(17.07.2011, 10:45)Boneman schrieb: Wenn du ihnen das absprechen willst, weil du als intelligenter Mensch ihre wahren Motive erkannt zu haben glaubst, verstößt du gegen die Glaubensfreiheit. Und eine Nation, die die Trennung von Kirche und Staat nicht ordentlich durchsetzen will, muss dann eben mit Nudelsieben auf Personalausweisfotos leben.Jein. Die Grenzen der Glaubensfreiheit sind weit und auch persönliche Überzeugungen, die nicht zu den anerkannten bzw. hergebrachten Religionsgemeinschaften gehören, sind zu respektieren. Insoweit ist das richtig. Wenn jemand bestimmte religiöse Lehren als für sich verbindlich ansieht, ist das auch dann zu respektieren, wenn man sich als Andersdenkender nur an den Kopf fasst.
Aber der Staat muß und darf nicht jeden Spaß mitmachen. Nicht jede Spinnerei ist deshalb ohne weiteres als Glaube anzuerkennen. Er kann und muß nach sachlichen Kriterien beurteilen, ob ein Vorbringen insoweit schlüssig und glaubwürdig ist. Was anerkennenswerte "Glaubensgründe" sind, kann nicht völlig unkontrolliert jedem Einzelnen überlasen bleiben. Das ist vielmehr ein materielles Kriterium, das sehr wohl der objektiven Nachprüfbarkeit (letztlich vor Gericht) zugänglich sein muß. Ähnliches hat der Staat auch bei Wehrdienstverweigerungen - wenn auch zunehmend großzügiger - getan, als es um die Frage ging, ob jemand echte Gewissensgründe hat oder nur vorgeschobene.
Und wenn jemand mit solch einem "außergewöhnlichen Glauben" daherkommt, dann müssen eben die Darlegungsanforderungen an das persönliche Empfinden der Verbindlichkeit hinsichtlich der Glaubensgrundsätze und an einen Kern an ernsthaften Lehren, aus denen dieser Glaube besteht, entsprechend hoch sein. Ich habe zumindest dem verlinkten Artikel nach nicht den Eindruck, daß entsprechende Maßstäbe hier angelegt wurden. Es klingt dort eher so, als habe man letztlich nachgegeben, weil es der einfachste Weg war und es ja nicht viel schadet.
Hier halte ich es für relativ klar erkennbar, daß es darum geht, ein politisches Zeichen zu sezten, d.h. über den Mißbrauch einer - für sich genommen nötigen - Ausnahmebestimmung eine verbindliche Norm zu umgehen, um Protest zum Ausdruck zu bringen. Und davor sollte der Staat sich schützen, denn für demokratisch legitimen Protest gibt es andere Mittel.
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."