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Bedingungsloses Grundeinkommen
Tja , wohl wahr . Meine Eltern haben mich damals zur Schnecke gemacht ,besonders mein Vater ,ein Arbeits - und Fleißtier der besonderen Güteklasse, das hält er mir immer noch vor , wieso ich mich nicht dazu gezwungen habe es Abzuschließen, gebe ich ihm auch recht wenn ich darüber immer nachdenke ,damals empfand ich es als Schikane . Jetzt gelte ich auf dem Arbeitsmarkt als veraltet und zu lange aus dem Arbeitsalltag . Ist schon übel.Jammern hilft nicht , daher setze ich auf Innovative Alternativen , wie meine wieder Selbstständigkeit in der Personenbeförderungvorher war es Gastronomie.:)
Achte nicht auf den, der spricht, achte auf das was gesprochen wird.
Hör hundertmal, denk tausendmal, sprich einmal.
Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.

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(29.07.2010, 14:12)Zurgrimm schrieb: Aber um das Bild mal zu verlassen: Es geht doch gar nicht darum, daß sich jemand über einen "Aufstand der Bedürftigen" in Deutschland beklagt. Von einem solchen sind wir noch recht weit entfernt, denke ich.
Ich rede nicht von der großen Revolution. Das ist der stille Protest, den jeder für sich selber ausübt. Natürlich erreicht man damit gar nichts und es hat viel von einer Trotzreaktion.

Zurgrimm schrieb:Daß manche Leute unberechtigt Sozialleistungen in Anspruch nehmen hat wenig mit "sich wehren" zu tun. Es ist das normale menschliche Bedürfnis - bei arm und reich - möglichst viel (und falls man das schon hat, dann noch mehr) zu bekommen. Manche verfolgen das Ziel nur skrupelloser, als andere. In der Summe gilt: Gelegenheit macht (Sozial-)betrüger. Daher muß man in einem bedüftigkeitsbasierten Existenzsicherungssystem sehr aufpassen (und das heißt streng kontrollieren). Wie es läuft, wenn man unbürokratisch Geld verteilt, hat man beim DDR-Begrüßungsgeld gesehen, wo sich nicht wenige doppelt (oder sonstwieviel mehrfach) bedient haben.
Hier diesen falschen Schluss zu ziehen, ist eine andere Falle, in die man als Geldgeber treten kann. Dazu würde ich jetzt gerne ein Zitat anbringen, aber leider finde ich die Quelle nicht. Also versuche ich, das Beispiel aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren:

Stell dir vor, du arbeitest in einer Firma in einer Abteilung, in der der Computer das Handwerkszeug Nummer 1 ist. Die Firma bereitet ihren Börsengang vor, muss also gerade sparen, weshalb ein Anschaffungsstopp verordnet wird, was bedeutet: keine neue Hardware, keine neue Software. So oft, wie in der Abteilung was Neues geordert wird, kann man das sowieso nicht brauchen (denken sich die Leute, die nicht täglich damit arbeiten müssen, aber darüber entscheiden dürfen).

Die Mitarbeiter murren, was aber nichts nützt. Fünf Jahre später erinnert man sich wieder daran und da gerade ein großer Auftrag abgeschlossen wurde, sitzt das Geld kurzfristig etwas lockerer. Man entscheidet sich also, die Sperre aufzuheben. Fünf Jahre lang keine neue Hardware und kein Softwareupdate, das spürt man als Anwender natürlich! Und plötzlich gehen zig Bestellungen ein, weil quasi jeder einen neuen Computer will. Nach so langer Zeit muss natürlich auch das ganze System ersetzt werden. Außerdem will jeder das Beste vom Besten - denn wer weiß, wann es die nächste Gelegenheit gibt?

Und was denkt sich das Management? "Eigentlich hätten wir wissen müssen, dass die alle maßlos sind! Warum haben wir es überhaupt erlaubt? So schnell passiert uns das jedenfalls nicht mehr!"
Dabei lag der Fehler nicht darin, die Sperre aufzuheben. Hätte man sie überhaupt nicht erst eingeführt, wäre niemand "maßlos" geworden!

So ist das aus meiner Sicht auch mit den ehemaligen DDR-Bürgern und mit den heutigen Hartz-IV-Empfängern. Und es ist sehr gut möglich, dass es so auch die erste Zeit nach der Einführung eines Grundeinkommens sein würde! Die Leute werden das Geld nicht sofort ausgeben (es sei denn, sie müssen), sondern erst einmal zur Seite legen; sie trauen dem Frieden nicht, "man weiß ja nie". Aus dem gleichen Grund werden sie wahrscheinlich auch nicht sofort ihre Arbeit hinwerfen, auch wenn sie ihnen nicht gefällt. Das legt sich aber wieder, sobald die Menschen die Angst verlieren, da sie merken: Hey, die meinen das ja tatsächlich ernst! Und dann fangen sie langsam an, ihr Grundeinkommen auszugeben und auch sich neue Tätigkeitsfelder zu suchen, wenn sie das wünschen.

Das ist also weder ein echtes Sich-wehren, noch skrupellose Gier. Es ist tatsächlich ein ganz normales menschliches Bedürfnis und eine ganz natürliche Reaktion. Und es zeigt sich wieder diese Spirale: Wenn man einmal anfängt zu kontrollieren, kann man nicht mehr so einfach damit aufhören. Deshalb ja auch: Schrittweise!!

Zurgrimm schrieb:Das hattest Du in etwas anderem Zusammenhang viel weiter oben im Thread schon mit Wolverine durchdiskutiert. [...]
Muss ich jetzt wieder anfangen und betonen, dass es mir um den psychologischen Effekt ging? :D ;) Nein, muss ich nicht, denn es geht hier ja eigentlich weder um das eine noch das andere.

