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Efferdmorgen
#1
Thorwal, 28. Efferd 8 (Markttag)
Thorwal. Die erste Stadt, die ich nach einem Jahr wieder zu sehen bekomme. Ruhig schlummert die alte Feste über der Mündung des Bodirs. Die Nächte sind schon wieder deutlich kälter um diese Zeit als noch kurz zuvor. Die Stadt ist am Erwachen. Es ist einer der letzten Efferdmorgen in diesem Jahr und ich habe das Gefühl, dass ich an diesem Morgen seit langer Zeit wieder einmal den Anschein eines Fünkchens an Hoffnung verspüre. Vor dem Travia-Tempel werden die ersten Marktstände aufgebaut. Es ist schön, wieder unter Menschen zu sein.
Habe mir sofort Tinte und Feder besorgt. Die letzten Wochen waren äußerst anstrengend. Keine Kleidung, außer einer zerfetzten Hose. Keine Ausrüstung. Kein Geld. Aber, ich habe es geschafft! Ich habe einen Ort gefunden, wo ich über Nacht bleiben kann. Ein Dach über dem Kopf!
Der Travia-Tempel - Zufluchtsort für die Gestrandeten des Lebens - diejenigen, die es irgendwann mal gnadenlos eingeholt hat. Ich hoffe, dass ich hier, in der Stadt der Freien, die Informationen bekomme, nach denen ich schon so lange suche. Bis die Schenken aufmachen, wo ich mich gerne umhören würde, habe ich noch rund drei Stunden Zeit. Woher ich das so genau weiß? Wenn ich eins das letzte Jahr über gelernt habe, dann ist es die Zeit zu bestimmen. Also, erstmal schlafen…
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#2
Thorwal, 29. Efferd (Praiostag)
Die letzten 24 Stunden hatte sich einiges getan. Vor dem Einschlafen blickte ich durch die Gesichter der Vergessenen - zwei fielen mir dabei besonders auf. Da war zum Einen dieser finster drein blickende Greis mit weißem Rauschebart. Auch wenn er nicht mehr der Jüngste ist, seine eisgrauen Augen in Kombination mit diesem durchdringenden Blick hatten eine furchteinflößende Wirkung auf mich. Dieser alte Mann scheint eine besondere Aura zu haben. Außerdem war da noch diese Elfe, die trotz ihrer geringen Körpergröße durch ihre schneeweiße Haut in Kontrast zu ihren tiefschwarzen Haaren immer wieder aus den umher stehenden Gestalten hervorstach. Diese beiden waren bestimmt nicht zur Armenspeisung nach Thorwal gekommen. Müde und erschöpft schlief ich zügig ein.
Ungefähr zwei Stunden später wurde ich durch eine laute Auseinandersetzung aus dem Schlaf gerissen. „Bei Swafnir!“, tönte es aus einer rauen Männerkehle unmittelbar vor dem Eingang des Tempels. „Lass deine Gaukeleien schleunigst sein, sonst setzt’s was!“ - „Warum junger Mann so bös‘ zu Isidor?“, antwortete der angepöbelte Gaukler, ein schmächtige Kerl südlichen Aussehens, etwas älter als ich, der hier in Thorwal wohl ebenso fremd war. „Los, verzieh‘ dich!“ Isidors Gegenüber, ein junger Thorwaler Hüne von vielleicht 20, maximal 22 Götterläufen, war es offensichtlich bitterernst. Hastig erhob ich mich von meinem Lager und eilte nach draußen. „Augenblick, junger Krieger“, versuchte ich in bestem Thorwalsch zu antworten. „Mir scheint, die Thorwaler Gastfreundschaft ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Wenn Ihr Streit sucht, dann sucht ihn mit Euresgleichen, aber vergreift Euch gefälligst nicht an Schwächeren!“ - „Oho, noch ein Fremder. Thorwal scheint ja heutzutage ein beliebtes Reiseziel geworden sein. Bei Swafnir! Bjaki Torgesson lässt sich doch nicht von einem dahergelaufenen mittelländischen Waldschrat über den Mund fahren!“ - „Mir scheint, Bjaki Torgesson muss sich sehr wohl von einem mittelländischen Waldschrat über den Mund fahren lassen, wenn er sich jetzt nicht augenblicklich bei diesem Gaukler entschuldigt und Premer Feuer trinken geht.“ - „Letzte Warnung: Halt dich da raus, Fremder!“ - „Lass uns bitte ihrzen. Bei einer so schwierigen Auseinandersetzung hilft uns beiden Distanz.“ - „Wie du willst, Fremder.“ Gereizt schmiss der Hüne sein Skraja auf den Boden. Ein Säbel folgte. Anschließend griff er zu einer Schnapsflasche. Als er gerade zu trinken ansetzen wollte, unterbrach ich ihn: „Musst du dir gegen einen mittelländischen Waldschrat erst Mut antrinken?“ Stolz legte er die Flasche weg. Währenddessen streifte ich meinen Köcher von der Schulter, ging in die Knie und legte meine Waffen sanft auf den Boden. „Pah! Bogen und Dolch. Warum wundert es mich nicht, dass einer wie du keine ehrenhaften Waffen kennt? Übrigens, nette Tätowierung, die du da auf der Schulter unter deinem Köcher versteckt hast. Was bedeutet denn das Bildchen?“ Ich versuchte, nicht darauf einzugehen. Inzwischen war es uns gelungen, die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf uns zu richten. Zu meinem Erstaunen zeigten sich die Leute hier überhaupt nicht schockiert, sondern eher das Gegenteil schien der Fall zu sein. „1 Dukaten auf Torgesson“, hallte es aus dem Hintergrund. Prompt kam die Antwort: „Dagegen.“ - „Nicht kämpfe‘ wegen Isidor!“, versuchte der Gaukler zu vermitteln. Wie mir scheint, wird hier im Norden jedoch eher weniger Wert auf Vermittlung gelegt. „Wenn ich mit dem Waldschrat fertig bin, dann vermittel‘ ich dir, was ich von Vermittlung halte!“, spottete Torgesson. „Und du, Fremder, du wirst gleich um Gnade winseln. Keine Tritte, keine Waffen, keine Magie, hier in Thorwal sind nur die Fäuste erlaubt. Damit du’s schon mal weißt: Heiler Noro hat sein Haus hier rechts um die Ecke.“ Ich schwieg. Alles was es zu bereden gab, war jetzt gesagt.
Jetzt sollten die Fäuste sprechen. Bjaki holte aus, um mir seine Rechte zu verpassen, ich wich aus. Normalerweise hätte ich ihn durch geschickten Beineinsatz von denselben geholt, aber natürlich wollte ich mich an die Regeln halten. Ich bin fremd in Thorwal und wollte so wenig wie möglich auffallen. Meine Taktik bestand darin, ihn zunächst möglichst lange gegen mich anrennen zu lassen und immer wieder im letzten Moment auszuweichen, um mir einen Ausdauervorteil zu verschaffen, was allerdings nicht funktionierte. Ich hatte den Eindruck, dass der Junge von Runde zu Runde stärker wurde. Raufen schien sein Element zu sein. Zu seinem Erstaunen konnte ich jedoch gut mithalten. Die Sonnenstrahlen dieses Efferdmorgens verliehen mir immense Kräfte. Auch wenn ich noch nicht sagen konnte warum, aber das war kein normaler Faustkampf. Hier ging es um etwas Besonderes, das lag in der Luft, war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht greifbar. Mit allerletzter Kraft schlug ich Bjaki zu Boden, sodass er liegen blieb und aufgab. Zum ersten Mal in seinem Leben.
Immer noch heftigst außer Atem band ich mir zuallererst wieder meinen Köcher über die Schulter, um die Tätowierung zu verbergen.
„Du bist besiegt, Bjaki Torgesson. Jetzt entschuldige dich zuerst bei Isidor und danach erkläre mir, was du gegen sein Gaukelspiel hast.“ - „Verzeiht, werter Gaukler.“ Bjaki klang niedergeschlagen. „Entschuldigung angenommen. Isidor denkt, du hast deine Strafe bereits erhalten.“ - „Das habe ich.“ - „Die paar Haue sind doch keine Strafe für Bjaki!“, tönte es aus der Menge. Isidor wandte sich der Menge zu. „Isidor nur sein kleiner Gaukler. Bjaki großer Krieger. Nicht Schläge Strafe für Bjaki, Demütigung Strafe für Bjaki.“ - „Ich habe dich unterschätzt, Isidor. Du scheinst gar nicht so dumm zu sein. Darf ich dich auf ein Premer Feuer in die ‚Vier Winde‘ einladen? Die müssten jeden Moment aufmachen.“ - „Gerne. Isidor freut sich über neuen Freund.“ - „Einen Augenblick noch, Bjaki. Du hast mir immer noch nicht verraten, warum dich Isidors Gaukelei so aggressiv gemacht hatte.“ - „Waldschrat, ich weiß‘ echt nicht, wo du lebst. Hetfrau Garhelt Rorlifsdottir-Jandasdottir ist gestern gestorben. Ganz Thorwal trauert.“ Sich von mir abwendend, sagte er zu seinem neu gewonnenen Bekannten: „Auf geht’s, Isidor. Die ‚Vier Winde‘ warten.“ Mit diesen Worten ließ er mich stehen.
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#3
Vom Kampf noch erschöpft blickte ich den beiden hinterher. Die Menge begann sich aufzulösen. Die Marktschreier waren wieder zu hören. Man widmete sich wieder der Trauer um die verstorbene Anführerin. Glück im Unglück. Auch wenn der Tod der Hetfrau sicherlich tragisch ist, dies führte dazu, dass man meinem „Sieg“ keine allzu große Aufmerksamkeit schenkte, was mir äußerst entgegen kam, denn ich konnte keine Aufmerksamkeit brauchen und wollte mich in den Tempel zurückziehen. Plötzlich verspürte ich eine Hand auf meiner Schulter mit der Tätowierung. Erschrocken zuckte ich zusammen. Es war der Greis aus dem Tempel.
