen müssen, aber ich Frage mich ernsthaft ob ihm auch nur annährend bewusst war um welche Summen es sich tatsächlich handelt...
aus meiner sicht klingt halt vieles so, als hätte er sich darüber nicht groß gedanken gemacht...damit meine ich nicht, dass er jetzt straffrei oder so davon kommen sollte, aber ich finde die Strafe ist vielleicht doch etwas hart...oder wie seht ihr das?
"Mut ist der Zauber, der Träume Wirklichkeit werden lässt"

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#28
Na, DER Fall ist doch einfach:

Dass ein ideeller Gesamt-Wurstfabrikant nicht so genau weiß, welche Angaben man wo und wie machen muß, halte ich für selbstverständlich - er hat ja keine juristische Ausbildung.

Dass ein Manager eines (zugegeben recht großen) Fußballvereins keine Ahnung hat, warum die Leute alle ihr Geld immer in die Schweiz bringen - verständlich; Beckenbauer hats ja auch nach Österreich gebracht.

Dass ein Mann wie Uli Hoeneß keine Ahnung von Geld hat, das ist ja schlicht durch die Tatsache bewiesen, dass er mit aus den 20 Millionen von adidas zwischenzeitlich 155 Mio gemacht: UND eben alles wieder verdaddelt hat.:silly:

:ironie:
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#29
(13.03.2014, 18:13)tommy schrieb: Was für mich interessanter wäre ist die Frage, wie absichtlich hat er die Steuern hinterzogen...sicherlich wusste er, dass er hier und da Angaben an das Finanzamt hätte machen müssen, aber ich Frage mich ernsthaft ob ihm auch nur annährend bewusst war um welche Summen es sich tatsächlich handelt...

Selbst wenn er da etwas naiv gehandelt hat, gerade jemand mit diesen finanziellen Möglichkeiten hätte doch ohne weiteres jederzeit entsprechende Überprüfungen veranlassen können. Einerseits mit Millionen herumspekulieren, aber nicht wissen, dass man diesbezüglich steuerrelevante Angaben machen muss? Außerdem wozu dann extra ein schweizer Konto, hätte es nicht auch ein deutsches Konto sein können, wenn es ihm wirklich nur ums spekulieren gegangen wäre? Interessant wäre natürlich auch die Rolle seiner Bank näher zu beleuchten, denn die haben ja auch gut davon profitiert. Dubios genug das manche Hoeneß noch diese "Opferrolle" zugestehen, wer denkt denn ernsthaft das Hoeneß eine Selbstanzeige gemacht hätte, wenn es diese Recherchen nicht gegeben hätte.

Zitat:aus meiner sicht klingt halt vieles so, als hätte er sich darüber nicht groß gedanken gemacht...damit meine ich nicht, dass er jetzt straffrei oder so davon kommen sollte, aber ich finde die Strafe ist vielleicht doch etwas hart...oder wie seht ihr das?

Das Gericht hätte auch dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgen können. Btw zunächst gehts in die Revision und falls er in den Knast wandert, kommt er wahrscheinlich eh nach 2/3 der Haftstrafe wieder raus. Damit ist er gut bedient. die Strafe hätte deutlich härter ausfallen können.
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#30
Achja, mit ein wenig Glück wird "quer" heute (20:15 br) recht witzig.
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#31
(13.03.2014, 18:49)Silencer schrieb: Selbst wenn er da etwas naiv gehandelt hat, gerade jemand mit diesen finanziellen Möglichkeiten hätte doch ohne weiteres jederzeit entsprechende Überprüfungen veranlassen können.
Ein Konto in der Schweiz eröffnet sich ja auch nicht von selbst. Und die Schweiz wählt man als Heimat für sein Geld nicht zufällig. Natürlich hat Hoeneß sich zu irgendeinem Zeitpunkt mal mit Steuerfragen beschäftigt und wußte prinzipiell, daß er da den deutschen Behörden Angaben schuldig ist. Anderes halte ich für unglaubwürdig.

