(01.09.2010, 00:06)Boneman schrieb: Glaubst du, wenn das Kind den Müll runtergetragen oder den Spinat gegessen hat, dass der Papa dann plötzlich wieder Lust hat zu spielen?Nö Papa hat vielleicht keine Lust drauf, aber wird den Einsatz des Kindes anerkennen und wieder ein wenig mit ihm spielen.
Klar sollte das Kind auch mit sich selbst was anfangen können, aber wenn es grad nicht will? Dann quengelt es womöglich ein wenig und dann? Soll Papa gleich wieder springen?
Zitat:(Es sei denn, es gehört zur extravertierteren Sorte Mensch. Dann sollte es natürlich <i>auch</i> in der Lage sein, sich ne Zeit lang allein zu beschäftigen, aber so lange wie bei einem eher introvertierten wird es das wohl nicht können ohne dass es sich langweilt. Dafür macht man sich beim introvertierten eher Sorgen, weil es so eigenbrötlerisch wirkt. )Extrovertiert, introvertiert... Wie war das mit dem Fass?
Zitat:Aber wie auch immer, ich sehe den Zusammenhang zum Schreien-lassen nicht, soll heißen: Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun.Aus meiner Sicht schon, weil das meine Schlussfolgerung ist, wenn man das Kind "auch mal schreien" lässt.
Zitat:Aus meiner Sicht sollten sich diese Fragen mit der Klarstellung, dass "nicht ignorieren" nicht "alles machen, was das Kind verlangt" oder "dem Kind alles durchgehen lassen" bedeutet, erledigt haben, oder? Wenn nicht, solltest du sie vielleicht anders formulieren, denn so wüsste ich nicht, was ich darauf zusätzlich zum bereits Gesagten antworten soll.Du könntest mir zum Beispiel die Frage beantworten, wie du den Kind Grenzen aufzeigen willst.
Zitat:Die Erfahrung mit Kindern hilft da wahrscheinlich weniger bis überhaupt nicht. Ich kann sogar nachvollziehen, dass das eher von meiner Position wegführt. Ich tue mich selber schwer mit der Sorte "AK".Zum einen: Unsere Argumentation besteht NICHT darin, das Kind bei jeder möglichen Gelegenheit schreien zu lassen sondern einzig und allein dann, wenn die Eltern (denn die können das am besten Einschätzen) das Gefühl haben, das sie vom Kind veräppelt werden.
Ich spreche von eurer Erfahrung als Kind, von eurer eigenen Kindheit. Darüber, meinte ich, sollt ihr mal nachdenken. Prinzipiell bezieht sich alles, was ihr über die bösen Kinder sagt, ja auch auf euch selbst! - Ich hoffe also, eure Eltern haben euch lange genug schreien lassen, um euch den Egoismus auszutreiben. Je länger ihr als Kinder schreien musstet, um so altruistischer sollte eure Einstellung heute ja sein. (Hey, was denn? Ich versuch auch nur mal, eure Argumentation konsequent zu Ende zu führen. Und für "meine" Fraktion: Natürlich glaube und hoffe ich das nicht. )
Zum zweiten: Ich war schon immer ein recht ruhiges Kind, z.B. eines der wenigen, die auf der Säuglingsstation fast nie geschrieen hat. Aber daran kann ich mich natürlich nicht mehr erinnern.
Ansonsten hatte ich auch ne echt tolle Kindheit. Ich durfte alles mögliche machen, aber Mama war trotzdem immer da. Was natürlich nicht heißt, dass ich mir erlauben durfte, ihr ständig "auf die Nerven zu gehen" (in dem Sinne, dass ich sie ständig belagert habe) oder dass sie ständig nach mir schaute, wenn irgendwas war. Richtig geschimpft wurde ich vllt 5 mal.
Und das ist auch die Kindheit, die ich unter einen Optimum verstehe: Genug Freiraum wir Kind und Eltern, aber wenns drauf ankommt, müssen die Eltern eben da sein...
Zitat:Theoretisch? Mal so sagen: Klar, ich beschreibe mal wieder nur eine Seite, nämlich wie man es todsicher falsch macht. Das ist auch relativ leicht einzusehen, wenn man sich in die Lage eines kleinen Kindes hineinversetzen kann (vor allem dessen, das man selbst einmal war!) - woran ich hier tatsächlich zweifle, denn bisher ist z.B. noch niemand auf Rabenaas' und meine Ausführungen über die Angst des Kindes eingegangen (oder habe ich etwas überlesen?). Wie man es besser machen kann, kann ich dagegen kaum sagen; da fehlt mir dann tatsächlich die Sorte Erfahrung, die du gemeint hast. Und selbst wenn man in diesem einen Punkt alles richtig macht, kann man immer noch so viel anderes falsch machen, dass am Ende noch lange nicht alles gut sein muss.(*)Die Angst des Kindes, wenn es beim grundlosen Schreien allein gelassen wird bzw. wenn Mama/Papa schnell schaut, was los ist, aber sich dann wieder verzieht wenn er/sie merkt, dass nichts ernstes ist?