Zurgrimm schrieb:Ob es schön klingt oder nicht, Sozialleistungen bekommt man vom Staat gegenleistungslos. Und deshalb ist es auch gerechtfertigt hier besondere Sicherheitsvorkehrungen und Nachkontrollen vorzusehen, damit nicht mehr gegenleistungslos vergeben wird, als irgend nötig.
Gut, ich weiß, dass ich da offenbar eine sehr liberale Ansicht habe. Ich bin einfach der Meinung, dass es ohne diese strengen Kontrollen besser laufen würde. Wie gesagt: Missbrauch gibt es immer. Deswegen alle Blicke auf die Missbraucher zu richten und diejenigen unter Druck zu setzen, die sich vernünftig benehmen, halte ich für Unsinn. Das bringt meiner Meinung nach unterm Strich mehr Schaden als Nutzen, was ich bis hierhin hoffentlich hinreichend dargelegt habe. (Was nicht bedeutet, dass das jemand genauso sehen muss; mir ist nur wichtig, dass es angekommen ist. :D)
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(30.07.2010, 13:40)Aigolf schrieb: Tja , wohl wahr . Meine Eltern haben mich damals zur Schnecke gemacht ,besonders mein Vater ,ein Arbeits - und Fleißtier der besonderen Güteklasse, das hält er mir immer noch vor , wieso ich mich nicht dazu gezwungen habe es Abzuschließen, gebe ich ihm auch recht wenn ich darüber immer nachdenke ,damals empfand ich es als Schikane . Jetzt gelte ich auf dem Arbeitsmarkt als veraltet und zu lange aus dem Arbeitsalltag . Ist schon übel.Jammern hilft nicht , daher setze ich auf Innovative Alternativen , wie meine wieder Selbstständigkeit in der Personenbeförderungvorher war es Gastronomie.:)

Jetzt kommen wir auf eine ganz andere, psychologische Ebene. (Ich will dir auch nicht zu nahe treten, daher nur ganz kurz am Rande, aber sehr ernst gemeint.) Du kannst davon ausgehen, dass du damals triftige Gründe hattest, dich so zu verhalten, wie du es getan hast. Auch wenn du die heute nicht mehr und vielleicht auch damals nicht wirklich nachvollziehen konntest. Das kann ich dir versprechen. ;)
Hättest du die Möglichkeit gehabt, das zu tun, was du wirklich tun wolltest, wäre es dir nicht so ergangen (und ich rede hier nicht nur von der beruflichen Perspektive).
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(30.07.2010, 12:28)Recke schrieb: Zu Aigolfs Stand: Sowas ist leider tragisch, ich sehe das auch bei uns mit den Ausbildungsplätzen, die die letzten beiden Jahre (so glaube ich) nicht komplett belegt worden sind, weil die Bewerber die Einstellungstests nicht bestanden haben. Ich persönlich mache dazu keine Aussage, was man dagegen tun soll, ich weiß es selber nicht genau...

Das ist schon seit einigen Jahren so. Zum einen kommen viele Jugendliche ohne Abschluss bzw. gerade-so-geschafft-Abschluss aus der Schule. Dann sind deren Grundkenntnisse in Mathe und Deutsch teilweise wirklich unterirdisch. Von den sozialen Bereichen ganz abzusehen.
Ich erlebe immer wieder, und das sind KEINE Einzelfälle, wie eine +/- 20jähriger vor mir sitzt und Mama reden lässt, weil diese Jugendlichen es nicht auf die Reihe bekommen, mit fremden Menschen zu reden und ihre Wünsche/Forderungen zu formulieren. Welches Unternehmen sollte die einstellen wollen? Die Rechtschreibfehler, die mich manchmal von denen anlächeln, bringe ich nun garnicht erst zur Rede.
Das andere Problem ist, dass sich viele auf eine Arbeitsstelle festlegen, wo 90% der Leute auch rein wollen. Krass gesagt: Die Mädchen wollen Tierpfleger werden und die Jungs Automechaniker.
Und das Unternehmen, welches 20 Ausbildungsstellen als ... was weiß ich, Landwirte :D ... anbietet guckt blöd in die Röhre.
Und kaum einer kommt auf den Gedanken, mal über den Tellerrand seiner kleinen bunden Traumwelt zu schauen.
Wie soll ein junger Mensch denn wissen, was er besonders toll kann und was sein Traumberuf ist? Traumberuf ist immer das, was am meisten im Vordergrund der Wahrnehmung ist. Deswegen wollen kleine Jungs Feuerwehrmann oder Pilot werden, Mädchen Friseurin oder "irgendwas mit Tieren, am besten Pferden."
Na, jedenfalls müsste die Lösung in den Abschlussjahren der Schule liegen - mehr Berufsvorbereitung bzw. Vorbereitung auf die große, weite Welt außerhalb der Schulmauern. Und kein "So, hier, Zeugnis und nun Schubs, viel Spaß da draußen!"

Ach und Bone:
Es gibt Leute, deren Fähigkeiten liegen unter anderem in der Politik, die aber auch ganz tolle Kenntnisse über Gesundheitswesen/Finanzen/blablubb haben.
Wenn du die nicht lockst, werden sie in die freie Wirtschaft abwandern. Die wenigsten wissen vorher, ob Politik ihre Berufung ist. Die können ihre Meinung genauso im Vorstand eines großen Unternehmens verbreiten und dort Veränderungen mitgestalten, auf die sie dann ganz stolz sind.
Wenn sich jemand den Stress des Politikbetriebs gibt, davon gerade so Miete und Kühlschrankfüllung leisten kann, die teure Ausbildung der Kinder aber nicht finanzieren kann und die Träume weiterhin nur Träume bleiben, der ist auch ganz schnell wieder weg, Berufung hin oder her.
Das Problem, was du ansprichst, kommt nicht wegen des vielen Geldes, sondern wegen der fehlenden Kontrolle.
For what it's worth, I'm glad it's you. It was nice to be happy ... for a while.
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(30.07.2010, 13:48)Calesca schrieb: Na, jedenfalls müsste die Lösung in den Abschlussjahren der Schule liegen - mehr Berufsvorbereitung bzw. Vorbereitung auf die große, weite Welt außerhalb der Schulmauern. Und kein "So, hier, Zeugnis und nun Schubs, viel Spaß da draußen!"

Hallo Calesca,

da sehe ich das Problem, dass Lehrer ja selber nie gearbeitet haben!
Also gearbeitet schon, aber nur in der Schule.
Was haben Sie gemacht, Sie waren Schüler und haben vielleicht 2x die Woche mal gekellnert, oder Pizzataxi ausgefahren. Das ist dann ein 400 € Job.
Dann haben Sie studiert und vielleicht auch an der Uni ein wenig am Lehrstuhl gejobbt, dann gings zurück ins Referendariat an die Schule.

Sie kennen also eigentlich nur Schule und Lernen, nichts anderes. Die sollen dann jungen Leuten sagen, was für Sie das Richtige ist? Wie soll das gehen?

Ein Mensch (Key Account Manager) der in der freien Wirtschaft arbeitet kennt sein eigenes Unternehmen ist vielleicht schon 2x gewechselt, besucht andere Firmen, hat vielleicht mal Kontakt zu einer Consultingfirma gehabt. Vorher hat er eine Ausbildung gemacht und vorher vielleicht auch nebenher gejobbt. Der könnte schon etwas erzählen, nur den kann man wahrscheinlich nicht auf Jugendliche loslassen, weil er keine pädagogische Ausbildung hat :ironie:

Tjo...
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(30.07.2010, 13:48)Calesca schrieb: Na, jedenfalls müsste die Lösung in den Abschlussjahren der Schule liegen - mehr Berufsvorbereitung bzw. Vorbereitung auf die große, weite Welt außerhalb der Schulmauern. Und kein "So, hier, Zeugnis und nun Schubs, viel Spaß da draußen!"

