11.07.2010, 16:38
Den Zwölfen zum Gruße!
Es ist so ausgegangen, wie ich es mir gewünscht habe. Dieser "kleine Wunsch" fürs "kleine Finale" wurde also erfüllt.
Schade, dass Miroslav Klose angeschlagen war. Die Chancen für ihn, noch bei einer vierten WM dabei zu sein, stufe ich eher gering ein. Dennoch sind "nur" vier Treffer bei der dritten WM und vierzehn insgesamt eine beachtliche Leistung für einen Stürmer, der angeblich nicht mehr trifft. Jetzt ärgert man sich vielleicht über manche vergebene Chance, aber letzten Endes ist das vor allem für die ewige WM-Statistik. (Über dadurch verlorene Spiele soll man nicht trauern.)
Ansonsten haben die Krankheitsfälle Joachim Löw in die komfortable Situation gebracht, den Einsatz der Ersatzbankspieler nicht rechtfertigen zu müssen. Keiner hätte ihm im Fall einer Niederlage vorwerfen können, durch Belohnung der Auswechselspieler den Sieg leichtfertig vergeben zu haben. Tim Wiese, aufgrund einer Verletzung nicht einsatzfähig und daher als einziger des WM-Kaders am Ende nicht auf dem Spielfeld gewesen, wurde zum Timo Hildebrand der WM 2010.
Für Hans-Jörg Butt hat es mich besonders gefreut. Der einzige Spieler im Aufgebot, der älter war als ich, hatte die Berufung zum 3. Torwart angenommen und ruhig ausgehalten, bis seine Chance kam. Vor einigen Tagen, als Deutschland noch im Wettbewerb um den Titel dabei war, hatte ich noch ein Interview mit ihm gesehen und war sehr angenehm überrascht. Anscheinend muss man keine große Klappe haben, um ein guter Torwart zu sein. Besonders pikant: Unser dritter Torwart, aufgrund der Verletzung eines Konkurrenten überhaupt erst nachgerückt in den Kader, ist besser als bei vielen Mannschaften der erste!
Dennis Aogo hingegen machte keine sehr gute Figur. Die frühe gelbe Karte (auf die noch eine andere folgte) schien die Deutschen sehr abzuschrecken, mit etwas mehr Einsatz in die Zweikämpfe zu gehen. Die Uruguayer hingegen besannen sich auf eine alte unrühmliche Fußballtradition und spielten mit erschreckend viel Körpereinsatz, der erst in der zweiten Halbzeit mal mit einer gelben Karte geahndet wurde.
Serdar TaÅŸí§Ã„± wurde zwar erst in der Nachspielzeit eingewechselt, war dann aber der letzte Feldspieler, der noch nicht bei der WM auf dem Platz gestanden hatte. Er zählt damit nicht als "WM-Tourist" für die Statistik. Daher freut mich dieser Kurzeinsatz, auch wenn er für den Spielverlauf keine Bedeutung mehr hatte.
Das spielerische Niveau der Partie war sicherlich durchwachsen; insbesondere im Mittelfeld spielten sich viele Ungenauigkeiten auf beiden Seiten ab. Schön herausgespielte Konter waren deutlich seltener als bei den vorherigen Spielen zu sehen. Stattdessen erinnerte es an die schlechteren Jahre der DFB-Auswahl, in denen uninspiriert der Ball hin- und hergeschoben wurde. Uruguay hat oft hinten dicht gemacht; umso mehr wundert es mich, dass bei Kontern so lange gewartet wurde, bis die Abwehrspieler auch mit Sicherheit in Überzahl dem Deutschen in Ballbesitz den Fußball wieder abnahmen. Unverständlich auch, warum nicht mehr über die Flügel gespielt wurde, sondern mit der Brechstange das Glück in der Mitte gesucht wurde. Man merkte doch, dass diese Konstellation noch nicht eingespielt war.
Das 1:0 durch Müller erinnerte an die schönsten Szenen der Deutschen bei dieser WM. Sollten im Finale heute abend weder Sneijder noch Villa treffen (was ich für unwahrscheinlich halte), ist er sogar noch Kandidat für den Torschützenkönig. Der Torwart der Uruguayer wirkte hierbei wie auch bei vielen späteren Szenen alles andere als souverän. Die beiden Gegentreffer hingegen fand ich eher peinlich. So ein Ballverlust im Mittelfeld kann passieren; dass aber dann die Abwehr so spät (eigentlich gar nicht) eingriff, kann ich nicht verstehen.
Beim Ausgleich durch Jansen zeigte sich, was diese WM nachhaltig geprägt hat: Nie konnte man sich sicher sein, ob ein Tor nun zählte oder nicht. Statt über sein Tor zu jubeln, guckte der Schütze erst einmal fragend Richtung Schiedsrichter.