Obwohl er ziemlich unbeweglich aussah, so schien er trotz seines Alters doch noch jede Menge Kraft zu haben. „Kann ich Euch einen Moment sprechen?“ - „Was wollt Ihr?“ - „Lasst uns hineingehen, es muss ja nicht gleich jeder davon Wind bekommen.“ Er forderte mich auf, am großen Travia-Feuer Platz zu nehmen, worüber gerade ein fetter Ochse gebraten wurde. „Warum sitzen wir am Feuer und stellen uns nicht in die Ecke, wenn es nicht jeder mitbekommen soll?“, wollte ich wissen. „Wir sollten vermeiden aufzufallen. Ich denke, das ist auch in Eurem Sinne.“ - „Also, was gibt’s?“ Gestattet zunächst, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Lornir…“ - „Hätten die Herren gerne ein Horn Met?“ Die Aufmerksamkeit des hiesigen Geweihten zwang uns, das Gespräch zu unterbrechen. „Gerne“, sagte ich. Lornir nickte. Der Geweihte schenkte uns jeweils ein Horn ein, bis zum Rand gefüllt. Wir dankten, worauf er antwortete, dass wir Travia danken sollen und sich wieder entfernte. Lornir setzte an, nahm einen großen Schluck und wischte sich mit der Hand über seinen weißen Bart. „Fion“, antwortete ich. „Angenehm. Fion, mich hat es beeindruckt, wie furchtlos Ihr Euch diesem Einfaltspinsel gestellt habt. Wie Ihr mitbekommen habt, regelt man hier seine Angelegenheiten zuerst mit den Fäusten bevor man Fragen stellt. Nun ja, was ich sagen will: Ich habe in Thorwal einiges zu erledigen und könnte jemanden wie Euch gebrauchen, der mich vor den, sagen wir mal hiesigen ‚Gepflogenheiten‘ beschützt. Allerdings kann ich Euch nicht bezahlen und da Ihr offensichtlich Jäger seid, gibt es auch wenig, was ich Euch beibringen könnte. - „Es gibt immer was zu lernen.“, antwortete ich, den Blick ins Feuer gerichtet. „Ist das ein Ja?“ - „Ihr seid Thorwaler. Warum sollten die Leute hier Euch verprügeln wollen?“ - „Einen alten Greis schlägt man auch hier nicht, zumindest wenn man einen Funken Anstand besitzt. Dennoch würde ich mich wohler fühlen.“ Eigentlich hatte ich meine eigenen Ziele. Andererseits, was hatte ich denn vor? Vielleicht ist dies ja die Gelegenheit, irgendwann mal mein Leben zurückzubekommen? Vielleicht ist das der wahre Grund für meine Reise nach Thorwal? Ich schloss kurz die Augen. Noch einmal erlebte ich die Sonnenstrahlen des Efferdmorgens. Meinen Einzug in die schlafende Stadt. Ich spürte diese Sonnenstrahlen jetzt noch intensiver als in der Frühe. Sie verbreiteten eine solch angenehme Wärme wie ich sie noch nie zuvor erlebt habe. Ich öffnete meine Augen, blickte ins Feuer und willigte ein. „Ich freue mich, dass Ihr die Herausforderung angenommen habt“, antwortete Lornir erleichtert. Wir stießen an und tranken unseren Met leer.
„Wie geht’s jetzt weiter?“, wollte ich wissen. „Zunächst begleitet Ihr mich in die ‚Vier Winde‘. Bedenkt dabei zwei Dinge. Erstens, wir wollen versuchen, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erwecken. Zweitens, Thorwaler lieben Raufereien, und Schänken sind beliebte Austragungsorte dafür. Wenn Euch jemand herausfordert, egal wer, nehmt Ihr diese Herausforderung an. Tut Ihr das nicht, trennen sich unsere Wege. Habt Ihr das verstanden?“ - „Verstanden.“ - Ich wusste, dass ich mich in Euch nicht getäuscht habe.“ Wir verließen den Tempel und machten uns auf zur Schänke ‚Vier Winde‘.
Ich weiß nicht, ob es am Tod der Hetfrau lag oder daran, dass ich mich Thorwal befand, jedenfalls hatte ich noch nie eine Schänke erlebt, die bereits um kurz nach 11 Uhr morgens so voll war. Wir ließen uns an einem Tisch in einer der hinteren Ecken nieder und bestellten zwei Bier. Das vorherrschende Thema an allen Tischen war natürlich Garhelts Tod. Ich schnappte einzelne Gesprächsfetzen auf. 73 sei sie gewesen, ein Alter, in dem Sterben durchaus erlaubt sei, ihr Sohn Tronde habe jetzt ihre Nachfolge angetreten, vor allem Kjaska, ihre jüngste Enkelin, soll sehr um sie geweint haben. Trotz aller Niedergeschlagenheit um mich herum genoss ich es, wieder unter Menschen zu sein. Zwei Tische weiter sah ich Isidor und Bjaki sitzen. Die beiden schienen sich wirklich gut zu unterhalten. Irgendwie mochte ich die zwei. Kurz darauf, Lornir wollte gerade die zweite Runde einläuten, erschien ein mächtiger Thorwaler im Kriegsmantel. Eine schwere Axt hing an seinem Gürtel, auf deren Schaft ein Pottwal eingraviert war. Wie mir Lornir erklärte, handelte es sich bei dieser Axt um eine Orknase, ein wahres Prunkstück Thorwaler Schmiedekunst. Der Krieger griff mit seiner Rechten nach einem Signalhorn, in das er nun kräftig hineinblies. Blitzschnell wurde es still. „Das ist ein Krieger der Hetskari“, flüsterte Lornir, „das ist die Leibgarde des Hetmanns.“ Alle Augen waren jetzt auf diesen Gardekämpfer gerichtet. Räuspernd erhob er seine Stimme und ließ im Namen des neuen Hetmanns Tronde Torbensson verkünden, dass sein Herr Freiwillige suche, die ihm bei einer wichtigen Aufgabe helfen mögen. Große Ehre und Erwähnung in den Skaldensängen seien im Falle des Erfolgs gewiss. Kaum hatte er diese Worte gesprochen, hing er sich sein Signalhorn um die Schulter und verschwand wieder, so schnell wie er gekommen war. Stille.
Keiner traute sich etwas zu sagen. Schließlich war es der Wirt, der das Wort erhob: „Tjasse, Isleif, könnt ihr euch das vorstellen? Asleif Nellgardson kommt mit seiner Laute hier herein und besingt, wie ihr zwei dem Hetmann den Allerwertesten gerettet habt? Huahaha!" Rundum brach großes Gelächter aus, es wurde wieder lauter. Lornir wollte erste Anstalten zu gehen machen, als es am Nachbartisch etwas lauter wurde. Ein bärtiger Seefahrer mit Holzbein und Augenklappe erhob das Wort und erzählte was von einem Totenschiff, das auf dem Meer der Sieben Winde umhergeistere. Ich zuckte zusammen. Grund für die Irrfahrt sei ein Fluch Efferds oder Marbos.
Ein anderer am Tisch antwortete, dass er dies für Geschwätz halte und bestellte noch drei Bier. Zu meinem Erstaunen erhob sich Bjaki, der auf der anderen Seite dieser Seegarnspinner saß und ebenfalls die Geschichte mit dem Totenschiff zu hören bekam und kam zu ihnen an den Tisch. „Verzeiht, dass ich mich einmische“, begrüßte er sie bestimmt, „ich kam nicht drum herum, Eurer Unterhaltung beizuwohnen.“ - „Ach ja?“ - „Sagt Euch das Hjaldi-Lied etwas?“ Ein anderer schaltete sich ein, indem er seine Frage beantwortete und darauf hinwies, dass das Hjaldi-Lied in Thorwal jedes Kind kenne, da es die Geburt Swafnirs besingt. Herausfordernd fragte Bjaki ihn, ob er die Strophe mit der Geburt des Gottwals vorsingen könne. Schnell war eine Laute gefunden und weitere Seemänner und Seefrauen hatten sich um den Tisch versammelt. Dieses Volk liebt Skaldensänge und so stimmte eine größere Gruppe das Hjalgi-Lied an:

„Einstmals warb großmächtig Efferd, von wildem Begehren erfüllt, um Rondra, die Himmelserschütternde. Doch löwengleich wies sie ihn ab, des tiefe Fluten ihr kraftlos und schwächlich erschienen. Da tobte Efferd und mit ihm die Meere, die Lande ertranken unter tosenden Wellen. Wohl Hunderte, Tausende ersäufte der Seeherr, hundert mal mehr denn jede Schlacht je getötet. Erhitzt war ihr Antlitz, betört Rondras Sinn, und willig gab sie sich ihm hin.
Ein Sohn entsprang dieser Liebe, vollendet sein Leib, kraftvoll wie Sturmwind, doch ernst wie das Meer. Da kam Reue ob Efferd, der Toten Tausend trauerte er, die Lebenden traf sein Blick. So hieß er den Sohn sie bewahren, sie lehren den Fluten zu trotzen…“


„Genug!“, unterbrach Bjaki den grölenden Gesang mit kräftiger Stimme. „Bei Swafnir! Was unterbrichst du unseren Gesang?“, tönte es aus der Runde. „Ihr habt es eben selbst gesungen: Efferd reute sein Verhalten und er will die Seeleute beschützen. Demnach ergibt es keinen Sinn, dass er sie verfluchen sollte. Also, lasst gefälligst eure Spotttiraden auf den Meeresgott.“ Offensichtlich fühlte sich der junge Thorwaler dazu genötigt, Efferd zu verteidigen. „Dir hat der mittelländische Waldschrat wohl zu sehr den Schädel poliert!“, kam es postwendend zurück. „Genau! Lern' erst mal Raufen, dann kannst du uns belehren.“ Die Stimmung drohte schlagartig zu kippen. Streit lag in der Luft.