Genau das ist es .Ich wäre schon dafür das man schon in der 8 Klasse damit anfängt ,Berufsvorbereitungen zu machen.Das würde die Vorstellung der Kids mal etwas berichtigen ,so hätten sie mal vorstellungen ,wie es in der Arbeitwelt wirklich aussieht ,so würden schon welch angespornt werden sich auch im Schulischen Bereichen "Hausaufgaben, Klassenarbeit usw mehr Anzustrengen .Wie das Konzept auszusehen hätte ,kann ich noch nicht ganz beantworten ,ideen wären da, nur das Umsetzen ist ja immer die frage .

@Recke es gibt auch Lehrer , die aus einem normalen Beruf auf den Beruf des Lehres gegangen sind ,es gebe also schon möglichkeiten .
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(30.07.2010, 14:06)Aigolf schrieb: @Recke es gibt auch Lehrer , die aus einem normalen Beruf auf den Beruf des Lehres gegangen sind ,es gebe also schon möglichkeiten .

Ich weiß, hatte selber 2 davon, die waren auch beide sehr gute Lehrer, erst nen Beruf und später dann auf Lehrer umgeswitcht.

Aber da ich sicher an die 30 Lehrer in meiner Schullaufbahn habe, ist das eine Quote von unter 10% ;)
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(30.07.2010, 13:48)Calesca schrieb: Ach und Bone:
Es gibt Leute, deren Fähigkeiten liegen unter anderem in der Politik, die aber auch ganz tolle Kenntnisse über Gesundheitswesen/Finanzen/blablubb haben.
Wenn du die nicht lockst, werden sie in die freie Wirtschaft abwandern. Die wenigsten wissen vorher, ob Politik ihre Berufung ist. Die können ihre Meinung genauso im Vorstand eines großen Unternehmens verbreiten und dort Veränderungen mitgestalten, auf die sie dann ganz stolz sind.
Wenn sich jemand den Stress des Politikbetriebs gibt, davon gerade so Miete und Kühlschrankfüllung leisten kann, die teure Ausbildung der Kinder aber nicht finanzieren kann und die Träume weiterhin nur Träume bleiben, der ist auch ganz schnell wieder weg, Berufung hin oder her.
Das Problem, was du ansprichst, kommt nicht wegen des vielen Geldes, sondern wegen der fehlenden Kontrolle.
Okay. Leute mit Kompetenz, die in der Wirtschaft gute Angebote bekommen, brauchen ein besseres Angebot vom Staat, um in die Politik zu gehen. Absolut einleuchtend.
Aber das mit der Kontrolle sehe ich wieder mit gemischten Gefühlen. Das allein kann es auch nicht sein. Denn auch hier gilt: Wenn ein Politiker seine Arbeit nur deshalb macht, weil er es in seinem Sessel so bequem hat, wird er sie nicht besser machen, wenn ihm dabei zugesehen wird. Er wird vielleicht mehr machen, aktiver werden, aber die Entscheidungen "zum Wohle des Volkes" werden dadurch nicht "wohler".

Aus "Wer seinen Traumberuf macht, macht ihn gut" folgt unmittelbar, dass er dabei auch nicht kontrolliert werden muss. ("Traumberuf" ist natürlich eine Übertreibung - wer hat überhaupt ein klares Bild von seinem "Traumberuf"?)

Es geht auch bei Politikern darum, die Menschen mit der sog. "intrinsischen Motivation" anzuziehen und die mit der rein "extrinsischen" am besten auszusperren. Aussperren heißt, die extrinsischen Anreize eben so weit zu reduzieren, dass der Beruf nicht mehr attraktiv genug ist. - So weit wie nötig, so wenig wie möglich. Denn natürlich muss genug davon übrig bleiben, dass die "intrinsisch Motivierten" nicht ebenfalls ausgesperrt werden, weil sie sich ein Engagement in der Politik z.B. nicht leisten können.

Edit: Frag mich jetzt aber bitte nicht, wie man diese beiden Dinge (das von mir und das Zitierte von dir) zusammenbringen soll... :rolleyes:
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(30.07.2010, 13:41)Boneman schrieb: Und was denkt sich das Management? "Eigentlich hätten wir wissen müssen, dass die alle maßlos sind! Warum haben wir es überhaupt erlaubt? So schnell passiert uns das jedenfalls nicht mehr!"
Dabei lag der Fehler nicht darin, die Sperre aufzuheben. Hätte man sie überhaupt nicht erst eingeführt, wäre niemand "maßlos" geworden!

So ist das aus meiner Sicht auch mit den ehemaligen DDR-Bürgern und mit den heutigen Hartz-IV-Empfängern. Und es ist sehr gut möglich, dass es so auch die erste Zeit nach der Einführung eines Grundeinkommens sein würde!
Ich habe den Eindruck, Du versuchst mich in eine Disklussion zu verstricken, die ich so nicht begonnen habe. ;) Ich habe über die Frage, ob Leute Geld beiseite legen oder gleich ausgeben nichts geschrieben, ebensowenig einen Vergleich zwischen dem heutigen Hartz IV-System und Deinem Grundeinkommen gezogen. - Darum ging es bei meinem Beispiel mit dem Begrüßungsgeld nicht.

Das DDR-Begrüßungsgeld ist ein Beispiel, wo unbürokratisch Geld ohne Gegensleitung ausgezahlt wurde. Das Ergebnis war, daß viele die mangelnden Kontrollen genutzt und doppelt oder dreifach kassiert haben. Falls Du mir mir Deinem Fallbeispiel suggerieren willst, daß das nicht passiet wäre, wenn es den DDR-Bürgern wirtschaftlich besser gegangen wäre, dann halte ich das für unrealistisch. Der menschliche Drang möglichst viel zu bekommen, hängt nur in sehr geringem Umfang davon ab, wieviel man schon hat. Sonst würden Superreiche keine Steuern hinterziehen. Überall da, wo es möglich ist, die Regeln zu biegen, zu beugen oder unerkannt zu brechen, passiert das auch.

