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Der Thread für Schlaflose
Ich glaube, von den, die hier heftig mitdiskutieren, hat keiner eigene Kinder, nur in der Verwandtschaft. Ist zwar nicht das selbe, aber man sammelt schon ein paar Erfahrungen.
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(01.09.2010, 09:25)Aigolf schrieb:
(01.09.2010, 09:12)Calesca schrieb: Weißt ja, der Kaffee am Nachmittag muss bezahlt werden. :rolleyes:

Jo das weiß ich auch , habe auch ein Freund , der sitzt bei der Bürgerinformation und er will auch für alles Geld.
Hmm, da das ja zu funktionieren scheint, muss ich mal versuchen, das Prinzip selbst anzuwendenl.

"Du willst mal schnell Hallo sagen? 5 €!" :lol:


Oh Mann, die Diskussion geht ja schon wieder weiter... :rolleyes: ;)

@ Rabe: Du hängst dich da ein wenig zu sehr an den Beispielen auf, die eben nur Beispiele sind und auch abgewandelt werden können:

Zitat:Warum wurde die kleine noch mal in einen Raum mit kostbaren, zerbrechlichen Gegenständen gesperrt? Damit Mama in Ruhe und völlig ungestört tratschen kann?
Lass es das gleiche Zimmer sein. Lilly (was'n sch***öner Name :P) kann immer noch auf die Vase aufmerksam werden und genau die wollen. Und wenn es gelernt hat, dass sie mit Schreien in der Regel das bekommt, was sie haben will...

Zitat:Offensichtlich hat Paul Panik. Den lasse ich doch nicht allein im Dunkeln. Desto näher Paul nachts beiden Eltern ist, desto unwahrscheinlicher ist das.
Calesca hat doch geschrieben, dass Paul von Mama und Papa wirklich lange beruhigt wird und trotzdem plärrt er weiter. Panik würde das mMn nicht erklären. V.a. weil Mama/Papa ja ganz sicher das Licht anmachen, wenn sie Paul beruhigen. (Davon abgesehen gibt es ja in vielen Kinderzimmern Nachtlichter.)

Dass das Kind in Calescas Bett ganz ruhig geschlafen hat, ist zwar sicher ganz süß, aber wie lange mag das wohl gutgehen, wenn Calesca das länger machen würde. Spätestens nach der zweiten oder dritten durchwachten Nacht wär ich tagsüber so müde und gereizt, dass mich alles mögliche auf die Palme bringen kann. Da passt es doch dann wie die Faust aufs Auge (Achtung, böses Wortspiel), dass Kinder öfter irgendwas anstellen (muss nicht mal absichtlich sein), wie z.B. ein Glas Wasser umwerfen. Und schon macht es *klick* (oder besser: kann es *klick* machen) und ich geb dem kleinen Knirps ne ordentliche Watsche. Das wollte ich natürlich nicht, aber es war ein "Reflex" und geschehen ist geschehen. (Fiktives Beispiel, bzw Calescas Beispiel ausgeweitet!)

Aber selbst wenn man mit Kind im Bett gut schlafen kann, sollte es nicht unbedingt dort schlafen. Ich z.B. bewege mich des Nachts sehr viel. Ich mopse im Schlaf z.B. auch recht gern die Kissen/Decke meiner Freundin. Außerdem bin ich nicht leicht und ziemlich stark. Und wenn ich das so alles betrachte, möchte ich nicht, dass mein Kind in meinen Bett schläft, weil ich darum fürchten muss, dass ich es im Schlaf mal schlage/zur Seite schiebe/unter mir begrabe/etc.


@ Zurgrimm: Das "Sorry, aber ääääh was?" war nicht auf Bones, sondern auf Alice Miller bezogen. Aber gut, dass du es nochmal zitierst, weil ich das eigentlich schon vorher deutlich machen wollte. :)

EDIT: Wie schon erwähnt, bin ich 5facher Onkel. Habe aber selbst noch keine Kinder.
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?
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(01.09.2010, 09:47)Rabenaas schrieb: Ich glaube, von den, die hier heftig mitdiskutieren, hat keiner eigene Kinder, nur in der Verwandtschaft. Ist zwar nicht das selbe, aber man sammelt schon ein paar Erfahrungen.

Das ist schonmal ein wichtiger punkt , diese Erfahrung wird nicht nützen , wenn man selbst Kinder mal hat .Als außenstehende erkennt man das richtige Verhalten zu Kindern einfach nicht. Worüber hier garnicht nachgedacht wurde (oder es wurde nur ich habe es wohl nicht gelesen) das Kinder schon im Säuglingsalter verschiedene Charaktere haben , nicht jeder ist gleich und daher kann man wie man an sowas herangehen kann nicht pauschalisieren , es gibt einfach viel zu viele unterschiede.der Punkt ist das man einfach ausloten muss , wie man sowas händelt , den richtigen Weg zu finden ist kaum möglich . Unsere herangehenweise war wo sie im Säuglingsalter war , erstmal horchen 2-3 minuten abwarten ,hört es dann nicht auf hingehen und das übliche Prozedere führen , windeln schauen ob es voll ist , wiegen um es wieder zum schlafen zu bringen , wenn nicht klappt , den Rücken massieren ,kann ja sein das es Bäuerchen machen muss , wenn das auch nicht hilft was zum Essen und wenn dann auch nicht hilft Fieber messen usw ,wenn nach alldem Prozedere das Kind wieder am weinen ist weil du es wieder in sein Bett bringst dort liegen lassen, meistens ist nach 5-10 minuten Ruhe . Wenn all das nicht hilft zum Arzt gehen ,weil ja dann etwas ist ,aber achtet dann wenn das Kind im Auto einschläft von der Schunkelei ,liegt es daran das es Mutter nähe gesucht hat ,das würde ich aber mit fortschreitemden Alter unterbinden ,weil sonst habt ihr ab einer bestimmten Uhrzeit ,das Kind zwischen den Eltern liegen,weil es aufsteht und sich dann dazwischen hinlegt .Ist bei mir alles aus erfahrung ,was ich schildere. Das kann aber beim nächsten Kind schon nicht mehr zutreffend sein.

So das war mal mein geringer Beitrag dazu.

MFG Aigolf
Achte nicht auf den, der spricht, achte auf das was gesprochen wird.
Hör hundertmal, denk tausendmal, sprich einmal.
Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.

http://agilofos.mybrute.com
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@ Aigolf: :up:
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?
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(01.09.2010, 09:25)Aigolf schrieb: Jo das weiß ich auch , habe auch ein Freund , der sitzt bei der Bürgerinformation und er will auch für alles Geld.

Soll ich mal anfangen, die kostenfreien Sachen bei uns mit den kostenpflichtigen gegenüber zusetzen? Das Ergebniss würde euren Vorurteilen allerdings nicht wirklich gut tun. :P


Zum anderen Thema:

Rabenaas schrieb:Warum wurde die kleine noch mal in einen Raum mit kostbaren, zerbrechlichen Gegenständen gesperrt? Damit Mama in Ruhe und völlig ungestört tratschen kann?

Weil das andere Kind nicht beim Spielen unterbrochen werden sollte, da sowas meist zu einem Heulkrampf führt?
Ist doch aber vollkommen egal - dann war es halt keine Vase, sondern das Handy der Tante/das Plüschtier der Cousine/die Waschmaschine ... irgendwas halt, was nicht dem Kind gehört, was dieses aber unbedingt haben will. Und wer die Kleinen kennt, der weiß, dass die das meist auch nicht mehr so schnell wieder loslassen werden.

Man mag es nicht glauben, aber Mamas geben nicht ihr Leben ab, wenn sie ein Kind bekommen. Also was ist gegen einen Runde Quasseln einzuwenden? Ohne das Kind? Deine Worte hören sich so an, als wäre der ursprüngliche Fehler schon gewesen, EINE ZWEIJÄHRIGE!!! einfach so mal allein gelassen zu haben, um sich seinen eigenen Bedürfnissen zu widmen.

