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Bedingungsloses Grundeinkommen
(28.12.2009, 00:52)Wolverine schrieb:
(21.12.2009, 18:49)Boneman schrieb:
Naja und spätestens, wenn man sich überlegt, das es die Putzfrau mit ihrer Arbeit ja mehreren Bankern erst ermöglicht, ihre Millionen Pfund zu vernichten, sieht man, dass diese Überlegung nirgendwo hinführt, außer eine prima Banker-Bashing-Keule abzugeben ...
Ja, wenn du das darin sehen willst, wird es dir auch ohne Weiteres gelingen, und wenn du Banker bashen willst, wird dir die Studie dabei helfen. Allerdings halte ich das für eine sehr undifferenzierte Betrachtungsweise. Dass die Kritik vor allem Banker trifft, ist natürlich kein Zufall, sondern symptomatisch. Direkt dagegen aufzuschreien, ist aber genauso symptomatisch. ;) Es geht hier nicht darum, den Bankern oder sonst jemandem ans Bein zu treten.
Deine Überlegung führt vielleicht deshalb nirgendwo hin, weil du sie angehalten hast, als du zu dieser Interpretation gekommen bist? Denn wenn man die Sache ernst nimmt und noch etwas weiterdenkt, lassen sich auch andere Schlüsse ziehen. Dazu hilft es, den Hintergrund zu berücksichtigen, zum Beispiel die Motivation der Stiftung, die die Studie durchgeführt hat. (Sorry für das "man", ich rede natürlich wie immer nur von mir. ;))

Auf Telepolis hat ebenfalls jemand etwas dazu geschrieben.
Telepolis schrieb:Die Autoren wollen mit ihrer Studie viele der Mythen untergraben, die sich tatsächlich als scheinbare Wahrheiten in den Köpfen festgesetzt haben. Wer mehr verdient, arbeitet mehr, die Privatwirtschaft ist besser als der öffentliche Dienst, die Reichen tragen mehr zur Gesellschaft bei als die Armen, Aufstiegschancen gibt es für alle etc.
Letzten Endes muss man auch das im Hinterkopf behalten:
Telepolis schrieb:Präzision der Daten sei nicht die Zielrichtung des Berichts gewesen, sagen die Autoren zutreffend. Ihre Zahlen und Vergleich sind also grobe Schätzungen, die teils recht willkürlich erscheinen. Aber da die Menschen vor allem Zahlen glauben, könnte der Bericht ein Anfang sein, die Tätigkeiten gesellschaftlich anders zu bewerten - und die dabei die externen Kosten miteinzubeziehen.
Solange die Relationen stimmen - Wert (Putzfrau > Banker) vs. Gehalt (Putzfrau < Banker) - halte ich die genauen Zahlen für nebensächlich. Es geht um die Botschaft. Und die finde ich eigentlich recht nachvollziehbar, wenn man sich die Erläuterungen dazu ansieht.

Wolverine schrieb:
(21.12.2009, 18:49)Boneman schrieb:
Das ist ne sehr grundsätzliche Frage, mit der ich mich schon intensiever beschäftigen musste, weil ich mit dem "Druck" auch nicht so super umgehen kann. Letztlich stellt sich die Frage, ob es einer Gesellschaft wirklich gutut, wenn man die Belastung runterfährt und eine allgemeine Wohlfühlatmosphäre schafft. Wer mal in die Geschichtsbücher guckt wird feststellen, dass das durchaus versucht wurde, dass diese Gesellschaften aber dann von anderen, unter Volldampf fahrenden Gemeinsschaften überrollt wurden. Der Historiker redet dann gerne von Dekadenz. Ich persönlich weiss es nicht, wie man das Problem lösen soll ...
Du kannst damit aber nicht den Druck meinen, den die Angst vor Arbeitslosigkeit, sozialem Abstieg und begleitender Stigmatisierung auslöst, oder? Ich traue dir nicht zu, dass du den so vehement verteidigen würdest, vor allem, wo du sagst, dass es auch dir nicht gut tut. (Was für mich übrigens nicht recht zusammenpasst - auch wenn ich deine konkrete Situation nicht kenne und nicht weiß, ob es überhaupt etwas mit den genannten Ängsten zu tun hat - was ich tatsächlich auch für irrelevant halte; der Grund spielt keine Rolle, allein die Existenz des Drucks ist entscheidend. Der Gund natürlich für die Beseitigung... note so self: nicht abschweifen! :D)

Natürlich widerspreche ich der Annahme, dass eine Gesellschaft, deren Mitglieder nicht unter Druck stehen, nicht konkurrenzfähig wären. Das dürfte ja bereits klar sein. Oder dass Freiheit von Repressionen gleichbedeutend mit einer Laissez-faire-Haltung sein soll. "Allgemeine Wohlfühlatmosphäre" hört sich so nach Gruppenkuscheln an und erinnert an das polemische BGE-Vorurteil mit dem Schlaraffenland und der Couch. ;)