Wenn in Deiner Firma das Geld über einen längeren Zeitraum locker säße, dann würde es auch durch immer neue Wünsche der einzelnen Abteilungen konsumiert. Da findet sich immer was... daß jemand am Ende sagt: "Danke, ich hab' genug, mehr braucht meine Abteilung nicht.", das wird es nicht geben, auch nach einem satten Jahrzehnt nicht.

Und jetzt kommen wir zurück zum ALG II. Das ist auch eine gegenleistungslose Leistung. (Ich will es nicht "Geschenk" nennen, denn das ist es nicht wirklich. Es ist keine mildtätige Gabe, sondern ein Anspruch des Bedürftigen gegen des Staat, den er von Verfassguns wegen auch haben muß. Dennoch ist es eine einseitige Leistung, die er in Anspruch nimmt, ohne etwas dafür zu tun oder zu geben.) Und jeder, der ohne Gegenleistung etwas anbietet, ist gut beraten, streng zu prüfen, ob auch nur diejenigen kommen, für die sie wirklich gedacht ist. Denn die Verlockung, die Regeln zu dehnen, zu umgehen oder unerkannt zu brechen, ist groß.

Daß bei dieser nötigen strengen Kontrolle seitens der Behörden hin und wieder über die Stränge geschlagen wird, ist sicher zuteffend. Daraus die Folgerung abzuleiten, ohne strenge Kontrollen sei das System besser, wäre aber vorschnell.

(30.07.2010, 13:41)Boneman schrieb: Ich bin einfach der Meinung, dass es ohne diese strengen Kontrollen besser laufen würde. Wie gesagt: Missbrauch gibt es immer. Deswegen alle Blicke auf die Missbraucher zu richten und diejenigen unter Druck zu setzen, die sich vernünftig benehmen, halte ich für Unsinn.
Und ich halte es für absolut unverzichtbar. Man kann den Mißbrauch nie verhindern, aber kann und muß ihn eindämmen. Wenn es nur lasche Kontrollen gibt, wird geradezu dazu eingeladen und dann ufert der Mißbrauch aus. Das gilt es zum Wohle aller zu verhindern. Denn der ehrliche ALG II-Bezieher soll ja nicht der Dumme sein. In einem System, in dem Mißbrauch leicht gemacht wird, wäre er das aber.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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(30.07.2010, 09:04)Recke schrieb: Wobei ich nicht weiß wieso ich bei Hausbau, Einbauküche, Auto verarscht werde!?!

Das sind die Dinge, die auf den Werbeplakaten für Bankkredite zu finden sind. Es werden Konsumbedürfnisse generiert, denn die Bank will einem Kredite "verkaufen".
Hinzu kommt ein gewaltiger gesellschaftlichen Druck. Wer zu viel oder zu wenig davon hat, wird schief angeguckt. Das bedeutet aber idR Jahrzehnte lange Abhängigkeit von der Bank. Und im Alltag wird mit Kreditkarte bezahlt.
Ich glaube, viele Leute überlegen gar nicht groß, auf was sie sich einlassen. Wehe, der Arbeitsplatz geht eines Tages flöten.
Die durchschnittliche Kreditschuld pro Kopf betrug letztes Jahr €8382,- (hier). Zum Vergleich, die Staatsverschuldung pro Kopf beträgt €20.890,- (hier).
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Naja, wenn man sich schon für einen Fernseher verschulden muss (und nichts anderes ist die Ratenzahlung), dann läuft in der Haushaltskasse doch irgendwas schief.
Das Problem ist, dass in unserer Gesellschaft die Ratenzahlung bzw. ein kleiner Kredit voll anerkannt werden. Niemand stört sich mehr daran, dass die kleinen und großen Geräte auf Pump gekauft werden. Und dann noch eines und noch eines und noch eines ...

Mein Dad war zum Glück ein kleiner Sparfuchs und hat mir von Kindesbeinen an beigebracht, dass man nichts kauft, was man nicht auch sofort bezahlen könnte (mit Ausnahme von den wirklich großen Sachen wie Auto oder Haus). Und beim Auto habe ich auch darauf geachtet, dass ich einen sehr kurzfristigen Kredit mache, der mich zwar monatlich stärker belastet, der mich aber in die Lage bringt, dass ich bereits im April nächsten Jahres wieder schuldenfrei bin.
Wir haben uns Jahresanfangs einen neuen Fernseher gekauft und wir haben immer darauf geachtet, dass wir das just in dem Moment bezahlen können. Da waren ganz tolle Geräte dabei, bei denen wir beide sabbern haben müssen - und trotzdem haben wir uns für einen entschieden, der zu unseren Finanzmitteln passen. Aber es gibt genug Leute, die um einiges weniger als wir verdienen, aber unbedingt min. 500 Euro mehr zahlen müssen. Die machen dann halt Ratenzahlung für die nächsten Jahre. Und denken nicht an Zinsen. Und dann brauchen sie noch eine Waschmaschine, die auch mit Raten bezahlt werden muss. Und dieser Geschirrspülautomat. Ach und sie haben sich schon schon lange auch eine neue Couch gewünscht? Gekauft - mit Ratenzahlung. Ist gesellschaftlich ja auch total okay und niemand macht sich großartig Gedanken darum.
Das es irgendwann monatlich 5 Mal die 50 Euro sind und zwar die nächsten 7 Jahre - das wird erst Mal verdrängt. :no:

Ich verschulde mich das nächste Mal, wenn alles nach Plan läuft, wenn wir ein Häuschen bauen, denn die Eigenmittel heranzuschaffen dürfte echt etwas schwieriger werden. ;) Und dann geplant nie wieder.
Und mein Plan B ist eh der Millionen-Lotto-Gewinn, so dass sich diese Problematik nicht mehr stellt. :yes: :D :D
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Ist ja auch immer so ein schöner Wunsch: "Hach, man müsste mal im Lotto gewinnen" - "Spielst du denn?" - "Nö..." ^^

Aber das mit Krediten seh ich so wie Calesca. Ab Auto ok, das geht als Normalverdiener wahrscheinlich nicht anders. Das steht bei mir die nächsten zwei Monate auch an. Und da versuche ich, mindestens die Hälfte gleich bezahlen zu können, den Rest dann über maximal zwei Jahre. Umziehen wollte ich zwar auch, was mit Möbel- und Gerätekauf verbunden sein wird, aber das schiebe ich jetzt eben auf, bis wieder genug Geld auf dem Konto ist. Der Wagen ist momentan dringender, den will ich nicht nochmal durch den TÜV prügeln, da will ich nicht mehr investieren. Und da mir die Wohnung hier ja nicht wegläuft, warte ich eben noch ein halbes oder ganzes Jahr mit dem Umzug. Aber auf Pump leben? Kommt für mich nicht in Frage, es sträubt sich innerlich was allein bei dem Gedanken.
Die der Götter Gunst verloren,
sind verfallen einer Macht -
Die sie führt zu fernen Toren,
und durch sie in ew'ge Nacht.
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(30.07.2010, 22:55)Rabenaas schrieb:
(30.07.2010, 09:04)Recke schrieb: Wobei ich nicht weiß wieso ich bei Hausbau, Einbauküche, Auto verarscht werde!?!