(13.03.2014, 18:49)Silencer schrieb: Btw zunächst gehts in die Revision und falls er in den Knast wandert, kommt er wahrscheinlich eh nach 2/3 der Haftstrafe wieder raus.
Er kann sogar nach der Hälfte der Zeit wieder raus kommen, wenn bedeutende Milderungsgründe vorliegen (was man hier wohl annehmen kann). Und auch für die Zeit, die er zu verbüßen hat - wenn das Urteil bestätigt werden sollte - gibt es ja die Möglichkeit des Offenen Vollzugs. Das bedeutet, daß er tagsüber raus darf und am Wochenende nicht selten zu seiner Familie. Die Nächte muß er aber in der JVA verbringen und Reisen darf er auch nicht. Freiheitsstrafe bedeutet nicht immer, daß man 24 Std. am Tag weggeschlossen wird. Da gibt es schon unterschiedliche Formen. Für einen Multimillionär, der Luxus gewohnt ist, wäre aber natürlich auch der offene Vollzug schon sehr unangenehm.

(13.03.2014, 18:13)tommy schrieb: damit meine ich nicht, dass er jetzt straffrei oder so davon kommen sollte, aber ich finde die Strafe ist vielleicht doch etwas hart...oder wie seht ihr das?
Nein und ja. ;) Ich finde, wie gesagt, nicht, daß er aufgrund seiner angeblichen Ahnungslosigkeit milder hätte bestraft werden sollen. Und ich finde das Urteil nun auch nicht unbedingt "betrüblich". Der Strafrahmen für eine Steuerhinterziehung ist wie er ist und 28 Mio. € sind halt kein Pappenstiel. Da sind 3 1/2 Jahre von der Obergrenze ja sogar noch ein Stück weit entfernt.

Gleichwohl finde ich es schon immer - auch jenseits des Falles Hoeneß - etwas problematisch, wenn jemand, der ein reines Finanzdelikt vom Schreibtisch aus begangen hat, sonst aber ein sozial integrierter, engagierter Mensch ist, plötzlich in eine JVA umziehen soll, in der ja auch Gewaltverbrecher sitzen. Ich sage nicht, daß es diese Strafdrohung gar nicht geben darf. Sie ist wohl sogar nötig, um eine präventive Wirkung zu entfalten. Aber gerade in einem Fall, wo ein Geständnis vorliegt und allein schon durch den Prozeß ein Lebenswerk infrage gestellt wird, würde es für mein persönliches Gerechtigkeitsempfinden auch genügen, wenn eine Bewährungsstrafe + deutliche Geldstrafe verhängt würde.

Ich bin alles andere als ein Fan des FC Bayern und auch von Herrn Hoeneß hatte ich noch nie eine besonders hohe Meinung. Tatsächlich sähe ich es gerne, wenn er als Präsident abgesetzt wird, denn das wäre eine fühlbare Strafe für ihn und eine neue Führung könnte den FC Bayern allenfalls sympathischer machen. Aber ich muß Uli Hoeneß nicht ins Gefängnis gehen sehen. Ich weiß nicht, was ihn bewogen hat, diese Konten dem deutschen Fiskus zu verschweigen. Skrupellose gesellschaftliche Gleichgültigkeit war es wohl nicht, denn gespendet hat er ja wohl. Ob seine Reue echt ist, weiß ich auch nicht. Aber jemanden wie ihn (zumindest für die Nächte) in eine 6 m ² kleine Zelle zu stecken, das ist eine Art körperlich fühlbare Strafe, die ich als eher für gewalttätige oder zumindest rücksichtslose oder bis zuletzt uneinsichtige Täter passend empfinde.

