26.02.2009, 06:50
(26.02.2009, 02:02)Wolverine schrieb: Das ist Dir leider aufgrund des völlig verunglückten Beispiels nicht gelungen! Ich sehe nach wie vor keinen einzigen Vorteil. (wenn ein rein konsumsteuerbasiertes Steuersystem so große Vorteile bringt, warum hat es noch niemand ausprobiert? Es müsste ja auch ohne BGE vorteilhaft sein ?)Nein, ist es nicht.
Ich weiß, ich habe oben einmal Gegenteiliges behauptet. Ich habe darauf gehofft, dass jemand von sich aus auf den Einwand mit dem Freibetrag kommt und ich dann ganz geschickt den Kreis zum Grundeinkommen schließen kann. (Mann, bin ich gerissen! ) Hat nur leider nicht geklappt... Aber zurück zum Thema:
Konsumsteuer ohne Grundeinkommen geht nicht. Also geht schon, sollte man aber tunlichst lassen. Die Begründung steht oben schon: Ohne Einkommensteuer gibt es keinen Steuerfreibetrag mehr.
Ich nehme noch ein Zitat hinzu, dann geht's weiter:
Zitat:Falsch ! Wenn ich aus eigener Kraft lebe, und unterhalb des Existenzminimums bleibe, zahle ich immer noch alle o.g. Konsumsteuern auf die Produkte und Dienstleistungen, die ich konsumiere. Wenn ich von Staatsleistungen lebe erübrigen sich eh solche Rechnungen.Abgesehen davon, dass ich nur von der Einkommensteuer geredet habe (Konsum- oder Mehrwertsteuer zahlt man natürlich immer), kommt dein Einwand völlig zurecht: Konsumsteuer ohne Grundeinkommen ist ungerecht!
Ein Grundeinkommen wäre aus steuerlicher Sicht der ausgezahlte Freibetrag, der ohne Einkommenssteuer nicht mehr existieren würde. Aber den Freibetrag gibt es ja nicht ohne Grund.
Dass es heute ein Problem ist, wenn das Erwerbseinkommen unter diesem Freibetrag liegt, ist klar. Dazu gab es auch schon Vorschläge, zum Beispiel, eine negative Einkommenssteuer einzuführen. Das wäre dann quasi ein "bedingtes Grundeinkommen", funktioniert aber auch nur, wenn die betreffende Person überhaupt Arbeit hat!
Zitat:Diese Auswirkung halte ich aber für sehr bedenklich. Das hieße, dass nur Menschen über einem gewissen Einkommen (in Deinem Fall über 1000 Euro) den Staat tragen, und für alle seine Leistungen (Bildung, Infrastruktur, Militär etc.) aufkommen. Das hieße die gesamte Solidarität aufzukündigen. Ich finde auch Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen sollte einen (geringen) Beitrag ihrer Leistungsfähigkeit nach tragen, schließlich nutzen wir alle die Leistungen des Staates.Wieso spricht das gegen Solidarität? Solidarität heißt doch, dass die Stärkeren die Schwächeren entlasten? (Da durch ein Grundeinkommen Armut abgeschafft wird, muss man die Grenze für die "Schwächeren" sowieso neu - und zwangsläufig höher - festlegen; aber das nur am Rande.)
Sie zahlen ja alle ihren Beitrag, schließlich werden sie nicht von der Steuer befreit. Nur bekommt jeder bis zur Höhe des Grundeinkommens die Steuern zurückgezahlt. Das ist faktisch genauso wie beim Freibetrag, nur dass es halt ausgezahlt werden muss, weil nichts da ist, das man einfach verrechnen und dalassen könnte.
Zitat:Und zwischen verdientem Geld und ausgegebenem Geld besteht überhaupt kein Zusammenhang ? Sorry, aber das ist doch ein und das selbe! Ich kann nur das Geld ausgeben, dass ich irgendwann mal verdient habe (einzige mir bekannte legale Ausnahme: Erbschaften und Schenkungen). Insofern ist es doch völlig wurscht, wo und wann ich besteuere, ob gleich beim Erwerb, oder erst bei der Wiederausgabe.Ja und nein.
