Den Zwölfen zum Gruße!
Athuran schrieb:Verständnisfrage@Kunar
".. nahtlos ein in die Reihe der Erniedrigungen und Rückschläge, die mein Skalde bisher erlebt hat..."
Was erwartest du vom Spiel, wenn du alles bisherige als Erniedrigung und Rückschläge titulierst?
Da muss ich tatsächlich ein wenig erklären. Natürlich besteht nicht die gesamte bisherige Spielerfahrung aus Enttäuschungen und Rückschlägen. Man darf nicht
gelegentliches Grummeln mit "überhaupt keinen Spaß" verwechseln.
Allerdings ist es schon ein Rückschlag, wenn der Skalde vorher Abenteuerpunkte in entsprechende Talentsteigerungen gesteckt hat und nun nicht mehr als Torwache arbeiten kann, womit sein bisher lukrativer langfristiger Verdienst wegfällt, oder wenn er in ein Waffentalent investiert, um nicht ständig in der Kampfschule zu verlieren und als Ergebnis davon nicht mehr gegen seinen bisherigen Gegner antreten darf. Natürlich ist es eine Erniedrigung, wenn ein ausgebildeter Musiker einen geringeren Lohn enthält als ein Straßenkehrer oder wenn er gegen den schlechtesten Gegner in der Kampfschule verliert.
Grob gesagt ist meine Erwartung an ein Spiel: Ich möchte irgendwie eine Entwicklung sehen. Der Held muss in seiner Welt einen Unterschied machen, wenn auch nur in kleinem Maßstab. Wichtig bei einem DSA-Spiel ist auch, dass Aventurien richtig rüberkommt, damit sich die gewohnte Stimmung ergibt.
Das ist eine gute Gelegenheit, um einige Dinge zu schreiben, die mir schon länger durch den Kopf gehen und die ich mir schon stichpunktartig notiert hatte. Endlich habe ich die Stelle im Antamar-Wiki wiedergefunden, in der nach der Motivation der Spieler gefragt wurde: Auf der Seite über
Fertiggestellte Spielfunktionen steht es im Abschnitt "Warum nicht weiter?". Dabei ergibt sich leicht das Problem, dass man nur die erfolgreichen Fälle wahrnimmt und sich nicht für die erfolglosen interessiert oder sich fragt, wer noch ein Spiel nutzen könnte.
Ein sehr wichtiges Element für ein Browserspiel scheint mir ein schneller Erfolg des Spielers zu sein. Das Internet ist ein hastiges Medium, bei dem die Leute wenig Geduld mitbringen. Zugleich locken den DSA-Interessierten zahlreiche andere Angebote wie Foren oder die Wiki Aventurica. Außerdem kann man immer noch die Nordlandtrilogie spielen und DSA-Romane lesen. "Schneller Erfolg" heißt nicht, dass alles sofort machbar ist. Das wäre langweilig und würde jede Motivation nehmen. Aber es muss in kurzer Zeit ein Anfangserfolgserlebnis da sein.
Dazu stellt sich wie bei vieler Software das Problem, dass sowohl Einsteiger als auch Veteranen mit der Bedienung klarkommen müssen. Veteranen wissen, was sie tun, und wollen das durch wenige Klicks erledigen. Anfänger stehen meistens wie im Wald und benötigen noch viel Anleitung, weil sie manche Funktion übersehen oder nicht verstehen. Die Begrüßungsqueste habe einfach so durchgeklickt und mich gewundert, warum sie erfolglos war. Erst bei einem späteren Versuch habe ich verstanden, dass das "noch einmal darüber nachdenken" nicht erneut alle Tipps abspielt, sondern einen Test darstellt, der 25 Abenteuerpunkte bringt.
Bei Computerspielen gibt es ganz grob zwei Gruppen: Das sind zum einen die Dauerzocker, die es auf einen Platz in der Bestenliste abgesehen haben, und zum anderen die Gelegenheitsspieler, die am liebsten "nur mal eben" oder nebenbei spielen wollen. Für die erste Gruppe findet man immer etwas; für die zweite hingegen sind allzu komplizierte Regeln zum Einstieg oder langwierige Spiele zu aufwendig. Hat man zudem nur eine Chance, irgendwie "zu gewinnen" oder wenigstens erfolgreich zu spielen, wenn man mindestens vier Stunden pro Tag investiert, ist das ein Ausschlusskriterium für Leute, die noch etwas anderes in ihrer Freizeit machen.