Wie gesagt, der Strafrahmen für die Steuerhinterziehung ist prinzipiell in Ordnung und somit ist auch dieses Urteil aus meiner Sicht nicht schlechterdings untragbar. Damit muß der Steuerhinterzieher eben rechnen. Aber hart finde ich es eben schon irgendwo. - Straffreiheit hätte ich hingegen schlimmer gefunden. In Bezug auf die Reichweite der Folgen einer Selbstanzeige empfinde ich unser Steuerrecht als viel zu nachsichtig. Über das Ergebnis des Falles von Frau Schwarzer kann ich mich z.B. durchaus ärgern, denn sie hat letztlich finanziell einen guten Schnitt gemacht durch die Kombination von Selbstanzeige und Verjährung.
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#32
Amüsantes Urteil wenn ich daran denke, dass man in meinem Bundesland einen Politiker zu 4 Jahren verurteilt hat und dort waren es nur 75.000 Euro die hinterzogen wurden. Die Rechtsprechung in Europa ist wirklich sehr unterschiedlich.
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#33
(13.03.2014, 20:25)Zurgrimm schrieb:
(13.03.2014, 18:49)Silencer schrieb: Selbst wenn er da etwas naiv gehandelt hat, gerade jemand mit diesen finanziellen Möglichkeiten hätte doch ohne weiteres jederzeit entsprechende Überprüfungen veranlassen können.
Ein Konto in der Schweiz eröffnet sich ja auch nicht von selbst. Und die Schweiz wählt man als Heimat für sein Geld nicht zufällig. Natürlich hat Hoeneß sich zu irgendeinem Zeitpunkt mal mit Steuerfragen beschäftigt und wußte prinzipiell, daß er da den deutschen Behörden Angaben schuldig ist. Anderes halte ich für unglaubwürdig.
ich wollte auch nie in Frage stellen, das er nicht genau wusste dass er steuern hinterzieht...ist ja auch irgendwie in Mode gewesen sich ein Konto in der Schweiz zu eröffnen...
Und wie ein Kollege von mir gestern sagte, als normaler Angestellter kommt man garnicht erst in die Verlegenheit steuern zu hinterziehen, da es kaum machbar ist...und ich weiß nicht wie gehandelt hätte, wenn ich annährend so viel Geld verdient hätte und wüste der Staat krallt sich die hälfte davon...wahrscheinlich hätte es auch ausgereicht, wenn Freunde gesagt hätten: schau mal hier Konto in der Schweiz und so, machen alle hier...

Ich möchte dabei die Summer wirklich einmal außer acht lassen, da sie nur eine sekundäre Rolle spielt und wie gesagt bin ich mir nicht sicher, inwieweit im selber die Höhe Bewusst war...aber das bleibt Spekulation...

Und mir stellt sich gerade noch eine andere Frage, es wird immer nur von den Steuern geredet, aber was ist mit den anderen Sozialabgaben? Bei Selbstständigen fällt da wahrscheinlich nur der Krankenkassenbeitrag an oder? Ist dann die Frage müssen die das nicht auch nachzahlen?

(13.03.2014, 20:25)Zurgrimm schrieb: Gleichwohl finde ich es schon immer - auch jenseits des Falles Hoeneß - etwas problematisch, wenn jemand, der ein reines Finanzdelikt vom Schreibtisch aus begangen hat, sonst aber ein sozial integrierter, engagierter Mensch ist, plötzlich in eine JVA umziehen soll, in der ja auch Gewaltverbrecher sitzen. Ich sage nicht, daß es diese Strafdrohung gar nicht geben darf. Sie ist wohl sogar nötig, um eine präventive Wirkung zu entfalten. Aber gerade in einem Fall, wo ein Geständnis vorliegt und allein schon durch den Prozeß ein Lebenswerk infrage gestellt wird, würde es für mein persönliches Gerechtigkeitsempfinden auch genügen, wenn eine Bewährungsstrafe + deutliche Geldstrafe verhängt würde.
Ja und vielleicht noch ein bischen sozialer Dienst oben drauf, das würde vielen ganz gut tun. Aber wo du das gerade mit dem Freiheitsentzug ansprichst, muss man ja auch sagen, dass er mit seiner Strafe schon fast auf der Stufe eines sexual Straftäters steht...(das mal einfach so in den Raum gestellt)

(13.03.2014, 21:49)bolthan2003 schrieb: Amüsantes Urteil wenn ich daran denke, dass man in meinem Bundesland einen Politiker zu 4 Jahren verurteilt hat und dort waren es nur 75.000 Euro die hinterzogen wurden. Die Rechtsprechung in Europa ist wirklich sehr unterschiedlich.
Ich kenn den anderen Fall nicht, aber du darfst auch nicht vergessen, das bei Hoeneß noch mildernde Umstände hinzukahmen. So durch die Selbstanzeige und scheinbar hat er ja auch alle nötigen Unterlagen besorgt, ohne die die Summen garnicht erst ans Tageslicht gekommen wären.
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#34
(14.03.2014, 07:52)tommy schrieb: Ich möchte dabei die Summer wirklich einmal außer acht lassen, da sie nur eine sekundäre Rolle spielt und wie gesagt bin ich mir nicht sicher, inwieweit im selber die Höhe Bewusst war...aber das bleibt Spekulation...

Natürlich spielt die Höhe der Summe eine Rolle bei der Bewertung dieses Falles. Klar man muss erst einmal ein gewisses Vermögen besitzen, um in diesem Umfang überhaupt spekulieren zu können. Uli Hoeneß wäre aber mit einer deutlich kleineren Summe nie zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Das klingt mir zu sehr nach Relativierung dieses Falles und gerade im Netz scheint sich diesbezüglich eine dementsprechende Argumentation zu finden.