Edvard schrieb:Calesca hat doch geschrieben, dass Paul von Mama und Papa wirklich lange beruhigt wird und trotzdem plärrt er weiter. Panik würde das mMn nicht erklären. V.a. weil Mama/Papa ja ganz sicher das Licht anmachen, wenn sie Paul beruhigen. (Davon abgesehen gibt es ja in vielen Kinderzimmern Nachtlichter.)

Ich sehe, du weißt, auf was ich hinaus wollte. :D

Zitat:Spätestens nach der zweiten oder dritten durchwachten Nacht wär ich tagsüber so müde und gereizt, dass mich alles mögliche auf die Palme bringen kann. Da passt es doch dann wie die Faust aufs Auge (Achtung, böses Wortspiel), dass Kinder öfter irgendwas anstellen (muss nicht mal absichtlich sein), wie z.B. ein Glas Wasser umwerfen. Und schon macht es *klick* (oder besser: kann es *klick* machen) und ich geb dem kleinen Knirps ne ordentliche Watsche. Das wollte ich natürlich nicht, aber es war ein "Reflex" und geschehen ist geschehen. (Fiktives Beispiel, bzw Calescas Beispiel ausgeweitet!)

Es muss ja nicht mal auf den Klaps hinausgehen!
Irgendwann sind die Nerven so hauchdünn, dass man einfach keine Kraft mehr hat, sich geduldig mit einem Schrei-Häschen auseinanderzusetzen. Man nimmt sich weniger Zeit für das Kind. Lässt es, völlig übermüdet wie man ist, Nachts schreien, obwohl die Windeln bis zum platzen gefüllt sind.

Zitat:Aber selbst wenn man mit Kind im Bett gut schlafen kann, sollte es nicht unbedingt dort schlafen.

Es muss halt auch lernen, allein zu schlafen. Ich kenne Kinder, die konnten mit 6 Jahren noch nicht im eigenen Bettchen schlafen, weil die Eltern es immer zu sich geholt haben und das Kind nicht lernen konnte, selbst mit seinen schlechten Traumbildern klar zu kommen bzw. dann nach dem Besuch von Mama/Papa diese Bilder als Traum abzutun.

Die Angst, das Kind im Schlaf zu zerquetschen, habe ich ja schon erwähnt. Mein Freund beschwert sich gerne mal, dass er meinen Ellbogen in der Seite/meinen Arm im Gesicht hatte. So, und wenn ich mir dann ein kleines Ding neben mir vorstelle, was das abbekommt ... nein Danke.
For what it's worth, I'm glad it's you. It was nice to be happy ... for a while.
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Interessant, dass hier scheinbar keiner auf Esmes interessanten Beitrag eingehen mag. :pfeif:

(01.09.2010, 12:04)Calesca schrieb: Man mag es nicht glauben, aber Mamas geben nicht ihr Leben ab, wenn sie ein Kind bekommen. Also was ist gegen einen Runde Quasseln einzuwenden? Ohne das Kind? Deine Worte hören sich so an, als wäre der ursprüngliche Fehler schon gewesen, EINE ZWEIJÄHRIGE!!! einfach so mal allein gelassen zu haben, um sich seinen eigenen Bedürfnissen zu widmen.
Was ist denn gegen eine Runde Quasseln mit dem Kind einzuwenden? Eine ZWEIJÄHRIGE unbeaufsichtigt zu lassen, ist mMn ein gutes Rezept für alle mögliche Katastrophen, von der zerbrochenen Vase bis zu verschluckten Waschmittel. Flirting with disaster...

Edvard schrieb:Calesca hat doch geschrieben, dass Paul von Mama und Papa wirklich lange beruhigt wird und trotzdem plärrt er weiter. Panik würde das mMn nicht erklären. V.a. weil Mama/Papa ja ganz sicher das Licht anmachen, wenn sie Paul beruhigen. (Davon abgesehen gibt es ja in vielen Kinderzimmern Nachtlichter.)
So ein Nachtlicht ist ein miserabler Ersatz für Mama und Papa. Außerdem ist es schlecht für die Augen.

(01.09.2010, 12:04)Calesca schrieb: Es muss halt auch lernen, allein zu schlafen. Ich kenne Kinder, die konnten mit 6 Jahren noch nicht im eigenen Bettchen schlafen, weil die Eltern es immer zu sich geholt haben und das Kind nicht lernen konnte, selbst mit seinen schlechten Traumbildern klar zu kommen bzw. dann nach dem Besuch von Mama/Papa diese Bilder als Traum abzutun.
Keine Ahnung. Ich hatte nie Probleme mit Alpträumen. Alpträume schon, aber nie Probleme damit. Alpträume sind auch kein so gutes Beispiel, weil sie eigentlich stellvertretend für andere, "reale" Probleme stehen, die man ursächlich angehen sollte. (Hier spricht der Hobbypsychologe.)

Letztendlich finde ich den praktischen Ansatz von Aigolf auch gut. Ich bin überzeugt, dass er im Grunde eher zu unserer Gruppe gehört. :P
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(01.09.2010, 20:02)Rabenaas schrieb: Was ist denn gegen eine Runde Quasseln mit dem Kind einzuwenden?

Dass man einfach mal allein sein will, ohne sich um jemand anders kümmern zu müssen? Wenn sich das Kind auf dem Schoß vielleicht still verhalten ... ach nein, sowas geht in dem Alter ja auch nur, wenn sie schlafen. Also doch nur wieder rumfummeln, damit Madmoiselle sich nicht in todesverachtender Manier vom mütterlichen Schoße auf die Fließen legt.


Zitat:So ein Nachtlicht ist ein miserabler Ersatz für Mama und Papa.

Okay, du lässt dein späteres Kind also immer bei dir liegen, gut.
Ich werde es nicht machen.

Zitat:Ich bin überzeugt, dass er im Grunde eher zu unserer Gruppe gehört. :P

Find ich nicht. So! :P
For what it's worth, I'm glad it's you. It was nice to be happy ... for a while.
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Das ist interessant. Es geht nicht um Argumente. Die wurden nun hinreichend ausgetauscht, ohne irgend jemanden auch nur einen Hauch von seinem Standpunkt abzubringen.
Das Problem liegt viel mehr in der Grundhaltung. Aber zum Glück ist ja jedem selbst überlassen, wie er seine Kinder erziehen möchte.

Das war es von mir aus zu dem Thema. Außerdem bin ich erkältet. Also ab in den Meckerthread.
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Hilfe, ich komm nicht mehr mit!! :cry:
Angesichts der Flut der Beiträge seit meinem letzten werde ich nicht mehr auf alles im Detail eingehen (können). Ich meine das Folgende nicht böse, aber insbesondere Entgegnungen, die immer noch auf "wenn das Kind grundlos schreit" oder "wenn das Kind gelernt hat, dass es durch Schreien alles kriegen kann" basieren, eignen sich ganz gut zum weglassen. Dazu hab ich meine Meinung mittlerweile kundgetan und die wird sich diesbezüglich auch nicht ändern. ;)

(31.08.2010, 11:21)Esme schrieb: Eine Studie aus 2006 zeigt, daß schreienlassen zu mehr schreien führt. (Volltext leider für lau nicht verfügbar)
[...]
Wesentlich mehr hab ich auf die Schnelle zu dem Thema nicht gefunden...wobei, um genau zu sein, ich habe jede Menge Eltern-Foren gefunden, in denen genau diese Diskussion geführt wurde; häufig wurde argumentiert mit Studien, die dies oder jenes nachwiesen, aber leider wurde versäumt, die Studie auch zu zitieren...und nichts ist leichter, als die eigene Meinung mal schnell mit dem Satz "Studien haben gezeigt, daß..." zu untermauern...
Wenn du willst, kannst du es mal im Bereich der Hirnforschung versuchen. "Hirnforschung + Kinder + Entwicklung" oder sowas. Ich weiß, dass es da etwas gibt, aber nicht, wo man etwas findet. (Man denke sich an dieser Stelle ein Plädoyer für Open Access!)