„Lass uns gehen“, sagte Lornir, der bereits im Begriff war aufzustehen. Ich warf meinen Bogen über die Schulter und erhob mich. „Hej“, tönte plötzlich einer aus der Runde, „dich kenn‘ ich doch! Du bist doch der Waldschrat, der vorhin Torgesson verprügelt hat.“ - „Ihr müsst Euch irren.“, erwiderte Lornir schnell, um zu verhindern, dass ich direkt antwortete und mich aufgrund meines mittelländischen Akzents zu erkennen gab. „Lasst ihn doch selbst antworten…oder hast du Angst, diesmal wirklich auf’s Maul zu bekommen? Hej, Torgesson, das is‘ doch der Kerl, der dich heut‘ morgen verprügelt hat!“ Jetzt war es wohl soweit. Lornir und ich sahen uns gegenseitig an. Wir wussten, wenn wir jetzt nicht auffallen wollten, musste ich mich wohl oder übel der Masse stellen.
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#4
„Du sagst es. Das ist der Kerl, der Torgesson verprügelt hat“, sagte ich bestimmt. Bjaki nickte. „Was ist? Willst du der Nächste sein?“, fragte ich drohend, in der Hoffnung, die Kerle einschüchtern und die Schänke ohne Keilerei verlassen zu können. Offensichtlich mit Erfolg. „Ist ja schon gut. Man wird ja wohl noch fragen dürfen.“ Ich drehte mich zu Lornir um, um ihm zu signalisieren, dass wir jetzt gehen konnten, als das bärtige Blatt eines Skrajas in den Tisch vor mir einschlug und zwei Krüge auf der Stelle zu Bruch gingen. „Ich will die Nächste sein“, nahm ich eine weibliche Stimme hinter mir wahr. Stille.
Und ich traute meinen Augen nicht, es war die Stimme der hiesigen Schankmagd. Ich staunte nicht schlecht: Eine Frau, genauso groß wie ich, dem Aussehen nach hat sie vielleicht 25 Tsamonde erlebt, nicht mehr, aber auch nicht weniger, forderte mich. Tiefblaue Augen starrten mich kriegerisch entschlossen an. Ein Stirnband verhinderte, dass die hellen, fast weißblonden Haare ins Gesicht fielen. Am Nachbartisch wurde es wieder was lauter. „Alrik, was bist du nur für ein Feigling? Selbst Svanja traut sich, gegen diesen Waldschrat zu kämpfen!“ - „Dann kämpf‘ doch du gegen ihn!“ - „Sehr witzig. Wie denn, mit meinem Holzbein?“ Während meine Tischnachbarn herumwitzelten, nahm ich die ansteigende Spannung wahr, die sich blitzartig in der Schänke verbreitet hatte. „Ich kämpfe nicht gegen eine Frau“, antwortete ich ruhig und legte meinen Bogen über die Schulter. Das hätte ich besser nicht gesagt. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Es war der Wirt, der das Wort ergriff: „Du arroganter, mittelländischer Waldschrat. Du bist hier in Thorwal, und hier gelten bekanntlich andere Regeln als bei euch daheim in Gareth oder sonstwo. Du bist soeben gefordert worden.“ - „Ich habe bei den Göttern geschworen, niemals gegen eine Frau zu kämpfen. Ich fühle mich meinem Schwur verpflichtet“, erwiderte ich ernst. Svanja sah mich stieren Blicks an, ohne ein Wort zu sagen. „Deinen Schwur, Waldschrat, kannst du dir sonstwo hinstecken“, konterte der Wirt. „Hier wird nach unseren Regeln gespielt. Und wenn du Svanjas Herausforderung jetzt nicht augenblicklich annimmst, dann garantiere ich dir, dass du diese Schänke als Walfischfutter verlassen wirst.“ - „Das mag ja sein, aber den ein oder anderen von euch werde ich garantiert mitnehmen. Wie wär’s denn mit dir zum Beispiel? Oder mit Holzbein?“ - „Waldschrat, ich bin grad was melancholisch angehaucht wegen des Todes unserer Hetfrau, deshalb geb‘ ich dir noch eine letzte Gelegenheit. Ich zähle bis zehn. Dann hast du die Herausforderung angenommen. Eins…“ Jemand zog mich zur Seite. Es war Bjaki: „Waldschrat, du hast mir eine Lektion erteilt, ich stehe in deiner Schuld. Wenn ich dir einen wirklich guten Rat geben darf, dann nimm‘ die Herausforderung an. Mit deiner Weigerung beleidigst du nicht nur das Mädchen bis aufs Äußerste, du beleidigst unser Volk, unsere Kultur und du riskierst ein Blutvergießen, und das alles wegen eines Schwurs zu den Göttern. Wenn es die Götter wirklich gibt, dann werden sie Verständnis für deine Lage haben. Und jetzt erweise uns allen den notwendigen Respekt und nimm diese Herausforderung an.“ Das hatte gesessen. Ich befand mich in einem Dilemma. Als ich meine Heimat schweren Herzens verließ, legte ich diesen Eid ab, um Blutvergießen zu verhindern. Jetzt drohte es aber genau dazu kommen, wenn ich eben diesen Eid nicht brechen würde. Währenddessen zählte der Wirt kontinuierlich weiter. „…Sechs. Sieben…“ - Schließlich war es Isidor, der eingriff: „Fremder hat Isidors Ehre gerettet, jetzt rettet Fremder auch seine eigene.“ Ich blickte in die Runde. Lornir nickte angespannt. Bjaki ebenfalls. Der Wirt zählte indes unaufhörlich weiter. „…Neun…“ Nein, diese Kerle hier ließen sich nicht einschüchtern. Ich hatte keine Wahl.
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#5
„Also gut. Ich nehme die Herausforderung an.“ Kaum hatte ich diese Worte gesagt, wurde es wieder laut um mich herum. „Ruhe!“, schrie der Wirt, mit Erfolg. „Räumt die Tische zur Seite. Die Regeln sind klar: Keine Waffen, keine Magie. Nur die Fäuste. Dann wollen wir mal sehen, ob dir die Götter wohlgesonnen sind, Waldschrat.“ Es dauerte nicht lange, da waren die Tische beiseite Seite gestellt. Die Menge bildete einen Kreis, in dessen Mitte ich mit einer Frau um meine Ehre kämpfen sollte, wobei ich nur verlieren konnte. Svanja war ein deutlich schwierigerer Gegner als Bjaki. Sie rannte nicht wie wild drauf los, sondern schien zunächst unser Kampfareal zu begutachten. Jeder ihre Hiebe und Griffe und war ruhig und besonnen geplant. Da es auch nicht meine Art ist, wild drauf los zu stürmen, passierte zunächst nichts, außer dass wir beide im Kreis umhergingen. Die Reaktion des Publikums ließ nicht lange auf sich warten: „Waldschrat, was ist los? Hast du etwa Angst?“ - „Genau! Trauste dich nicht gegen unsere Schankmagd? Bjaki, von wem haste dich da verprügeln lassen!“ Mit jeder Sekunde, die verstrich, nahm meine Angst zu. Schließlich war es Svanja, die die Initiative ergriff, als ich einen Schritt zu langsam war. Sie schleuderte mich zu Boden und verpasste mir die ersten Hiebe. Im Mittelreich gibt es ja auch Frauen, die kämpfen. Die Kriegsgöttin selbst ist weiblich. Allerdings überraschte mich die Wucht, mit der mich ihr Schlag traf. Das war keine Frau, die mich hier niederrang, das war ein Mannsweib! Jetzt sah‘ ich mich wirklich bei der Ehre gepackt. Fest entschlossen kehrte ich zurück und begann auszuteilen, allerdings nur mit bedingtem Erfolg. Nicht nur ich schien um alles zu kämpfen, auch für Svanja schien viel auf dem Spiel zu stehen. Irgendetwas schien in ihr unendliche Kräfte freizusetzen, wie ich es selten erlebt hatte. Mit voranschreitender Dauer des Kampfes wurden wir beide langsam, aber stetig schwächer. Jetzt hieß es durchhalten. Da der Überlebenswille in öder Wildnis dann doch etwas anstrengender ist als im sicheren Thorwal, hatte ich am Ende schließlich deutlich höhere Kraftreserven als Svanja, und so wendete sich das Bild. Svanja stand jetzt am Rande einer Niederlage, aber sie gab nicht auf. Wäre sie Mittelländerin, hätte ich sie jetzt gefragt, ob wir uns auf Unentschieden einigen sollten. Allerdings sah ich bereits die Kommentare, die mich hier erwarten würden, schon vor meinem inneren Auge: Unentschieden anbieten sei eine Beleidigung, ich würde sie nicht ernst nehmen, ich hätte keinen Respekt vor der hiesigen Kultur. Also atmete ich einmal kurz durch und schlug sie nieder. Erneut machte sich Stille breit. Ich nutzte die Gelegenheit der allgemeinen Betroffenheit, nahm meine Waffen, und verließ die Schänke. Lornir folgte mir nach draußen.