Man darf auch Druck nicht mit Herausforderungen verwechseln. Das, was ich Druck nenne, wird in den meisten Fällen künstlich erzeugt und erhalten. Dahinter steckt lediglich wieder das menschenverachtende Weltbild, dass die Leute nur arbeiten, wenn man sie dazu treibt - das anzunehmen ich mich nach wie vor weigere. Ich kann zwar die (allesamt oberflächlichen) Beweggründe dafür durchaus verstehen (schließlich gibt es ein System zu erhalten ;)), habe aber die Erfahrung gemacht, dass diese verschwinden, wenn man dahinter mal etwas gründlicher herumstochert. Und irgendwann kommt man schließlich einen Schritt weiter. (Schon wieder dieses "man"... :rolleyes: )

Herausforderungen sollten natürlich bleiben, sowohl persönlich als auch gesamtgesellschaftlich. Ansonsten hat man etwas falsch gemacht. Man darf das Ziel nicht vergessen: Es geht ja letztlich darum, das Leben lebenswerter zu machen (was überhaupt das Ziel von allen gesellschaftlichen Fragen sein muss?). BGE-Kritiker sagen zurecht, dass es das ohne Herausforderungen nicht ist, verkennen aber, dass ein Grundeinkommen Herausforderungen nicht abschafft, sondern eher bietet bzw. erst ermöglicht, die wirklichen Herausforderungen anzugehen. Dazu muss man sie natürlich erst einmal entdecken.
Das eigene Leben zu bewältigen, indem man Geld verdient, damit man seine Grundbedürfnisse befriedigen kann, ist für mich jedenfalls keine Herausforderung, die eines Menschen des 21. Jahrhunderts würdig sein kann. - Aber da bin ich vielleicht tatsächlich, auch wenn das jetzt hochnäsig klingt :P, meiner Zeit etwas voraus (aber das nicht alleine). Und mal sehen, das Jahrhundert hat ja erst angefangen... ;)

Summa summarum: Druck motiviert nicht. Herausforderungen tun es.

Um noch kurz auf die Historie einzugehen: Ich bin zwar kein Geschichtswissenschaftler, glaube aber nicht, dass das wirklich vergleichbar ist. Im Lauf der Geschichte haben sich Gesellschaften stetig weiterentwickelt. Und gerade aufgrund der Vergangenheit sollten(!) - oder zumindest könnten - wir heute schlauer sein als damals. Sozusagen mit jedem neuen Geschichtsbucheintrag ein kleines bisschen schlauer als vorher.
Ganz abgesehen davon darf man hier nicht zu kurz denken. Die unter Volldampf fahrenden Gesellschaften sind nur dann schneller, wenn sie erheblichen Druck auf ihre Mitglieder ausüben. Damit kommen sie aber nicht weit. Denn um eine wirklich effiziente Gesellschaft, deren Mitglieder "sich wohlfühlen", langfristig zu überholen, muss man schon über lange Zeit einen enormen Druck aufbauen. Und das ist letztlich das, worunter Gesellschaften auch wieder zugrunde gehen. Das ist aber, wenn du so willst, nur eine Behauptung meinerseits. ;)
Und Achtung: Wir reden hier nicht von "Schlaraffenländern". Diese Annahme ist Bullshit - um es abschließend mal ganz deutlich zu sagen.


Btw: Gunter Dueck stellt generell sehr grundsätzliche Fragen und macht sich darüber auch sehr grundsätzliche Gedanken. Ich kann seine Bücher jedem nur wärmstens empfehlen, allen voran seine Trilogie. Im ersten Band, Omnisophie, geht es um (die Unterschiedlichkeit der) Menschen, in Supramanie im weiteren Sinne um den Druck und in Topothesie fügt sich schließlich alles zu einem Gesamtbild zusammen. Grundlage -> Ist-Zustand -> Soll-Zustand sozusagen. Der letzte Band ist eines der besten Bücher (vielleicht sogar das beste), die ich gelesen habe, und unbedingt zu empfehlen (wenn man nicht alle drei lesen will). Zumindest die Zusammenfassung kann man - es sind alle angesprochen - sich ja mal durchlesen. :)
(Damit lässt sich übrigens auch ein großer Teil meiner "Leidenschaft" für das BGE erklären, insbesondere die Motivation, aus der heraus ich dafür argumentiere. ;) )

Wolverine schrieb:
(24.12.2009, 01:49)Boneman schrieb: Tja, ich hab wohl mittlerweile alle überzeugt! :grin: :D
Das eher weniger, aber Du wolltest ja mit mir nicht weiterdiskutieren, da Du die Diskussion für Geflame gehalten hast ...
Ich hoffe du nimmst mir das nicht übel. :P
Du darfst mir ja gerne widersprechen. Ich sah die Diskussion eben in einer Sackgasse angekommen und wir hätten uns noch ewig weiter gegenseitig den Ball zuwerfen können. Ich weiß nicht, wie es dir gegangen ist, aber zumindest ich konnte am Ende keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Und ab diesem Punkt ist eine Diskussion für mich eigentlich sinnlos. Ich bin immer noch der Meinung, dass wir teilweise aneinander vorbeigeredet haben und deshalb nicht weitergekommen sind. Und schließlich ist mir auch keine weitere Perspektive eingefallen, aus der ich das hätte klarer sehen oder dir meinen Standpunkt klarer machen können. Sowas ließe sich vielleicht bei einem gemütlichen Bierchen klären ;), aber hier sieht das zumindest für mich etwas aussichtslos aus. Vielleicht sind unsere Ansichten bzw. Grundeinstellungen einfach zu verschieden.
Great people care.
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