---

Calesca schrieb:Ich will jetzt mal ein kleines Beispiel nehmen, was ich meine:
Die kleine Lilly ist gerade zwei Jahre alt geworden. Sie hat gerade gelernt zu laufen und wusselt auf Entdeckungstour durch die Gegend.
Sie hat gerade ein gaaaanz leckeres Essen von Mama bekommen und ihr Po wird durch eine gemütliche, trockene Windel gewärmt. Mama hat eben eine ganze Stunde mit Lilly gespielt und die Kleine ist total happy. Jetzt will Mama aber mit der Tante eine Tasse Kaffee trinken und etwas plaudern, was Lilly aber nicht interessiert. Deswegen wird die kleine Lilly zu ihrer Cousine, die nur ein paar Monate älter ist als sie, ins Wohnzimmer gesetzt, wo das Spielzeug steht.
Lilly findet das anfangs ganz lustig und hat ihren Spaß. Irgendwann streifen ihre Augen aber eine tolle Vase in der Vitrine der Tante. Lilly will sie unbedingt haben und fängt an zu maulen und dann zu heulen. Mama und Tante kommen, um zu sehen, was passiert ist. Beide Kinder erfreuen sich noch bester Gesundheit, aber Lilly heuuuult.
Ihr Blick ist auf die Vitrine gerichtet, also wird sie von dort was haben wollen. Das Zeug dort ist aber echt sauteuer, weswegen es nicht als Spielzeug taugt.
Lilly plärrt und plärrt, weil sie diese Vase nicht bekommt. Sie ist nicht zu beruhigen, nicht durch Ablenkung, nicht durch Zuwendung, durch nichts, ihr ganzes Denken ist auf diese verflixte Vase gerichtet.
Die Alternative wäre, dass man den Besuch abbricht und Lilly weit weit weg von dieser Vase bringt. Aber Mama wollte eigentlich mit der Tante noch ein wenig quatschen.
Und nun?
Wir reden nicht so sehr aneinander vorbei, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass ihr ganz andere Situationen meint als ich. Aber ich werde mir noch mehr Mühe geben, meine Position darzulegen und lasse dazu in Kürze auch Alice Miller mal zu Wort kommen. ;)

Aber zuerst zu deinem Beispiel: Ich wäre an Stelle der Mutter noch lange nicht mit meinem Rat am Ende. ("Oh mein Gott, das Kind hat die Vase gesehen!! Was mach ich denn jetzt bloß?") Ich versuche mal eine Beschreibung, wie ich evtl. handeln würde, gebe jetzt also meine persönliche Einschätzung wieder.
Was mir schon nicht gefällt, ist die Reaktion der Erwachsenen, wenn sie versuchen, Lilly abzulenken. Denn genau das ist das Ignorieren des Bedürfnisses des Kindes, das ich in diesem Fall wohl als kindliche Neugier bezeichnen würde. Was spricht dagegen, die Vase aus der Vitrine zu nehmen und sich damit neben das Kind zu setzen, so dass Lilly die Vase von nahem genau ansehen kann, sie anfassen darf, etc.? Und jetzt sag nicht "dass sie 5000 Euro kostet". Jedes Kind ist wichtiger als eine Vase. Und wenn das Kind tatsächlich in eine nicht kinderfreundliche Umgebung gebracht wird, darf man das nicht ihm anlasten. :)

Wenn Lilly "nach einer Vase schreit", heißt das ja nicht automatisch, dass sie sie als Spielzeug benutzen und kaputt machen will. Ich finde es wahrscheinlicher, dass die Vase sich nach näherer Betrachtung als totaaaal langweilig herausstellt. Immerhin rasselt sie nicht mal, wenn man sie schüttelt (das könnte der Erwachsene ja vorführen).

Wenn man dann so weit gekommen ist, hat man das Bedürfnis nicht nur respektiert, sondern evtl. sogar erfüllt - ohne dass irgendjemandem zu Schaden gekommen wäre. Wenn Lilly darüber hinaus dann doch die Vase noch unbedingt irgendwo gegenschlagen will... tja. Dann kann man sich immer noch Gedanken machen, wie man sie von diesem Gedanken wieder abbringt.
Vielleicht wäre es sogar die bessere Entscheidung, die Vase zu opfern, damit Lilly lernt, "wie das ist", wenn eine Vase kaputt geht. Vielleicht sollte man das aber auch erst dann machen, wenn Lilly von dieser einen kaputten Vase auf den abstrakten Gegenstand "Vase" schließen kann, damit sie nicht immer wieder eine kaputt machen muss... ;)

Ernst beiseite: Im Zweifelsfall muss man dann eben tatsächlich irgendwo anders hingehen. "Die Mama wollte mit der Tante noch ein wenig quatschen" klingt für mich irgendwie genauso wie "Die Eltern wollten die Nacht mal durchschlafen" oder "Der Papa wollte seine Briefmarkensammlung sortieren". Darauf bin ich bereits eingegangen. Im Zweifelsfall geht das Bedürfnis des Kindes vor (wieder rede ich nicht von dessen Erfüllung), denn das Kind kann nicht verstehen, dass die Mama viel lieber mit der Tante reden würde. Und wie gesagt: Das bringt die Mama ihm auch nicht bei, indem sie es einfach sitzen lässt und unbeeindruckt das Gespräch mit der Tante führt. :silly:

Zur Sicherheit sag ich noch einmal, dass natürlich auch die Eltern ein Recht auf ihre Bedürfnisse haben. Aber die Eltern haben eine Vielzahl an Alternativen, wie sie ihre Bedürfnisse erfüllen können. Das Gespräch mit der Tante kann aufgeschoben werden - das Kind kann seine Neugier nicht "aufschieben" (auch objektiv nicht; wenn Mama und Kind wieder daheim sind, ist die Vase weg :D).
Wenn die Mama aber tatsächlich denkt "Ich bin jetzt auch mal an der Reihe" hat sie genau das gleiche Muster, das sie dem Kind hier austreiben will, selbst noch nicht überwunden. Ursachen würde ich wieder in ihrer eigenen Kindheit suchen... da findet sich immer was. :evil: Es ist dann eher die Mama, die in dem Moment als Ego-Schwein handelt. Und damit ist es plötzlich sehr viel wahrscheinlicher, dass das Kind auch einmal zu einem solchen wird.

Calesca schrieb:Ja, aber ich schrieb ja von grundlosen Rumgeplärre.

Sollte er mich ignorieren, wenn ich Magenschmerzen habe, dann gäbe es eine Standpauke, sobald ich wieder reden kann.
Aber wenn ich grundlos rumliege und ihn anschreie, dann wäre ER derjenige, der ganz schön blöd guckt, und zwar mit Recht.
Wieso solltest du ihn grundlos anschreien? :confused: Hältst du diese Vorstellung für plausibel (ohne durch die Hintertür doch noch einen Grund zu erfinden, wie z.B. "weil ich einen schlechten Tag habe")?

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Edvard schrieb:Extrovertiert, introvertiert... Wie war das mit dem Fass? :P :lol:
Hastjarecht... :shy:
Andererseits hat Aigolf einen sehr wichtigen Punkt angesprochen, daher heb ich den Deckel doch nochmal kurz an - in einem gesonderten Beitrag.

Edvard schrieb:Du könntest mir zum Beispiel die Frage beantworten, wie du den Kind Grenzen aufzeigen willst.
Das kann ich im Moment nicht beantworten. Es mag nach Ausflüchten klingen, aber das relevante Fazit aus meiner Argumentation ist, dass man mit den Methoden, die ihr vertretet dem Kind jedenfalls keine Grenzen setzen kann. Ein Kind lernt so nichts über Grenzen oder andere, sondern nur über sich selbst: "Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig genug, um sie zu respektieren." Und in der Folge (oder auch direkt?): "Ich bin nicht wichtig genug, um respektiert zu werden."