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#6
„Na das ging ja gerade nochmal gut“, äußerte sich Lornir erleichtert. „Auf geht’s Fion, lasst uns mit dem Hetmann Bekanntschaft machen.“ Unmittelbar darauf nahm ich eine bekannte Stimme hinter mir wahr. „Ach, das ist ja lustig! Der Waldschrat hat einen Namen. Und was für einen komischen! Fion!“ So ein Kommentar konnte natürlich nur von Bjaki kommen. Als ich mich umdrehte, stand er mit Isidor vorm Eingang der Taverne. „Was bedeutet denn dein Name, wenn ich fragen darf?“ Gute Frage, die mir der junge Thorwaler stellte. Aber ich wusste keine Antwort darauf. „Ich weiß es nicht.“ - „Wie - du weißt es nicht? Jeder Name hat eine Bedeutung. Bjaki heißt „Kämpfer…“ - „Ich weiß es nicht“, erwiderte ich erneut. In diesem Moment ertönte eine Stimme aus dem Nichts: „Fion heißt der Weiße.“ Verwirrt standen wir alle herum und wussten nicht, worüber wir mehr erstaunt sein sollten: über die Antwort oder die Stimme ohne Körper. „Fion ist gjalskerländisch und kann auch mit „der Helle“, „der Klare“ oder „der Reine übersetzt werden.“, gab die Stimme erneut von sich. Dabei klang sie freundlich, liebevoll und irgendwie eine Ruhe und Wärme ausstrahlend. „Wer seid Ihr?“, rief Lornir, scheinbar ärgerlich, dass er die Situation erneut nicht mehr im Griff hatte. „Zeigt Euch!“ - „Ganz wie Ihr wünscht“, antwortete die Stimme und aus dem Nichts hervor trat jene Elfe, die mir bereits im Travia-Tempel aufgefallen war. „Ich verstehe nicht“, kam es Bjaki über die Lippen. „Wie könnt Ihr Euch unsichtbar machen?“ Offensichtlich konnte er Fremde doch ihrzen, wenn er nur wollte. Die Elfe, die sich sogleich wieder sichtbar machte, entgegnete ihm, dass dies ein Kinderspiel sei, fuchtelte mit ihren Händen ein wenig in der Luft herum, sprach dabei „Visibli Vanitar“ - schon war sie erneut unsichtbar. Lornir meinte, dass dies alles ganz nett sei, aber sie sei nicht die Einzige, die Zauberspielchen drauf habe und solle uns jetzt endlich sagen, was sie von uns wolle. Die Elfe, die sich sogleich wieder sichtbar machte und als Aelil vorstellte, erwiderte, dass sie aufgrund einer Eingebung die eisigen Ebenen des Nordens verlassen habe und infolgedessen nach Thorwal reiste. Als ich mich am Feuer Lornir vorstellte und sie meinen Namen hörte, wusste sie, dass sie mir folgen solle. Neben Isdira, der Elfensprache, könne sie noch fließend Gjalskerländisch und Thorwalsch, da ihre Sippe mit diesen Völkern regelmäßig Tauschhandel betreibe. Ich antwortete ihr, dass es mir egal sei, ob sie mir folge oder nicht, solange sie mich nicht davon abhalte, Lornir zu folgen. Elfen haben Probleme! Eingebung! Pah! Während wir noch vor der Schänke standen und herumdiskutierten, kam mittlerweile auch Svanja heraus. Da ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte, kam mir nur ein anerkennendes „Gut gekämpft“ über die Lippen. Sie erwiderte jedoch nur, dass ich mir mein fadenscheiniges Lob sparen solle und sie durchlassen möge. Lornir sah mich an und meinte, dass wir zum Hetmann gehen sollen. Ich versicherte Aelil erneut, sie könne ruhig mitkommen; allerdings könne sie sich ihren Visi-was-weiß-ich sparen, da ich ihre Anwesenheit sowieso nicht verhindern könne. Da Bjaki, wie er erzählte, Seefahrer sei und erst um sechs Uhr abends wieder auf seinem Schiff sein musste und Isidor sowieso nichts vorhatte, beschlossen die beiden mitzukommen.
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#7
Lornir führte uns in Richtung Westen. Schon von Weitem konnte man das laute Toben der Wellen vernehmen. Bjaki erklärte, dass dies der Golf von Prem sei. Wir kamen immer näher an die Klippen und dann sah ich es - das Meer. Zum ersten Mal in meinem Leben. Steil ging es bergab vor uns, Vorsicht war geboten. Von überall her hörte ich das Kreischen großer weißer Vögel. Die Luft roch salzig. Der Wind spülte im Wechsel kleine und große Wellen ans Land, die jeweils vor den Klippen, auf denen wir standen, brachen. Gen Süden ging es noch ein kleines Stück bergauf, wo die alte Zwingfeste herrlich über der Stadt thronte. In nördlicher Richtung standen mehrere Gebäude, die von Holzpfahlen eingekreist und palisadenartig befestigt waren. Wiederum war es Bjaki, der mir recht stolz erklärte, dass es sich bei diesen kreisförmigen Wehranlagen um Ottaskins handle - eine Wohn- und Wehrgemeinschaften, die typisch für Thorwaler sei. Zwei Gebäude innerhalb des Ottaskins stachen mir besonders ins Auge: Zum Einen ein großes, zweistöckiges Steinhaus mit einem noch höheren Turm - die berühmte Kartothek, wie diesmal zur Abwechslung nicht Bjaki kommentierte, sondern Lornir, sowie ein gewaltiges Langhaus. Vor dem Eingang hielten zwei Krieger der Hetskari Wache. Fein geschliffene und reich verzierte Orknasen hingen an ihren Gürteln, genauso wie dem Krieger in der Schänke. Im Vergleich zu diesen Kerlen sah Bjaki eher schmächtig aus. Lornir erklärte den beiden, dass wir wegen des Aufrufs kämen, woraufhin uns Einlass gewährt wurde. Einer der beiden Hetskari führte uns quer durch das Ottaskin, direkt auf das große Langhaus zu. Die Wache ließ uns kurz warten und verschwand allein in dem Gebäude. Ich nutzte die Zeit, um mich was umzusehen. Es wimmelte nur von Knechten und Mägden hier, offensichtlich gab es aufgrund von Garhelts Tod einiges zu tun. Ferner erblickte ich ein weiteres Langhaus und noch ein paar Gebäude, darunter ein Badehaus. Darauf hätte ich jetzt Lust! Aber meine Träumereien waren nur von kurzer Dauer, denn als ich noch mit meinen Gedanken umherschweifte, kam schon die Wache zurück und sagte uns, dass der Hetmann jetzt Zeit für uns habe und wir eintreten sollen.
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#8
Vorsichtig betraten wir das mit vielen Schnitzereien verzierte Langhaus. Wir kamen direkt in die große Festhalle. Isidor war erleichtert, den schnittigen Küstenwind nicht mehr ertragen zu müssen. Zwei riesige Tafeln standen nebeneinandergereiht, die gut und gerne Platz für 200 Krieger boten. Am Kopfende stand eine Tafel quer, offensichtlich der Platz des Anführers. „Ich bin in der Schreibstube am Ende des Flurs“, vernahm ich eine raue, aber herzliche Stimme. „Kommt rein“. Aufgeregt gingen wir den Gang entlang, bis wir vor dem Hetmann standen. Hetmann Tronde Torbensson vom Gischtreiter Otta, so stellte er sich uns vor, war um die 40, ein großer, rotblonder Krieger mit langer Mähne und blaugrauen Augen und trug einen Dreitagebart. Seine Gestalt wirkte majestätisch, was sicherlich zu einem nicht unbeachtlichen Teil an seinem ledernen Kriegsmantel lag, der an den Rändern mit Otterpelz verziert war. Den Mantel selbst zierten diverse Bilder von Seedrachen und Walfischen. Lornir ergriff das Wort und sprach Hetmann Tronde, auch in unserem Namen, sein Beileid wegen des Todes seiner Mutter aus. Er erwähnte, dass er seine Mutter gekannt habe und sie eine hervorragende Hetfrau gewesen sei. Außerdem sprach Lornir an, dass er als Vertrauter Garhelts kurz vor deren Tod einen Brief erhalten habe, worin sie ihn um seine Hilfe gebeten habe. Sie schrieb darin jedoch nur von einer immens wichtigen Angelegenheit und dass sich Lornir dringendst bei ihr melden solle. Lornir ein Vetrauter der verstorbenen Hetfrau - wir staunten nicht schlecht. Hetmann Tronde bestätigte die Dringlichkeit und bat uns, auf den mit Ziegenhäuten ausgelegten Holzbänken zu seiner Rechten und Linken Platz zu nehmen. Er selbst saß auf einem Stuhl, der mit Fellen überdeckt war. Durch die Fenster war das Pfeifen des Windes zu hören. Die Sonne hatte sich mittlerweile komplett verzogen und musste einer Gewitterfront weichen, die in diesem Moment begann, sich über der Stadt auszulassen. Zum Glück war die Stube gut geheizt. Nachdem wir alle saßen, ergriff der Hetmann das Wort. Natürlich konnte ich mir den genauen Wortlaut nicht mehr merken, aber seiner Ansicht nach befinde sich Thorwal in großer Gefahr. Späher hätten ihm berichtet, dass sich jenseits von Phexcaer Unheil zusammenbraue. Ashim Riak Assai beginne damit, die Stämme der Orks zu einen, da er die Zeit für den von Tairachpriester Ukhorr vorhergesagten Großen Marsch für gekommen sehe. Tronde holte eine Karte der Region heraus, zeigte darauf auf Phexcaer und analysierte: „Sollte Phexcaer fallen, dann dauert es nicht mehr lange, bis auch Thorwal fällt.“ - „Warum kämpft Ihr nicht gegen die Orks?“, wollte Isidor wissen. „Thorwaler starke Krieger, brauchen keine Angst haben vor Schwarzpelze.“ - „Thorwaler sind gute Seefahrer, aber Landschlachten sind nicht unser Terrain. Für eine Seeschlacht hätte ich ein Dutzend gute Anführer bereit, auch wenn die beiden besten momentan auf einer Wettfahrt sind. Für eine Landschlacht jedoch fehlt es meinen Kriegern an Erfahrung. Die Orks wissen das, deshalb steht Thorwal ganz oben auf ihren Marschplänen. Jeden Tag schließen sich dem Aikar Brazoragh, so nennt sich Ashim mittlerweile, mehr und mehr Sippen an. Thorwal ist schwach. Ihr seht, die Lage ist mehr als ernst.“ - „Verzeiht, wenn ich das Wort ergreife“, mischte ich mich ein, warum sendet Ihr keine Kundschafter aus und bittet um Hilfe?“ Über diesen Vorschlag war der Hetmann offensichtlich weniger erfreut. „Und wenn ich um Hilfe rufe, wer wird kommen, Mittelländer?“ - „Gareth wird helfen“, antwortete ich fest entschlossen. „Mittelländer, Gareth hat seine eigenen Sorgen“, erwiderte er hoffnungslos. „Greifenfurt und Lowangen grenzen genauso ans Orkland wie Thorwal. Kaiser Hal wäre ein Narr, wenn er um Thorwal zu verteidigen seine Streitmacht aus der Mitte abziehen und damit den Orks Durchgangsrecht bis Gareth gewähren würde. Warum sollte er uns also helfen? Nein, Thorwal kann nicht auf Hilfe hoffen. In diesem Kampf sind wir auf uns allein angewiesen.
