05.10.2025, 08:37
Unterwegs mit Zwergen #43
(Versatzstücke)
Die Tür zur Taverne gibt unter Keldis Hand nach, und mit einem Schlag prallen Stimmen, Wärme, der Duft von gebratenem Fleisch und süßem Rauch gegen die Gruppe.
Ein paar Köpfe drehen sich – die Fremden aus dem Nebel, voll bewaffnet, eine Magierin mit geweiteten Pupillen, ein Zwerg mit zornigem Blick, ein Schattenläufer mit wachsamem Blick.
Aber dann drehen sich die Gäste wieder um. Der Wirt, ein älterer Mann mit weit offener Schürze, nickt ihnen nur zu, wie man es mit jenen tut, die das Nachtgesicht Phexcaers überstanden haben.
„Freie Tische hinten links. Bier ist warm, Suppe ist stark. Wer zahlen kann, kriegt beides. Wer nicht – kriegt trotzdem was.“
Ein letzter Blick zurück in den dunklen Nebel, dann gleitet die Tür zu.
Ein Moment der Sicherheit.
Ein Ort, an dem die Götter – und Diebe – für ein paar Stunden draußen bleiben müssen.
Die Taverne, in die sie sich geflüchtet hatten, war ein langgezogener, niedriger Raum mit schiefem Boden, verräucherten Balken und einer Mischung aus Wärme und Dämmerlicht, wie sie nur Orte kannten, die nachts Schutz versprachen. Hier schien das Licht nicht gegen die Dunkelheit zu kämpfen, sondern sich mit ihr arrangiert zu haben.
Die Gruppe ließ sich an einem der hinteren Tische nieder – nahe der Wand, mit Blick auf Tür und Theke. Keldi setzte sich als Erster, schwer atmend, die Hand noch immer am Gürtel. Althea glitt daneben auf die Bank, den Blick nach innen gekehrt, die Hände um den Bierkrug gelegt, als sei es ein heiliges Gefäß. Ihre Robe war verschoben, ein Riss im Saum zeugte vom Gerangel. Hurdin setzte sich neben sie, mit finsterer Stirn, aber sanftem Blick. Die anderen folgten schweigend.
Es vergingen Minuten, vielleicht eine Viertelstunde, in der sie kaum redeten. Das Bier war dunkel und schal, aber es wirkte. Der dumpfe Lärm der Taverne wurde zum Deckmantel für das, was nicht gesagt wurde: der Schock, die Demütigung, die Kälte dieser Stadt.
Der Wirt, ein hagerer Mann mit einer Stimme wie ein zerkratzter Kessel, kam nach dem zweiten Krug Bier an den Tisch.
„Ihr seht aus, als hätte euch Phexcaer seine Zähne gezeigt“, sagte er.
Keldi brummte. Hurdin nickte stumm.
Althea hob den Blick – noch nicht ganz zurück im Raum – und erwiderte leise:
„Nur gebissen hat es uns nicht. Noch nicht.“
Der Wirt verzog den Mund zu etwas, das ein Lächeln hätte sein können.
„Das ist mehr, als manche sagen können. Wenn ihr was Warmes wollt: Eintopf mit Bohnen oder Brot mit Zwiebelkuchen. Heute ist ’n guter Tag.“
Sie bestellten zögerlich.
Und während der Wirt wieder verschwand, senkte sich eine andere Aufmerksamkeit auf den Tisch.
Sie hatte sie schon seit ihrer Ankunft gesehen. Die Fremden mit dem Blick, der nach mehr roch als nach Arbeit. Die Frau in der Robe – sicher wichtig. Der Alte mit dem Hammer – sicher gefährlich.
Und dann dieser andere Zwerg, der sie einmal ansah und dabei nicht wie ein Mensch wirkte, sondern wie eine Wand.
Harika saß auf einem der alten Schemeln nahe der Wand, ein Bein locker angewinkelt, das andere lang gestreckt, das Gesicht halb im Schatten der Kapuze, die ihr von den Schultern gerutscht war. Ihre Augen blitzten.
Sie trank nichts, aß nichts – beobachtete nur.
Irgendetwas an der Magierin ließ sie nicht los. Nicht der Reichtum – den hatte sie heute genug gesehen. Auch nicht nur das hübsche Gesicht. Sondern… etwas anderes. Die Art, wie sie den Raum spürte, aber nicht verstand.
So wie Kinder manchmal mit Feuer spielen.
Oder wie Vögel gegen Fensterscheiben fliegen.