(Dass es das in vielen, vielen Abstufungen gibt, ist klar. Und weil die Erziehungsmethoden heute (hoffentlich) nicht mehr ganz so krass sind wie vor 50 Jahren, sind wir da auch schon ein gutes Stück weiter. Trotzdem gibt es das noch! Nicht zuletzt sind die Kinder von vor 40, 50, 60 Jahren heute unsere Eltern! Wer glaubt, dass es ihn selbst in keinster Weise bertreffen würde, dass die Eltern oder Großeltern als Kinder noch unter einer rigorosen Schwarzen Pädagogik zu leiden hatten, unterschätzt die Folgen von Erziehung gewaltig. Es bleibt nicht nur "das Gute" oder "das Gutgemeinte" hängen.)
Alice Miller schrieb:Wenn man einem Kind Moral predigt, lernt es Moral predigen, wenn man es warnt, lernt es warnen, wenn man mit ihm schimpft, lernt es schimpfen, wenn man es auslacht, lernt es auslachen, wenn man es demütigt, lernt es demütigen, wenn man seine Seele tötet, lernt es töten. Es hat dann nur die Wahl, ob sich selbst, oder die anderen oder beides.

Edvard schrieb:Zum einen: Unsere Argumentation besteht NICHT darin, das Kind bei jeder möglichen Gelegenheit schreien zu lassen sondern einzig und allein dann, wenn die Eltern (denn die können das am besten Einschätzen) das Gefühl haben, das sie vom Kind veräppelt werden.
Ja, das habe ich verstanden. Nur gibt es solche Situationen nicht. Das Kind "veräppelt" niemanden mit seinem Weinen. (Und Eltern, die ihrerseits von ihren Eltern so umsorgt wurden, "wie das sein soll", werden sich auch nie nie nie davon veräppelt fühlen.)
Es sei denn, es hat bereits die Erfahrung gemacht, dass es nicht ernst genommen wird, und es sind bereits Anfänge der Entwicklung zum Ego-Schwein, über die wir hier reden!

Edvard schrieb:OK, dann stellt sich die Frage, ob sich das Kind das "merkt", wenn es mal z.B. ne Woche versucht grundlos zu Schreien, aber ihr die Eltern keine Aufmerksamkeit geben (eben weil es grundlos schreit^^) oder ob es sich "merkt", dass Mama/Papa immer da waren, wenn was wirklich böses (vollgeschissene Windel, etc) war.
Damit setzt du voraus, dass das Kind unterschiedliche "Qualitäten" bei seinen Notfällen unterscheidet. :think: Da bin ich mir auch nicht so sicher. Frage an Auskenner: Schreit ein Kind unterschiedlich laut, je nach dem, was es hat? (Damit mein ich jetzt nicht den Unterschied zwischen aufs Knie fallen und Arm abhacken (die "Quantität") - das ist ja klar. :pfeif: )

Und was ist denn überhaupt schlimmer? Eine volle Windel oder Langeweile? Langeweile könnte für ein Kind ja viel schlimmer sein? Vor allem wenn es sich halt noch nicht selbst beschäftigen kann, wenn es sein Spielzeug noch nicht selbst aufheben kann, usw.
Entscheidet der Erwachsene, was wichtig ist? In der Praxis tut er das oft: "Mein Kind stinkt - nein, das geht nicht! Aber mal ein paar Minuten irgendwo rumsitzen bis Mama die Spülmaschine eingeräumt hat - klaro!"
Und das Kind? Sieht es genau andersherum, oder? Viele Kinder spielen auch mit einer vollen Windel weiter als wäre nichts passiert. (Wenn das Kind zur Mama kommt, dann wurde ihm das so beigebracht und es hat gelernt, dass es "schmutzig" ist, solange die Windel voll ist!) Wenn ihm aber seine Rassel runterfällt und es nicht drankommt, beruhigt es sich nicht eher, bis es sie wieder in den Händen hält.

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Edit:
(01.09.2010, 21:28)Calesca schrieb:
(01.09.2010, 20:02)Rabenaas schrieb: Was ist denn gegen eine Runde Quasseln mit dem Kind einzuwenden?

Dass man einfach mal allein sein will, ohne sich um jemand anders kümmern zu müssen? Wenn sich das Kind auf dem Schoß vielleicht still verhalten ... ach nein, sowas geht in dem Alter ja auch nur, wenn sie schlafen. Also doch nur wieder rumfummeln, damit Madmoiselle sich nicht in todesverachtender Manier vom mütterlichen Schoße auf die Fließen legt.
Auch wenn ich damit vermutlich der halben Welt auf die Füße trete: Dann eignet man sich nicht als Eltern. Wer seine Ruhe will, für den ist ein Kind einfach die falsche Entscheidung. Fertig.
Ein Kind großzuziehen ist eine Lebensaufgabe, die zumindest in den ersten Jahren keine Urlaubszeiten kennt. Dass die eigenen Bedürfnisse in dieser Zeit fast immer zurückstecken müssen, wenn sie mit denen des Kindes kollidieren, sollte einem eigentlich schon vor der Zeugung klar sein. Wenn nicht, sollte man selbige besser bleiben lassen. :evil:
Great people care.
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(01.09.2010, 10:05)Aigolf schrieb: Worüber hier garnicht nachgedacht wurde (oder es wurde nur ich habe es wohl nicht gelesen) das Kinder schon im Säuglingsalter verschiedene Charaktere haben , nicht jeder ist gleich und daher kann man wie man an sowas herangehen kann nicht pauschalisieren , es gibt einfach viel zu viele unterschiede.der Punkt ist das man einfach ausloten muss , wie man sowas händelt , den richtigen Weg zu finden ist kaum möglich .
Absolut! Das ist mir durchaus bewusst. Namedropping gefällig? Jung, Myers/Briggs, Keirsey, ... :D
Neugeborene haben natürlich noch keine fertige Persönlichkeit, sondern bilden sie erst mit der Zeit. Ein Teil hängt von der Umwelt ab; das ist der, die später dazu kommt. Der andere Teil sind die genetischen Anlagen, die natürlich von Geburt an bestehen.
Dazu gehört zum Beispiel die Ausprägung der Sensibilität für Reize der Umwelt. (Namedropping? Elaine Aron.) Das mittlerweile mehrfach von mir genannte Schreien zum Verarbeiten von Eindrücken macht ja auch nicht jedes Kind, manche gar nicht, manche zweimal die Woche... Ich selbst habe die ersten vier Wochen meines Lebens jeden Abend zur gleichen Zeit rund eine Stunde durchgeheult und nichts und niemand konnte mich beruhigen. Einfach liegengelassen hat mich meine Mama aber trotzdem nicht. Und Plastikschaufeln geklaut habe übrigens ich auch nie. ;)

(Ich weiß, dass es in dieser Diskussion vermutlich überhaupt nichts Wert ist, aber ich bin eigentlich das beste Beispiel dafür, dass Nicht-schreien-lassen aus einem Kind kein Ego-Schwein macht. ;))

So gibt es natürlich auch Kinder, die sich stundenlang mit sich selbst beschäftigen können, ohne dass man merkt, dass sie überhaupt da sind! Andere langweilen sich schon nach 5 Minuten. Das Fass hab ich ja schon angeschnitten. ;)
Das ist bei Erwachsenen übrigens nicht anders: Die einen machen am liebsten jeden Abend Party und gehen kaputt, wenn sie mal zuhause bleiben müssen - die anderen verstehen nicht, wie man in einer Diskothek etwas anderes tun kann als sich zu langweilen, und lesen lieber ein Buch.

[Bild: 8532_cdc2.png]

Beide Varianten sind ganz normal und haben auch nichts mit der Erziehung zu tun! Die Erziehung kann sich aber schädlich auswirken, wenn sie diese gegebenen Faktoren nicht berücksichtigt.