„Was hab Ihr vor?“, wollte Bjaki wissen. Daraufhin antwortete der Hetmann, dass es ein verschollenes Schwert namens Grimring gäbe, das es zu finden gilt. Konfrontiere man die Anführer der Orks damit, bestünde die Hoffnung, dass die Orks von ihrem Angriff abließen. Lornir bestätigte, von diesem Schwert gehört zu haben und stimmte dem Hetmann bei, dass dies die einzige Möglichkeit sei.
Schließlich war es Isidor, der fragte, wie man denn am besten an besagtes Schwert käme, worauf der Hetmann erwiderte, es benötige wahre Helden, die sich auf die Suche danach machen würden. „Wie sieht es aus?“, fragte Tronde schließlich. „Seid Ihr diese Helden?“ Lornir sah mich erwartungsvoll an. Das war vielleicht eine Vorstellung! Das Schicksal Thorwals in meinen Händen! War es das, was das Schicksal von mir wollte? Ein Schwert soll über das Schicksal Thorwals und mein eigenes entscheiden - die Schicksalsklinge.
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#9
(16.02.2013, 17:53)Fíonlaighrí schrieb: ... „Verzeiht, wenn ich das Wort ergreife“, mischte ich mich ein, warum sendet Ihr keine Kundschafter aus und bittet um Hilfe?“ Über diesen Vorschlag war der Hetmann offensichtlich weniger erfreut. „Und wenn ich um Hilfe rufe, wer wird kommen, Mittelländer?“ - „Gareth wird helfen“, antwortete ich fest entschlossen. „Mittelländer, Gareth hat seine eigenen Sorgen“, erwiderte er hoffnungslos. „Greifenfurt und Lowangen grenzen genauso ans Orkland wie Thorwal. Kaiser Hal wäre ein Narr, wenn er um Thorwal zu verteidigen seine Streitmacht aus der Mitte abziehen und damit den Orks Durchgangsrecht bis Gareth gewähren würde. Warum sollte er uns also helfen? Nein, Thorwal kann nicht auf Hilfe hoffen. In diesem Kampf sind wir auf uns allein angewiesen...

Kommt mir irgendwie seltsam bekannt vor...
Glaube ich schon mal in ähnlicher Form in einem recht bekannten Film gehört zu haben... :)

Ansonsten ein sehr gelungener Reisebericht, kommt in seiner Ausführlichkeit schon fast in die Nähe eines echte DSA-Romans. :ok:
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#10
(16.02.2013, 19:17)Sarzobal schrieb: Kommt mir irgendwie seltsam bekannt vor...
Glaube ich schon mal in ähnlicher Form in einem recht bekannten Film gehört zu haben... :)
Freut mich, dass Du die Intertextualität erkannt hast!

(16.02.2013, 19:17)Sarzobal schrieb: Ansonsten ein sehr gelungener Reisebericht, kommt in seiner Ausführlichkeit schon fast in die Nähe eines echte DSA-Romans. :ok:
Vielen Dank für das positive Feedback :thx: Sowas ist sehr motivierend!
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#11
Ich wollte gerade zu reden ansetzen, als die Wache eintrat und den Hetmann darauf aufmerksam machte, dass eine Schankmagd ihn gerne wegen des Aufrufs sprechen würde. Der Wächter habe sich gedacht, da sich Tronde zwecks dieser Sache bereits unterhalte, könne er die junge Frau doch gleich hinzuschicken. Der Hetmann gestattete dies und Svanja - wer sonst - trat ein. „Wenn es in Thorwal nicht genügend tapfere Helden gibt, dann muss ja ein Mittelländer die Aufgabe übernehmen“, sagte ich bestimmt, ohne auf Svanjas Ankunft einzugehen. Die Antwort erfolgte sofort: „Helden gibt in es in der Tat wenige in Thorwal“, antwortete die kühle Schankmagd ohne den Hetmann zu grüßen, „aber dafür gibt es Heldinnen. Ich habe keine Angst.“ - „Ihr wisst doch überhaupt nicht, worum es geht…“ Lornir wirkte ungläubig. Svanja antwortete jedoch, dass der Hetskari in der Taverne sich klar und deutlich ausdrückte und sie keine Angst habe. Mir blieb wohl keine Wahl. Wenn ich ein Unglück verhindern wollte, musste ich sie mitnehmen. „Dann lass uns die Sache gemeinsam angehen“, entgegnete ich ihr. Sie war einverstanden. Ihre Zusage löste eine Kettenreaktion aus, denn jetzt fühlte sich Bjaki an seiner Ehre gepackt. „Bei Swafnir! Natürlich gibt es auch Thorwaler Helden. Ich hab‘ eh‘ keine Lust mehr auf die permanente Seefahrt. Fion, Ihr habt meine Axt!“ - „Und meinen Dolch!“, stimmte Isidor zu, ehe ich auch nur ansatzweise reagieren konnte. „Wenn Ihr wünscht, werde ich Euch ebenfalls begleiten“, stimmte Aelil mit ein. Zu guter Letzt bot auch noch Lornir an, sich mit auf die Suche nach diesem Schwert zu machen. „Dann ist es also beschlossen“, sagte der Hetmann erleichtert. - Schön, dass Ihr Euch alle einig seid…Und wer hat mich gefragt??? - „Fion, Ihr habt als erster zugesagt, Euch vertraue ich die Führung an.“ - „Hetmann Tronde, das ehrt mich, allerdings weiß ich nicht, ob…“ - „Ihr der Richtige für diese Aufgabe seid? Nun, wenn Ihr es nicht versucht, werden wir es nie wissen.“ Ich schwieg. „Hört, ich würde liebend gerne selbst gehen,“, fuhr Tronde fort, „aber ich habe anderweitige Verpflichtungen. Ich muss verhindern, dass das Volk eine Panik überkommt. Dazu muss ich die Bestattung meiner Mutter regeln. Wie sähe es denn aus, wenn der Sohn dieser großen Hetfrau ihr diesen letzten Ehrenakt verweigern und stattdessen verschwinden würde? Ich muss Thorwals Gesicht wahren und Stärke zeigen. Nur wenn die Orks den Blick auf Thorwal gerichtet haben und damit von Euch abgelenkt sind, habt Ihr eine Chance. Haben wir eine Chance.“ Wir sahen uns alle schweigend an. Wir wussten, dass der Hetmann Recht hatte. Schließlich nahm Tronde eine Schriftrolle und schrieb sorgfältig ein paar Zeilen darauf, die uns Zugang zum hiesigen Zeughaus verschaffen sollten. „Viel Glück!“, wünschte er uns noch. Wir werden es sicherlich brauchen können. Außerdem erwähnte er noch einen Isleif Olgardsson aus Felsteyn, der über dieses Schwert Bescheid wissen könnte - mal schaun, was dieser Hinweis taugt.
Bjaki musste noch zum Hafen zurück, um seinem Kapitän Bescheid zu geben und sich seine Heuer auszahlen zu lassen. Wir trafen uns eine Stunde später vor dem Travia-Tempel. Ich staunte nicht schlecht, als unser Thorwaler mit 50 Dukaten ankam. „Wie Ihr seht, kann die Seefahrt ganz schön was einbringen“, kommentierte er stolz, als er uns seine Heuer zeigte. Lornir meinte daraufhin, dass wir gemeinsame Kasse machen sollten, was Bjaki zunächst für einen Scherz hielt. Darauf war es dann Aelil, die wieder etwas Verwirrendes sprach - Bannbaladin oder so ähnlich - und auf einmal hatte Bjaki überhaupt keine Probleme mehr damit, zu teilen. Wir beschlossen, uns zu trennen: Svanja, Bjaki und Isidor sollten das Zeughaus ausfindig machen, während wir anderen drei uns noch ein wenig erholen sollten. Allerdings erwiesen sich die Ortskenntnisse der beiden Thorwaler und unseres Gauklers als ein wenig eingerostet - im Abstand von ein paar Stunden kamen sie immer wieder zum Tempel zurück, ohne das Zeughaus gefunden zu haben. Und zu alledem hatte sich Svanja auch noch ihren Anteil von Bjakis Heuer komplett stehlen lassen! Immerhin, heute Mittag hatten wir dann endlich das Zeughaus gefunden und konnten uns halbwegs ausrüsten Ich wollte noch ein letztes Mal den Travia-Tempel aufsuchen, um meine Notizen zu komplettieren.
