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zum Weinen
Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das war mal sehr liberal und fortschrittlich, verglichen mit exzessiver Rache.
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Weil gerade passend zum Thema:
Texas streicht Henkersmahlzeit
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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(25.09.2011, 14:03)Zurgrimm schrieb:
(25.09.2011, 12:43)Junivera von Duisburg schrieb: Entsetzen über die Hinrichtung von Troy Davis durch die Giftspritze in den USA, trotz nicht eindeutig erwiesener Straftat.
Wann ist die Schuld eindeutig bewiesen? In Deutschland müsen 2/3 der Richter von der Schuld des Angeklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überzeugt sein. In den USA müssen 12 Geschworene einstimmig überzeugt sein. Die Schuld war rechtskräftig festgestellt, auch wenn es nachträglich Zweifelsmomente gab.

"Zweifelsmomente" muss Juristendeutsch oder ein Euphemismus sein. ;)
Wikipedia schrieb:Davis wurde 1991 wegen Mordes verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 18. August 1989 den Polizeibeamten ermordet zu haben. Die Verurteilung beruhte ausschließlich auf Aussagen von Augenzeugen. Seither haben sieben von neun Belastungszeugen ihre Aussagen widerrufen und zum Teil die Polizei beschuldigt, sie zu falschen Aussagen genötigt zu haben. Der Zeuge, der Davis zur Anzeige gebracht hatte, stand ursprünglich selbst unter dem Verdacht, den Mord begangen zu haben.
[...]
Von den beiden Zeugen, die ihre Aussage nicht widerrufen haben, war eine Person psychisch krank. Der damit letzte Zeuge war Sylvester Coles, der Mann, der ursprünglich selbst unter Tatverdacht stand.
Wie wäre das denn in Deutschland in vergleichbaren Situationen? Gibt es so etwas wie "im Zweifel für den Verurteilten", das die Revision eines Urteils erzwingt?
Great people care.
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(25.09.2011, 23:21)Boneman schrieb: Wie wäre das denn in Deutschland in vergleichbaren Situationen? Gibt es so etwas wie "im Zweifel für den Verurteilten", das die Revision eines Urteils erzwingt?
Wenn das Urteil rechtskräftig ist, gibt es keine Revision mehr. Denn die Rechtskraft besagt ja gerade, daß keine Rechtsmittel mehr möglich sind. Es ist aber bei Hinzutreten gewichtiger neuer Fakten ein Wiederaufnahmeverfahren möglich. Ob es das in den USA gibt, weiß ich natürlich nicht, ich würde aber mal davon ausgehen, daß es eine solche Möglichkeit auch dort gibt und daß die rechtlichen Möglichkeiten dazu ausgeschöpft wurden.

Darüberhinaus gibt es wohl in jedem Rechtssystem die Möglichkeit der Begnadigung. Aber das ist immer eine freie Ermessensentscheidung des Begnadigungsberechtigten. Ein Recht auf Gnade gibt es nicht (das wäre ein Widerspruch in sich) und es geht dabei auch nicht unbedingt um nachträgliche Zweifel an der Schuld (wobei sich der Gnädige davon natürlich auch leiten lassen könnte). - Weshalb hier die Begnadigung abgelehnt wurde, verstehe ich auch nicht ganz. Aber die Georgianer Machthaber ticken vielleicht etwas anders. Ich könnte mir vorstellen, daß man es nicht so aussehen lassen wollte, als habe man sich "von außen" etwas sagen lassen und Proteste hätten eine Wirkung. Das ist aber natürlich nur Spekulation.