Manche Kinder scheinen also einfach empfindlicher zu sein als andere. Sie heulen auch öfter. Aber das bedeutet nicht, dass man daraus schließen kann, dass sie keinen Grund dafür hätten. Sie sind tatsächlich "bedürftiger"! Man könnte auch sagen: Auf ihnen wiegt die Last der Welt schwerer. Und für sie ist es dann noch schlimmer, wenn sie allein gelassen werden, als für den Durchschnitt.

Noch weiter darauf einzugehen, würde den Rahmen endgültig sprengen, auch wenn ich durchaus glaube, dass das ebenfalls keine zu unterschätzende Rolle spielt.
Trotzdem bleibe ich weiterhin beim gemeinsamen Nenner: Wenn ein Kind schreit, dann hat es etwas. Wenn ein Kind einen sensibleren Charakter hat, dann schreit es meinetwegen früher und öfter - aber es hat etwas! Ein anderes Kind hat vielleicht selten etwas - super! Aber es gibt keinen Maßstab, kein "gesundes Maß". Auch das "Durchschnittskind" bietet keinen.

Was zum Beispiel auch stark von der Persönlichkeit abhängt, ist die Wahl, die hier genannt wird:
Alice Miller schrieb:Wenn man einem Kind Moral predigt, lernt es Moral predigen, wenn man es warnt, lernt es warnen, wenn man mit ihm schimpft, lernt es schimpfen, wenn man es auslacht, lernt es auslachen, wenn man es demütigt, lernt es demütigen, wenn man seine Seele tötet, lernt es töten. Es hat dann nur die Wahl, ob sich selbst, oder die anderen oder beides.
Great people care.
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(01.09.2010, 22:00)Rabenaas schrieb: Das ist interessant. Es geht nicht um Argumente. Die wurden nun hinreichend ausgetauscht, ohne irgend jemanden auch nur einen Hauch von seinem Standpunkt abzubringen.
Das Problem liegt viel mehr in der Grundhaltung. Aber zum Glück ist ja jedem selbst überlassen, wie er seine Kinder erziehen möchte.

Das war es von mir aus zu dem Thema. Außerdem bin ich erkältet. Also ab in den Meckerthread.
Schade. Ich werde noch einen Versuch starten und Alice Miller selbst zu Wort kommen lassen. Vielleicht gelingt es ihr, die allgegenwärtige emotionalen Blindheit aufzuheben und das Einfühlungsvermögen in die Situation des Kindes ein wenig zu schärfen. ;) :)



Das erste Zitat könnte helfen, die Motive eines rebellierenden Kindes für andere verständlich zu machen. Wie Rabenaas schon sagte: Manchmal stellt ein Kind absichtlich etwas an, um eine Reaktion zu provozieren. Da im Zitat eine Einleitung fehlt: Die Autorin erzählt von ihren Erlebnissen mit Schulklassen, in denen sie das Gespräch mit den Schülern sucht.

Im zweiten geht es um den Sinn von gewissen Erziehungsmethoden, auch in Verbindung mit dem Alter des Kindes - was allerdings in diesem konkreten Fall letztendlich nichts ausmacht, weil es um körperliche Misshandlung geht. Außerdem werden die "Denkblockaden" erwähnt.

Mit dem dritten Zitat leitet Alice Miller im Buch ihre Ausführungen zur emotionalen Blindheit ein.


Beim "kurz mal den Namen John Bowlby googeln" bin ich auf den Wikipedia-Artikel zur Bindungstheorie gestoßen, der die Diskussion auch ganz gut ergänzt. Man beachte den Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Kindes und dem Verhalten der so genannten Bindungsperson; die Tabelle im englischen Artikel bietet da eine gute Übersicht.
Great people care.
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OK, nachdem wir uns so wahnsinig toll im Kreis drehen, schreib ich auch nur ganz kurz was...
(Btw: Ich bin überrascht, dass du meinen Kommentar zu Alice Miller so stehen gelassen hast, Boneman. ;))

(01.09.2010, 22:07)Boneman schrieb: Ja, das habe ich verstanden. Nur gibt es solche Situationen nicht. Das Kind "veräppelt" niemanden mit seinem Weinen. (Und Eltern, die ihrerseits von ihren Eltern so umsorgt wurden, "wie das sein soll", werden sich auch nie nie nie davon veräppelt fühlen.)
Es sei denn, es hat bereits die Erfahrung gemacht, dass es nicht ernst genommen wird, und es sind bereits Anfänge der Entwicklung zum Ego-Schwein, über die wir hier reden!
Tatsächlich so geschehenes Beispiel von meiner Nichte (glaub ich :think: ): Nichte schreit. -> OK, erstmal abwarten ob sie sich beruhigt. Nein tut sie nicht, dann also ab in ihr Zimmer. -> Nichte steht im Laufstall und grinst Mama an. Das Schreien verstummt quasi mit dem Türöffnen. Mama irritiert macht Tür wieder zu. -> Nichte schreit sofort wieder. -> Tür auf, Nichte still und grinst. -> Mama lässt Tür auf und geht, Nichte schreit. -> Mama nimmt Nichte auf den Arm und macht was mit ihr. Nichte grinst immer noch. Irgendwann gehts wieder ins Bett, aber, ihr ahnt es schon, Nichte schreit. -> Mama schaut nochmal nach, Nichte steht wieder grinsend im Bett...
Das ging dann sogar noch ne Zeit lang, bis es Mama zu bunt wurde und und Nichte schreien lassen hat. Nach 10 min war Ruhe.
(Ich hab das in dem Telegrammstil geschrieben, damit ich keinen Roman schreiben muss. ;) Außerdem bekomm ich um die Zeit eh nchts mehr gescheites hin.^^ Achja und das Grinsen war jetzt kein "Juchuu, Mama ist da"-Grinsen, sondern eher ein "Ätsch"-Grinsen. Wie alt meine Nichte war, weiß ich jetzt nicht mehr.)

Übrigens: Ich finds echt cool, dass Rabenaas Aigolf auf seiner Seite sieht, während Calesca und ich ihn ganz klar auf unserer Seite sehen... (Jetzt würd mich noch Bones Meinung (und natürlich jede andere, wenn sich sonst noch wer äußern mag ;) interessieren. :D)
Kann es sein, dass wir alle im Grunde das gleiche sagen wollen, aber ihr es "radikaler" darlegt als wir? :silly:
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?
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(01.09.2010, 22:07)Boneman schrieb: Auch wenn ich damit vermutlich der halben Welt auf die Füße trete: Dann eignet man sich nicht als Eltern. Wer seine Ruhe will, für den ist ein Kind einfach die falsche Entscheidung. Fertig.
Ein Kind großzuziehen ist eine Lebensaufgabe, die zumindest in den ersten Jahren keine Urlaubszeiten kennt. Dass die eigenen Bedürfnisse in dieser Zeit fast immer zurückstecken müssen, wenn sie mit denen des Kindes kollidieren, sollte einem eigentlich schon vor der Zeugung klar sein. Wenn nicht, sollte man selbige besser bleiben lassen. :evil:

Ach Boni, bitte. Was will denn ein Kind mit Eltern, die kein eigenes Leben mehr haben, dadurch vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten und deswegen wieder ganz anderes mit einem Kleinkind umgehen KÖNNEN als Eltern, die auch mal eine Auszeit nehmen?
Was macht eine Alleinerziehende mit drei kleinen Kindern? Ihr Leben begraben? Ich habe eine Freundin, die wurde vom Vater der Kinder verlassen, da war der Kleinste gerade 1 Jahr geworden.
Die wäre ein psychisches Frack, wenn nicht ich oder andere Freunde die Kinder auch mal für einen Abend nehmen und sie was anderes machen kann. Allein.
Auch Eltern haben ein Recht auf Ruhe. Auch Eltern haben ein Recht auf ihr eigenes Leben. Sie müssen es vielleicht dem Kind in bestimmten Situationen unterordnen, aber nicht immer und nicht endgültig, bis das Kind dann mal 18 ist.
Du kannst dich nicht um ein Kind kümmern, wenn du selbst nicht im Gleichgewicht bist.
Würde man, wie du es scheinbar denkst, sein gesamtes Leben auf das Kind konzentrieren, wäre man letzten Endes nicht mehr fähig, sich um das Kind zu kümmern.
Das hat auch einen ganz einfachen Grund: Egal, wie sehr man den kleinen Krümmel liebt, irgendwann kommt der Punkt, wo man diesen als Grund dafür sieht, dass man kein eigenes Leben mehr hat. Er ist daran schuld, dass man sein Leben aufgegeben hat. Und dann kann es passieren, dass die Liebe sich in ein anderes Gefühl umwandelt. Da muss nur was passieren - Pupertät vielleicht. "Für dich Zicke habe ich meine besten Jahre weggeschmissen." Und in solchen Streitereien fallen die besten Vorwürfe, die einem Schlag ins Gesicht gleichkommen. So, was haben wir davon? Dann hat das Kind nicht mit 2 seinen psychischen Knacks, sondern halt erst mit 15. Klasse.
Frag in deinem Bekanntenkreis - es wird niemanden geben, der das Kind nicht mal abgibt, weil er einfach mal keinen Bock hat und seine Ruhe haben will.
Wenn ich deine Argumentation richtig verstehe, dann wären wahrscheinlich 99% der Menschheit schlechte Eltern.

(01.09.2010, 23:54)Boneman schrieb: Vielleicht gelingt es ihr, die allgegenwärtige emotionalen Blindheit aufzuheben und das Einfühlungsvermögen in die Situation des Kindes ein wenig zu schärfen. ;) :)

Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du wirfst uns emotionale Blindheit vor, nur weil wir nicht deiner Meinung sind?
Bitte sag, dass ich dich falsch verstanden habe.
For what it's worth, I'm glad it's you. It was nice to be happy ... for a while.
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Calesca schrieb:Ach Boni, bitte. Was will denn ein Kind mit Eltern, die kein eigenes Leben mehr haben, dadurch vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten und deswegen wieder ganz anderes mit einem Kleinkind umgehen KÖNNEN als Eltern, die auch mal eine Auszeit nehmen?
[...]
:up:
Ich glaube nicht, dass die Bedürfnisse unvereinbar sind. Ich rede wie gesagt von der ersten Zeit. Natürlich ist gerade die die anstrengendste, weil die Eltern fast permanent gefordert werden (außer wenn das Kind mal schläft). Im Normalfall hilft da ja, dass sie zu zweit sind. Sind sie das nicht, ist die Situation einfach unglücklich. Not macht erfinderisch.

Sobald das Kind ein wenig älter ist und die Hauptbindungsperson ein wenig in den Hintergrund tritt (vielleicht von einem Stofftier abgelöst wird), kann man mithilfe eines Babysitters auch mal einen Abend "zurückgewinnen". Später wird das Kind ohne Problem eine Woche bei den Großeltern verbringen. Sobald es in den Kindergarten geht, ist es schon "den halben Tag" nicht zuhause. Später geht es mit seinen Freunden raus spielen, wo man dann auch nicht mehr dabei sein muss.

Es stimmt ja gar nicht, dass man sein gesamtes Leben opfern muss. Aber durchaus die erste Zeit komplett und dann wird's langsam immer weniger. Das weiß man doch vorher!?

Calesca schrieb:Wenn ich deine Argumentation richtig verstehe, dann wären wahrscheinlich 99% der Menschheit schlechte Eltern.
Das hab ich mich bei Alice Miller auch schon gefragt und bin noch nicht zu einer Antwort gelangt. :think: Also ich persönlich glaube das nicht. Wobei man, wenn es allein um die hier diskutierte Sache geht, mit 50% vermutlich immer noch gut dabei ist - wenn's reicht. Wenn ich mich im Leben so umgucke... :pfeif:

Calesca schrieb:Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du wirfst uns emotionale Blindheit vor, nur weil wir nicht deiner Meinung sind?
Bitte sag, dass ich dich falsch verstanden habe.
So habe ich das tatsächlich nicht gesagt.
Zuerst einmal ist das kein Vorwurf. Wer tatsächlich an emotionaler Blindheit leidet, kann selbst am allerwenigsten dafür. Und vielleicht trifft es ja auch gar nicht zu?
Ich versuche es korrekter auszudrücken: Ich stelle den Verdacht in den Raum, dass hier ein paar an emotionaler Blindheit leiden könnten. Aber nicht, weil sie nicht meiner Meinung sind, sondern weil sie ausgerechnet ihrer/eurer Meinung sind! Das ist das Besorgnis Erregende und ein sehr wichtiger Unterschied. Mit mir hat das nichts zu tun. ;) (Rabenaas ist auch nicht meiner Meinung - das würde mich wundern, solange er Alice Miller nicht gelesen hat.)

Bei emotionaler Blindheit geht es um die Tatsache, dass jemand nicht verstehen kann, was einem Kind Angst macht, weil es ihm nicht gelingt, sich in die Situation des Kindes hineinzufühlen.
Emotionen sind jedoch das einzige, was ein Neugeborenes in seinen ersten Lebensjahren begleitet. Alles andere kommt nach und nach dazu. Je weniger man also die Emotionen des Kindes nicht versteht, umso weniger wird man seine Reaktionen verstehen und umso schlechter wird die Bindung zu ihm sein.

Zum Teil sind die Situationen, denen Eltern ihr Kind aussetzen, regelrecht grotesk. Viele davon würden nämlich auch den Eltern oder einem anderen Erwachsenen einen gehörigen Schrecken einjagen.

Stellt euch doch mal vor, ihr wärt Lilly (in einem geeigneten Alter) und würdet so gern einmal die Vase entdecken und kennen lernen. Mama sagt nur "Nein" (wobei nicht garantiert ist, dass ihr damit schon etwas anfangen könnt). Sie unterhält sich mit der Tante, während ihr schreit. Was ist das bloß, was dort im Licht so bunt schimmert? Gehen wir einmal davon aus, die Vase steht nicht in der Vitrine, sondern auf einer Kommode. Ihr wollt sie von Nahem sehen, also krabbelt ihr darauf zu, zieht euch an der Kommode hoch (das könnt ihr schon) und streckt die Arme danach aus. Zufälligerweise steht die Vase noch auf einer kleinen Tischdecke, von der ein Zipfel über den Rand der Kommode hängt. Da das mit dem Stehen noch nicht so gut klappt, müsst ihr euch festhalten und greift reflexartig nach einem Halt, erwischt natürlich die Decke und reißt sie samt Vase zu Boden, wo sie zerbricht.

Durch den plötzlichen, lauten Knall erschreckt (direkt neben eurem kleinen Ohr und fast auf gleicher Höhe) fangt ihr sofort an zu weinen. Ihr habt keine Ahnung, was da gerade passiert ist. Ihr wisst nicht, dass es dieses bunte Glitzerdings war, das kaputt gegangen ist. Es hätte genauso gut eine Bombe sein können; ihr kennt weder das eine noch das andere, geschweige denn den Unterschied, könnt also die Situation überhaupt nicht einschätzen. Jedenfalls hat es laut geknallt und gleichzeitig haben lauter kleine spitze Splitter eure Beine berührt, was euch zusätzlich erschreckt hat.

Und als würde das nicht reichen, löst sich aus dem Hintergrund plötzlich ein Umriss und ein Riese kommt auf euch zugestürmt (weil ihr auf dem Boden sitzt ungefähr viermal so groß!), beugt sich über euch, gestikuliert bedrohlich mit den Armen und fängt an, irgendetwas zu schreien, was ihr vielleicht gar nicht versteht. Ist aber auch egal, denn der Ton macht die Musik und weder den Tonfall noch die Lautstärke seid ihr gewohnt.

