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Noch einmal mit Stift und Papier
#26
In Varnheim hält uns nichts und wir entschließen uns für den Weg über Auplog. Es herrscht dichter Nebel, der sich in den Tälern sammelt, die Feuchte kriecht durch die Kleider, bald können wir kaum zehn Schritt weit sehen. Die Reise zieht sich wie Karamellmasse.
Am dritten Tag können wir gerade noch rechtzeitig erkennen, daß sich vor uns ein großes Loch im Boden auftut, und als wir da so stehen, erkennen wir auch einen Brückenkopf, jedoch ohne Brücke dazu. Der Nebel macht es unmöglich, die Entfernung zum anderen Rand der Kluft abzuschätzen, und auch die Tiefe verliert sich in einem milchigen See. Torgard - ganz die Wissenschaftlerin - läßt einen Stein in die Kluft fallen, dessen Geräusch aber vom Nebel verschluckt wird. Beim zweiten Versuch hört sie genauer hin und will so eine Tiefe von 60, 70 Schritt errechnet haben (is ja auch eigentlich völlig wurscht, wie tief das ist, springen will hier doch wohl hoffentlich eh keiner...). Lieksa wendet die Steinwurfmethode auch mit der Breite an und versucht, erst 10, dann 15 und dann 20 Schritt weit zu werfen und anhand der Geräusche abzuschätzen, ob der Stein nach unten fällt oder drüben aufkommt. Schulßendlich einigen wir uns darauf, daß die Kluft wohl um die 20 Schritt breit sein dürfte.
Erkenntnis nach der ganzen Aktion: Hier kommen wir nicht weiter.
Nach links und rechts verliert sich der Rand der Kluft ebenso im Nebel, es läßt sich also unmöglich abschätzen, wie man am günstigsten um das Hindernis drumrum kommt. Aber vielleicht könnte man ja eine Brücke auch improvisieren. Während wir nach rechts am Rand des Abgrundes entlang marschieren, halten wir daher nach geeignet hohen Bäumen Ausschau, die nahe am Rand der Kluft stehen. Endlich finden wir einen und stellen erstaunt fest, daß wir keine Holzfäller sind. Torgard richtet sich an den Allmächtigen mit der Frage, ob ein hinreichend großes Tier in der Nähe sei, das sie mittels HERRN DER TIERE zum Bäumefällen überreden könne. Und der Allmächtige in seiner unendlichen Weisheit sandte ihr eine Botschaft und sprach: "Such doch mal danach!"
Diese Aufgabe wird freilich an die Nivesin delegiert, die sich klugerweise nicht allzu weit von der Kluft entfernt, keinerlei Anzeichen von Nashörnern, Mammuts, Schlingern, Ogern oder Alten Drachen findet und mit einem Hätt-ich-dir-gleich-sagen-können-Unterton den Mißerfolg meldet.
Nächste Idee: Elementarbeschwörung. Torgard versucht, einen Luftgeist zu beschwören (obwohl bei der Suppe ein Wassergeist wohl einfacher gewesen wäre), versinkt in minutenlanger Konzentration, während die anderen den Würfelbecher rausholen. Als es nach zehn Minuten noch immer nicht "Plopp" macht, gibt Torgard den Versuch auf, sich aber noch nicht geschlagen. Als sie sich halbwegs gesammelt hat, macht sie sich auf die Suche nach einer Handvoll möglichst reinen Erzes, um sich die Anrufungsprobe zu erleichtern, doch die Kombination aus Sinnenschärfe, Gesteinskunde und Glück liefert gerade so einen hübschen Felsbrocken. Nach einer halben Stunde versucht sie es so noch einmal mit einem Erzgeist. Lieksa und Ugdalf sind mittlerweile zum gelangweilten Schnitzen übergegangen.
Auch der zweite Versuch schlägt fehl und so darf der Baum noch einige weitere Jahre in der Senkrechten bleiben. Endlich geht es also weiter die Kluft entlang und nach geraumer Zeit verengt sie sich so weit, daß der gegenüberliegende Rand in Blickweite kommt und bald auch übersprungen werden kann. Wir entschließen uns, den Springer sicherheitshalber anzuseilen und so bindet sich Ugdalf ein Seil um den Leib und springt ohne Probleme über die Kluft. Dann kommt Lieksa, die mit der Eleganz eines Karens drüben aufsetzt. Zum Schluß Torgard. Sie nimmt Anlauf, so weit das Seil es erlaubt, stürmt los, würfelt einen Patzer und springt einen Schritt zu früh ab, weshalb sie zwar weit genug springt, aber dennoch im Nichts landet. Die beiden anderen können sie halten, was ihr neben einem schmerzhaften Ruck durch den Leib auch einen nicht minder schmerzhaften Aufprall an der Kluftwand einbringt. Aber immernoch besser als der Aufprall in der Tiefe.
Wir marschieren wieder zurück zur Brücke, um den Weg wiederzufinden und kampieren dort. Im Lauf des nächsten Tages verziehen sich die Nebel, um einem schwarzen Ungetüm von Wolke Platz zu machen. Glücklicherweise erreichen wir gerade noch einen Berghof, in welchem wir die verregnete Nacht verbringen können und stapfen den nunmehr matschigen Weg weiter. Auch in Auplog hält uns nichts (daß da oben eine Brücke eingestürzt ist, erzählen wir auch niemandem. Ts, ts...), stattdessen ruft die Bodirstraße und zu guter Letzt setzen wir nach Angbodirtal über, wo wir sofort die erste Kneipe aufsuchen.
Wir sagen wieder unser Sprüchlein von wegen Bett, Bier und Essen auf und fragen nach einem Bern Halsson. Von einem Sohn des Kaisers weiß die Wirtin nichts, aber einen Beorn kenne sie, der sitze da drüben. Beorn sitzt mit zwei Leuten am Tisch und einem Bier vor der Nase, weshalb wir zunächst auf unser Essen warten.
Die Teller sind bald leer, Beorn aber noch immer nicht allein. Wir entschließen uns, ihn anzusprechen, rücken ein paar Schemel mit an den Tisch und legen die ganze Sache dar. Der Mann verweist uns an Isleif, Ragna, Swafnild und Eliane und wendet sich wieder seinem Bier zu. Wir haken nochmal nach und fragen nach Trutzke, woraufhin uns Beorn nach Manrek schickt und sich demonstrativ im Humpen vertieft. Wir lassen nicht locker und fragen direkt nach der Karte. Beorn schnauzt uns an, wir sollen ihn in Ruhe lassen, Torgard schnauzt zurück, und ehe wir so richtig merken, was los ist, stehen wir bei Beorn im Haus, wo wir sein Kartenteil kopieren mit dem Versprechen, ihn nicht weiter zu behelligen.
Früh am nächsten Morgen machen wir uns auf gen Breida, das wir noch abhaken wollen, bevor wir Winterquartier nehmen und einen Zwischenbericht bei Tronde abliefern. Das Wetter bleibt herbstlich durchwachsen, die Reise mühsam, doch schließlich gelangen wir an.
Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für die Mitglieder einer Partei - und mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. (Rosa Luxemburg)


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RE: Noch einmal mit Stift und Papier - von Alter Ugdalf - 28.09.2011, 12:28



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