04.07.2010, 12:07
Den Zwölfen zum Gruße!
Die beiden Elfmeter aus dem Elfmeterschießen waren wirklich für die Tonne. Aber der Lattentreffer war wirklich knapp, der flog pfeilschnell in den Himmel. Außerdem hat Gyan danach seinen Elfmeter verwandelt.
Das sind zwei Punkte, die meiner Meinung nach tatsächlich zu wenig angesprochen werden und im Trubel um Schiedsrichterfehlentscheidungen und technische Hilfsmittel untergehen. Es müsste sogar den Fußballromantikern gefallen, wenn der Handspieler für die letzten beiden Spiele gesperrt wäre. "Er hat seiner Mannschaft alles ermöglicht und seinen eigen Traum dafür geopfert." Gibt es ein größeres Fußballdrama (außer die Nacht von Sevilla laut Platini)? Unverständlich auch, dass keine nachträgliche Sperre gegen Villa verhängt wurde. So etwas gab es nämlich öfters bei einer WM.
Nach dem ersten Tor gab es wie gegen England eine Phase, in dem die Deutschen den Druck etwas aus dem Spiel nahmen. Da gab es dann tatsächlich einige gefährlichere Szenen. Das erkläre ich mir so, dass man wohl wirklich nicht 90 Minuten gegen eine gute Mannschaft alles geben kann.
Die Reaktionen nach dem Argentinienspiel waren jedenfalls nicht euphorisch-heißblütig, sondern erstaunlich nüchtern. In dieser Hinsicht habe ich wenig Befürchtungen.
Ich habe von ihm keine Beschimpfungen mitbekommen. Das reicht mir bei ihm schon.
Die Spieler haben keine Schlägerei angefangen oder eine rote Karte geholt. Das reicht mir bei ihnen schon.
Maradona soll gesagt haben, dass sei die härteste Niederlage seines Lebens. Wenn das kein Kompliment ist!
Spanien hat bei der EM 2008 jeden Gegner hinweggefegt. Man beachte die vielen hohen Siege. Bei Deutschland gab es Licht und Schatten, im Finale letzteres. Daher war Deutschland mit dem 0:1 noch gut bedient.
In diesem Turnier hat Spanien gegen eine sicherlich nicht ganz große Mannschaft verloren und im Viertelfinale aufgrund einer Schiedsrichterfehlentscheidung eine Portion Glück gehabt. Dieses 1:0 war eine Rettung, kein bescheidener Sieg, der noch viel höher hätte ausfallen können.
Richtig ist natürlich: Auch die deutsche Mannschaft ist nicht überirdisch. Zwei sehr gute Spiele sind eine Leistung, die von Menschen erbracht worden ist. Außerdem ging es beide Male sicherlich an die Grenzen der Möglichkeiten. Mit der richtigen Menge Pech kann auch ganz einfach ein Halbfinale verlieren.
Historische Beispiele für solche Halbfinalniederlagen gefällig? Eine unvollständige Auswahl:
1970 - Deutschland spielt eine sehr gute WM, scheitert dann aber knapp an Italien.
1986 - Frankreich schmeißt Titelverteidiger Italien und dann Brasilien raus, verliert dann aber gegen Deutschland.
1990 - Italien dreht nach der Vorrunde so richtig auf, doch dann kommt das bittere Ende in Form der Argentinier.
1998 - Die Niederlande besiegen Argentinien im Viertelfinale, scheitern dann aber an Brasilien.
Außerdem sollte man die Achtelfinalsiege von Brasilien und Argentinien bei dieser WM nicht vergessen. Was haben die ihnen ein Spiel später genützt? Nichts, na also.
Er kann immer noch als Führungsspieler zurückkehren, wenn's mal nicht so läuft. "Turniermannschaft" heißt ja umgekehrt, dass bei Freundschafts- und Qualifikationsspielen oft der Wurm drin ist. Nicht zu vergessen: In der EM-2012-Qualigruppe begegnen uns die Türken, trainiert vom ehemaligen Trainer der Russen.
Ansonsten muss man auch klar feststellen: Ballack wird dieses Jahr 34, das ist (von Torhütern mal abgesehen) das Alter, in dem man die Karriere langsam ausklingen lassen kann. Als Fußball-Methusalem unbedingt noch auf dem Platz stehen zu müssen (in Fachkreisen auch "Lothar-Matthäus-Syndrom" genannt), birgt das Risiko, sich viele Sympathien zu verscherzen und frühere Erfolge verblassen zu lassen.