Entweder man hält dem entgegen, dass Steuerverschwendung ja soviel schlimmer ist und nicht dementsprechend bestraft wird oder man folgt der "Opferrolle" die Hoeneß bewusst eingenommen hat. Beides kann ich nicht nachvollziehen, zumal das Urteil alles in allem relativ milde ausgefallen ist, es hätte deutlich höher ausfallen können, wenn man ihm einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung unterstellt und dementsprechend das Strafmaß am oberen Ende angesiedelt hätte (max 10 Jahre). Demnach hätte er ebenso gut auch die doppelte Haftstrafe (7 Jahre) bekommen können. Man kann ihm ja jetzt noch anrechnen, dass er auf die Revision verzichtet und das Urteil akzeptiert hat, aber er hätte sich wahrscheinlich die Haftstrafe ganz ersparen können, wenn er wirklich ehrlich und von sich aus früher gehandelt hätte.

In meiner Heimatstadt hat es einen notorischen jugendlichen Schwarzfahrer erwischt, 2 Jahre 10 Monate Jugendstrafe. Soetwas ist offenbar auch möglich. Naja über die Relation braucht man wohl nicht nachzudenken.
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#35
(14.03.2014, 11:16)Silencer schrieb: Natürlich spielt die Höhe der Summe eine Rolle bei der Bewertung dieses Falles. Klar man muss erst einmal ein gewisses Vermögen besitzen, um in diesem Umfang überhaupt spekulieren zu können. Uli Hoeneß wäre aber mit einer deutlich kleineren Summe nie zu einer Haftstrafe verurteilt worden.
Das ist richtig. Bei der Strafzumessung werden auch die Folgen der Tat einbezogen und das bedeutet bei der Steuerhinterziehung eben, wieviel Geld dem Staat entgangen ist. Das muß man aber nicht unbedingt als gerecht empfinden. Wieviele Steuern jemand hinterzieht, hängt nämlich letztlich nur davon ab, mit welchen Summen er hantiert, wie hoch also seine Einkünfte ausfallen, nicht aber davon, wieviel kriminelle Energie er aufgewendet hat. Die Entscheidung von Hoeneß, die Schweizer Konten den deutschen Steuerbehörden zu verschweigen, ist die gleiche, ob er damit nun genug Gewinne für 3 Mio. € Steuerschuld oder für 28 Mio. € Steuerschuld erwirtschaftet hat.

Das ist aber freilich kein Problem allein des Steuerstrafrechts. Entsprechende Situationen kann es bei fast allen Delikten geben. Wer fahrlässig eine rote Ampel überfährt, bleibt straffrei (eine Ordnungswidrigkeit ist das schon, erfüllt aber keinen Straftatbestand). Baut er dadurch einen Unfall, bei dem ein Blechschaden entsteht, bleibt er ebenfalls straffrei, weil fahrlässige Sachbeschädigung eben nicht strafbar ist. Verletzt oder tötet er dabei aber einen Menschen, wird er wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung bestraft. - Und das obgleich die Handlung in allen drei Fällen identisch war und die Folgen der fahrlässigen Handlung eher dem Zufall entsprungen sind.

Man kann also sagen, daß es der Wertung unseres Strafrechts entspricht, daß wer überhaupt prinzipiell schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) handelt, auch im Hinblick auf seine spätere Bestrafung das Risiko der großen Folgen seiner Handlungen trägt. Ob Hoeneß wirklich 28 Mio. € Steuern hinterziehen wollte und sich darüber Gedanken gemacht hat oder ob er nur eben solch unglaubliche Gewinne erzielt hat, daß es dazu auch für ihn mehr zufällig gekommen ist, spielt vor diesem Hintergrund keine Rolle. Das hat mit den Strafzwecken zu tun, die unser Strafrecht verfolgt. - Ob das letztlich gerecht ist, darüber kann man sich natürlich streiten. Ich habe damit zuweilen so meine Schwierigkeiten.

