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Noch einmal mit Stift und Papier
#39
Wir schreiben den 16. Peraine im Jahr 1009 BF, als wir den Felstir erreichen. Von einem Hügel aus blicken wir auf den letzten Abschnitt bis zum Ufer. In Vilnheim liegen mehrere Schiffe am Ufer, einige Feuerstellen sind zwischen den Häusern errichtet worden und selbst auf die Entfernung können wir erkennen, daß aus dem Flößerdorf eine Garnison geworden ist. Flußaufwärts blickend können wir feststellen, daß wir keinen Tag zu früh kommen: Ein Heer wälzt sich den Grenzfluß entlang auf Vilnheim zu. Daß es sich um die Schwarzpelze handeln muß, liegt auf der Hand.
Wir legen die restliche Strecke im Eilmarsch zurück, um den Amboß Vilnheim zu erreichen, bevor der orkische Hammer niedergeht. Die Thorwaler haben uns ausgemacht und schicken ein Boot entgegen, das uns direkt in den Ort hineinbringt, wo wir umgehend einigen Dutzend Gesichtern gegenüberstehen, die noch zwischen Jubel und Panik wählen wollen. Ich bitte die Gruppe eindringlich darum, einmal ganz ausnahmsweise die Stimmung nicht kaputtzumachen, die ich mühsam aufzubauen versucht habe. Deshalb verbiete ich allen dreien, die dämliche Bemerkung auszusprechen, die ihnen grade im Gesicht steht.
Ugdalf holt wortlos ein längliches Bündel vom Rücken des Ponys, öffnet es und zieht Grimring aus der Scheide. Die Leute entscheiden sich für den Jubel, der jedoch nicht lange anhält - schließlich ist der Feind bereits in Sichtweite. Nach kurzer Beratung mit den Oberthorwalern meldet sich Ugdalf versehentlich freiwillig, mit einer Delegation vor den Wall zu treten, um die vielbesungene Wirkung der Klinge auf die Orks auszuprobieren.
Während draußen wohlgeordnete Schlachtreihen Aufstellung nehmen, gehen drinnen die Vorbereitungen für die Verteidigung ihrem Ende entgegen. Doch davon bekommen wir nur am Rande etwas mit, denn wir treten mit einer kleinen Mannschaft vor das Tor, Ugdalf voran, dem langsam doch etwas mulmig wird im Angesicht der hundert Orks, die er unmittelbar sieht - und noch mehr eingedenk der weiß-der-Geier-wievielen dahinter. Unruhe macht sich unter einigen der Schwarzpelze breit: Ein paar von ihnen wollen offensichtlich über uns herfallen, werden aber zurückgehalten.
Ruhe kehrt ein, als ein Orks mit graumelliertem Fell nach vorne tritt und ein paar Worte bellt. Er wendet sich uns zu und wir erkennen den kupfernen Ornat, den er um den Hals trägt. Ugdalf spürt, wie Grimring in seinen Händen vor Kraft vibriert, während er sich den Orks nähert. In zwanzig Schritt Entfernung macht er Halt und reckt die Klinge empor. Ein paar der Schwarzpelze scheinen zurückweichen zu wollen, wenngleich jeder an seinem Platz bleibt. Lediglich der Graupelz kommt ein paar Schritte näher, bevor er sich abrupt umwendet, einem der Krieger einen Befehl gibt und dieser zwischen den Reihen verschwindet.
Bald darauf kommt Bewegung in den Haufen: Eines der Banner kommt auf uns zu. Die Reihen machen eine Gasse frei, durch die einige gutgerüstete Krieger reiten. Der prächtigste von ihnen steigt ab und tritt zu dem Graupelz. Beide wechseln einen bedeutungsschweren Blick. Dann spricht der Häuptling in fast akzentfreiem Thorwalsch:
"Ich bin Garzlokh, Herr der Zholochai. Und wer ist der Wurm, der sich erdreistet, sich mit diesem Ding dem Marsch der Orks entgegenzustellen?" Ugdalf sagt zwar brav seinen Namen, aber nicht den der Klinge, zerteilt leider keine Orks und fordert auch keinen Zweikampf. Jedoch fragt er nach, ob die Orks dies Schwert kennen. Natürlich kenne er dieses tairachverfluchte Ding, entgegnet Garzlokh. Noch immer recht unschlüssig, was er nun tun und sagen soll oder könnte - und die Damen halten sich zurück, da sie mal gehört haben, daß Orks keine gute Meinung von Frauen haben - versichert Ugdalf, daß die Schwarzpelze gegen diese Klinge werden antreten müssen.