Bzgl. "Zweifelsmomente": Die können natürlich unterschiedlich stark sein. Es ist aber einfach erstmal ein neutraler Begriff, denn um selbst ein Urteil fällen zu können, stecke ich in dem Fall viel zu wenig drin. Ich habe ja auch nicht gesagt, daß die Verurteilung unter rationalen Erwägungen richtig gewesen sein muß. Ich wollte nur auf das allgemeine Problem hinweisen, daß die Eindeutigkeit des Schuldbeweises für das jeweilige Verfahren durch den Schuldspruch - also die Überzeugung eines Gerichts - zustandekommt und daß Fehlurteile immer möglich sind. Insofern ist es unmöglich zu sagen: Todesstrafe in eindeutigen Fällen und in denen, wo man sich nicht so sicher ist, maximal Haftstrafe. Wenn man sich nicht sicher ist, gilt in dubio pro reo, dann müßte ein Freispruch erfolgen. Wenn sich das Gericht aber sicher ist, dann ist die Schuld erwiesen und die vorgesehene Strafe muß verhängt werden. Wie sollte es anders funktionieren?
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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Gedankenexperiment: Jemand wird aufgrund von Indizien wegen Mordes verurteilt. Vom Leichnam fehlt jede Spur. Er wird zum Schafott geführt, und in der versammelten Menge taucht plötzlich die vermisste Person auf. Der Henker führt das Urteil trotzdem aus, weil es rechtskräftig ist und keine Begnadigung vorliegt.
Nach dem, was Zurgrimm schreibt, ist das juristisch wasserdicht.
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(26.09.2011, 09:40)Rabenaas schrieb: Nach dem, was Zurgrimm schreibt, ist das juristisch wasserdicht.
Nein, das habe ich nicht geschrieben. Ob es bei Vorliegen neuer Fakten nicht die jederzeitige Pflicht der Vollstreckungsorgane gibt, den Urteilsvollzug bis zu einer Klärung auszusetzen, das ist doch eine Frage des Strafvollstreckungsrechts desjenigen Staates, der die Todesstrafe erlaubt. Wenn eine solch unumkehrbare Strafe vorgesehen ist, würde ich das für naheliegend erachten. - Bei uns wäre das ein Grund für ein Wiederaufnahmeverfahren. Da ginge die Freilassung wahrscheinlich auch sehr schnell, wenn es ein solch evidenter Fall ist. Aber die sofortige Freilassung im Moment des Auftauchens des vermeintlichen Opfers ginge wohl auch hier nicht. Denn das Urteil ist erstmal rechtskräftig und die Unterbrechung des Vollzuges muß dennoch erstmal beantragt und dann angeordnet werden ( § 360 Abs. 2 StPO).

Ich bin da aber nun auch kein Experte. Ich kann dazu auch nur die einschlägigen Vorschriften der StPO lesen. Wie schnell sowas in der Praxis vonstatten geht, weiß ich nicht. Und wie es sich in den USA verhält, erst recht nicht.
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Das ist nicht wasserdicht, weil es irgendwo einen Paragraphen gibt, der regelt, was passiert, sobald der Grund für die Verurteilung wegfällt. :think: Nur wo?
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Scheinbar haben die Henker von Troy Davis diesen Paragraphen nicht gekannt. (Auch wenn das Opfer nicht persönlich vorbei gekommen ist.)
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(26.09.2011, 15:30)Calesca schrieb: Das ist nicht wasserdicht, weil es irgendwo einen Paragraphen gibt, der regelt, was passiert, sobald der Grund für die Verurteilung wegfällt. :think: Nur wo?
Wäre mir jetzt nicht bekannt. Solange man sich im deutschen Strafrecht bewegt, kann ich mir das auch nur schwer vorstellen. Denn der Grund der Verurteilung kann nicht nachträglich "wegfallen". Der liegt ja im (rechtskräftig festgestellten) strafbaren Verhalten des Täters und das liegt in der Vergangenheit. Es können also nur nachträglich Umstände bekannt werden, die den Sachverhalt in einem neuen Licht erscheinen lassen (also z.B., daß dieser Täter gar nicht dieses Verhalten gezeigt hat). Genau das ist aber bereits die Situation des Wiederaufnahmeverfahrens. Wenn es eine Regelung gäbe, die ein Strafurteil bei Bekanntwerden neuer Umstände vonselbst außer Kraft setzen würde, dann bräuchte es ja kein Wiederaufnahmeverfahren mehr. Insofern halte ich das im Strafrecht für sehr unwahrscheinlich, daß es eine solche Regelung gibt.