Die Nickeligkeiten nahmen im Verlauf des Spiels leider zu. Insbesondere Schweinsteiger wirkte zwischendruch sehr frustriert und ich hatte Angst, dass am Ende nicht mehr alle Deutschen auf dem Platz stehen würden. Wenigstens zeigten beide Mannschaften, dass ihnen dieses Spiel sehr wohl etwas bedeutete.
In den Standardsituationen wirkte Deutschland wieder schlecht. Wie viele Ecken wurden da nicht verwertet! Hätte Uruguay seine Chancen besser genutzt, hätte es ganz schnell ganz schlecht ausgesehen.
Dass Khedira dann das entscheidende Tor machte, freut mich, zumal er im Serbien-Spiel nur die Latte getroffen hatte. Man hatte seine Leistung bisher gelobt, auch wenn ein entsprechender Abschluss noch gefehlt hatte.
Kießling hatte zwei wunderbare Chancen, die er beide leider vergeben hat. Dennoch war er damit überzeugender als Gomez in früheren Spielen, von dem man fast gar nichts gesehen hat.
Dass Uruguay einen brandgefährlichen Freistoß kurz vor dem Strafraum in der Nachspielzeit noch vor die Latte setzte, war ausgleichende Gerechtigkeit. Wir erinnern uns: Nur doch ein absichtliches Handspiel, mit dem in der Nachspielzeit ein Tor von Ghana verhindert wurde, dem danach an die Latte geknallten Elfmeter und dem daraufhin gewonnenen Elfmeterschießen hatte Uruguay überhaupt das Halbfinale erreicht.
Am Ende bleibt eine deutsche Mannschaft übrig, die sicherlich nicht so brillant gespielt hat wie im Achtel- oder Viertelfinale, die sich jedoch durch mehrere krankheitsbedingte Ausfälle nicht hat erschüttern lassen und vor allem zum ersten Mal nach einem Rückstand wieder ins Spiel gefunden hat. Eine Bronzemedaille für die (in den meisten Fällen) erste WM-Teilnahme ist kein schlechter Abschluss, auch wenn es für den großen Wurf noch nicht gereicht hat. Man überlege sich einmal: Schon vor vier Jahren hatte man die offensiv spielende, junge Mannschaft gelobt. Von den 23 waren jetzt noch ganze 7 dabei!
Die Qualifikation für die EM 2012 wird kein Pappenstiel, schließlich geht es unter anderem gegen die Türkei. Der Ruf einer Turniermannschaft bedeutet im Umkehrschluss auch, dass man sich in Qualifikationen schwerer tut, als es die eigentliche Turnierleistung vermuten lassen würde. Seien wir gespannt, was dabei herauskommt!
Uruguay muss nicht traurig sein: Selbst wenn die letzten beiden Spiele verloren wurden, winkt den Spielern in der Heimat ein großartiger Empfang, wie schon angekündigt wurde. Nach 40 Jahren wieder unter den besten vier der Welt zu sein, ist eine beachtliche Leistung. Dazu kommt, dass man das Turnier als beste südamerikanische Mannschaft beendet.
Umgekehrt dürfen sich die Europäer freuen, nach dem südamerikanisch dominierten Achtelfinale am Ende alle drei ersten Plätze zu belegen. Die Diskussion über eine Veränderung der Startplätze dürfte entweder schlagartig beendet sein oder eine ganz neue Richtung nehmen.
Zum Thema Kontinentalsolidarität sei übrigens gesagt: Deutsche haben mir aus ihrem Spanienurlaub erzählt, dass die Iberer tatsächlich gesagt haben: "Lasst uns als Europäer gemeinsam die Südamerikaner aus der WM werfen! Ihr übernehmt Argentinien, die Niederländer Brasilien und wir Paraguay!" Das hat dann ja tatsächlich gut geklappt. Und der Statistik Europa - Südamerika, die ich schon einmal aufgestellt hatte, sind noch zwei europäische Siege hinzuzufügen.
Gemessen an dem Anspruch, das Viertelfinale zu erreichen, ist ein dritter Platz ein ausgezeichnetes Ergebnis. Ich freue mich jedenfalls und bin gespannt, was heute abend im Finale passiert.
(08.07.2010, 19:07)Kunar schrieb: Aber hallo ist das interessant! Ich will, dass es wie bei der WM 1934, 1970 und 2006 ausgeht und nicht wie bei der WM 1958!
Es ist so ausgegangen, wie ich es mir gewünscht habe. Dieser "kleine Wunsch" fürs "kleine Finale" wurde also erfüllt.