"Ihr könnt nicht jeder eine solche Waffe gegen uns benutzen. Wir sind viele, und irgendwann wirst du trotzdem fallen, und dann werde ich dich zertreten und dein Gekröse an die Geier verfüttern, denn nicht mehr bist du als lebendes Aas."
Ugdalf hebt die Klinge höher: "Dann wird eben nur einer damit kämpfen. Das reicht auch."
Garzlokh greift die Formulierung auf und deutet sie um: "Du forderst also einen Zweikampf, stellvertretend für ganz Thorwal?" Sechs Augen schauen mich entgeistert an. Dann drehen sich vier davon zu Ugdalf und ihre Besitzer grinsen hämisch.
Ugdalf wagt es nicht, einen Rückzieher zu machen und bejaht. Garzlokh wechselt ein paar Worte mit dem Graupelz. Ugdalf wird von den Thorwalern für wahnsinnig erklärt. Doch bevor man ihn präventiv mit seinen eigenen Zähnen an den nächsten Baum nageln kann, kehrt der Häuptling zurück:
"Ich bin Garzlokh, Herr der Zholochai. Ich habe Phexcaer im Wettkampf verloren, aber ich werde Thorwal nicht verlieren, denn ich bin der Wille Brazoraghs und der Wille Tairachs. Und es ist mein Wille und der Wille der Götter, daß ein Kampf auf Leben und Tod stattfindet, ein Kampf, dessen Preis die Stadt Thorwal ist. Und wir werden den Gaist Tairachs herabrufen, daß er jeden vernichte, der in diesen Kampf einzugreifen versucht. Ihr habt eine Stunde, euch auf euer Ende vorzubereiten."
Damit kehren wir zurück. Während Ugdalf sich aufwärmt, wird heftig über Wohl und Wehe dieser Entscheidung diskutiert. Torgard wagt nicht, dem Krieger irgendwelche magischen Hilfestellungen zu geben und so zieht Ugdalf eine Stunde später gerüstet, beschildet und mit Grimring in der Hand auf den Kampfplatz, der in der Zwischenzeit von den Schwarzpelzen vorbereitet wurde. Das Brimborium, das mit diesem Zweikampf einhergeht, verstehen wir nicht recht, doch das macht uns nichts. Die einzig wirklich relevante Regel scheint zu lauten: "Auf Leben und Tod".
Noch ein Wort zu Grimring: Ich habe aus dem Zweihänder ein einfaches Schwert gemacht. Diese Fantasy-Geilheit auf zweihändige Waffen werd ich nie in meinen Schädel kriegen. Mit sowas läßt sich kein Zweikampf austragen.
Ugdalf steht dem Krieger der Orks gegenüber. Der Kampfplatz ist zur Hälfte umringt von Schwarzpelzen, die Thorwaler stehen dichtgedrängt auf und vor dem Wall. Die Delegation von vorhin baut sich auf der anderen Hälfte der Arena auf. Ein paar Stoßgebete später eröffnet der Ork den Kampf mit einem testenden Hieb. Ugdalf wehrt den ab und schlägt zurück. Der Ork taucht unter Ugdalfs Streich hindurch und versetzt ihm einen gutplacierten Schlag in den Magen. Der Thorwaler wirft sich mit dem Schild gegen den Ork, um ihn von den Füßen zu holen, zielt jedoch daneben und strauchelt. Der Ork will die Gelegenheit nutzen und legt alle Kraft in seinen nächsten Hieb, verschätzt sich aber ebenso und beide bräuchten eigentlich einen Moment, sich wieder zu fangen. Doch Ugdalf will's wissen, wirbelt herum und trifft den Ork in der Seite. Der Streich durchtrennt Rüstung, Pelz und Haut und öffnet eine häßliche Wunde. Die Meute johlt.