Das ist jetzt die Gelegenheit, um zu zeigen, dass es sich um eine Mannschaft handelt und nicht um zehn Statisten und einen Superspieler. Klose war gegen Ghana gesperrt und es hat trotzdem gereicht. Rudi Völler war während der WM 1990 gesperrt und es hat trotzdem geklappt. Jürgen Klinsmann war während der EM 1996 verletzt und es hat dennoch gepasst. Sicherlich kann man nicht einfach dasselbe System wie bei den letzten beiden Spielen fortsetzen. Aber man auch einige Tage Zeit, um im Training Umstellungen auszuprobieren. Wenn ich über Mannschaften ablästere, bei denen alles von einem Mann abhängt, und über Deutschland gesagt wird, auch die Auswechselspieler seien sehr gut, dann gehe ich davon aus, dass man mir keinen Grund zum Ablästern über Deutschland gibt.
Das ist für mich die Lehre aus dem Spiel: Die Spanier sind gefährlich, aber schlagbar. Ich hatte mich auf einen hohen Sieg der Spanier eingestellt, stattdessen hatten sie oft Probleme. Genau so wie man die Partie Argentinien - Mexiko analysieren musste, um die Schwächen der Argentinier zu sehen, muss man das gestrige Spiel betrachten.
Da bin ich komplett anderer Meinung. Die Spieler haben recht nüchtern reagiert und betont, dass ja noch nichts erreicht sei und man nicht angereist ist, um ins Halbfinale zu kommen. Spieler und Zuschauer erleben eine WM ganz unterschiedlich. Bei uns Zuschauern macht sich eine gewisse Müdigkeit breit, aber sie trainieren weiter. "Jetzt werden wir Weltmeister", rufen nur die Fans. Wenn Löw ruhig sagt, die DFB-Auswahl habe auf "Champions-Niveau" gespielt, dann ist das schön der Höhepunkt der Euphorie.
Endlich kann auf Fußball-Aberglauben eingehen. Als ich die Spieler vor dem Spiel gegen England und Argentinien gesehen habe, dachte ich: Das packen die nicht. Mal sehen, ob sich die Serie fortsetzt.
(04.07.2010, 10:43)Zurgrimm schrieb: Ich wäre ja auch für Ghana gewesen (auch wenn ich nicht zu Hause war zum Spiel). Aber wenn man mal ehrlich ist: Wer 3 Elfmeter in einem Spiel verschießt, der ist einfach nicht torgefährlich genug für ein Halbfinale. Ich kann nicht beurteilen, wer dem Spielverlauf nach den Sieg verdient hat. Aber ich habe die Elfmeterschüsse in der Wiederholung gesehen. Die beiden letzten von Ghana (beide gehalten) waren schon erbärmliche Schüßchen.
Die beiden Elfmeter aus dem Elfmeterschießen waren wirklich für die Tonne. Aber der Lattentreffer war wirklich knapp, der flog pfeilschnell in den Himmel. Außerdem hat Gyan danach seinen Elfmeter verwandelt.
(04.07.2010, 10:43)Zurgrimm schrieb: Nicht verstehen kann ich allerdings, daß die FIFA den Uruguayer dafür nur für ein einziges Spiel gesperrt hat. Ein so offensichtliches handspiel, das ein klares Tor verhindert ist schon eine Unsportlichkeit, die mit mehr als einem Spiel Sperre häte belegt werden sollen. - Überhaupt sind ide Schiedsrichter eher streng, die FIFA Disziplinarkommission aber zu lasch. Villa hätte wegen seiner im Spiel ungeahndet gebliebenen Ohrfeige gegen den Chilenen auch mindestens ein Spiel nachträglich gesperrt werden müssen. Stattdessen hat man sich dazu entschieden, ohne weitere Begründung von Maßnahmen abzusehen.
Das sind zwei Punkte, die meiner Meinung nach tatsächlich zu wenig angesprochen werden und im Trubel um Schiedsrichterfehlentscheidungen und technische Hilfsmittel untergehen. Es müsste sogar den Fußballromantikern gefallen, wenn der Handspieler für die letzten beiden Spiele gesperrt wäre. "Er hat seiner Mannschaft alles ermöglicht und seinen eigen Traum dafür geopfert." Gibt es ein größeres Fußballdrama (außer die Nacht von Sevilla laut Platini)? Unverständlich auch, dass keine nachträgliche Sperre gegen Villa verhängt wurde. So etwas gab es nämlich öfters bei einer WM.
(04.07.2010, 10:43)Zurgrimm schrieb: Ja, muß ein tolles Spiel gewesen sein.
(...)
Kritik habe ich keine anzubringen dieses Mal, da in der Zusammenfassung keine Schwachstellen der deutschen Mannschaft gezeigt wurden. Allein den Schiedsrichter mag man kritisieren, denn die gelbe Karte für Müller war wirklich zu hart. Hoffentlich wird sein Fehlen gegen Spanien kompensabel sein.