(14.03.2014, 11:16)Silencer schrieb: Man kann ihm ja jetzt noch anrechnen, dass er auf die Revision verzichtet und das Urteil akzeptiert hat, aber er hätte sich wahrscheinlich die Haftstrafe ganz ersparen können, wenn er wirklich ehrlich und von sich aus früher gehandelt hätte.
Ja, als ich das das erste Mal heute Morgen gehört habe, dachte ich spontan: "Wie kann man nur so dämlich sein, bei dieser Sachlage!" - Aber wenn man darüber nachdenkt, macht das mitunter auch Sinn:

Hätte Hoeneß Revision eingelegt, hätte dies wahrscheinlich auch die Staatsanwaltschaft getan. Ob der BGH am Ende zu seinen Gunsten entschieden hätte hinsichtlich der Anforderungen an die Selbstanzeige bzw. deren Berücksichtigung bei der Strafzumessung, das wäre zumindest unsicher gewesen. Dafür hätte aber eben auch die Möglichkeit bestanden, daß die Staatsanwaltschaft durchdringt und am Ende eine höhere Strafe für ihn herausgekommen wäre. Zudem kann es sich für ihn in dreierlei Hinsicht als positiv auswirken, wenn er sich jetzt reuig und bußfertig zeigt. Denn sowohl die Entscheidung, ob er schon nach der Hälfte der Haftzeit auf Bewährung freikommt, als auch die Frage, ob er diese Zeit im offenen Vollzug verbringen darf, sind nach den ganzen Umständen des Falles, einschließlich des nachtatlichen Verhaltens des Täters zu beurteilen. Unnachgiebigkeit bis zum Letzten sieht da sicherlich schlechter aus als die Akzeptanz von Urteil und Strafe.

Und zudem macht er sich so auch im Ansehen in der Bevölkerung besser. In der Phoenix-Runde gestern abend war man sich (natürlich noch in Unkenntnis des Revisionsverzichts) einig, daß nach Verbüßung der Haftstrafe beim FC Bayern eine große Bereitschaft vorhanden sein wird, ihm eine zweite Chance zu geben. Sollte er also wirklich anstreben, sein Amt nach ca. zweijähriger Pause wiederzuerlangen, ist es dafür gewiß von Vorteil, wenn er sich jetzt durch besonders ehrbares und anständiges Verhalten als tragbarer "guter Mensch mit Fehlern" erwiesen hat. Im Ergebnis wäre das dann "nur" eine unangenehme und unrühmliche Phase in seinem Leben, nicht aber die endgültige Beendigung seines Lebenswerkes.

Vor diesem Hintergrund kann ich zwar nicht ausschließen, daß sein Revisionsverzicht eine echte Herzensentscheidung aus tief empfundener Reue ist. Aber es kann zumindest auch aus kühlem Kalkül heraus Sinn machen, so zu agieren.

(14.03.2014, 11:16)Silencer schrieb: In meiner Heimatstadt hat es einen notorischen jugendlichen Schwarzfahrer erwischt, 2 Jahre 10 Monate Jugendstrafe. Soetwas ist offenbar auch möglich. Naja über die Relation braucht man wohl nicht nachzudenken.
Ja, möglich ist soetwas, denn das fällt unter den Straftatbestand der Erschleichung von Leistungen ( § 265a StGB). Hier dürfte die Haftstrafe aber dadurch zustandekommen, daß es sich um einen "notorischen" Straftäter handelte. Für eine einzelne Tat geht der Strafrahmen ja auch nur bis zu 1 Jahr. Die über 2 Jahre können also nur zusammenkommen, indem da die Strafen für mehrere Taten zusammengefaßt wurden (oder falls das Jugendstrafrecht andere Strafrahmen vorsieht, das weiß ich jetzt nicht). - Daß Herr Hoeneß seinen Fehler, Steuern zu hinterziehen, noch einmal in seinem Leben wiederholen wird, ist hingegen wohl eher unwahrscheinlich. Schon daran scheitert die Vergleichbarkeit meines Erachtens.
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#36
Mal eine andere Frage, weiß eigentlich jemand warum seine Selbstanzeige ungültig war? Er hat doch alle Unterlagen eingereicht oder? Auch wenn er sich mit der Summe wohl "etwas" vertan hat...

Edit:
ich lese gerade, er hat sie selber am 12.03 zurückgezogen....

Edit2:
auch sehr schön zum Thema selbstanzeige mal hier ein Auszug vom tagesspiegel

Zitat:...Schließlich äußerten sich die Richter auch zur Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Selbstanzeige überhaupt gültig ist. Dass es zu spät ist, wenn der Steuerfahnder klingelt, war immer klar.