Das hat jetzt mit dem Grundeinkommen nichts zu tun, sondern ist eine viel grundsätzlichere Überlegung: Wie ist das wirklich? Gehen wir zur Arbeit und verdienen dort unser Geld, damit wir uns etwas zu essen kaufen können und satt und zufrieden sind? Oder müssen wir nicht zuerst satt und zufrieden sein, damit wir überhaupt arbeiten können?
Was davon man besteuert, macht einen großen Unterschied. Wenn ich das verdiente Geld besteuere, "bestrafe" (über die Härte des Begriffs kann man sich streiten, wollen wir jetzt aber nicht) ich als Staat den Arbeitnehmer dafür, dass er Leistungen (für die Gemeinschaft) erbringt. Ich habe auch schon oft Leute gesehen, die beim Blick auf ihren Gehaltszettel die Stirn in Falten legen, weil ihnen schon wieder ein großer Teil ihres verdienten Geldes "einfach weggenommen" wird (so sehen das die meisten Leute).
Bei der Konsumsteuer wird das Geld erst weggenommen, wenn der Einzelne die Leistungen des Staates/der Gemeinschaft in Anspruch nimmt. An dieser Stelle ist das doch wesentlich plausibler?
Natürlich macht das für den Staat nicht den geringsten Unterschied und es ist ihm herzlich egal, ob er seine Steuern am Anfang oder am Ende der Wertschöpfungskette kassiert oder wo auch immer. Aber für den Bürger ist es sehr wohl etwas anderes, ob er das Geld verschwinden sieht, wenn er seinen Teil zur Gemeinschaft beiträgt - und sich damit "bestraft" fühlt -, oder ob er einen Teil dessen, was er ausgibt, an den Staat/die Gemeinschaft abgeben muss, weil er seine/ihre Leistungen in Anspruch nimmt.
Das mag dann immer noch unangenehm sein, aber die Notwendigkeit, dass jeder dem Staat/der Gemeinschaft etwas geben muss, wenn er etwas von ihm/ihr nehmen will, wird er leichter einsehen. (Paradoxerweise ist genau dieses "jeder muss seinen Teil beitragen" ja ein Argument, womit den "Faulenzern" (extra in Anführungszeichen ) ein Grundeinkommen verwehrt wird; und jetzt soll das hier auf einmal sogar gefördert werden!) Und dass damit auch die Bereitschaft steigt, eine Leistung für die Gemeinschaft zu erbringen, kann man sich doch vorstellen, oder? Und daraus lässt sich im Umkehrschluss wiederum folgern, dass der Staat die Initiative des Einzelnen hemmt, wenn er die Einkommen besteuert (Kontraposition ).
Womit nebenbei auch der Einwand "dann arbeitet ja keiner mehr" hinterfragt werden muss.
Zitat:Mal abgesehen, dass das falsch ist, was denn nun ? Ist die Konsumsteuer die neue innovative Idee, die alles umkrempelt und hoffentlich alles besser macht, oder bleibt im großen und ganzen doch alles beim alten ? Da schlingerst Du irgendwie hin und her !Ja, ich weiß. Liegt halt daran, dass es nicht so ganz einfach ist, weil Schwarz und Weiß nicht reichen. Ich hoffe, es ist jetzt klarer geworden?
