30.08.2011, 17:55
Boomer schrieb:Man bekommt Anerkennung und Sex wegen eines Autos? Ich kann auf beides gut verzichten, wenn ein Haufen Metall und Plastik der Grund dafür ist. Wieviele würden sich noch ein teures Auto kaufen, wenn es anderen völlig egal wäre? Wieviele würden sich eines kaufen, nur weil sie selber es wollen? Aus sich heraus, nicht weil es von außen suggeriert wird.Was heißt "aus sich heraus"? Es ist gar nicht so einfach herauszufinden, ob jemand das Auto wirklich für sich will oder ob nicht doch ein unbewusstes Bedürfnis nach Anerkennung dahintersteckt. Ich vermute mal, wenn man alle offensichtlichen Fälle wegnimmt, in denen Kompensationen stattfinden, sind im Rest immer noch genügend dabei, wo etwas getan wird, um tatsächlich anderen zu gefallen. Selbst davon überzeugt zu sein, man mache etwas für sich, sagt ja gar nichts aus. (Und letztlich stimmt es ja immer, egal ob ich jetzt "intrinsischen Spaß am Objekt" habe oder ob ich die Anerkennung brauche oder den Sex will. Alles davon ist "für mich", daher lässt sich das leicht sagen.)
Boomer schrieb:Aus nichts entsteht nichts. Werbung kann nur wirken, wenn bereits ein unbefriedigtes Bedürfnis, ein Mangel besteht (wenn also jemand unglücklich ist). Sie lenkt die Aufmerksamkeit von diesem Mangel weg auf käufliche Produkte und verführt durch Versprechungen, dass man genau das haben muss, um glücklich zu sein. Dank Marketing weiß man ganz genau, welche Versprechungen am effektivsten sind - nämlich die, die der Mensch mit seinem Mangel assoziiert. Konsum ist eine Ideologie unter Tausenden, die alle immer das gleiche suggerieren: "Erlösung", die Behebung des Mangels.Rabenaas schrieb:Die Werbung kann keine Grundbedürfnisse schaffen, sondern sie nur ausnutzen.Ich glaube, daß Menschen weit weniger Sachen überhaupt haben wollten, wenn sie die Werbung nicht erst dazu anstachelte. Sie nutzt es aus, daß sie Bedürfnisse weckt, wo vorher möglicherweise gar keine waren.
Boomer schrieb:Es liegt aber immer noch in meinem Ermessen, ob ich als dieser Rohstoff herhalten will, und mich für diesen Verwertungsprozeß ge-/mißbrauchen lasse. Auch da ist vielen ein gesunder Zugang zu den Angeboten abhanden gekommen.Das gilt aber keinesfalls für die Allgemeinheit. Der Mangel macht verwundbar. Immunwerden setzt voraus, dass man sich ihm stellt, ihn identifiziert und sich direkt um ihm kümmert. Stattdessen läuft man oft davon und fixiert sich auf Ersatzhandlungen (oder wird fixiert) wie z.B. den Kauf eines dicken Autos, das den Mangel an Anerkennung beheben soll, dessen Ursache aber tatsächlich ganz woanders liegt.
Der gesunde Zugang war nie da. Es sind nur die Ersatzhandlungen, die mit dem jeweiligen Zeitgeist wechseln. Es geht immer um den Mangel. Der Boden, den er bietet, ist sehr fruchtbar. Darauf wächst fast alles - außer echtem Glück.
Boomer schrieb:Aber vor lauter Streben nach mehr vergessen viele zu schätzen, was sie bereits haben.Und weil das "mehr" alles nur durch Ersatzhandlungen zustande kommt, können sie das natürlich nicht schätzen. Nichts davon ist nämlich, was sie eigentlich wollen. Sie haben faktisch nichts gewonnen.
Es ist wie die Wirkung einer Droge. Irgendwann flaut sie ab und man merkt, dass es das offenbar doch nicht gebracht hat. Und so ist man immer auf der Suche nach dem nächsten Schuss. Ersatzhandlungen machen eben nicht glücklich.
Great people care.