Das sind die Dinge, die auf den Werbeplakaten für Bankkredite zu finden sind. Es werden Konsumbedürfnisse generiert, denn die Bank will einem Kredite "verkaufen".
Hinzu kommt ein gewaltiger gesellschaftlichen Druck. Wer zu viel oder zu wenig davon hat, wird schief angeguckt. Das bedeutet aber idR Jahrzehnte lange Abhängigkeit von der Bank. Und im Alltag wird mit Kreditkarte bezahlt.
Ich glaube, viele Leute überlegen gar nicht groß, auf was sie sich einlassen. Wehe, der Arbeitsplatz geht eines Tages flöten.
Die durchschnittliche Kreditschuld pro Kopf betrug letztes Jahr €8382,- (hier). Zum Vergleich, die Staatsverschuldung pro Kopf beträgt €20.890,- (hier).

Nein ich red schon wieder dagegen :sad2:
Hab Euch aber lieb :knuddel:

Sorry aber ich kann nichts für die Doofheit der Menschen. Die Verpackung von Pringels oder Corn Flakes bleibt gleich die Menge darin sinkt, es gibt also eine indirekte Preiserhöhung. Die Markenprodukte liegn in der Mitte griffbereit, die billig-Variante muss man vom Fussboden aus suchen. Das weiß man entweder oder man findet es raus. Ein Wasser mit dem 100 fachen an Sauerstoff kostet eben mehr als Krahnenberger...

Wenn ich mich nicht mit meiner Umwelt auseinandersetze werde ich überall beschissen.

Nochmals ne Frage: Eine Firma hat 20% Eigenkapital und 80% Schulden (Fremdkapital), ist das gut oder nicht? :D

Zu Deinem Beispiel: Ich finde es auch falsch, dass mit Kampagnen zum Wunscherfüllen mit Krediten geworben wird, aber die Bank möchte verkaufen, wer will es Ihr verübeln. Das Coca Cola Werbung macht stört Dich nicht, wieso sollte es die Bank nicht dürfen?!?
Eben hat hier noch jemand von unmündig gesprochen, wenn der Hartz IV Empfänger zu stark kontrolliert wird. Aber wenn die Bank hier versucht Kohle zu machen, dann muss der dumme Bürger geschützt werden. Das ist nicht fair.

Klar haben wir eine Markengesellschaft, wenn Du keine Diesel Jeans trägst, dazu ein Tommy Hilfiger Shirt dann biste eben out...
Sorry aber ich habe dieses Problem nicht, meine Jeans kosten nie über 20 €, ich habe trotzdem einen Freundeskreis, eine Freundin, eine Arbeitsstelle und Spaß im Leben!

Gruß
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(30.07.2010, 20:17)Zurgrimm schrieb: Ich habe den Eindruck, Du versuchst mich in eine Disklussion zu verstricken, die ich so nicht begonnen habe. ;)
Findest du? Es ging doch darum, die Sinnhaftigkeit von Kontrollen festzustellen. Ich versuche weiterhin zu erklären, warum ich übermäßige Kontrollen sogar für kontraproduktiv halte. Tut mir Leid, wenn du dich dadurch zu etwas genötigt fühlst. ;)

Ich habe gerade ein leichtes Déjí vu. :D Ich will noch einmal erläutern, worum es mir geht:

Ich habe dein Beispiel mit den DDR-Bürgern kommentiert, weil ich den meiner Ansicht nach hinter diesem Verhalten liegenden psychologischen Mechanismus verdeutlichen wollte. :) Ich wollte nicht von der Sache ablenken, sondern nur zeigen, dass das Problem meiner Meinung nach ganz woanders liegt und wir gewissermaßen auf die falsche Stelle schauen. Die Wurzel liegt viel tiefer! Aber der Reihe nach.

Du sagst, dass die Menschen "halt so sind", dass sie - überspitzt - "von Gier getrieben" sind. Ich bestreite ausdrücklich nicht, dass diese Gier existiert, dieses Bedachtsein auf den eigenen Über-Vorteil. Das sieht man überall, ganz oben wie ganz unten.
Aber ich will dahinter sehen und untersuchen (bzw. meine Vermutungen teilen), warum die Menschen so sind. Denn dieses Verhalten ist, da bin ich mir sehr sicher, kein Naturgesetz, keine Veranlagung, sondern wird von außen erzeugt (wichtig: es entsteht nicht einfach, es wird erzeugt, und das nur zum Teil unabsichtlich). Also ist es auch möglich, dieses Verhalten zu verhindern, d.h. das, was dazu treibt, zu eliminieren (im guten Sinne). Am besten wäre natürlich, dass es gar nicht erst erzeugt wird, aber auch dazu muss man irgendwo damit anfangen, die Kette zu durchbrechen. Aber jetzt verfange ich mich wieder im Detail...

Wie gesagt, die Crux ist, dass das System durch Kontrollen und Bestrafungen Dinge zu korrigieren versucht, die nicht notwendig existieren (als Gegenstück zur Kontingenz) und nicht "schiefgehen" müssten, sondern zum Teil sogar durch diese Kontrollen und Bestrafungen erzeugt oder zumindest am Leben erhalten werden!
Deshalb finde ich diese Hintergründe viel wichtiger als mir Mittel und Wege auszudenken, wie ein System möglichst lange und effizient bestehen kann. Denn es sind diese Irrungen, auf denen alles basiert. Und genau aus diesem Grund muss das System natürlich die Irrungen aufrechterhalten!