Zu hoffen bleibt, daß die Spieler nun auf dem Teppich bleiben und Europameister Spanien nicht unter- oder sich selbst überschätzen. Im EM-Finale vor zwei Jahren war man ja recht chancenlos gegen die Spanier. Hoffen wir, daß das diesmal anders aussieht.
Nach dem ersten Tor gab es wie gegen England eine Phase, in dem die Deutschen den Druck etwas aus dem Spiel nahmen. Da gab es dann tatsächlich einige gefährlichere Szenen. Das erkläre ich mir so, dass man wohl wirklich nicht 90 Minuten gegen eine gute Mannschaft alles geben kann.
Die Reaktionen nach dem Argentinienspiel waren jedenfalls nicht euphorisch-heißblütig, sondern erstaunlich nüchtern. In dieser Hinsicht habe ich wenig Befürchtungen.
(03.07.2010, 21:55)Kunar schrieb: Maradona gefällt mir als Verlierer wesentlich besser als als Gewinner. Ist so wie mit den italienischen Fußballern.
(04.07.2010, 10:43)Zurgrimm schrieb: Hat er denn nach dem Spiel irgendetwas gesagt, wofür man ihn als guten Verlierer würdigen könnte?
Ich habe von ihm keine Beschimpfungen mitbekommen. Das reicht mir bei ihm schon.
Die Spieler haben keine Schlägerei angefangen oder eine rote Karte geholt. Das reicht mir bei ihnen schon.
Maradona soll gesagt haben, dass sei die härteste Niederlage seines Lebens. Wenn das kein Kompliment ist!
(03.07.2010, 23:48)Fury schrieb: Spanien wird sicherlich motivierter gegen uns spielen, aber fürchten müssen wir sie mMn nicht mehr.
(04.07.2010, 10:43)Zurgrimm schrieb: Sicher nicht, wenn die Spieler weiterhin so spielen wie zuletzt. Vergessen sollte man die Spiele gegen Serbien und Ghana aber auch nicht. Es klappt nicht immer so, wie am Schnürchen. Zumal die Deutschen bislang immer dann gut waren, wenn sie früh in Führung gehen konnten. Das wird ja nicht immer gelingen. Und die mangelnde Leistungskonstanz war schon bei der EM vor 2 Jahren ein Problem. Daher würde ich jetzt die Erwartungen auch nicht zu hoch schrauben.
Spanien hat bei der EM 2008 jeden Gegner hinweggefegt. Man beachte die vielen hohen Siege. Bei Deutschland gab es Licht und Schatten, im Finale letzteres. Daher war Deutschland mit dem 0:1 noch gut bedient.
In diesem Turnier hat Spanien gegen eine sicherlich nicht ganz große Mannschaft verloren und im Viertelfinale aufgrund einer Schiedsrichterfehlentscheidung eine Portion Glück gehabt. Dieses 1:0 war eine Rettung, kein bescheidener Sieg, der noch viel höher hätte ausfallen können.
Richtig ist natürlich: Auch die deutsche Mannschaft ist nicht überirdisch. Zwei sehr gute Spiele sind eine Leistung, die von Menschen erbracht worden ist. Außerdem ging es beide Male sicherlich an die Grenzen der Möglichkeiten. Mit der richtigen Menge Pech kann auch ganz einfach ein Halbfinale verlieren.
Historische Beispiele für solche Halbfinalniederlagen gefällig? Eine unvollständige Auswahl:
1970 - Deutschland spielt eine sehr gute WM, scheitert dann aber knapp an Italien.
1986 - Frankreich schmeißt Titelverteidiger Italien und dann Brasilien raus, verliert dann aber gegen Deutschland.
1990 - Italien dreht nach der Vorrunde so richtig auf, doch dann kommt das bittere Ende in Form der Argentinier.
1998 - Die Niederlande besiegen Argentinien im Viertelfinale, scheitern dann aber an Brasilien.
Außerdem sollte man die Achtelfinalsiege von Brasilien und Argentinien bei dieser WM nicht vergessen. Was haben die ihnen ein Spiel später genützt? Nichts, na also.
(04.07.2010, 10:43)Zurgrimm schrieb: Was ich mich noch gefragt habe ist, wie Herr Ballack vom Verletztenstand aus das wohl alles sieht. Eigentlich beweist die Mannschaft gerade, daß sie ihn nicht mehr braucht bzw. daß es auch ohne ihn prima laufen kann. Ob er darüber wohl glücklich sein kann?
Er kann immer noch als Führungsspieler zurückkehren, wenn's mal nicht so läuft. "Turniermannschaft" heißt ja umgekehrt, dass bei Freundschafts- und Qualifikationsspielen oft der Wurm drin ist. Nicht zu vergessen: In der EM-2012-Qualigruppe begegnen uns die Türken, trainiert vom ehemaligen Trainer der Russen.