Noch dazu ist der Riese eure Mama, die euch sonst immer auf den Arm nimmt, euch tröstet, wenn ihr ("aus gutem Grund") weint, euch beschützt und die letztlich der einzige Anker in einer völlig fremden Welt ist. Das macht es nicht besser, oder? Eher schlimmer? (Ihr habt Glück, dass der Riese meistens nicht so reagiert wie gerade, sonst hättet ihr nämlich gar keinen Anker und wärt völlig allein.)

Dazu kommt noch ein weiterer Riese, die Tante, stellt sich neben eure Mutter euch gegenüber, beide Hände vor den offenen Mund haltend, die Arme am Körper angelegt, mit schreckgeweiteten Augen (ungefähr so wie eure eigenen gerade). All das sagt euch, dass da gerade etwas sehr schlimmes passiert sein muss. Noch ein Grund mehr, Angst zu haben. Wenn ihr Pech habt, schaut die Tante nicht nur die Scherben an, sondern sogar euch, woraus ihr nur schließen könnt, dass ihr selbst das Schlimme seid. Nur warum!? Was hat das alles mit euch zu tun?

Es ist völlig ausgeschlossen, dass die Reaktion der Erwachsenen irgendwelche der gewünschten Früchte trägt. Ihr könnt nicht verstehen, was da gerade passiert ist - dazu fehlt euch schlicht das "Vorwissen": über die Vase und deren Wichtigkeit (sowieso eine sehr subjektive Angelegenheit), und nicht zuletzt über die Gesetze der Physik.

Ihr wisst nur: Da ist gerade etwas passiert, was mich erschreckt hat und anstatt dass Mami kommt und mich tröstet, schreit sie mich plötzlich nur an.

Nochmal Alice Miller:


Edvard schrieb:(Btw: Ich bin überrascht, dass du meinen Kommentar zu Alice Miller so stehen gelassen hast, Boneman. ;))
Hehe, hatte ich nicht vor. :D Aber eigentlich wollte ich heute zur Uni, deshalb muss das noch ein Weilchen warten.
Great people care.
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(02.09.2010, 13:27)Boneman schrieb: Ich glaube nicht, dass die Bedürfnisse unvereinbar sind. Ich rede wie gesagt von der ersten Zeit. Natürlich ist gerade die die anstrengendste, weil die Eltern fast permanent gefordert werden (außer wenn das Kind mal schläft).
Auch in der ersten Zeit (sagen wir die ersten 2 Jahre?) müssen die Eltern mal abschalten können...
(Und zwar nicht nur wenn Kind schläft, sondern auch zu anderen Zeitpunkten, wobei das natürlich nicht die Regel sein sollte.^^)

Ansonsten: Repeat. :rolleyes:
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?
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Auch wenn ich zur Sache eigentlich nichts mehr sagen will, möchte ich noch ein paar Kommentare loswerden.

(02.09.2010, 08:04)Calesca schrieb: Du kannst dich nicht um ein Kind kümmern, wenn du selbst nicht im Gleichgewicht bist.
Viele Menschen beweisen täglich das Gegenteil.

(02.09.2010, 14:14)Edvard schrieb: Auch in der ersten Zeit (sagen wir die ersten 2 Jahre?) müssen die Eltern mal abschalten können...
Keiner hat gesagt, dass sie das nicht auch sollen.
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(02.09.2010, 20:04)Rabenaas schrieb:
(02.09.2010, 14:14)Edvard schrieb: Auch in der ersten Zeit (sagen wir die ersten 2 Jahre?) müssen die Eltern mal abschalten können...
Keiner hat gesagt, dass sie das nicht auch sollen.
Doch, Bones:

(01.09.2010, 22:07)Boneman schrieb: Auch wenn ich damit vermutlich der halben Welt auf die Füße trete: Dann eignet man sich nicht als Eltern. Wer seine Ruhe will, für den ist ein Kind einfach die falsche Entscheidung. Fertig.
Ein Kind großzuziehen ist eine Lebensaufgabe, die zumindest in den ersten Jahren keine Urlaubszeiten kennt. Dass die eigenen Bedürfnisse in dieser Zeit fast immer zurückstecken müssen, wenn sie mit denen des Kindes kollidieren, sollte einem eigentlich schon vor der Zeugung klar sein. Wenn nicht, sollte man selbige besser bleiben lassen. :evil:
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?
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Da verstehe ich den Knochenmann anders. Zwischen "seine Ruhe haben" und "mal abschalten" klafft ein himmelweiter Unterschied. Dass es ganz einfach und jederzeit möglich ist, hat auch niemand behauptet.
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Sehe ich nicht so. Gerade seine Erklärung lässt für mich auch kein (oder besser: zu wenig) "mal abschalten" zu.
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?
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(02.09.2010, 14:14)Edvard schrieb: Ansonsten: Repeat. :rolleyes:
Bitte nicht! :lol:


Ich wollte noch einmal auf Alice Miller eingehen. Danach soll es dann auch gut sein. :)
Ich erwarte nicht, dass jemand mit dem Folgenden in dieser verknappten Form sonderlich viel anfangen kann. Das beste, was ich mir von diesem Beitrag noch erhoffe, ist, dass jemand Lust bekommt oder neugierig wird, einmal ein Buch von ihr zu lesen. Dazu ist es vielleicht gar nicht schlecht, wenn mehr Fragen entstehen als beantwortet werden.

Edvard schrieb:Davon abgesehen habe ich bei dir auch das Gefühl, dass du kritische Fragen/Argumente unsererseits ausslässt. :P
Z.B. die Frage von oben, die ich nochmal expilzit gestellt habe oder wie sich dein Ansatz mit der Wirklichkeit (alleinerziehend, kein Einzelkind, etc.) vereinbaren lässt. OK, du hast da keine Erfahrung, aber weiß die Alice Miller da vielleicht mehr?
Es geht nicht darum, den "Idealzustand" zu erreichen oder zu beschreiben, wie immer der aussehen mag (das weiß ich nicht!). In der Wirklichkeit wird es immer Umstände geben, die es nicht erlauben, dass ein Kind so optimal heranwachsen kann, wie es das eigentlich müsste. Es geht auch nicht darum zu erklären, wie eine richtige Erziehung funktioniert.

Worauf es Alice Miller ankommt, ist die von ihr so genannte "emotionale Blindheit" aufzulösen, damit man erkennt, was man seinen Kindern alles antut... nein, viel wichtiger: damit man erkennt, was einem selbst als Kind alles angetan wurde. Und wie man die Spirale durchbrechen kann, um seinen eigenen Kindern nicht das gleiche weiterzugeben (was man in der Regel automatisch tut). Denn eigentlich könnte müsste man vieles besser wissen.

Sie sagt, dass sehr viele Handlungsmuster, die wir in die Erziehung unserer Kinder automatisch einfließen lassen, einer näheren Überprüfung überhaupt nicht standhalten könnten. Die Erkenntnisse der letzten Jahre in Psychologie und Hirnforschung(!) geben ihr da auch Recht. Ich habe ja schon auf ein paar Dinge hingewiesen.

Es geht Alice Miller (und mir hier genauso) nicht darum, eine alternative Form der Erziehung zu beschreiben (im Gegenteil: sie lehnte jede in Lehren und Leitsätze gegossenen Erziehungssysteme ab), sondern sozusagen das Schlimmste aufzuzeigen, was man falsch machen kann - und was auch heute noch regelmäßig und von zu vielen falsch gemacht wird.

