02.10.2011, 06:30
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 02.10.2011, 06:33 von Wolverine.)
(01.10.2011, 22:43)Rabenaas schrieb:In der Vergangenheit dürften die Sparer auf sehr lange Sicht im Mittel den besseren Schnitt gemacht haben. Allerdings ist diese magere Warteprämie kaum dazu geeignet, die Zinseszins-Horrorszenarien zu rechtfertigen.(01.10.2011, 13:19)Wolverine schrieb: Wie auch immer man das nun nennen möchte, auf jeden Fall profitiert der Staat(=alle Bürger) permanent von diesem Effekt, die Sparer(=nicht alle Bürger) leiden.Ok, es leuchtet mir ein, dass die Umverteilung situationsabhängig in beiden Richtungen stattfinden kann. Wer bislang im Mittel den besseren Schnitt gemacht hat, bleibt offen.
(01.10.2011, 22:43)Rabenaas schrieb: Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob die bescheidene Rendite für Normalsterbliche auch auf Leute mit echt viel Schotter zutrifft.Solange man sich auf Staatsanleihen beschränkt, hat der Kleinsparer noch am ehesten die Chance, eine Nettorendite zu erzielen, weil sich sein Sparerfreibrag noch deutlich auswirkt. Wie "Leute mit echt viel Schotter" die Abgeltungssteuer oder gar die Inflation umgehen wollten, wüsste ich jetzt nicht. Der Staat bietet auch für Großanleger keine besseren Konditionen (im Gegensatz zu Banken), deshalb werden sich solche Leute eher nach anderen Möglichkeiten umsehen.
(01.10.2011, 22:43)Rabenaas schrieb:(01.10.2011, 13:19)Wolverine schrieb: Damit die Sparer das überhaupt machen, muss der Staat üblicherweise Zinsen mindestens in Höhe der Inflationsrate anbieten.Du meinst, dass Sparer nur sparen, wenn die Zinsen über der Inflationsrate liegen? Ich glaube, dass Millionen Omas und der €400-Jobber auf die paar Kröten Verlust pfeifen, und ihre Ersparnisse auf Sparbüchern mit Zinsen im homöopathischen Bereich liegen lassen.
Nein, ich meinte, dass Sparer, die eine Anlage tätigen und dazu dem Staat Geld leihen wollen, üblicherweise Zinsen oberhalb der Inflationsrate erwarten.
Das Sparer ihr Geld auf einem Konto/Sparbuch liegen lassen, kann ja mehrere Gründe haben:
- Faulheit/Desinteresse
- Wunsch, es jederzeit verfügbar zu halten
- zu kleine Summen (wenn der Ertrag den Aufwand (Parkgebühren, Sprit, Zeitaufwand etc.) nicht rechtfertigt)
und üblicherweise heisst, das aufgrund der Währungskrise derzeit andere Regeln gelten: Momentan hat Sicherheit einen so hohen Wert, dass man lieber (begrenzte) Verluste in Kauf nimmt, als das Risiko, viel mehr zu verlieren.
(01.10.2011, 22:43)Rabenaas schrieb:(01.10.2011, 13:19)Wolverine schrieb: Thema der Videos war, das man mit Geld, Zins und Zinseszins eine Gesellschaft knechten kann, und das daher insbesondere der Zins abgeschafft werden muss. Ich habe hier nur versucht mit ein paar Denkfehlern aufzuräumen und darzulegen, dass Zins/Zinseszins nicht das Grundübel ist und nicht notwendigerweise in die totale Katastrophe mündet.Die Frage ist ja auch die nach einer einer Alternative. Kann eine Wirtschaft jenseits des Tauschhandels ohne Zinsen funktionieren? Scheinbar schon, denn es gibt die Wirtschaft nach den Geboten des Islam ihrem Zinsverbot.
Ich weiss zwar nicht, ob Du das Wörtchen scheinbar absichtlich verwendet hast, in jedem Fall hast Du Recht. Das islamische Bankensystem kommt nur scheinbar ohne Zinsen aus, man hat eine Reihe von Tricks und Kniffe entwickelt, um das Zinsverbot zu umgehen. Teils werden Zinsen auch einfach zu Gebühren umdeklariert.
Beispiel für ein solches Konstrukt (aus Wikipedia):
Wikipedia schrieb:Sachsen-Anhalt hat im Jahr 2004 als erster europäischer Emittent einen Sukuk über 100 Mio. EUR, fällig 2009, ausgegeben. In diesem Anleihekonstrukt wurden schuldrechtlich die Nutzungsrechte am Immobilienvermögen von Sachsen-Anhalt an eine niederländische Stiftung übertragen. Sachsen-Anhalt erhielt dafür eine einmalige Zahlung. Die niederländische Stiftung vermietet das Vermögen gegen jährliche Mietraten an Sachsen-Anhalt zurück, das somit den Zinszahlungen einer normalen Anleihe entspricht. Alle Forderungen der niederländischen Stiftung gegen Sachsen-Anhalt sind ungesicherte und bedingungslose Verbindlichkeiten des Bundeslandes. Am Ende der Laufzeit erwirbt Sachsen-Anhalt die Nutzungsrechte durch einmalige Rückzahlung der Summe aus dem Jahr 2004 zurück.[1] Diese wird an den islamischen Investor weitergeleitet. Auf Umwegen hatte man damit eine festverzinsliche Anleihe.
Allerdings kostet es einige Mühe, sich ständig mit solchen Hilfskonstrukte behelfen zu müssen daher schreibt Wikipedia auch:
Wikipedia schrieb:Das Fehlen eines freien Bankensystems wurde bisher durch die westlich orientierte Volkswirtschaftslehre oft als ein wesentlicher Grund für die geringeren wirtschaftlichen Erfolge islamischer Staaten beschrieben.
Ob das islamische Bankensystem also wirklich
a) zinsfrei und
b) eine funktionierende Alternative
ist, halte ich daher für sehr zweifelhaft.