Als der Wirt zurückkam, grinste er ihr zu – ein stummer Austausch. Harika stand auf, gähnte übertrieben, streckte sich. Dann ließ sie sich, ganz zufällig, am Nachbartisch nieder.
„Ihr seht aus, als würdet ihr gleich wieder aufbrechen wollen. Schlechte Idee in dieser Stadt, heute Nacht.“
Die Gruppe wandte sich langsam ihr zu.
Hurdin blickte schräg zu ihr hinüber.
„Und wer bist du, kleines Fräulein, das so kluge Ratschläge verteilt?“
Harika grinste breit, schief, und ein Goldzahn blitzte.
„Nur jemand, der die Straßen kennt. Und weiß, wann man den Mantel offen trägt – und wann nicht.“
Dann sah sie Althea an.
Nicht forsch, nicht frech.
Sondern mit einer Mischung aus Neugier und… Bewunderung.
„Ihr seid nicht von hier, das sieht man. Aber ihr seid auch nicht ganz blind.“
Althea hob die Brauen, als hätte sie gerade erst die Präsenz der anderen bemerkt.
Ihre Stimme war ruhig, aber mit einem kaum unterdrückten Zittern.
„Was macht dich so sicher, dass du nicht auch gekommen bist, uns zu bestehlen?“
Harika zuckte die Schultern.
„Hab ich nicht. Sonst hätte ich euch nicht angesprochen.“
Ein kurzer Moment der Stille. Dann, wie von selbst, rückte Hurdin einen Becher zur Seite.
Harika sah ihn an, dann Althea.
Und setzte sich.
Ganz selbstverständlich, wie jemand, der wusste, dass der Platz längst auf sie gewartet hatte.
Sie hatten die Nacht in einer Herberge auf der gegenüberliegenden Seite des Marktplatzes verbracht, dem "Roten Milan". Im Schlafsaal, da das Haus überfüllt war....
Als sie am nächsten Morgen auf den belebten Marktplatz traten, führte Harika sie durch die Gassen ein Stück zurück hinunter zum Fluss. Sie hatten ihr natürlich die ganze Geschichte erzählt und auch, warum sie nach Phexcaer gekommen waren, um nach alten Abkömmlingen der Orklandsexpedition von Hyggelig zu suchen. Und der Name Alrik Derondan sagte Harika etwas...
Eine Weile später stehen Sie bei einem Schmied, der bereits mitten in seinem Tageswerk ist. Nach kurzer Unterhaltung stellt sich heraus, dass es zwar Alrik Derondan ist, aber anscheinend nicht DER Alrik Derondan, sondern nur ein Namensvetter...
Die Morgensonne schien milchig durch das Wolkengrau, das wie ein Schleier über der Stadt hing. Vom Fluss her wehte feuchte Luft, die dem Tag den Geruch von kaltem Eisen, schalem Bier und den Resten der Nacht mitgab. Der Marktplatz vor dem Roten Milan war bereits voller Leben – Händler riefen ihre Waren aus, Kinder liefen barfuß durch Pfützen, Hunde stritten sich um Knochenreste, und aus einem offenen Fenster erklang der klagende Ton einer Geige, die schon bessere Tage gesehen hatte.
Harika führte die Gruppe mit der gewohnten Sicherheit einer Einheimischen durch das Geflecht aus Gassen, Treppen und schiefen Häuserfronten. Ihre Stimme war lebhaft, aber nicht laut – sie erklärte ihnen die Spitznamen der Straßen, zeigte auf versteckte Ecken, deutete auf bestimmte Türme und sagte dann nichts weiter, als wäre das Wissen darum allein schon ein Schutz.
„Wenn ihr ihn wirklich treffen wollt, müsst ihr es gleich tun. Später hat er keine Zeit für Geschichten.“
„Wer?“ fragte Keldi.
Harika grinste: „Der Schmied. Alrik Derondan.“
Altheas Herz schlug ein wenig schneller. Der Name war gefallen, seit sie Phexcaer überhaupt in Betracht gezogen hatten. Die Hoffnung, dass ein Überlebender der Expedition – oder wenigstens ein Kind davon – ihnen Hinweise geben konnte, war Teil ihres ganzen Plans gewesen.
Der Weg führte sie eine kurze Strecke zurück zum Fluss, an einen offenen Platz mit grobem Pflaster. In der Mitte: eine niedrig gebaute Schmiede mit breitem Vordach, unter dem bereits der Amboss dröhnte.