Das war sie also, unsere Truppe! Zwei Thorwaler, jung, unerfahren, alle Fähigkeiten bis auf Raufen und Saufen ausbaufähig. Ein Gaukler Mitte, Ende 30, der zwar ganz flink und schlau zu sein scheint, aber dem es wohl ebenso an Kampferfahrung fehlt wie all den anderen. Ein Druide, wie Lornir selbst von sich redet. Unbeweglich, nicht mehr der Jüngste, aber mein Gefühl sagt mir, dass wir ihn noch brauchen werden. Und dann ist da noch Aelil, die Elfe aus dem eisigen Norden. Sie scheint mir gegenwärtig die zuverlässigste Hilfe zu sein. Immerhin hat sie bewiesen, dass sie mehrere Hundert Meilen allein bis nach Thorwal reisen konnte. Wenn ich diese Zeilen zu Ende geschrieben habe, kann die Suche nach der Schicksalsklinge beginnen…
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#12
Abseits der Küstenstraße zwischen Thorwal und Vaermhag, 29. Efferd (Praiostag)
„Dann lasst uns das Schicksal in die Hand nehmen“, sprach ich zu meinen Gefährten. „Verratet Ihr uns auch, wo es hingehen soll?“, wollte Bjaki wissen. „Nach Wärmhag“, versuchte ich zu antworten, aber offensichtlich verstand mich keiner. Verwirrt schauten sich alle an. Isidor warf ein, die Verständnisschwierigkeit könne an meiner Aussprache liegen, worauf die drei Thorwaler zu überlegen begannen. Zuerst war es Svanja, die die Stille durch ein herzhaftes Lachen brach. „Waldschrat, du hast vielleicht eine lustige Aussprache!“ Mit flüchtigem Blick wandte sie sich Bjaki und Lornir zu und faselte was ziemlich Schnelles, das ich nicht verstehen konnte. Wieder mir zugewandt, sagte sie: „Du meinst sicherlich Vaermhej“ - „Wenn du das sagst“, antwortete ich zustimmend. Jetzt hatten es auch die anderen beiden Einheimischen begriffen. „Wärmhag“, fing Bjaki zu grölen an, und selbst unser Druide konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Wie dem auch sei, ich lerne ja gerne hinzu. Und wenn ich dabei noch zur allgemeinen Erheiterung beitragen kann, soll’s mir recht sein. Besagter Ort schreibt sich übrigens Vaermhag. Aelil wies zwar noch darauf hin, dass der kürzeste Weg nach Felsteyn durch das Bodirtal gehe, aber ich hatte ja auch meine eigenen Pläne, und da mir die Führung anvertraut war, musste ich mich glücklicherweise nicht weiter rechtfertigen. Es gab keinerlei Widerspruch.
Wir verließen Thorwal gen Norden. Den Weg würde ich weniger eine Straße, sondern eher eine Art „Piste“ bezeichnen. Straßen! Ich musste an meine Heimat denken, wo gut ausgebaute Reichsstraßen der Normalfall sind. Aber bis dahin ist es im wahrsten Sinne des Wortes noch ein weiter Weg.
Zeitig vor Einbruch der Dunkelheilt hielt ich die Gruppe an, ein Nachtlager aufzuschlagen. Eine Dünenkette, die unmittelbar vor uns lag, bot sich gerade dazu an, da der Platz dahinter, direkt am Meer, die Möglichkeit gewährte, ein Feuer zu machen, das von der Straße aus nicht sichtbar wäre und somit einen guten Schutz für die Nacht böte. Wir verließen also die Straße und suchten den Strand auf. Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen, sodass es recht schnell kühl wurde. „Wir haben noch eine gute Stunde bis es dunkel wird. Lasst uns keine Zeit verschwenden“, ermahnte ich meine Mitstreiter. Die Aufgaben waren schnell verteilt. Bjaki und Isidor machten sich auf die Suche nach Feuerholz, Aelil hielt vorerst die Stellung am Lager und Lornir machte sich auf, die Gegend nach Kräutern abzusuchen. Ich versuchte, was Essbares zu erledigen. Als ich nach einer Stunde - zu meiner Schande muss ich gestehen - leider erfolglosen Jagd zurückkehrte, war es bereits dunkel. Zum Glück haben wir in Aelil eine erfahrene Waldläuferin in der Gruppe. Mit ihrem Speer erlegte sie einige Fische, sodass wir nicht hungern mussten. „Passend zum heutigen Fischerfest“, zeigte sich Svanja erfreut.
Wir sitzen gemütlich am Feuer. Inzwischen ist auch Lornir wieder zurück - seine Suche verlief ebenfalls glücklos. Ich liege auf meinem Schlaflager und schreibe noch ein wenig. Dabei genieße ich das Rauschen der Wellen. Herrlich, wie die Gischt schäumt, die Möwen kreischen und es überall nach Salz riecht! Isidor jongliert vor sich hin. Obwohl er, seinem Können nach zu urteilen, dieses Kunststück gewiss schon einige hunderte Male zuvor ausprobiert hatte, wirkt er begeistert wie ein Kind, das seit gestern erst weiß, was ein Ball ist. Währenddessen stopft Lornir gemütlich seine Pfeife und wärmt sich am Feuer. Svanja steht treu auf der Düne, die über unserem Lager herausragt und hält die Stellung. Aelil musiziert auf einer Flöte - oder besser gesagt, ihrem Iama, dem Seeleninstrument der Elfen, wie ich mich habe belehren lassen. Noch nie habe ich so wundervolle Klänge gehört. Ihr Flötenspiel hat eine wunderbar beruhigende Wirkung, die all die Sorgen der letzen Wochen und Monate vergessen zu machen scheint. Bjaki trinkt genüsslich Premer Feuer und ist gerade dabei, mit Lornir eine Debatte über Thorwaler Schmiedekunst anzuzetteln. Meeresrauschen, Flötenklänge, Feuerknistern - das Leben kann so angenehm sein. Leben! Hatte ich die letzte Zeit über total vergessen, was das überhaupt ist. Hoffentlich bleibt es noch möglichst lange so entspannt. Gute Nacht!
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#13
Dein Reisebericht liest sich wirklich schön, Fionlaighri! Da bekommt man glatt Lust, selber wieder auf Wanderstab in die Hand zu nehmen, durch Wald, Feld und Wiesen zu streifen und sich abends gemütlich am Feuer zu unterhalten und die müden Glieder zu recken.
Hallo, ich bin's - der Bart von Fidel Castro. Und mir ist total langweilich nie geschnitten wurde.
I'm a roleplayer. My dice are like my relationships: platonic and unlucky.
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#14
@Hendrik
Ja, Lagerfeuer hat was Faszinierendes. Sollte meine Party nicht allzufrüh das Zeitliche segnen, dann könnte es mit der Lagerfeuerromantik noch ein wenig weitergehen :)

Vaermhag, 30. Efferd (Rohalstag)
Was für ein Rückschlag! Vielleicht soll es einfach nicht sein. Das einzig Gute an dem heutigen Tag ist, dass ich heute Nacht ein Bett habe. Dabei hatte alles so viel versprechend angefangen. Früh am Morgen wurde ich von den ersten Strahlen der Sonne geweckt, die durch einige Möwen lautstarke Unterstützung erhielten. Es war der letzte Efferdmorgen in diesem Jahr. Nach einem kargen Frühstück setzten wir unsere Reise fort und erreichten gegen halb fünf mittags das Fischerdorf Vaermhag.
Während der Wanderung nahm mich unsere Thorwalerin zur Seite und stellte mir eine Frage, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: Was ich von Bragan wolle, wollte sie wissen. Ich versuchte den Ahnungslosen zu spielen, aber ich konnte ihr nichts vormachen. „Ich will dich nicht enttäuschen Fion“, sagte sie, „aber Bragen ist häufig unterwegs. Es kann sein, dass wir ziemlich lange warten müssten, bis er wieder auftaucht. Zu lange.“ Ich wollte das nicht glauben. Dementsprechend sank auch die Stimmung innerhalb der Gruppe. In Vaermhag angekommen, suchten wir die Dorfschänke auf, wo Svanjas Vermutung von den Ortsansässigen bestätigt wurde. „Ich kann dir auch sein Haus zeigen, wenn du den Dorfbewohnern nicht glaubst“, sagte sie genervt. Ich willigte ein. Sie führte uns zu einem verlassenen Steinhaus am Dorfrand. Überall an den Wänden waren Spinnenweben zu sehen. Ich fragte Svanja, woher sie denn so gut über Bragan Bescheid wisse, worauf sie mir entgegnete, dass sie gerne einmal Tätowiererin geworden wäre, Bragan jedoch bereits einen Lehrling gehabt hätte. Somit sei ihr nichts anderes übrig geblieben, als nach Thorwal zu gehen, und zu warten, bis Bragan einen neuen Schüler einstellen würde. Sie entschloss sich, als Schankmagd zu arbeiten, um möglichst auf dem Laufenden zu bleiben. Allerdings entschied sich Bragan gegen einen Lehrling und brach stattdessen zu einer Reise auf, von der er bis heute noch nicht zurückgekehrt ist.
Die Tür war verriegelt. Ein kleiner Zettel hing davor: ‚Bin bis auf Weiteres unterwegs. Bragan.‘ Also doch. Schließlich war es Aelil, die das Wort ergriff und mich erneut fragte, was ich von Bragen wolle. „Das ist doch sonnenklar“, schaltete sich unser vorlauter junger Krieger ein, „er will sich noch ´n Bildchen stechen lassen.“ Isidor widersprach ihm sofort. „Fion immer Köcher tragen um Schulter. Fion will Bild verbergen. Fion eher wollen Bild verschwinden lassen.“ Wir alle zeigten uns erstaunt über Isidors Klugheit. „Ich kann euch ja doch nichts vormachen, und dir Isidor, schon zweimal nichts“, antwortete ich wie jemand, der versucht, alles was entspannter zu sehen. Ich denke, dass ich der Gruppe ein wenig Vertrauen schuldig bin. „Ihr seid doch von hier. Bragan ist der beste Bilderstecher weit und breit. Kennt Ihr trotzdem niemanden, der das noch einigermaßen könnte?“ Auf Anhieb fiel Bjaki nur Swenjar Haldason ein - allerdings wohnt der in Overthorn, was eine ziemliche Entfernung darstellt. Nach einem kurzen Moment der Stille kam Svanja ein „Naja“ über die Lippen. Wie gespannt schauten wir sie alle an, was jetzt kommen würde. „Ich habe in den ‚Vier Winden‘ gehört, dass Bragans Lehrling sich in Daspota niedergelassen haben soll. Das wäre nicht so weit…“ - „Daspota“, wiederholte Lornir besorgt. „Wir sollten diesen Ort besser meiden. Dieses Nest ist voll von Piraten und dergleichen. Unser Auftrag ist zu wichtig. Zu viel Wind könnte uns schaden - aber es ist Eure Entscheidung, Fion.“ Ich ließ mir von Lornir die Karte zeigen. „Wenn ich es recht sehe, führen beide Wege - nach Daspota und nach Felsteyn - über Varnheim“, entgegnete ich. „Lasst uns zunächst nach Varnheim reisen. Dort werde ich eine Entscheidung treffen.“ Damit konnten alle leben.