Im Zivilrecht mag das anders sein. Da gibt es auch sowas wie vorübergehende Urteilswirkungen (berfristete Titel). Allerdings muß meines Wissens auch ein Vollstreckungstitel zumindest in der Regel von einem Gericht in einem neuen Verfahren geändert werden, wenn sich in tatsächlicher Hinsicht etwas ändert (vgl. § § 323, 927 ZPO), außer es liegt bereits ein dynamischer Titel vor (v.a. im Unterhaltsrecht). Aber das Zivilprozeßrecht ist ein einziges Dickicht... da will ich nichts Falsches sagen.
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So Kinder, ich habe mich jetzt mal schlau gemacht. :D Man hat ja so seine Beziehungen. :P

Also, der §359 StPO, Satz 5:
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,
[...]
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
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(29.09.2011, 18:17)Calesca schrieb: Also, der §359 StPO, Satz 5:
Na, das ist doch genau das Wideraufnahmeverfahren, von dem ich geschrieben habe. Wenn es nachträglich neue Tatsachen gibt, dann kann das Verfahren wiederaufgerollt werden. Das ist dann ein Fall der Rechtskraftdurchbrechung. Und (das steht dann in § 360 StPO, den ich oben schon verlinkt habe) während dieses Verfahrens kann der Vollzug der Strafe bereits unterbrochen werden. Daß das geht ist ja auch unbestritten.

Aber einen Automatismus, daß die rechtskräftige Verurteilung (ohne neues Urteil) entfällt, den gibt es eben nicht, sondern nur das Wiederaufnahmeverfahren, das dann ggf. zu einem abweichenden Urteil führen kann. :)
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Hat das eigentlich aufschiebende Wirkung?
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(29.09.2011, 18:42)Zurgrimm schrieb: Na, das ist doch genau das Wideraufnahmeverfahren, von dem ich geschrieben habe.

Ich weiß, ich wollte damit auch nur bestätigen, dass das genau der Paragraph ist, der dann angewandt wird.
Bspw. wurde der wohl sehr häufig zu Rate gezogen, als solche Sachen wie DNA und Fingerabdrücke benutzt werden konnte und im Nachhinein die Unschuld eines bereits Verurteilten heraus kam.

Ob der jetzt eine aufschiebende Wirkung hat, weiß ich nicht - aber nach meinem Rechtsverständnis würde ich jetzt erstmal sagen, dass sich in einem der Gesetzbücher bestimmt ein JA versteckt. :D
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(29.09.2011, 18:54)Rabenaas schrieb: Hat das eigentlich aufschiebende Wirkung?
(29.09.2011, 19:23)Calesca schrieb: Ob der jetzt eine aufschiebende Wirkung hat, weiß ich nicht - aber nach meinem Rechtsverständnis würde ich jetzt erstmal sagen, dass sich in einem der Gesetzbücher bestimmt ein JA versteckt. :D
Dann verweise ich noch ein drittes Mal auf § 360 StPO. ;) Dessen Absatz 1 sagt: Keine Hemmung der Urteilsvollstreckung. Der Absatz 2 sagt aber: Das Gericht kann Aufschub oder Unterbrechung der Vollstreckung anordnen.

Es liegt also im Ermessen des Gerichts, die Eröffnung des Wiederaufnahmeverfahrens allein hemmt noch nicht. Wenn aber wie in Rabenaas' Beispiel der Totgeglaubte plötzlich auftaucht, dann wird der Fall wohl hinreichend klar sein, als daß das Gericht eine Vollstreckungsunterbrechung anordnet (bis es dann sein neues, freisprechendes Urteil gefällt hat).
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Steve Jobs ist heute gestorben.
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Auch wenn ich nicht viel mit diesem Menschen und seiner Art anfangen konnte (und ich es bisher schaffte, dass noch kein einziges Apple-Gerät in meinen Haushalt kam), so habe ich doch aufgrund seiner Kreativität und seiner Fähigkeiten, Menschen(massen) zu bewegen, Respekt vor diesem Mann.

In diesem Sinne
   
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Na, wenigstens konnte er uns ja noch das neue Iphone 5 vorstellen!
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Mein lustiger Opa, dem ich vom Aussehen her sehr ähnlich sehe (ich seh aus wie er in seiner Jugend, um Missverständnissen vorzubeugen )... liegt in den letzten Zügen.
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Mein Großvater ist heute von uns gegangen....
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:knuddel:
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