Ich würde behaupten, dass sich die bald legt, selbst wenn das Kind Angst hat (und ich behaupte, dass es beim grundlosen, "ich will Aufmerksamkeit" Schreien keine Angst verspürt), wird es sich anpassen, wenn es merkt, dass ihm nichts böses wiederfahren ist.
Davon abgesehen habe ich bei dir auch das Gefühl, dass du kritische Fragen/Argumente unsererseits ausslässt.
Z.B. die Frage von oben, die ich nochmal expilzit gestellt habe oder wie sich dein Ansatz mit der Wirklichkeit (alleinerziehend, kein Einzelkind, etc.) vereinbaren lässt. OK, du hast da keine Erfahrung, aber weiß die Alice Miller da vielleicht mehr?
Zitat:Ich glaube ja auch nicht, dass man mit einem "Ausrutscher" gleich alles kaputt macht. Das kann gar nicht so sein, da muss dann auch die Natur Mechanismen haben, die das wieder ausgleichen. Ein schlechter Tag der Eltern ist immerhin genauso natürlich. Außerdem lernen Menschen ja nicht gleich beim ersten Mal, wie etwas ist. Vokabeln muss man wiederholen, Formeln muss man wiederholen, das Essen mit Messer und Gabeln muss man wiederholen. "Use it or lose it." Ich gehe davon aus, dass sich auch das "Erleben"/die Auswirkungen der Verwahrlosung, etc. erst mit der Zeit festigen.OK, dann stellt sich die Frage, ob sich das Kind das "merkt", wenn es mal z.B. ne Woche versucht grundlos zu Schreien, aber ihr die Eltern keine Aufmerksamkeit geben (eben weil es grundlos schreit^^) oder ob es sich "merkt", dass Mama/Papa immer da waren, wenn was wirklich böses (vollgeschissene Windel, etc) war.
Zitat:(*)Kurzer Exkurs: Alice Miller behauptet jedoch, dass, wenn zumindest diese "Todsünde", von der wir hier reden, konsequent vermieden werden kann, der Welt einiges erspart bleiben würde. Zum Beispiel das Phänomen, dass Millionen Menschen einem massenmordenden Diktator hinterherlaufen, weil sie in ihm eine Vaterfigur sehen und das nachholen wollen, was bei ihren eigenen Vätern nicht geklappt hat: ihn beeindrucken, ihm gefallen, seinen Bedürfnissen gerecht werden, damit sie von ihm, ihrem Vater, geliebt werden. Denn wenn ein Mensch nicht als Kind gelernt hat, dass er seine eigenen Bedürfnisse denen seiner Eltern unterordnen muss, um ihre Liebe nicht zu verlieren, werden sie niemandem hinterherlaufen, der ihnen damit droht, sie nicht lieb zu haben, wenn sie nicht tun, was er von ihnen verlangt.
( Das klingt auch in zwei Sätzen nicht ganz abwegig - zumindest für mich, aber ich kenne ja auch die ganze Argumentation. Und da ohne diese Kenntnis eine Diskussion über diese Theorie mit Sicherheit nach hinten losgeht, bin ich dafür, dass wir darauf jetzt nicht eingehen. Aber es steht jedem frei, sich ein eigenes Bild von Am Anfang war Erziehung zu machen.)
Sorry, aber ääääh was?
Klar, Hitler hatte nur deshalb Erfolg, weil (fast) ganz Deutschland falsch erzogen wurde. Und die wirtschaftlichen/sozialen/geschichtlichen Hintergründe sind alle irrelevant. Infaltion, Schmach des ersten Weltkrieg/Versailler Vertrag,... Wen kümmerts?
Sorry, aber das hört sich für mich nach nen echt großen Bullshit an. (Und ich werd mir jetzt nicht das Buch kaufen, nur um die ganze Argumentation zu lesen. Kann sein, dass Alice Miller auf diese Aspekte auch eingegangen ist, was ich aber nicht glaube.^^)
Anektote von meiner Oma: Die war voll für Hitler, schließlich versprach er Deutschland wieder zu einer solchen Macht zu machen, die es vor dem ersten Weltkrieg war. Von Konzentrationslagern, bzw. dass in KZ' tausende Menschen unter abartigen Bedingungen lebten und starben, wusste sie nichts. Erst als der Krieg vorbei war, hat sie davon erfahren und später oft genug betont, dass sie nicht drauf stolz ist, für Hitler zu waren.
Zitat:Zum Schluss meiner Antwort will ich hierzu noch eine Klarstellung ergänzen: Wenn ich sage, dass man ein Kind nicht einfach schreien lässt, dann sage ich damit noch lange nicht, dass man "was Tolles machen" oder ihm ein Programm bieten soll oder dergleichen. Wenn ein Kind z.B. nachts nicht schläft, dann veranstaltet man selbstverständlich kein Puppentheater.Manchmal sitzt du entweder auf der Leitung oder du willst mich falsch verstehen...
Mit "was Tolles machen" meinte ich alles mögliche, z.B. auch nur einfach in den Arm nehmen.
Das ist doch auch toll für ein gelangweiltes, schreiendes Kind, v.a. wenn es das alle 5 Minuten wiederholen kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.^^
Ist Unmögliches denkbar? Und wenn ja, warum Pfefferminztee?