Bjaki steuerte den Hafen an und siehe da, wir hatten Glück! Unser Thorwaler vereinbarte mit einem Kutterführer, dass er uns für 32 Heller morgen früh nach Varnheim mitnimmt. Nach einer deftigen Hausmannskost habe ich es mir hier im Schlafsaal der Dorfherberge gemütlich gemacht. Lornir, Svanja, Bjaki und Isidor sind nochmals im „Küstennebel“ - der hiesigen Dorfschänke. Aelil hat sich mit ihrem Iama an den Strand gesetzt und musiziert. Während ich schreibe, lausche ich dieser faszinierenden Musik. Es ist, als würde ich die Welt mit all ihren Sorgen rings um mich herum vergessen.
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#15
Abseits der Küstenstraße zwischen Varnheim und Daspota, 1. Travia (Feuertag)
Heute müssen wir wieder im Freien übernachten. Ich bin es ja gewohnt, aber meinem ein- oder anderen Mitstreiter geht das aufs Gemüt. Wird sich wahrscheinlich (besser gesagt: hoffentlich) noch ändern.
Wir verließen Vaermhag früh am Morgen auf dem Kutter „Salzhaven“. Efferd ist vorbei. Der Traviamond hat begonnen. „Tag der Heimkehrer“ feiern die Thorwaler heute. Ob ich auch jemals wieder heimkehren kann? Der Küste entlang nahmen wir Kurs auf Varnheim. Der Wind stand gut, was sich positiv auf unsere Reisegeschwindigkeit auswirkte. Isidor und Bjaki standen die Fahrt über vorne am Bug, wobei Bjaki unseren Gaukler durch einen leidenschaftlichen Vortrag in den Künsten der Seefahrt unterwies. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass sich Isidor nicht zum ersten Mal auf einem Schiff befand. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass ich der Einzige war, für den es die erste Bootsfahrt bedeutete. Während im Osten das Ufer an uns vorbeirauschte, war es, als starrte von Westen her die windige, offene See auf uns. Irgendwas war da draußen. Ich spürte es. Schauer befielen mich bei diesem Gedanken, sodass ich die Gesellschaft meiner Kameraden aufsuchte, um möglichst schnell wieder auf andere Gedanken zu kommen.
Gegen Nachmittag erreichten wir Varnheim. Ich hatte meine Entscheidung getroffen. Unser nächstes Reiseziel sollte Daspota sein. Die Gruppe akzeptierte die Entscheidung, und ohne groß Zeit zu verlieren, machten wir uns auf den Weg. Die Landschaft hier ist deutlich rauer als in der Gegend um Thorwal und mein Gefühl sagt mir, dass es nicht nur bei der Rauheit der Landschaft bleiben wird. Ein Grund mehr, heute Nacht gut zu schlafen. Wir haben unser Lager landeinwärts hinter einem Hügel aufgeschlagen. Aelil spielt keine Flöte, und auch unser Feuer halten wir klein. Bjaki schiebt Wache, während wir andere, von unseren Decken umhüllt, zu schlafen versuchen. Tag der Heimkehrer - hoffentlich ist es bald soweit.
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#16
Abseits der Küstenstraße zwischen Daspota und Varnheim, 2. Travia (Wassertag)
Das erste Gefecht ist geschlagen! Fragt sich nur, ob es mit Erfolg gekrönt ist, oder nicht. Die Lage ist ernster denn je, aber ich beginne von vorne.
Heute Mittag erreichten wir Daspota. Nachdem wir die Warnung eines Berufsgenossen, den wir auf dem Weg trafen, uns Daspota zu nähern, in den Wind schlugen, mussten wir aufs Äußerste gefasst sein. Ich war fest entschlossen, mit der Vergangenheit aufzuräumen und jene Tätowierung beseitigen zu lassen. Da machte mir eine Warnung keine Angst. Was mir Sorgen bereitete, war der Leichtsinn meiner Gefährten. Vor allem Bjaki und Svanja schienen überhaupt keine Angst zu haben, dabei hatten sie offensichtlich beide in ihren noch jungen Leben noch überhaupt keine Kampferfahrung vorzuweisen, abgesehen von ein paar Schlägereien. Meine übrigen drei Gefährten erweckten ebenfalls den Anschein, dass sie noch nie in einen Kampf verwickelt waren, schienen jedoch zumindest den notwendigen Respekt vor ihrer unmittelbar bevorstehenden Feuertaufe als Helden des Hetmanns zu haben.
Was für ein Nest, dieses Daspota! Glücksspiel, Sauferei und Dirnen an jeder Ecke. Widerlich. Unsere Thorwalerin führte uns zu Bragans ehemaligem Gesellen. Wir klopften an und wurden mit einem „Ich kenne Euch gar nicht begrüßt“. Mir juckte es in der Kehle zu antworten, dass er uns ja kennenlernen könne, rang mich dann schließlich doch zu einem „Aber wir haben schon viel von Euch gehört“ durch. „Doch hoffentlich nur Gutes“, entgegnete dieser Vogel und ich fügte hinzu: „Vor allem über Eure Hautbilder“. Wir diskutierten noch kurz, aber er ließ sich einfach nicht überzeugen, mir meine Tätowierung zu entfernen. Dann ist mit der Geduldsfaden geplatzt und ich sagte bestimmt, dass er sich nicht so anstellen solle. Daraufhin war er nicht sicher, ob wir Spione seien, jedenfalls dürfe er keine Risiken eingehen und griff zur Waffe. Ich griff zum Köcher, legte einen Pfeil auf die Sehne meines Bogens und feuerte ab. Zwei weitere Pfeile folgten, sodass er relativ schnell die Flucht ergriff. Sein Gefährte hatte weniger Glück. Svanja, Bjaki, Aelil und Isidor umzingelten ihn und schickten ihn schließlich zu Boron. Doch unser Kampfesglück blieb nur von kurzer Dauer. Wir blickten uns noch nach Informationen in der Hütte um - Lornir hatte eine Sichel gefunden, die sich seiner Meinung nach hervorragend zum Sammeln von Pflanzen eignet und Svanja steckte ein Kurzschwert ein, da sie im Rondra geboren ist und fortan den Schwertkampf erlernen will - da stand schon der nächste Ärger bevor. Mit letzter Kraft schleppte sich Bragans Geselle in die gegenüberliegende Schänke „Hagen-Hugo“. Ein Kerl mit einem Ohrfeigengesicht kam auf uns zu und meinte zu uns: „Zur falschen Zeit am falschen Ort, ihr Kinderschrecks.“ Das war zu viel für Bjaki. Motiviert durch unseren schnellen Erfolg erlag er seinem Jähzorn und entgegnete, dem Kerl, dass er dies in der Tat sei. Hinzu fügte er, was wir alle dachten. Backpfeifengesicht. Damit war das nächste Gefecht nicht mehr zu verhindern.
Diesmal hatten wir es mit fünf Gegnern zu tun, die sich allesamt als hervorragende Messerwerfer herausstellten. Vieles lief ungut für uns. Zunächst scheiterte Lornir permanent mit seinen Zaubersprüchen. Was auch immer er vorhatte, es erwies sich als erfolglos. Stattdessen hagelte es permanent Wurfmesser auf uns. Aelil schleuderte schließlich zweimal einen magischen Donnerkeil auf einen der Gegner, sodass dieser daraufhin schnell die Flucht ergriff. Bragans Geselle schloss sich ihm an. Währenddessen bekam ich einen riesigen Schrecken, da Isidor schreiend zu Boden sackte. Lornir änderte daraufhin seine Taktik und schleuderte magisches Blendwerk gegen zwei Gegner. Inzwischen fiel auch Bjaki zu Boden und stand nicht mehr auf. Ein hitziger Kampf entwickelte sich auf Leben und Tod. Lornir wollte sich zurückziehen, entschied sich aber, uns nicht im Stich zu lassen. Er war der Nächste, der fiel. Kurz darauf brach auch Aelil zusammen. Mit letzter Kraft schlugen Svanja und ich die letzten beiden Gegner in die Flucht.