(08.07.2010, 19:07)Kunar schrieb: Doch, das macht noch eine ganze Menge aus. Schließlich kann man mit einem Sieg die WM beenden und zeigen, dass man selbst nach so einer Niederlage noch einmal alle Kräfte rekrutieren kann. Für Miroslav Klose geht es, wenn die Gesundheit mitspielt, um den WM-Torschützen-Rekord. Und Thomas Müller möchte vielleicht auch noch einmal zuschlagen.
Schade, dass Miroslav Klose angeschlagen war. Die Chancen für ihn, noch bei einer vierten WM dabei zu sein, stufe ich eher gering ein. Dennoch sind "nur" vier Treffer bei der dritten WM und vierzehn insgesamt eine beachtliche Leistung für einen Stürmer, der angeblich nicht mehr trifft. Jetzt ärgert man sich vielleicht über manche vergebene Chance, aber letzten Endes ist das vor allem für die ewige WM-Statistik. (Über dadurch verlorene Spiele soll man nicht trauern.)
Ansonsten haben die Krankheitsfälle Joachim Löw in die komfortable Situation gebracht, den Einsatz der Ersatzbankspieler nicht rechtfertigen zu müssen. Keiner hätte ihm im Fall einer Niederlage vorwerfen können, durch Belohnung der Auswechselspieler den Sieg leichtfertig vergeben zu haben. Tim Wiese, aufgrund einer Verletzung nicht einsatzfähig und daher als einziger des WM-Kaders am Ende nicht auf dem Spielfeld gewesen, wurde zum Timo Hildebrand der WM 2010.
Für Hans-Jörg Butt hat es mich besonders gefreut. Der einzige Spieler im Aufgebot, der älter war als ich, hatte die Berufung zum 3. Torwart angenommen und ruhig ausgehalten, bis seine Chance kam. Vor einigen Tagen, als Deutschland noch im Wettbewerb um den Titel dabei war, hatte ich noch ein Interview mit ihm gesehen und war sehr angenehm überrascht. Anscheinend muss man keine große Klappe haben, um ein guter Torwart zu sein. Besonders pikant: Unser dritter Torwart, aufgrund der Verletzung eines Konkurrenten überhaupt erst nachgerückt in den Kader, ist besser als bei vielen Mannschaften der erste!
Dennis Aogo hingegen machte keine sehr gute Figur. Die frühe gelbe Karte (auf die noch eine andere folgte) schien die Deutschen sehr abzuschrecken, mit etwas mehr Einsatz in die Zweikämpfe zu gehen. Die Uruguayer hingegen besannen sich auf eine alte unrühmliche Fußballtradition und spielten mit erschreckend viel Körpereinsatz, der erst in der zweiten Halbzeit mal mit einer gelben Karte geahndet wurde.
Serdar TaÅŸí§Ã„± wurde zwar erst in der Nachspielzeit eingewechselt, war dann aber der letzte Feldspieler, der noch nicht bei der WM auf dem Platz gestanden hatte. Er zählt damit nicht als "WM-Tourist" für die Statistik. Daher freut mich dieser Kurzeinsatz, auch wenn er für den Spielverlauf keine Bedeutung mehr hatte.
Das spielerische Niveau der Partie war sicherlich durchwachsen; insbesondere im Mittelfeld spielten sich viele Ungenauigkeiten auf beiden Seiten ab. Schön herausgespielte Konter waren deutlich seltener als bei den vorherigen Spielen zu sehen. Stattdessen erinnerte es an die schlechteren Jahre der DFB-Auswahl, in denen uninspiriert der Ball hin- und hergeschoben wurde. Uruguay hat oft hinten dicht gemacht; umso mehr wundert es mich, dass bei Kontern so lange gewartet wurde, bis die Abwehrspieler auch mit Sicherheit in Überzahl dem Deutschen in Ballbesitz den Fußball wieder abnahmen. Unverständlich auch, warum nicht mehr über die Flügel gespielt wurde, sondern mit der Brechstange das Glück in der Mitte gesucht wurde. Man merkte doch, dass diese Konstellation noch nicht eingespielt war.
Das 1:0 durch Müller erinnerte an die schönsten Szenen der Deutschen bei dieser WM. Sollten im Finale heute abend weder Sneijder noch Villa treffen (was ich für unwahrscheinlich halte), ist er sogar noch Kandidat für den Torschützenkönig. Der Torwart der Uruguayer wirkte hierbei wie auch bei vielen späteren Szenen alles andere als souverän. Die beiden Gegentreffer hingegen fand ich eher peinlich. So ein Ballverlust im Mittelfeld kann passieren; dass aber dann die Abwehr so spät (eigentlich gar nicht) eingriff, kann ich nicht verstehen.