Mir fehlen die Mittel, meine Ansichten diesbezüglich weitergehend zu belegen, als ich es hier ohnehin versuche; ich bin kein Meister der argumentativen Beweisführung. Wohl ganz im Gegensatz zu dir. ;) Ich wüsste auch gar nicht, wie ich das tun sollte, das Thema ist viel zu komplex. :confused:
Daher finde ich es beinahe schon etwas tragisch, da ich immer noch nicht das Gefühl habe, dass ich mit meinen Gewichtungen auf nennenswerte Resonanz stoße. :think: (Na? Anyone??? *schnüff* Ich fühle mich immer mehr wie in einer Selbstdarstellungsneurose. Mir fehlt das erlösende "Hey, deine Herangehensweise ist zwar ziemlich... ungewohnt, aber wenn man das mal so sieht, ist das gar nicht so abwegig"! ;))

Ich kann an dieser Stelle höchstens Bücher empfehlen, allen voran Gunter Duecks Trilogie (insb. Topothesie) und sicherlich auch Alice Millers Werke, die ich selber gerade erst gelesen habe. (Der Link zu "Am Anfang war Erziehung" passt auch zur Diskussion über Kriege im Meckerthread(?) - die ich hiermit dann abschließen möchte. :D) Darüber hinaus irgendwelche Quellen oder Belege anzugeben, fällt mir schwer, da die meisten Belege sich für mich durch Interpretation aus dieser Sichtweise ergeben. Das heißt: Wenn man die Sichtweise erst verinnerlicht hat, passt alles zusammen. Das heißt aber auch: Es ist kein Problem für andere, darin eben nichts Bedeutsames zu sehen.

Ich weiß, du wirst vermutlich keine Zeit haben, die Bücher zu lesen, und bestimmt fehlt dem Thema sowieso die nötige Priorität auf deiner Liste. Trotzdem weise ich mal darauf hin - für alle, die sich fragen, wo meine abstrusen Vorstellungen denn bloß herkommen. ;) Ich habe mir das nämlich nicht alles selber ausgedacht, nein nein! :D

Ach, und auch wenn ich gerade auf Zurgrimms Beitrag geantwortet habe und ihn direkt anspreche, richte ich mich natürlich an alle Interessierten. Das muss man in diesem Thread ja dazusagen, wie ich gelernt habe. ;) :D
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(31.07.2010, 10:54)Boneman schrieb: Du sagst, dass die Menschen "halt so sind", dass sie - überspitzt - "von Gier getrieben" sind. Ich bestreite ausdrücklich nicht, dass diese Gier existiert, dieses Bedachtsein auf den eigenen Über-Vorteil.
Ich habe bewußt nicht von "Gier" oder "Über-Vorteil" geschrieben, weil diese Begriffe zu sehr wertbesetzt sind. Da kann man sich wieder berechtigt streiten, ob die Familie, die mit ALG II und Kindergeld kaum über den Monat kommt, gierig ist, wenn sie sich durch falsche Angaben in einem Antrag ein paar Euro mehr im Monat herausholt, als ihr zustehen, und ob man das dann "Über-Vorteil" nennen kann. - Ich schreibe einfach nur vom Erreichen des - in der jeweiligen Situation - größtmöglichen eigenen Vorteils. Erstmal ganz wertfrei, ob den zu erlangen nun moralisch verständlich oder verwerflich ist.

(31.07.2010, 10:54)Boneman schrieb: Denn dieses Verhalten ist, da bin ich mir sehr sicher, kein Naturgesetz, keine Veranlagung, sondern wird von außen erzeugt (wichtig: es entsteht nicht einfach, es wird erzeugt, und das nur zum Teil unabsichtlich). Also ist es auch möglich, dieses Verhalten zu verhindern, d.h. das, was dazu treibt, zu eliminieren (im guten Sinne).
Und ich glaube, genau da liegt der Knackpunkt. Diese Grundthese ist die Basis für vieles in Deinen Argumentationen. Da ich hier eine gegenteilige Sicht habe, auf der meine Argnumente beruhen, werden wir da nicht überienkommen. Beweisen kann das niemand, es ist letztlich wohl eine philosophische Frage, was wirklich Konstanten des Wesens des Menschen unabhängig von seiner Umgebung und Sozialisation sind und was erwirbenes Verhalten.

Die Idee, den Menschen dazu zu "erziehen", sich nicht egoistisch, sondern gemeinschaftsfreundlich zu verhaltern, ist nicht neu. Es ist die sozialistische Idee. Nur hat der realpraktizierte Sozialismus nirgendwo auf der Welt längerfristig zu befriedigenden Ergebnissen geführt (soweit mir bekannt). Man kann sagen, daß es vielleicht nur falsch angefangen wurde. Aber jeder Versuch auf Grundlage des "Guten" oder "Gemeinschaftsfreundlichen" im Menschen zu einer gerechteren, gleicheren Gesellschaftsstruktur zu kommen, führt letztlich wieder auf diesen Weg. Es funktioniert nur, wenn sich erweisen sollte, daß die ganz große Mehheit der Menschen ihr egoistisches Verhalten ablegen kann (und das auch tut). Sonst bricht das System zusammen.

Und von den Menschen zu verlangen, obleich es risikolos möglich wäre, auf einen Mißbrauch eines Sozialsystems zu verzichten, also aus Einsicht sich zugunsten des großen Ganzen selbst zurückzunehmen und nur das zu nehmen, was ihnen zusteht, das ist schon eine Form gemeinschaftsfreundlichen Verhaltens, die meiner Meinung nach dem Menschen (im Ganzen gesehen, Einzelne können immer anders gestrickt sein) fremd ist.

Tatsächlich gibt es zwar einige Naturvölker, die harmonisch zusammenleben und bei denen sich jeder einzelne nicht zum eigenen Vorteil, sondern gemeinschaftsfreundlich verhält. Das wird ja auch oft als Beleg angeführt, daß es anders ginge, und gesagt, wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen. Nur funktioniert das m.E. nur in sehr kleinen Gruppen. Dort würde egoistisches Verhalten zu Lasten der Gemeinschaft mit Mißachtung der anderen bestraft, weshalb sowas nicht oder zumindest sehr selten vorkommt. Das liegt aber eben daran, daß ein unbemerkt eigennütziges, gemeinschaftsfeindliches Verhalten kaum möglich ist, wo jeder jeden kennt. Da fehlen einfach die Anreize, sich zu "bevorteilen". In einer komplexen Industriegesellschaft wird das nicht funtionieren (und erst recht nicht in einer globalisierten Welt), weil es da immer genügend Möglichkeiten gibt, sich unerkannt gemeinschaftsfeindliche Vorteile zu verschaffen. Und wo die da sind, werden viele Menschen sie meiner Erachtens auch immer nutzen, das kann man ihnen nicht "aberziehen". Das ist angeborenes Verhalten, weil Egoismus sich als evolutionär vorteilhaft erwiesen hat.