Wir rangen nach Luft. Lange hätten wir auch nicht mehr ausgehalten. Ich hatte noch zwei Pfeile im Köcher. Erst jetzt begannen wir, die Situation zu realisieren. Vor uns lagen, neben der Leiche eines Piraten, vier unserer Gefährten regungslos auf dem Boden und wir wussten nicht, ob sie tot sind. Ich besann mich zuerst, während Svanja kämpfte, in einen Weinkrampf auszubrechen. Das war offensichtlich doch alles zu viel für sie. Ich fühlte den Puls unserer Mitstreiter und - Tsa sei Dank - sie leben noch! „Was ist?“, schluchzte Svanja. „Sind sie…“ Weiter kam sie nicht, denn blitzschnell hielt ich meine Hand auf ihren Mund. Draußen waren Stimmen zu hören, die sich der Schänke näherten. Ich zog Svanja beiseite und wir versteckten uns hinter einem Schrank. Schwere Soldatenstiefel waren draußen zu vernehmen. „Was hältst Du von ´nem Besuch im ‚Haken-Hugo?“ - „Gerne.“ Die Tür öffnete sich. Zwei Thorwaler Recken betraten die Schänke. Ich hörte Svanjas und mein Herz klopfen hinter dem Schrank. „Na, ich glaub‘, die Feier is schon vorbei.“ - „Lass uns geh’n. Verdammt. Immer kommen wir zu spät.“ Die Tür schloss sich. Jetzt gab es für Svanja kein Halten mehr. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. „Hej, unsere Gefährten sind nicht tot, sie leben!“ - „woher weißt du das?“ - „Ich habe ihren Puls gefühlt.“ - „Puls?“ - „Erklär ich dir ein andermal. Schnapp‘ dir Isidor, der ist leicht und folge mir möglichst unauffällig.“ Ich selbst nahm Aelil auf meine Schultern. Da es mittlerweile spät geworden ist, schleppten wir Isidor und Aelil im Schutz der Dunkelheit aus Daspota heraus. Unmittelbar hinter dem Ortsausgang, an einem windgeschützten Hügelvorsprung weit abseits der Straße schlugen wir ein Lager auf. Ich hieß Svanja ein Feuer machen und sich um unsere beiden Bewusstlosen kümmern. Währenddessen schlich ich mich zurück und holte zunächst Lornir, danach Bjaki aus der Kneipe heraus.
Wir hatten verdammtes Glück gehabt. Das Schicksal Thorwals hätte in der Schänke „Haken-Hugo“ fast ein jähes Ende gefunden. Svanja und ich werden uns mit der Wache heute Nacht abwechseln. Wenn es ruhig bleibt, dürften die vier morgen früh wieder bei Bewusstsein sein. Bliebe nur noch der Tagesmarsch nach Varnheim…und ich habe nur noch zwei Pfeile.
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#17
Varnheim, 3. Travia (Windstag)
Varnheim sicher erreicht! Alle Gefährten sind wieder bei Bewusstsein. In Varnheim angekommen, haben wir sofort die Beute verschachert, und sind jetzt rund 250 Dukaten reicher! So viel Geld hatte ich noch nie zuvor gesehen. Heute ist in der Tat „Tag der eingebrachten Früchte“. Zur Feier des Tages haben wir die teuersten Räumlichkeiten der hiesigen Herberge gemietet und lassen es uns erstmal gutgehen.
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#18
Unterwegs zwischen Varnheim und Auplog, 4. Travia (Erdstag)
Nach einem ausgezeichneten Frühstück verabschiedeten sich Aelil und Lornir, da sie noch einige Besorgungen zu erledigen hatten. 10 Uhr trafen wir uns vor dem Travia-Tempel, um nach Auplog zu marschieren, der ersten Etappe auf unserem Weg zu Isleif Olgardsson. Zu unserer aller Überraschung kam Bjaki mit einem Kriegsbeil an, das er beim hiesigen Waffenhändler kaufte. Stolz wie ein kleines Kind präsentierte er es uns. Svanja konnte sich einen stichelnden Kommentar nicht verkneifen. Was er denn damit wolle, fragte sie ihn spöttisch. Er solle erst mal lernen, ein Skraja zu führen. „Du wirst schon noch sehen“, antwortete Bjaki beleidigt. „Ich hab’s in Daspota geseh’n“, gab die blonde Thorwalerin zurück, „als Fion dich bewusstlos aus der Taverne getragen hat.“ - „Was willst du?“, entgegnete unser Jüngster. „Ist doch alles gut gegangen.“ - „Gut gegangen?“, mischte ich mich ein. „Ich muss Svanja beipflichten. Wir wären fast alle drauf gegangen, und das nur, weil du deinen Jähzorn nicht im Griff hattest.“ - „Ich meinen Jähzorn nicht im Griff? Hättest du dich bei diesem Tätowierer diplomatisch gezeigt…“ - „Ich zeig dir gleich ganz diplomatisch“, entgegnete ich aufgebracht. Ich war dabei, mich von Bjakis Jähzorn anstecken zu lassen und viel hätte nicht gefehlt, wäre uns Lornir nicht in die Parade gefahren. „Schluss jetzt“, sagte er bestimmt. „Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft. Nur gemeinsam haben wir eine Chance. Vergesst das nicht.“ Das hatte gesessen. Lornir setzte noch einen drauf: „Svanja, Fion. Isidor, Aelil, Bjaki und ich verdanken Euch unser Leben. Als Ältester der Gemeinschaft schlage ich vor, dass wir uns gegenseitig duzen. Macht Bjaki sowieso schon, aber ich wollte es jetzt offiziell anbieten.“ Erstaunt und erfreut nahmen wir Lornirs Angebot an und machten uns auf den Weg nach Auplog.
Die Reise verlief bislang ohne besondere Vorkommnisse, allerdings sind wir alle sehr müde, da ich die Gruppe zu einem Gewaltmarsch angespornt habe. Daspota hatte uns viel Zeit gekostet, die es jetzt wieder reinzuholen gilt.
Wir sitzen am Lagerfeuer und lauschen Aelils Flötenklängen. Gerade eben ist Lornir von der Kräutersuche zurückgekehrt - und dank der Sichel des Tätowierers sogar recht erfolgreich. 2 Donfstengel, 2 Shurinknollen, 1 Einbeere und 1 Jorugawurzel habe er gefunden, wie er stolz verkündete. Wenn alles gut läuft, dürften wir morgen Abend in Auplog sein.
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#19
Unterwegs zwischen Varnheim und Auplog, 5. Travia (Markttag)
Endlich wieder am Lagerfeuer! Auf unserer heutigen Etappe hatten wir unerwartet Schwierigkeiten bekommen. Eigentlich wollten wir nur einen Wildbach überqueren, die darüber führende Hängebrücke hatte sich jedoch teilweise aufgelöst. Ich vermute mal, dass aufgrund der Regenfälle der letzten Tage, die den Bach in einen schnell fließenden Fluss verwandelten, die alte Brücke der reißenden Strömung zum Opfer gefallen ist. Lornir meinte, ein Umweg würde uns mehrere Stunden kosten - Zeit, die wir nicht hatten. Ich sah mir die Überreste der alten Konstruktion an. Hammer und Seil hatte ich dabei. Was fehlte, war eine vernünftige Axt. „Was denkst du?“, fragte mich Svanja erwartungsvoll. Widerwillig antwortete ich, da ich wusste, was jetzt kommen würde. „Wir brauchen eine Axt.“ Jetzt war die Stunde des Bjaki Torgesson gekommen. Genüsslich kostete er seinen Triumph aus. Gestern sei schließlich Tag der Helden gewesen, da sei es doch durchaus normal für einen Helden, an solch einem Tag eine heldenhafte Waffe zu kaufen. In weiser Voraussicht habe er gehandelt, gerne will er seine Axt zur Rettung Thorwals der Gefolgschaft zur Verfügung stellen. Svanja erwiderte genervt, er möge ihr die Axt überlassen, denn sie wolle nicht, dass er sich verletze. Glücklicherweise gab es genug Holz für beide zu schlagen. Kaum hatte sich das Geplänkel unserer beiden Thorwaler gelegt, stand der nächste Schock an. Mein Seil reichte nicht! Zum Glück hatte Aelil noch eine Strickleiter im Gepäck, die wir auseinanderknoten konnten. Schließlich gelang es uns, mit dicken Ästen, Seil, Strickleiter und viel Schweiß den Wildbach trockenen Fußes zu überqueren. Ein Bad um diese Jahreszeit hätte mit Sicherheit ´nen Dumpfschädel gebracht.
Leider gibt es heute nichts zu essen, da weder Aelil noch ich erfolgreich bei der Jagd waren. Und das, obwohl wir schon unmittelbar nach der Flussüberquerung auf die Fährte einer Karenherde gestoßen sind. Trotz Verfolgung blieben wir beide leider erfolglos. Hauptsache ist jedoch, dass wir nicht allzu viel Zeit verloren haben. Spätestens morgen sollten wir in Auplog sein, und dann gibt’s auch wieder was zu essen. Lornir hat was von ´ner Schänke namens „Schneller Pfeil“ erzählt. Ich freu‘ mich auf ´nen anständigen Schweinebraten. Varnheimer Holzfisch hängt mir nach den letzten Tagen zu den Ohren raus.
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#20
Auplog, 6. Travia (Praiostag)
Keine nennenswerten Zwischenfälle heute. Gegen vier Uhr nachmittags erreichten wir Auplog. Das Essen im „Schnellen Pfeil“ war ein wahrer Gaumenschmaus. Neben Schweinebraten gab es saftiges Bodirtaler Weißkraut mit Thorwaler Bier und Honigmet. Ich muss sagen, das Thorwaler ist schon nicht schlecht. Kommt zwar nicht ganz an unser helles Ferdoker ran, aber dennoch ein gutes Gerstenbräu. Während der Rest von uns noch bei einem weiteren Bier sitzt, habe ich mich zur Regeneration in den Phex-Tempel zurückgezogen. Lornir hat vorgeschlagen, das Licht des Vollmonds auszunutzen und die Nacht durchzumarschieren. Die Straße am Bodirufer sei in verhältnismäßig gutem Zustand, sodass wir relativ schnell vorankommen sollten. Wenn wir um zehn Uhr nachts losmarschieren, dann müssten wir, wenn man der Erfahrung unseres Druiden Glauben schenkt, morgen Abend in Orkbrand sein. Spätestens in drei Tagen müssten wir Felsteyn erreichen, wo dieser Isleif wohnt. Bin mal gespannt, was uns erwarten wird. Noch drei Stunden, dann geht’s los.
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