Beim Ausgleich durch Jansen zeigte sich, was diese WM nachhaltig geprägt hat: Nie konnte man sich sicher sein, ob ein Tor nun zählte oder nicht. Statt über sein Tor zu jubeln, guckte der Schütze erst einmal fragend Richtung Schiedsrichter.
Die Nickeligkeiten nahmen im Verlauf des Spiels leider zu. Insbesondere Schweinsteiger wirkte zwischendruch sehr frustriert und ich hatte Angst, dass am Ende nicht mehr alle Deutschen auf dem Platz stehen würden. Wenigstens zeigten beide Mannschaften, dass ihnen dieses Spiel sehr wohl etwas bedeutete.
In den Standardsituationen wirkte Deutschland wieder schlecht. Wie viele Ecken wurden da nicht verwertet! Hätte Uruguay seine Chancen besser genutzt, hätte es ganz schnell ganz schlecht ausgesehen.
Dass Khedira dann das entscheidende Tor machte, freut mich, zumal er im Serbien-Spiel nur die Latte getroffen hatte. Man hatte seine Leistung bisher gelobt, auch wenn ein entsprechender Abschluss noch gefehlt hatte.
Kießling hatte zwei wunderbare Chancen, die er beide leider vergeben hat. Dennoch war er damit überzeugender als Gomez in früheren Spielen, von dem man fast gar nichts gesehen hat.
Dass Uruguay einen brandgefährlichen Freistoß kurz vor dem Strafraum in der Nachspielzeit noch vor die Latte setzte, war ausgleichende Gerechtigkeit. Wir erinnern uns: Nur doch ein absichtliches Handspiel, mit dem in der Nachspielzeit ein Tor von Ghana verhindert wurde, dem danach an die Latte geknallten Elfmeter und dem daraufhin gewonnenen Elfmeterschießen hatte Uruguay überhaupt das Halbfinale erreicht.
Am Ende bleibt eine deutsche Mannschaft übrig, die sicherlich nicht so brillant gespielt hat wie im Achtel- oder Viertelfinale, die sich jedoch durch mehrere krankheitsbedingte Ausfälle nicht hat erschüttern lassen und vor allem zum ersten Mal nach einem Rückstand wieder ins Spiel gefunden hat. Eine Bronzemedaille für die (in den meisten Fällen) erste WM-Teilnahme ist kein schlechter Abschluss, auch wenn es für den großen Wurf noch nicht gereicht hat. Man überlege sich einmal: Schon vor vier Jahren hatte man die offensiv spielende, junge Mannschaft gelobt. Von den 23 waren jetzt noch ganze 7 dabei!
Die Qualifikation für die EM 2012 wird kein Pappenstiel, schließlich geht es unter anderem gegen die Türkei. Der Ruf einer Turniermannschaft bedeutet im Umkehrschluss auch, dass man sich in Qualifikationen schwerer tut, als es die eigentliche Turnierleistung vermuten lassen würde. Seien wir gespannt, was dabei herauskommt!
Uruguay muss nicht traurig sein: Selbst wenn die letzten beiden Spiele verloren wurden, winkt den Spielern in der Heimat ein großartiger Empfang, wie schon angekündigt wurde. Nach 40 Jahren wieder unter den besten vier der Welt zu sein, ist eine beachtliche Leistung. Dazu kommt, dass man das Turnier als beste südamerikanische Mannschaft beendet.
Umgekehrt dürfen sich die Europäer freuen, nach dem südamerikanisch dominierten Achtelfinale am Ende alle drei ersten Plätze zu belegen. Die Diskussion über eine Veränderung der Startplätze dürfte entweder schlagartig beendet sein oder eine ganz neue Richtung nehmen.
Zum Thema Kontinentalsolidarität sei übrigens gesagt: Deutsche haben mir aus ihrem Spanienurlaub erzählt, dass die Iberer tatsächlich gesagt haben: "Lasst uns als Europäer gemeinsam die Südamerikaner aus der WM werfen! Ihr übernehmt Argentinien, die Niederländer Brasilien und wir Paraguay!" Das hat dann ja tatsächlich gut geklappt. Und der Statistik Europa - Südamerika, die ich schon einmal aufgestellt hatte, sind noch zwei europäische Siege hinzuzufügen.
Gemessen an dem Anspruch, das Viertelfinale zu erreichen, ist ein dritter Platz ein ausgezeichnetes Ergebnis. Ich freue mich jedenfalls und bin gespannt, was heute abend im Finale passiert.
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