Doch nach dem einschlägigen §371 der Abgabenordnung reicht es auch schon, dass die Tat „entdeckt“ ist und der Täter das wusste oder damit rechnen musste. Das Gericht legte diese Bestimmung weit aus: „Entdeckt“ ist eine Tat sogar schon dann, wenn die Ermittler noch gar nicht wissen, wer sie begangen hat. Ob der Täter selbst sich ertappt weiß, ist für das Gericht nebensächlich - im Zeitalter internationaler Ermittlungen müsse man an diese „subjektive Komponente“ keine hohen Anforderungen stellen....

ist also absolute Auslegungssache ob so eine Selbstanzeige Gültig ist oder nicht
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#37
Ich finde es jetzt keine absolute Auslegungssache.
Sobald halt jemand weiß, dass da 10 Millionen unversteuertes Geld auf dem Konto X liegt, ist es für Herrn Müller zu spät, Selbstanzeige zu stellen, selbst wenn noch niemand weiß, dass es Herrn Müller gehört.
Vorher, wenn es nur Herr Müller weiß, ist die Selbstanzeige rechtens.

Und das finde ich auch okay so. Jemanden das Schuldeingeständnis zu erleichtern, indem man sagt "Ey, komm, Scheiße bauen wir alle, komm zu Papa und lass dir den Kopf tätscheln, alles wird gut" ist sicherlich etwas quer für mein Rechtsverständnis. Aber wenn es auch noch okay wäre, wenn man doch schon erwischt ist und jedermann weiß, dass die Selbstanzeige aus der Not, dass man eh schon entdeckt wurde .... was bastel ich hier eigentlich gerade für Bandwurmsätze? Liest hier noch jemand mit?
Na, jedenfalls: Ja, wenn es wirklich aus eigenem Antrieb passiert, soll es von mir aus so sein. Aber sobald man es aus Angst macht, weil man erwischt wurde, ist es halt keine Selbstanzeige mehr.

Und im Fall Hoeneß war die Selbstanzeige ja wohl nach ... war es der Stern oder der Focus? Na, jedenfall NACH dem Beginn deren Recherche. Wenn ich es richtig verstanden habe.
For what it's worth, I'm glad it's you. It was nice to be happy ... for a while.
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#38
(15.03.2014, 08:33)Calesca schrieb: Ich finde es jetzt keine absolute Auslegungssache.
Sobald halt jemand weiß, dass da 10 Millionen unversteuertes Geld auf dem Konto X liegt, ist es für Herrn Müller zu spät, Selbstanzeige zu stellen, selbst wenn noch niemand weiß, dass es Herrn Müller gehört.
Vorher, wenn es nur Herr Müller weiß, ist die Selbstanzeige rechtens.
Hmm egal wie ich es gerade in meinem Kopf drehe und wende, du hast irgendwie recht...selbst ein leiser Verdacht reicht aus um die Selbstanzeige ins wanken zu bringen...aber würde das die Selbstanzeige nicht irgendwie überflüssig machen? Ich meine wer beschliesst einfach so, ich zeig mich heute mal selber an?...irgendwas muss dem doch zumindest vorausgehen...strengere Kontrollen, bemerkte Unstimmigkeiten in Abrechnungen...oder auch geäußerte Verdachtsmomente...
Obwohl wenn ich jetzt so darüber nachdenke, kann ich weder Moralisch noch juristisch hier die Grenze eindeutig festlegen...streng genommen müsste die selbstanzeige in all diesen Fällen ungültig sein...aber es setzt auch gewisser maßen vorraus, das man weiß, was der steuersünde zum Zeitpunkt der Selbstanzeige wusste...

(15.03.2014, 08:33)Calesca schrieb: was bastel ich hier eigentlich gerade für Bandwurmsätze? Liest hier noch jemand mit?
Ich hänge an deinen Lippen :D

(15.03.2014, 08:33)Calesca schrieb: Na, jedenfalls: Ja, wenn es wirklich aus eigenem Antrieb passiert, soll es von mir aus so sein. Aber sobald man es aus Angst macht, weil man erwischt wurde, ist es halt keine Selbstanzeige mehr.
Ja und nein, ich finde hier müsste man eigentlich entscheiden zwischen "erwischt wurde" und "erwischt werden könnte"

