17.07.2011, 15:31
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Der Satz "So wahr mir Gott helfe" im Amtseid des Bundespräsidenten darf weggelassen werden, gehört also eigentlich ursprünglich dazu.Wie zu jeder Vereidigung vor Gericht, ja. Dort kann er sogar stattdessen mit einer beliebigen anderen religiösen Beteuerung, die dem Glauben des Einzelnen entspricht, bekräftigt werden. Dem Einzelnen - hier: als Präsident Gewählten - wird aber in keiner Weise eine Religion aufgedrängt. Es wird nur davon ausgegangen, daß die meisten deutschen an einen Gott glauben, weshalb das als Regelfall angesehen wird. Hierin liegt m.E. keine Verschmelzung von Staat und Religion. Eher problematisch ist die Präambel des GG, die einen Gottesbezug enthält. Aber auch der ist historisch bedingt und mehr Ausdruck der christlichen Prägung der Kultur und Traditionen, als einer gesetzlich verordneten Gottesunterworfenheit des Staates und seiner Bürger. In der EU-Verfassung hätte kein Gottesbezug mehr gestanden.
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Der Staat erhebt für die Kirche eine Steuer.Aber nicht nur für die christliche Kirche, sondern für alle Religionsgemeinschaften, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannt sind, wenn sie das wollen. Die Möglichkeit anerkannt zu werden hat unter gleichen Voraussetzungen jede Religionsgemeinschaft (Art 140 GG iVm Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV). Doie Kirchen sind damit zwar formell Bestandteil des Staates (öffentlich-rechtlich), aber materiell sind sie gerade keine Staatskirchen, sondern die Organisation bleibt staatsfern (Art. 137 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 WRV). Gerade diese Bestimmungen legen die Trennung von Staat und Kirche fest.
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Bei der Besetzung des Deutschen Ethikrats scheint es Pflicht zu sein, auch Theologen aufzunehmen?Was auch angemessen ist. Die abendländische Ethik ist durch die christlichen Religionen mitgeprägt. Das ist eine objektive Tatsache, der man Rechnung tragen muß, wenn man ethische Fragen behandelt. Es ist bei Gremien dieser Art üblich, daß Vertreter aller gesellschaftlich relevanter Gruppen beteiligt sind.
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Es gelten christliche Feiertage, mit Unterschieden in einzelnen Bundersländern (je nachdem wie "katholisch" die Bevölkerung ist).Die Feiertage sind traditionell. Die christliche Prägung unserer Kultur muß der Staat nicht verleugnen, um neutral zu sein. Es sind auch nicht-christliche Tage Feiertage und christliche Feiertage sind teils keine gesetzlichen mehr. Daran sieht man schon, daß es um diejenigen Tage geht, die für eine große Masse der Bevölkerung eine Bedeutung haben. Der Staat knüpft an das Faktische an.
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Religiöse Symbole in staatlichen Gebäuden hast du angeschnitten.Die finde ich selbst problematisch, wenn sie an Stellen Hängen, an denen staatliche Macht ausgeübt wird, also in Schulen (Schüler stehen in einem besonderen Gewaltverhältnis zum Staat), bei der bundeswehr oder in Gerichtssäälen. Weil es einzelne problematische Bestimmungen und Praktiken gibt, bedeutet das aber nicht, daß der Staat insgeamt nicht sekular wäre.
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Religionsunterricht steht fest im Lehrplan staatlicher Schulen (katholisch oder evangelisch, nicht aber jüdisch-orthodox oder sunnitisch).Niemand wird zum Religionsunterricht gezwungen. Darüber entscheiden allein die Erziehungsberechtigten (Art. 7 Abs. 2 GG). Daß es keinen muslimischen Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach gibt, leigt daran, daß die Muslime bis heute es nicht geschafft haben, sich als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkennen zu lassen (vielleicht wollen sie es auch nicht). Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG spricht jedenfalls nicht vom christlichen Religionsunterricht, sondern davon, daß er in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschften erteilt wird. Auch hier zeigt sich, daß alle Religionsgemeinschaften prinzipiell gleichberechtigt werden. - Wer eine Außenseiterreligion hat, kann auf den Ersatzunterricht (Ethik etc.) ausweichen und sich privat in den Lehren seines Glaubens unterrichten lassen. Der Staat kann nicht Religionslehrer für jede kleine Glaubensgemeinschaft bereitstellen. Das Kriterium ist die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Körperschaft.
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Mittlerweile ist Religionsunterricht hoffentlich in allen Bundesländern freiwillig?Das ist er im ganzen Bundesgebiet seit Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes am 23.5.1949 (Urfassung des GG).
(17.07.2011, 15:02)Boneman schrieb: Laizistisch würde ich Deutschland jedenfalls nicht nennen.Er ist religionsmäßig neutral, weil es keine Staatsreligion gibt.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."