Ugdalf setzt nach, doch der Ork lenkt die Klinge ab, hebt seine Waffe und verursacht einen Kratzer an Ugdalfs Bein. Der zielt auf die bereits verwundete Stelle und trifft tatsächlich nocheinmal dorthin. Mit lautem Gebrüll legt der Ork den ganzen Schmerz in seinen nächsten Hieb, der in Ugdalfs Schild steckenbleibt. Mit einem weiteren Treffer im Bein geht der Orkkrieger zu Boden, versucht, sich nocheinmal aufzubäumen, doch Ugdalf steht bereits über ihm und setzt die Klinge an seiner Kehle an. Torgard findet das unnötig und meint, man könne den Mann doch noch retten. Lieksa holt sie aber mit den Worten "Was in 'Kampf auf Leben und Tod' hast du nicht verstanden?" auf den Boden der Tatsachen zurück.
Lange Zeit herrscht Stille unter den Orks, während Vilnheim in Jubelschreie ausbricht. Einige Schwarzpelze beginnen irgendetwas gegen Ugdalf zu plöärren, werden aber sofort zur Ordnung gerufen. Endlich erhebt sich Garzlokh und spricht: "Die Götter haben gesprochen. Es war der Wille Brazoraghs, daß dieser Kampf stattfindet, und ich muß euch als Sieger anerkennen. Wir werden also gehen. Doch seid gewiß: So wie ihr Thorwal gerettet habt, habt ihr eine andere Stadt dem Untergang geweiht."
An dieser Stelle sollte er einen vagen Einblick in die Idee des Großen Marsches geben und einige Andeutungen in Richtung Aikar und Svellttal machen und so die Stimmung für Sternenschweif vorbereiten, aber die Spieler verlegten sich lieber darauf, den metaphorisch am Boden liegenden Garzlokh noch ein wenig zu treten. So spotten sie, daß Brazoragh wohl nicht wollte, daß Garzlokh gewinnt; daß er sich bald nicht mehr bei jedem zweiten Satz als Garzlokh, Herr der Zholochai bezeichnen könne und daß der göttliche Auftrag zu seltsamen Ergebnissen führe.
So dreht sich der Häuptling bald um und kehrt zu den Seinen zurück, die sich bald auf den Rückweg begeben. Wie wir übrigens bald erfahren werden, haben die Orks den Fluß bei Oberorken überquert. Den dortigen Zwergen wird nachgesagt, mit ihnen kollaboriert zu haben. Doch echte Beweise dafür gibt es nicht.
Zunächst aber kehren wir nach Vilnheim zurück, schlachten ein paar Fässer und zapfen einige Schweine an und können uns erst zwei Tage später auf den Weg nach Thorwal machen. Überall am Fluß jubelt man uns zu und in der Stadt werden wir von Tronde selbst in Empfang genommen. Noch am selben Abend erhalten wir den silbernen Pottwal und unsere Entlohnung nebst Bonus für die Rettung Thorwals (der ursprüngliche Auftrag drehte sich ja nur um die Bergung der Klinge). Die Feierlichkeiten gehen weiter und es dauert eine Woche, bis wir uns anderen Dingen zuwenden können. AP ausgeben zum Beispiel.

Lieksa kehrt zu ihrer Sippe zurück, um das verdiente Geld abzuliefern - denn deshalb hat sie den Spaß mitgemacht. Torgard leitet eine Untersuchung des Fluches, der Hyggelik befallen hat, in die Wege. dann bricht sie auf nach Lowangen, denn dorthin hat sich Sgravila nach dem Winter abgesetzt. Ihre Belohnung für den Herbergs-Quest hat sie aus Zeitgründen ja nicht abholen können. Ugdalf verdingt sich verschiedentlich und landet schließlich in Riva.
So gehen die nächsten Monate ins Land. Gerüchte gehen um von einem Attentat in Baliho und daß das Orkenheer nicht zerschlagen wurde, sondern sich weiterhin sammle. Fast genau ein Jahr nach dem Kampf um Vilnheim setzt sich der orkische Heerwurm in Bewegung. In diesen Tagen werden die Helden von Thorwal von elfischen Boten aufgesucht, die sie zu einem Treffen mit einem Botschafter in das Städtchen Kvirasim rufen.
Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für die Mitglieder einer Partei - und mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. (Rosa Luxemburg)


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RE: Noch einmal mit Stift und Papier - von Alter Ugdalf - 16.03.2012, 02:21



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