(15.03.2014, 08:33)Calesca schrieb: Und im Fall Hoeneß war die Selbstanzeige ja wohl nach ... war es der Stern oder der Focus? Na, jedenfall NACH dem Beginn deren Recherche. Wenn ich es richtig verstanden habe.
Dann Frage ich mich hier, ob es eine Recherce auf Verdacht und noch ohne Ergebnisse war oder ob die Recherce bereits konkret auf Fakten beruhte...vor dem Gesetzt macht es wahrscheinlich keinen Unterschied, aber aus moralischer Sicht macht es das für mich schon...
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#39
(15.03.2014, 09:13)tommy schrieb: Obwohl wenn ich jetzt so darüber nachdenke, kann ich weder Moralisch noch juristisch hier die Grenze eindeutig festlegen...
Die Grenze zu ziehen ist tatsächlich eines der Probleme der strafbefreienden Selbstanzeige. Wenn "jemand" weiß, reicht das jedenfalls noch nicht. Die Bank weiß z.B. immer. Der Datendieb, der eine Steuer-CD zusammengestellt hat, der sie den Behörden verkaufen will, der weiß vielleicht auch (wenn er sich die Daten angesehen hat). All das kann aber eine Selbstanzeige noch nicht unwirksam machen. Insofern reicht es auch nicht, wenn der STERN oder ein anderes Medium irgendetwas weiß. Vielmehr muß die zuständige Behörde oder eine Stelle, die ihr zur Mitteilung verpflichtet ist, von Fakten wissen, die zu der Steuerstraftat führen. Und das ist erst nach Veröffentlichung einer Medien-Recherche der Fall.

Im Fall Hoeneß wurde die Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige - soweit mir bekannt - vom Gericht wohl auch nicht angezweifelt. Der STERN hatte die Informationen zu dem Zeitpunkt weder veröffentlicht noch an die Behörden weitergegeben. Tatsächlich hatte er noch nicht einmal den Namen Hoeneß. Ob man aus den dem STERN vorliegenden Fakten also auf eine konkrete Tat hätte schließen und diese behördlich verfolgen können, ist ungewiß.

Klar ist, daß man eine strafbefreiende Selbstanzeige wohl fast immer aus einer Angst vor Entdeckung heraus tätigt. Denn niemand möchte bestraft werden. Und Strafzinsen muß man ja zumindest zahlen, auch wenn man sich wirksam selbst angezeigt hat. Die Frage ist nur, ob diese Angst vor Entdeckung im Einzelfall eine konkrete (weil jemand schon etwas weiß, das bald an die Behörde gelangen wird) oder eine abstrakte (es werden Steuer-CDs angekauft, vielleicht ja demnächst mal eine mit Daten der Bank, bei der man sein Schwarzgeld hat) ist. Moralisch würde ich auch sagen, daß nur in letzterem Falle eine strafbefreiende Selbstanzeige richtig ist ... und auch nur, wenn es ein einfacher Fall von Steuerhinterziehung ist, kein besonders schwerer.

Unwirksam war die Selbstanzeige von Hoeneß aber mangels Vollständigkeit. Dies ist die zweite Voraussetzung. Was genau beigebracht werden muß und was bei Herrn Hoeneß fehlte, darüber habe ich aber auch nichts Genaues bzw. nur Widersprüchliches gelesen und gehört. Mal heißt es, man müsse alle Unterlagen einreichen, so daß die Steuerschuld daraus berechnet werden kann. Dann heißt es wieder, man müsse sie übersichtlich einreichen, so daß die hinterzogenen Steuern leicht ersichtlich sind. Mal heißt es, Hoeneß habe alle Unterlagen eingereicht, nur einen "Formulierungsfehler" begangen oder das Material nicht richtig sortiert, dann heißt es, er habe ein paar Unterlagen erst in einem zweiten Termin nachgereicht oder auch, er habe im Januar 2013 noch gar nicht alle Unterlagen beisammen gehabt und daher keine vollständige Selbstanzeige machen können. Und schließlich gab es ja noch eine Hausdurchsuchung, von der nie gesagt wurde, ob einige der Unterlagen auch aus dieser stammen.

Was hier nun zutrifft, weiß ich auch nicht; weder bezogen auf die Anforderungen der Selbstanzeige, noch auf den eigentlichen Grund für die Unwirksamkeit im Falle Hoeneß.
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#40
ich finde generell krass das es eine strafbefreiende Selbstanzeige (zumindest noch? ) überhaupt gibt und wohl auch nur im steuerrecht, was ja eindeutig nur den "besserverdienenden" nützt
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