Der Mann, der dort arbeitete, war in seinem Element: große Hände, rußgeschwärztes Gesicht, nackter Oberkörper trotz der Kälte, die Hitze des Schmiedefeuers umgab ihn wie ein Schild. Als sie nähertraten, sah er auf – nicht unfreundlich, aber mit der müden Wachsamkeit eines Mannes, der schon zu oft von Fremden angesprochen wurde.
Harika war es, die das Gespräch begann, in dem für sie typischen Tonfall, halb scherzend, halb prüfend.
„He, Alrik. Ich hab hier ein paar komische Leute mitgebracht. Die meinen, du wärst ein verschollener Held aus alten Geschichten.“
Der Schmied schnaubte, spuckte zur Seite und stemmte die Hände in die Hüften.
„Wenn ich jedes Mal einen Heller bekommen hätte, wenn einer mich für einen anderen gehalten hat, müsste ich nicht mehr hämmern.“
Hurdin trat vor.
„Bist du Alrik Derondan?“
Der Schmied nickte.
„Bin ich. Seit 46 Wintern. Mein Vater hieß auch so. Kam aus Greifenfurt, meine Mutter aus Festum. Warum?“
Ein kurzer Blick ging durch die Gruppe.
Althea trat vor. Ihre Stimme war ruhig, leicht rau von der Nacht.
„Wir suchen jemanden dieses Namens, der mit einer Expedition ins Orkland gezogen ist. Unter dem Banner eines gewissen Hyggelig. Das war vor etwa… dreißig Jahren.“
Alrik sah sie an. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
„Nie gehört. Ich bin in Phexcaer geboren. Mein Vater war ein Söldner, der hier hängen geblieben ist. Kein Abenteurer. Nur ein Trinker mit einem guten Händchen für Eisen.“
Stille. Nur das Knistern der Esse, das Klopfen eines Lehrlings im Hintergrund.
Harika lehnte sich gegen einen Pfosten.
„Tja. Dann wohl nicht der Alrik.“
Der Schmied lachte heiser.
„Ich bin nur der Alrik, der bleibt.“
Die Enttäuschung war nicht groß – nicht wirklich. Aber spürbar.
Althea nickte langsam.
„Danke. Es war… den Versuch wert.“
„Immer“, sagte der Schmied. Und wandte sich wieder seinem Amboss zu.
(Versatzstücke)
Die Tür zur Taverne gibt unter Keldis Hand nach, und mit einem Schlag prallen Stimmen, Wärme, der Duft von gebratenem Fleisch und süßem Rauch gegen die Gruppe.
Ein paar Köpfe drehen sich – die Fremden aus dem Nebel, voll bewaffnet, eine Magierin mit geweiteten Pupillen, ein Zwerg mit zornigem Blick, ein Schattenläufer mit wachsamem Blick.
Aber dann drehen sich die Gäste wieder um. Der Wirt, ein älterer Mann mit weit offener Schürze, nickt ihnen nur zu, wie man es mit jenen tut, die das Nachtgesicht Phexcaers überstanden haben.
„Freie Tische hinten links. Bier ist warm, Suppe ist stark. Wer zahlen kann, kriegt beides. Wer nicht – kriegt trotzdem was.“
Ein letzter Blick zurück in den dunklen Nebel, dann gleitet die Tür zu.
Ein Moment der Sicherheit.
Ein Ort, an dem die Götter – und Diebe – für ein paar Stunden draußen bleiben müssen.
Die Taverne, in die sie sich geflüchtet hatten, war ein langgezogener, niedriger Raum mit schiefem Boden, verräucherten Balken und einer Mischung aus Wärme und Dämmerlicht, wie sie nur Orte kannten, die nachts Schutz versprachen. Hier schien das Licht nicht gegen die Dunkelheit zu kämpfen, sondern sich mit ihr arrangiert zu haben.
Die Gruppe ließ sich an einem der hinteren Tische nieder – nahe der Wand, mit Blick auf Tür und Theke. Keldi setzte sich als Erster, schwer atmend, die Hand noch immer am Gürtel. Althea glitt daneben auf die Bank, den Blick nach innen gekehrt, die Hände um den Bierkrug gelegt, als sei es ein heiliges Gefäß. Ihre Robe war verschoben, ein Riss im Saum zeugte vom Gerangel. Hurdin setzte sich neben sie, mit finsterer Stirn, aber sanftem Blick. Die anderen folgten schweigend.