Und wenn ich mit dieser These richtig liege, dann ist allen Versuchen, zu analysieren, wie man den Menschen und darauf aufbauend dann die Gesellschaft "bessern" kann, von vornherein der Boden entzogen. Dann muß es ein System geben, in dem gemeinschaftsfreundliches Verhalten unter Einbeziehung dieses Egoismus zumindest einer großen Mehrheit vorteilhaft erscheint. Und das ist nur zu erreichen, wenn man durch Kontrollen ein Entdeckungsrisiko schafft und für den Entdeckungsfall spürbare Sanktionen bereithält, die diesen im eigene Interesse jedes Einzelnen vermeidungswürdig erscheinen läßt. Da diese These aber - wie auch Deine Grundannahme - (zumindest hier) ohnehin nicht belegbar ist und ich Dich auch gar nicht davon abhalten will, weiterhin Ideen zu entwickeln und zu verbreiten, wie man die Menschen zu besserem, freiwillig gemeinschaftsfreundlichem Verhalten "umerziehen" kann, werde ich mich da nunmehr 'raushalten. Das zumal Du Recht damit hast, daß eine tiefere Beschäftigung mit dem Thema nicht auf meiner Agenda steht. ;)

EDIT: Beitrag war in der Mitte kaputt gegangen. Ich habe den Rest jetzt nochmal geschrieben. Danke für den Hinweis, Alpha.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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Da ist wohl was kaputt gegangen. :D
Die der Götter Gunst verloren,
sind verfallen einer Macht -
Die sie führt zu fernen Toren,
und durch sie in ew'ge Nacht.
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@Recke: Ich bin ja dankbar für Widerspruch. Selbst wenn man sich hinterher nicht einigen kann, hat man schlimmstenfalls seine eigene Sichtweise neu überdacht und präzisiert, und bestenfalls ein paar Denkfehler beseitigt. :)

Mich stört eigentlich gar nicht, dass die Banken werben. Vielmehr, dass die so treffsicher werben. Wir machen es ihnen viel zu leicht. Zu einem erfolgreichen Leben gehört selbstverständlich das Haus, und zum Haus der Kredit. Darauf folgt dann für ca. 20 Jahre eine moderne Form der Fronarbeit. (Oder wenn etwas schief läuft, dann geht das Haus an die Bank. Für die ist das so oder so ein Geschäft.) Und daran, dass dann vielleicht eine teure Renovierung ansteht, denkt auch keiner.

Das meinte ich mit Verarschung: Es wird erwartet, dass Ottonormalverbraucher für die Verluste der Wirtschaft aufkommt (staatliche Bürgschaften etc.), wenn es schlecht läuft. Es wird auch erwartet, dass er mit völlig unsinnigem Konsum für Gewinne sorgt, wenn es gut läuft. (Oh nein, der Binnenkonsum bricht ein. Edelstahldesignerorangenpresse gefällig?) Wir sind halt eine Ressource. Und unser Altkanzler Schröder war sich nicht zu schade, uns auch noch Mitnahmementalität vorzuwerfen.

Werbung für Zigaretten wird doch auch verboten, Werbung für Kreditkarten nicht. Dabei gibt es einen Zusammenhang zwischen Verschuldung und verringerter Lebenserwartung, genau wie beim Rauchen.

P.S.: Colawerbung regt mich sehr wohl auf. ;)
[Bild: 2848793719_99a7008fce.jpg]
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(31.07.2010, 11:34)Zurgrimm schrieb: Und ich glaube, genau da liegt der Knackpunkt. Diese Grundthese ist die Basis für vieles in Deinen Argumentationen. Da ich hier eine gegenteilige Sicht habe, auf der meine Argnumente beruhen, werden wir da nicht überienkommen.
Okay. Damit hab ich kein Problem - solange ich das Gefühl habe, dass ich meine Position klar machen konnte. :D Deshalb muss ich leider eine Sache noch einmal aufgreifen und richtigstellen. Das ist mir wichtig, vor allem auch für andere User und zukünftige Diskussionen.

Zurgrimm schrieb:Die Idee, den Menschen dazu zu "erziehen", sich nicht egoistisch, sondern gemeinschaftsfreundlich zu verhaltern, ist nicht neu. Es ist die sozialistische Idee. Nur hat der realpraktizierte Sozialismus nirgendwo auf der Welt längerfristig zu befriedigenden Ergebnissen geführt (soweit mir bekannt).
Da verstehst du mich immer noch nicht richtig. Ich vertrete diesen Standpunkt nicht. Ich bin weder Sozialist, noch links, noch sonstwas. Ich muss jetzt wohl etwas ausholen, aber es ist gut, dass du das Stichwort "Erziehung" ins Spiel bringst.

Ich bin der Meinung, dass man den Menschen eben gerade nicht erziehen sollte, sondern dass es für alle besser wäre, wenn der Mensch sich loslöst von aufgezwungener Anpassung, damit er sich nach seinen eigenen Bedürfnissen frei entfalten kann. Danach sollte eine gewisse Anpassung ohne Probleme möglich sein (das so genannte "sich Einfügen in die Gesellschaft"), da der Mensch "weiß, was er ist". Wenn er seine eigenen Bedürfnisse kennen und sich nach ihnen richten darf, "klappt's auch mit dem Nachbarn".

Jetzt sollte ich vielleicht erklären, was für mich "keine Erziehung" bedeutet, weil das auch gerne missverstanden wird - zumindest wenn es um Kindererziehung geht. Was es jedenfalls nicht bedeutet, ist, die Menschen zurück zu ihren animalischen Wurzeln zu lassen. Die sind im Homo Sapiens bestimmt nicht mehr so vorherrschend, dass sie zu einer ernsten Gefahr werden könnten. ;) "Keine Erziehung" heißt auch nicht "allein lassen". "Keine Erziehung" heißt nicht "antiautoritäre Erziehung", denn auch das ist immer noch Erziehung.
"Er-Zieh-ung" ist für mich mittlerweile ein sehr negativ besetztes Wort (dank Alice Miller). Genau auf den Punkt erklären kann ich es mit Sicherheit nicht, aber in diesem Kontext vielleicht eingrenzen als "den Versuch, einen Menschen 'gefügig' zu machen, sodass er sich fremden Bedürfnissen unterordnet". Insbesondere werden dabei eben die eigenen Bedürfnisse unterdrückt. "Unterdrückt" wiederum heißt nicht, das die Bedürfnisse bloß nicht erfüllt würden, sondern dass ihnen die Legitimation abgesprochen, ihre Wichtigkeit heruntergespielt, ihre Existenz und Bedeutung für den, der sie empfindet, nicht ernstgenommen wird.

Da fällt mir noch ein Gedicht ein, über das ich vor ein paar Wochen gestolpert bin (lang lebe das Internet!).
Unbekannt schrieb:Wenn ich nur darf, wenn ich soll,
aber nie kann, wenn ich will,
dann mag ich auch nicht, wenn ich muss.