Und ja, sie erklärt tatsächlich, v.a. in Am Anfang war Erziehung, wie unschuldige Kinder zu solchen Monstern wie Adolf Hitler heranwachsen können. Und das durchaus plausibel.
Und nein, sie behauptet nicht, dass sich allein damit das Entstehen oder die Dynamik eines Nationalsozialismus oder eines Krieges erklären lassen. Aber sie sagt, dass ein Mensch, der von seiner frühesten Kindheit an gelernt hat, dass er es Wert ist, geliebt zu werden, usw. ein Einfühlungsvermögen in sich und in andere Menschen, als Erwachsene wie als Kinder, entwickelt, das es ihm schlicht unmöglich macht, solche Grausamkeiten zu begehen. Wenn man unter diesen Gesichtspunkten Hitlers Kindheit unter die Lupe nimmt, stellt man bald fest: Er hatte keine Chance. Er wurde nicht nur von seinen Eltern aufs Schwerste misshandelt, sondern lernte auch in seinem weiteren Leben niemanden kennen, der ihm den Zugang zu einer anderen Perspektive ermöglicht hätte. (Hier kommt das Konzept von den "helfenden" und "wissenden Zeugen" ins Spiel.)
Alice Miller in Wege des Lebens, S.196 schrieb:Es wird mir häufig gesagt, daß diese Gedanken, denen ich in meinem Buch Am Anfang war Erziehung ausführlich nachging, ungeheuerlich seien und nicht genügten, um Hitlers Handlungen zu erklären. Sicher nicht all seine Handlungen, aber zweifellos seinen Wahn. Sie bilden zumindest das Fundament dazu.
Sie hat hunderte Fälle von Mördern, Vergewaltigern, Diktatoren, usw. untersucht - es ist wohl jedes Verbrechen dabei, das von der Allgemeinheit als "unmenschlich" bezeichnet werden würde - und legt in ihren Büchern an einzelnen Beispielen detailliert dar, wie die Kindheit solcher Verbrecher in den Untersuchungen "wie es dazu kommen konnte" sowie in Biographien konsequent unterbewertet, nur der Vollständigkeit halber in wenigen Sätzen abgehandelt oder gar völlig ignoriert wird, obwohl tatsächlich dort oft der Schlüssel liegt. (Wo fand man vor 20 Jahren etwas über die Kindheit Adolf Hitlers?)

Sie versucht eben, die Gesellschaft mit der Nase auf diesen Schlüssel zu stoßen, der direkt vor ihnen liegt, den aber niemand sehen will. Ja, tatsächlich nicht will. Denn die Auseinandersetzung mit der tragischen Kindheit eines Verbrechers löst oft Gefühle in einem selbst aus, die einen an die eigene Kindheit erinnern und die man sein gesamtes bisheriges Leben so sorgsam versteckt hält, weil sie so bedrohlich sind, dass man glaubt, sie nicht zu überleben. So hat man das als hilfloses Kind erlebt und verinnerlicht, denn damals war man hilflos und man hätte es tatsächlich nicht überlebt, wenn die Mama sich von einem abwendet; also hat man sich so gut es ging angepasst und versucht, es ihr recht zu machen - meist mit zweifelhaftem Erfolg (siehe Das Drama des begabten Kindes).
Aber (und jetzt kommt der Lichtblick ;)) als Erwachsener besteht diese Gefahr nicht mehr; als Erwachsener riskiert man nicht mehr sein Leben, wenn man auf seine Mutter zornig ist oder eine andere Meinung hat. Nur weiß das der Körper nicht und reagiert genauso wie das kleine Kind damals. Und zwar immer, wenn irgendetwas passiert, das ihn an eine Situation aus der Kindheit erinnert. Er hat alle Erfahrungen sorgfältig gespeichert, die der Kopf schon längst verdrängt hat. Er zuckt zusammen und sieht das verzerrte Gesicht der Mutter, wenn der Chef schimpft; er zuckt zusammen und sieht den Gürtel in der Hand des Vaters, wenn er gerade unter der Dusche steht und der Briefträger schon zum dritten Mal geklingelt hat. Über all das wird der Verstand überhaupt nicht informiert. Das will er auch gar nicht wissen. Aber man kann dem Körper beibringen, dass diese Gefahren nicht mehr bestehen... behutsam. (Und nicht mittels einer Psychoanalyse - aber das ist wieder ein anderes Kapitel. ;))
Und so beschreibt sie den Grund, warum sich niemand mit dem aus ihrer Erkenntnis heraus Offensichtlichen auseinandersetzen will.

So weit in meinen eigenen Worten eine der Kernaussagen ihres Werks. Es würde mich nicht wundern, dass das so zusammengefasst niemand glauben will. Ich empfehle eine persönliche Auseinandersetzung mit ihren Büchern, um sich ein genaueres Bild davon zu machen. :) Insbesondere kann ich empfehlen: Das Drama des begabten Kindes (Ausgabe von 1996!), Am Anfang war Erziehung, Evas Erwachen - Über die Auflösung emotionaler Blindheit und Die Revolte des Körpers. Oder, wer es lieber kompakt mag: Dein gerettetes Leben stellt laut Klappentext "eine Art Vermächtnis Alice Millers dar. Es enthält die Quintessenz ihrer Forschungen und ist vielleicht das wichtigste ihrer Bücher". Da ich das allerdings noch nicht gelesen habe, kann ich dazu nichts sagen.

(01.09.2010, 09:22)Edvard schrieb: Sorry, aber das hört sich für mich nach nen echt großen Bullshit an. (Und ich werd mir jetzt nicht das Buch kaufen, nur um die ganze Argumentation zu lesen. Kann sein, dass Alice Miller auf diese Aspekte auch eingegangen ist, was ich aber nicht glaube.^^)
Taschenbuch, 10 Euro!
Wieso glaubst du nicht, dass sie darauf noch eingeht? Welchen Anlass hast du dazu?
Die Theorie mag auf den ersten Blick absurd wirken - zumal es sonst niemanden zu geben scheint, der ähnliche Gewichtungen setzt, wenn er sich mit Hitler beschäftigt. Aber genau das macht Alice Miller: Sie spricht Dinge aus, die niemand beachtet. Sie beschreibt Selbstverständlichkeiten schonungslos aus der Perspektive des Kindes und verleiht ihnen so oft einen ganz hässlichen Beigeschmack. Und sie stellt bewusst die herrschende Meinung in Frage, wo sie es für nötig hält.

Ich habe nicht erwartet, dass irgendjemand etwas mit dem Abschnitt anfangen kann, in dem ich den Namen Adolf Hitler eingeworfen habe. ;) Leider konnte ich nicht widerstehen. :shy:

Ich kann aber nicht noch näher darauf eingehen. Alice Miller hat ein ganzes Buch darüber geschrieben und das Thema auch in ihren anderen Büchern immer wieder aufgegriffen, oft mit einem Hinweis und einer Klarstellung, da sie sich missverstanden fühlte - da bilde ich mir gar nicht ein, mehr Erfolg zu haben.
Also: Wen es interessiert, der möge es lesen (oder für immer schweigen... :D)

(02.09.2010, 21:27)Rabenaas schrieb: Da verstehe ich den Knochenmann anders. Zwischen "seine Ruhe haben" und "mal abschalten" klafft ein himmelweiter Unterschied.
Exakt.

"Mal abschalten" heißt, dass die Mama ein heißes Bad nimmt, während der Papa (oder die Oma) die Verantwortung übernimmt. Oder die Woche Urlaub, wenn Paul bei seinen Großeltern ist. Oder abends Kino, wenn der Babysitter aufpasst. Mir fällt keine Situation ein, in der sich da nicht etwas arrangieren ließe. :think: Vorausgesetzt, das Kind konnte eine sichere Bindung entwickeln (Bindungstheorie)! Und mir fällt auch keine Situation ein, in der die Bedürfnisse der Eltern wirklich so dringend über die des Kindes gestellt werden müssten.

Wer sich allerdings nicht um sein Kind kümmert, weil er "seine Ruhe haben" will, der bindet auch alte Leute fest. Um es mal ganz polemisch zu sagen. :rolleyes:
Great people care.
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