Es vergingen Minuten, vielleicht eine Viertelstunde, in der sie kaum redeten. Das Bier war dunkel und schal, aber es wirkte. Der dumpfe Lärm der Taverne wurde zum Deckmantel für das, was nicht gesagt wurde: der Schock, die Demütigung, die Kälte dieser Stadt.
Der Wirt, ein hagerer Mann mit einer Stimme wie ein zerkratzter Kessel, kam nach dem zweiten Krug Bier an den Tisch.
„Ihr seht aus, als hätte euch Phexcaer seine Zähne gezeigt“, sagte er.
Keldi brummte. Hurdin nickte stumm.
Althea hob den Blick – noch nicht ganz zurück im Raum – und erwiderte leise:
„Nur gebissen hat es uns nicht. Noch nicht.“
Der Wirt verzog den Mund zu etwas, das ein Lächeln hätte sein können.
„Das ist mehr, als manche sagen können. Wenn ihr was Warmes wollt: Eintopf mit Bohnen oder Brot mit Zwiebelkuchen. Heute ist ’n guter Tag.“
Sie bestellten zögerlich.
Und während der Wirt wieder verschwand, senkte sich eine andere Aufmerksamkeit auf den Tisch.
Sie hatte sie schon seit ihrer Ankunft gesehen. Die Fremden mit dem Blick, der nach mehr roch als nach Arbeit. Die Frau in der Robe – sicher wichtig. Der Alte mit dem Hammer – sicher gefährlich.
Und dann dieser andere Zwerg, der sie einmal ansah und dabei nicht wie ein Mensch wirkte, sondern wie eine Wand.
Harika saß auf einem der alten Schemeln nahe der Wand, ein Bein locker angewinkelt, das andere lang gestreckt, das Gesicht halb im Schatten der Kapuze, die ihr von den Schultern gerutscht war. Ihre Augen blitzten.
Sie trank nichts, aß nichts – beobachtete nur.
Irgendetwas an der Magierin ließ sie nicht los. Nicht der Reichtum – den hatte sie heute genug gesehen. Auch nicht nur das hübsche Gesicht. Sondern… etwas anderes. Die Art, wie sie den Raum spürte, aber nicht verstand.
So wie Kinder manchmal mit Feuer spielen.
Oder wie Vögel gegen Fensterscheiben fliegen.
Als der Wirt zurückkam, grinste er ihr zu – ein stummer Austausch. Harika stand auf, gähnte übertrieben, streckte sich. Dann ließ sie sich, ganz zufällig, am Nachbartisch nieder.
„Ihr seht aus, als würdet ihr gleich wieder aufbrechen wollen. Schlechte Idee in dieser Stadt, heute Nacht.“
Die Gruppe wandte sich langsam ihr zu.
Hurdin blickte schräg zu ihr hinüber.
„Und wer bist du, kleines Fräulein, das so kluge Ratschläge verteilt?“
Harika grinste breit, schief, und ein Goldzahn blitzte.
„Nur jemand, der die Straßen kennt. Und weiß, wann man den Mantel offen trägt – und wann nicht.“
Dann sah sie Althea an.
Nicht forsch, nicht frech.
Sondern mit einer Mischung aus Neugier und… Bewunderung.
„Ihr seid nicht von hier, das sieht man. Aber ihr seid auch nicht ganz blind.“
Althea hob die Brauen, als hätte sie gerade erst die Präsenz der anderen bemerkt.
Ihre Stimme war ruhig, aber mit einem kaum unterdrückten Zittern.
„Was macht dich so sicher, dass du nicht auch gekommen bist, uns zu bestehlen?“
Harika zuckte die Schultern.
„Hab ich nicht. Sonst hätte ich euch nicht angesprochen.“
Ein kurzer Moment der Stille. Dann, wie von selbst, rückte Hurdin einen Becher zur Seite.
Harika sah ihn an, dann Althea.
Und setzte sich.
Ganz selbstverständlich, wie jemand, der wusste, dass der Platz längst auf sie gewartet hatte.
Sie hatten die Nacht in einer Herberge auf der gegenüberliegenden Seite des Marktplatzes verbracht, dem "Roten Milan". Im Schlafsaal, da das Haus überfüllt war....
Als sie am nächsten Morgen auf den belebten Marktplatz traten, führte Harika sie durch die Gassen ein Stück zurück hinunter zum Fluss. Sie hatten ihr natürlich die ganze Geschichte erzählt und auch, warum sie nach Phexcaer gekommen waren, um nach alten Abkömmlingen der Orklandsexpedition von Hyggelig zu suchen. Und der Name Alrik Derondan sagte Harika etwas...