Wenn ich aber darf, wenn ich will,
dann mag ich auch, wenn ich soll,
und dann kann ich auch, wenn ich muss.

Denn:
Die können sollen, müssen wollen dürfen.

Ich bin der Ansicht, dass der Mensch in unserer Gesellschaft (und allen bisherigen) eben genau so behandelt wird. Er wird - wie gesagt zum Teil gewollt - zu Egoismus und Rücksichtslosigkeit erzogen und gleichzeitig werden schon von klein auf seine eigenen, intrinsischen Bedürfnisse in einem Maße unterdrückt, dass es schädlich für ihn und letztlich auch für seine Umwelt ist. ("Wer geschlagen wird, lernt schlagen", etc.) Das meine ich mit "erzeugt".
Um kurz zum ursprünglichen Thema zurückzukommen: Gerade Hartz IV ist eines der schlimmeren Erziehungssysteme, weil die Bedürfnisse des einzelnen dort wirklich kaum beachtet werden und die Erziehung ihnen so offensichtlich entgegen gerichtet ist.


Ich glaube nicht, dass ein System, in dem die Menschen gezwungen sind, permanent wider ihre Natur zu leben, langfristig Bestand haben kann. Es mag kurzfristig (<100 Jahre?) so funktionieren, alle unter einem Hut zusammenzuhalten, aber die Eigendynamik (die unterdrückten Menschen beginnen sich zu wehren) erfordert mit fortschreitender Zeit, dass das System die Daumenschrauben immer enger drehen muss. Dann geraten wir in die erwähnte Spirale. Nur, beliebig eng kann man die Schrauben nicht stellen (auch nicht bei den Deutschen :D). Das heißt, letztlich bleibt der Menschheit als Gesamtes aus meiner Sicht nichts anderes übrig als eine Gesellschaftsform zu finden, in der alle Menschen gleich respektiert werden und insbesondere jedes ihrer möglichen Bedürfnisse ernstgenommen wird.

Davon sind wir aber weit entfernt. Denn egal ob sozialistisch oder kapitalistisch - bisher wurden Gesellschaften immer von Menschen geschaffen, die anderen ihre Sicht/"Ideologie" aufzwingen wollten. Da hat der realpraktizierte Kapitalismus dem realpraktizierten Sozialismus nichts voraus. Solange die Basis einer Gemeinschaft ist, dass eine Gruppe von x Menschen über y andere entscheidet - behaupte ich -, kann daraus kein Selbstläufer werden (solange y > 0 ;)). Davon wegzukommen, erfordert allerdings ganz neue, kreative Ansätze und Konzepte, wie man menschliches Zusammenleben "im großen Stil" gestalten kann. Denn bisher gab es so etwas meines Wissens nach noch nicht?


Noch ein anderes Detail: Ich behaupte nicht unbedingt, dass der Mensch im Kern ein absolut soziales, friedfertiges Wesen ist. Ich kann nicht sagen, wie er ist, ich behaupte nur, dass er nicht so ist, wie er oft gesehen wird. Deshalb sage ich: Der Mensch ist von Natur aus sozialer als viele annehmen. (Ich entschuldige mich hier einmal pauschal für unsaubere Ausdrucksweise im Eifer des Gefechts. ;))
Ich prangere an, dass das natürliche Wesen potenziell jedes Menschen in unserer Gesellschaft ignoriert und missachtet wird - und behaupte, dass (nicht ausschließlich!) dies zu den Problemen führt, mit denen wir heutzutage vermehrt kämpfen. Wir kämpfen gegen Symptome, die wir selbst erzeugen!
Great people care.
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(02.08.2010, 15:51)Boneman schrieb: Ich bin der Meinung, dass man den Menschen eben gerade nicht erziehen sollte, sondern dass es für alle besser wäre, wenn der Mensch sich loslöst von aufgezwungener Anpassung, damit er sich nach seinen eigenen Bedürfnissen frei entfalten kann.
Das hatte ich im Grunde schon verstanden und deshalb ja "erziehen" auch in Anführungszeichen gesetzt. Ob der Mensch in unserem System zu unsozialem Verhalten erzogen ist und dies "nur" bleiben gelassen werden müßte oder ob er (um)erzogen werden müßte, um sich anders zu verhalten, das ist eine Frage, deren Beantwortung schon wieder vom Standpunkt (der vertretenen These) abhängt.

Der vorgelagerte Punkt ist und bleibt - jenseits des Streits um Begrifflichkeiten - aber, daß Du davon ausgehst, daß man die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ändern müßte und auch könnte, damit das heute gezeigte egoistische und rücksichtslose Verhalten (die Worte hast Du selbst benutzt) der Menschen sich ändert. Und das eben teile ich nicht, da ich davon ausgehe, daß unser heutiges System sich angepaßt hat an die durch die menschliche Natur vorgegebenen Erfordernisse. ;)

(02.08.2010, 15:51)Boneman schrieb: Ich prangere an, dass das natürliche Wesen potenziell jedes Menschen in unserer Gesellschaft ignoriert und missachtet wird
Da spricht ja auch nichts gegen, solange Du Dir im Klaren darüber bist, daß das eine nur These ist, die nicht unbedingt stimmen muß. Soweit ich sehe, hast Du für deren Richtigkeit keinerlei konkrete Indizien vorgebracht (was ich auch für schwer halte). Darauf also die Notwendigkeit von Änderungen zu stützen, ist gewagt. Denn wenn Du Dich irrst und der Mensch eben doch nicht wesensmäßig so ganz anders ist, als er es im heutigen System zeigt, dann könnten Deine Änderungen, würde man sie umsetzen, auch sehr viel (gesamtgesellschaftlichen) Schaden anrichten. Denn immerhin setzen diese ja auf ein Vertrauen in die Menschen. Und Vertrauen kann auch enttäuscht werden.

Das aber auch nur nochmal zur Klarstellung der unterschiedlichen Positionen.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."
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(02.08.2010, 16:57)Zurgrimm schrieb:
(02.08.2010, 15:51)Boneman schrieb: Ich prangere an, dass das natürliche Wesen potenziell jedes Menschen in unserer Gesellschaft ignoriert und missachtet wird
Da spricht ja auch nichts gegen, solange Du Dir im Klaren darüber bist, daß das eine nur These ist, die nicht unbedingt stimmen muß. Soweit ich sehe, hast Du für deren Richtigkeit keinerlei konkrete Indizien vorgebracht (was ich auch für schwer halte).
Bin ich. Der Hinweis auf Alice Miller muss hier reichen. Deren Bücher abtippen kann und darf ich leider nicht. ;)
Great people care.
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