Zitat:Da würd ich glatt dagegen halten, die meisten Menschen merken rein intuitiv, dass das nicht funktionieren würde.Vielleicht, weil sie das Ausmaß nicht abschätzen können? Ich habe selber eine gewisse Zeit gebraucht, bis mir klar wurde, dass das nicht so abwegig ist, wie es klingt; und noch wesentlich länger, bis ich halbwegs verstand, was ein Grundeinkommen bedeuten würde. Ich kenn mich mit Intuition zufällig ziemlich gut aus und weiß, dass die eigene Intuition das ultimative Vetorecht hat, aber auch zu völlig neuen Erkenntnissen gelangen kann, wenn sie neuen "Input" erhält (ich nenne das immer ganz unspezifiziert "Input", weil es nicht unbedingt Wahrheiten sein müssen; auch aus Quatsch kann eine neue Idee entstehen). Das setzt natürlich eine gewisse Offenheit voraus, neuen Input auch anzunehmen.
(26.02.2009, 02:27)Wolverine schrieb:Ich antworte mal auf diese Frage: Nein, aber an der Supermarktkasse bedienen lassen, um mal eine Dienstleistung zu nennen... Und was die Güter angeht, würde ich schon ein von Rentnern geflochtenes Weidenkörbchen kaufen. Um mal ein Gut zu nennen.(22.02.2009, 01:58)Rabenaas schrieb:Aha, Du würdest Dich also von Kindern/Rentnern z.B. in den Urlaub fliegen lassen, um mal eine Dienstleistung zu nennen ?(21.02.2009, 23:40)Wolverine schrieb: Eine Gemeinschaft nur aus Kindern und Rentnern könnte NICHT überleben. Irgendwer muss die notwendigen Güter und Dienstleistungen auch herstellen.Dem stimme ich zu, zumindest was die Güter betrifft.
Nein, Spaß beiseite. Es ist wohl klar, dass es in beiden Bereichen sowohl Dinge gibt, die ein Rentner erledigen kann, als auch solche, die man einen Rentner besser nicht machen lässt. (Kinderarbeit steht ja sowieso außer Frage.)
Zitat:Ja, da bin ich mir sicher. Ich bin in meinem Leben schon einigen Dutzend Sozialhilfeempfängern begegnet, einige kannte ich schon vor ihrer Hilfsbedürftigkeit. Und ich habe miterlebt, dass es keinem Menschen guttut, wenn er ausreichende Leistungen für sorgenfreies Leben mit begrenztem Luxus erhält und sich fallenlassen kann.Du kannst einen Sozialhilfeempfänger nicht mit jemandem vergleichen, der ein Grundeinkommen hat. Dazwischen liegen Welten. Die meisten Leute, die sich bloß in der Position sehen, dass sie eines Tages Sozialhilfe beantragen müssen könnten, weil es gerade nicht so gut läuft, dürften schon unter nicht zu unterschätzenden psychischen Belastungen leiden, obwohl es noch nicht mal so weit ist. Ich spare mir weitere Ausführungen, das wird sonst zu viel.
Man darf nicht von der heutigen Situation im heutigen System ausgehen, wenn man über etwas redet, das dieses System und somit diese Situation radikal ändern würde. Ich weiß, das ist eine Art Totschlagargument, weil man so jeden Widerspruch dem BGE gegenüber einfach abweisen kann. Ich sag das auch nicht, weil ich deinen Standpunkt nicht verstehe oder akzeptieren will. Ich hoffe, es ist bisher klar geworden, dass ich andere Ansichten ernst nehme. Aber es ist nunmal leider so. *zuckt hilflos mit den Schultern (wirklich ^^)*
Das einzige, was man tun kann, ist, sich auf die Idee einzulassen und sich hineinzudenken. Dazu muss man aber zunächst das alte System wegdenken. Dann wird es natürlich noch viel schwieriger und unübersichtlicher. Denn man hat kaum noch Anhaltspunkte und bewegt sich auf völlig unbekanntem Terrain. Ideen-Menschen macht das Spaß. Allen anderen eher Angst. So ist das leider. (siehe nächsten Beitrag, falls nicht schon getan) Man hat dann nur noch seinen Verstand und seine Intuition. So ist das in der Welt der Ideen... mir gefällt's da.
Great people care.