Eine Weile später stehen Sie bei einem Schmied, der bereits mitten in seinem Tageswerk ist. Nach kurzer Unterhaltung stellt sich heraus, dass es zwar Alrik Derondan ist, aber anscheinend nicht DER Alrik Derondan, sondern nur ein Namensvetter...
Die Morgensonne schien milchig durch das Wolkengrau, das wie ein Schleier über der Stadt hing. Vom Fluss her wehte feuchte Luft, die dem Tag den Geruch von kaltem Eisen, schalem Bier und den Resten der Nacht mitgab. Der Marktplatz vor dem Roten Milan war bereits voller Leben – Händler riefen ihre Waren aus, Kinder liefen barfuß durch Pfützen, Hunde stritten sich um Knochenreste, und aus einem offenen Fenster erklang der klagende Ton einer Geige, die schon bessere Tage gesehen hatte.
Harika führte die Gruppe mit der gewohnten Sicherheit einer Einheimischen durch das Geflecht aus Gassen, Treppen und schiefen Häuserfronten. Ihre Stimme war lebhaft, aber nicht laut – sie erklärte ihnen die Spitznamen der Straßen, zeigte auf versteckte Ecken, deutete auf bestimmte Türme und sagte dann nichts weiter, als wäre das Wissen darum allein schon ein Schutz.
„Wenn ihr ihn wirklich treffen wollt, müsst ihr es gleich tun. Später hat er keine Zeit für Geschichten.“
„Wer?“ fragte Keldi.
Harika grinste: „Der Schmied. Alrik Derondan.“
Altheas Herz schlug ein wenig schneller. Der Name war gefallen, seit sie Phexcaer überhaupt in Betracht gezogen hatten. Die Hoffnung, dass ein Überlebender der Expedition – oder wenigstens ein Kind davon – ihnen Hinweise geben konnte, war Teil ihres ganzen Plans gewesen.
Der Weg führte sie eine kurze Strecke zurück zum Fluss, an einen offenen Platz mit grobem Pflaster. In der Mitte: eine niedrig gebaute Schmiede mit breitem Vordach, unter dem bereits der Amboss dröhnte.
Der Mann, der dort arbeitete, war in seinem Element: große Hände, rußgeschwärztes Gesicht, nackter Oberkörper trotz der Kälte, die Hitze des Schmiedefeuers umgab ihn wie ein Schild. Als sie nähertraten, sah er auf – nicht unfreundlich, aber mit der müden Wachsamkeit eines Mannes, der schon zu oft von Fremden angesprochen wurde.
Harika war es, die das Gespräch begann, in dem für sie typischen Tonfall, halb scherzend, halb prüfend.
„He, Alrik. Ich hab hier ein paar komische Leute mitgebracht. Die meinen, du wärst ein verschollener Held aus alten Geschichten.“
Der Schmied schnaubte, spuckte zur Seite und stemmte die Hände in die Hüften.
„Wenn ich jedes Mal einen Heller bekommen hätte, wenn einer mich für einen anderen gehalten hat, müsste ich nicht mehr hämmern.“
Hurdin trat vor.
„Bist du Alrik Derondan?“
Der Schmied nickte.
„Bin ich. Seit 46 Wintern. Mein Vater hieß auch so. Kam aus Greifenfurt, meine Mutter aus Festum. Warum?“
Ein kurzer Blick ging durch die Gruppe.
Althea trat vor. Ihre Stimme war ruhig, leicht rau von der Nacht.
„Wir suchen jemanden dieses Namens, der mit einer Expedition ins Orkland gezogen ist. Unter dem Banner eines gewissen Hyggelig. Das war vor etwa… dreißig Jahren.“
Alrik sah sie an. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
„Nie gehört. Ich bin in Phexcaer geboren. Mein Vater war ein Söldner, der hier hängen geblieben ist. Kein Abenteurer. Nur ein Trinker mit einem guten Händchen für Eisen.“
Stille. Nur das Knistern der Esse, das Klopfen eines Lehrlings im Hintergrund.
Harika lehnte sich gegen einen Pfosten.
„Tja. Dann wohl nicht der Alrik.“
Der Schmied lachte heiser.
„Ich bin nur der Alrik, der bleibt.“
Die Enttäuschung war nicht groß – nicht wirklich. Aber spürbar.
Althea nickte langsam.
„Danke. Es war… den Versuch wert.“
„Immer“, sagte der Schmied. Und wandte sich wieder seinem Amboss zu.