Beim Rollenspiel wird oft zwischen drei Arten von Spielern unterschieden. Für die einen ist Aufstieg wichtig, für die anderen die Simulation der Welt und für die dritten die Stimmung beim Spiel. Die meisten Rollenspieler haben Anteile von allen drei Reinformen in sich. Traditionell sind die Aufstiegsspieler am einfachsten zu befriedigen: Die Hauptsache ist, dass der Held immer besser wird.
Ein Simulationsspieler legt hingegen Wert darauf, dass die Regeln einigermaßen stimmig eine Welt beschreiben. Alles, was unrealistisch erscheint, stört dabei. Im Gegensatz zum Aufstiegsspieler wird er nicht Regellücken ausnutzen oder sich stets am Rande des Möglichen bewegen, um das Maximum aus seinem Helden rauszuholen.
Für den Stimmungsspieler kommt es auf die richtige Atmosphäre beim Spiel an. Regeln treten dabei in den Hintergrund. Selbst wenn der Wildnisführer ausgezeichnete Sinne hat, so dass ihm eigentlich nichts entgehen kann, wird die Gruppe trotzdem von einer Elfenpatrouille eingekreist, wenn sie sich zu tief in die Salamandersteine hineinbewegt. Auf einige Dinge muss man sich eben einlassen; es kommt darauf an, besonders echt zu sein und in seiner Rolle zu überzeugen.
Ein Simulationsspieler würde kein Waffentalent am Anfang über 7 steigern, weil es doch sehr unrealistisch ist, wenn der Held ohne Kampferfahrung darin bereits so gut wäre. Ein Skalde, der fürs Talent Kochen besonders unfähig ist, würde von beiden Typen wohl nicht "gegen den Strich" auf Koch getrimmt, nur damit er eine Stelle als Smutje annehmen kann. Ein Pirat würde einen Säbel benutzen und nicht ein Schwert, obwohl letzteres die bessere Waffe ist.
Natürlich stellt sich immer die Frage, ob überhaupt ein Spiel "für alle" möglich ist. Ich möchte zwei Beispiele dafür nennen, wie sich ein Spiel dem Spieler anpasst: Beim Adventure "Blade Runner" ändert sich der Ausgang durch das Verhalten des Protagonisten und damit durch viele Einzelentscheidungen des Spielers. Bei "Jagged Alliance 2" bestimmt ein Eingangstest, bei dem der Spieler Fragen beantworten muss, den Charakter des Anführers.
Stellt sich die Frage, wie man das auf Antamar anwenden kann. Aber dazu fällt mir viel ein:
Ein Stimmungsspieler kämpft sich nicht auf einer Rangliste nach oben, sondern möchte seinen Helden zeigen. Vielleicht könnte man Einzelbeispiele für besonders gelungen beschriebene Helden und Orden ins Wiki stellen (oder in die Postille). Solches Präsentieren wäre eine Alternative zur Rangliste.
Die neuen Bestenlisten der Helden und Schurken bedienen Aufstiegsspieler, können aber auch für die interessant sein, die nicht möglichst viele Abenteuerpunkte sammeln, sondern einen "guten" oder "schlechten" Helden verkörpern wollen, der sich die Tätigkeiten nicht nach Bezahlung, sondern nach dem zu erwartenden Ruf auswählt.
Die neue Berufsangabe, die auf eine neue Beschäftigung hinweist, bedient Simulations- und Stimmungsspieler. Letztere freuen sich auch über die Angabe zur Gottheit.
Die Wehrheimer Akademie verweigert einem Thorwaler die Ausbildung. Ein Lehrmeister lehrt nicht jede Waffenart. Das ärgert Aufstiegsspieler, ist aber realistisch und passend zum Hintergrund.
Ich persönlich finde die Karten und Reisen super. Es ist unglaublich, wieviel Stimmung ein Ausschnitt einer Aventurienkarte und die Landschaftsbilder während der Reise erzeugen.
Die vorgefertigten Archetypen finde ich ebenfalls recht stimmig, da man sie schon aus dem DSA4-Regelbuch kennt. Die passenden Namen tun ein übriges, vor allem weil sie anders als z.B. bei der Nordlandtrilogie auch die entsprechende Länge haben dürfen.