Ansonsten muss man auch klar feststellen: Ballack wird dieses Jahr 34, das ist (von Torhütern mal abgesehen) das Alter, in dem man die Karriere langsam ausklingen lassen kann. Als Fußball-Methusalem unbedingt noch auf dem Platz stehen zu müssen (in Fachkreisen auch "Lothar-Matthäus-Syndrom" genannt), birgt das Risiko, sich viele Sympathien zu verscherzen und frühere Erfolge verblassen zu lassen.
(04.07.2010, 11:08)Peridor schrieb: Der Ausfall von Müller wiegt schwer, fürchte ich. (...) Andererseits muss man aber auch sehen, dass unser Offensivspiel durch Müllers Ausfall empfindlich gestört wird. Zum einen, weil er selbst ungeheuer torgefährlich ist, zum anderen weil er es ebenso gut versteht, seine Mitspieler (v.a. Klose) in Szene zu setzen.
Das ist jetzt die Gelegenheit, um zu zeigen, dass es sich um eine Mannschaft handelt und nicht um zehn Statisten und einen Superspieler. Klose war gegen Ghana gesperrt und es hat trotzdem gereicht. Rudi Völler war während der WM 1990 gesperrt und es hat trotzdem geklappt. Jürgen Klinsmann war während der EM 1996 verletzt und es hat dennoch gepasst. Sicherlich kann man nicht einfach dasselbe System wie bei den letzten beiden Spielen fortsetzen. Aber man auch einige Tage Zeit, um im Training Umstellungen auszuprobieren. Wenn ich über Mannschaften ablästere, bei denen alles von einem Mann abhängt, und über Deutschland gesagt wird, auch die Auswechselspieler seien sehr gut, dann gehe ich davon aus, dass man mir keinen Grund zum Ablästern über Deutschland gibt.
(04.07.2010, 11:08)Peridor schrieb: Insofern sehe ich da wie Kunar einigermaßen erschreckende Parallelen zum Halbfinale 2006. Ich hoffe, es läuft diesmal besser für uns. Man darf sich jedenfalls nicht von den bisher eher durchwachsenen Auftritten der Spanier irritieren lassen. Zwar sind nach dem gestrigen Auftritt doch so allmählich Zweifel angebracht, ob sie sich in den vorigen Partien nur geschont haben, denn das war gegen Paraguay alles andere als souverän und hätte leicht ins Auge gehen können - ein 0:2-Rückstand war im Bereich des möglichen.
Das ist für mich die Lehre aus dem Spiel: Die Spanier sind gefährlich, aber schlagbar. Ich hatte mich auf einen hohen Sieg der Spanier eingestellt, stattdessen hatten sie oft Probleme. Genau so wie man die Partie Argentinien - Mexiko analysieren musste, um die Schwächen der Argentinier zu sehen, muss man das gestrige Spiel betrachten.
(04.07.2010, 11:08)Peridor schrieb: Zu guter letzt wird es für Löw jetzt sicher nicht einfach, die Truppe für das Spiel gegen Spanien richtig einzustellen. Ich merke es an mir selbst: nach diesem unglaublichen Ergebnis gestern ist irgendwie die Luft raus. Man spürt, dass man den Höhepunkt eigentlich erreicht hat und die Angst, trotz zweier Sensationsleistungen im Achtel- und Viertelfinale auf dem harten Boden der Tatsachen zu landen, dürfte/könnte zunehmen.
Da bin ich komplett anderer Meinung. Die Spieler haben recht nüchtern reagiert und betont, dass ja noch nichts erreicht sei und man nicht angereist ist, um ins Halbfinale zu kommen. Spieler und Zuschauer erleben eine WM ganz unterschiedlich. Bei uns Zuschauern macht sich eine gewisse Müdigkeit breit, aber sie trainieren weiter. "Jetzt werden wir Weltmeister", rufen nur die Fans. Wenn Löw ruhig sagt, die DFB-Auswahl habe auf "Champions-Niveau" gespielt, dann ist das schön der Höhepunkt der Euphorie.
(04.07.2010, 11:08)Peridor schrieb: Aus diesen drei Gründen kann ich meinem Ruf als Dauerpessimist in Sachen Nationalmannschaft wieder einmal gerecht werden und sagen, dass ich gegen Spanien kein zu gutes Gefühl habe
Endlich kann auf Fußball-Aberglauben eingehen. Als ich die Spieler vor dem Spiel gegen England und Argentinien gesehen habe, dachte ich: Das packen die nicht. Mal sehen, ob sich die Serie fortsetzt.
Ärger im Svellttal? Auf der Suche nach dem Salamanderstein? Dann hilft der Sternenschweif-Reiseführer von Kunar!