Durch Portrait, Wappen und Texte kann jeder seinen Helden sehr individuell und anschaulich beschreiben. Allerdings würde eine Galerie mit der Auswahl der landes- und regionstypischen Wappen sehr helfen. Wenn man nämlich derzeit einfach das Wappen aus einer Stadt abspeichert und für seinen Helden einspeist, gibt es Probleme mit der Farbe, die als durchsichtig definiert ist. Das Ergebnis sieht sehr unschön aus.
Die Länger der Textfelder habe ich zuerst nicht erahnt. Ich dachte an ein übliches Forenprofil, welches eine sehr geringe maximale Zeichenlänge vorgibt. Stattdessen kann man halbe Romane über seine Figur schreiben!
Viele gute Texte im Spiel sprechen die Stimmungspieler an. Dass viele Texte sehr kurz sind, ist zudem internetgerecht.
Besonders stimmungsvoll war bisher für mich das Treffen mit einem anderen Helden, bei dem über Nachrichten eine Unterhaltung geführt und über private Angebote Gegenstände getauscht wurde. Es ist einfach klasse, wie man so etwas als Spieler gestalten kann!
Ohnehin lebt Antamar vom Mach-mit-Effekt: Im Wiki habe ich schon viele Zufallsbeschreibungen und Ideen für Questen gelesen. Fehlt im Spiel mal eine Beschreibung, gibt's einen Verweis auf den entsprechenden Faden im Forum, in den man den gewünschten Text selbst schreiben kann.
Viele verschiedene Zufallsbegegnungen und Questen sind wichtig für Größe und Abwechslung. Beachtlich fand ich, dass im Spiel bereits zwei Zufallsbegegnungen vorkamen, die mir so oder sehr ähnlich auch als erstes in den Sinn gekommen waren.
Bei zunehmender Menge stellt sich natürlich die Frage, wie man die Qualität von Zufallsbegegnungen und Questen kontrollieren will. Soll eine Bewertung stattfinden? Die Geschmäcker sind jedoch verschieden.
Die bisherigen Kategorien werden natürlich etwas aufgeweicht: Eine Queste ist kein Abenteuer, sondern ein Ereignis, in das man eingreifen kann. Eine Zufallsbegegnung läuft ohne aktive Steuermöglichkeit ab. Ich habe z.B. schon eine Heiler-Zufallsbegegnung in der Wildnis gehabt als auch zahlreiche Heiler-"Questen".
Ich habe sowohl im Wiki als auch in den Antamar-Forenregeln gelesen, dass der Spieler vieles selbst herausfinden soll, also nicht alles von Anfang an offengelegt wird. Für jemanden, der sich hocharbeiten will, ist es sicherlich praktischer, wenn die entsprechenden Mechanismen sichtbar sind. Beim Blick hinter die Kulissen geht jedoch schnell die Atmosphäre verloren.
Schlecht ist es immer, wenn der Spieler zum Aufstieg bestimmte Standardaufgaben wiederholt erledigen muss, etwa "10 Käfer töten, um sich an eine Ratte zu wagen; 10 Ratten umbringen, bevor der erste Wolf dran ist usw.". Das ist einerseits langweilig, andererseits verrät es einfach zu viel von den Berechnungen, die im Hintergrund ablaufen.
Die Übersicht über Helden und Berufe im Wiki ist jedoch sehr hilfreich, um am Anfang eine Orientierung zu bekommen, was möglich ist. Letzten Endes kann Antamar auch als Massentest für verschiedene DSA-Berufsfertigkeiten dienen. Auf DSA allgemein lassen diese sich nicht unbedingt verallgemeinern; es bleibt jedoch abzuwarten, wieviel Phantasie die Autoren dabei aufbringen, die verschiedenen Handwerkstätigkeiten außerhalb des Zettels im Rathaus einzubringen. So könnte noch manche Anregung ins konventielle Rollenspiel gelangen.
Gerade bei den Berufen fehlt noch ein wenig Zufall oder Variation in den Städten. Es ist zu wenig Abwechslung, wenn man in jedem Stadtteil einer Großstadt genau dieselben Arbeiten annehmen kann.
Ferner werden besonders Einsteigerquesten schmerzlich vermisst. Gerade am Anfang (also vor den ersten 1.500 Abenteuerpunkten) setzt man seine Mittel besonders ineffizient ein. Ohne Ahnung von der richtigen Kampfeinstellung verliert man viel Ausrüstung und Lebenspunkte. Wer die passendste Rüstung noch herausfinden muss, zahlt viel Geld fürs Rumprobieren.