25.06.2025, 03:29
Unterwegs mit Zwergen #34
(Versatzstücke)
Die Gruppe steht gerade am südlichen Ortseingang von Oberorten, dort wo die große Handelsstraße ankommt. Sie blicken nach Norden, in Richtung des zentralen Marktplatzes. Sie sind angekommen. Bei jedem Schritt durch die Stadt lassen Sie Ihre Blicke nach rechts und links streichen, die Straßen hinunter, Blicke in die Viertel, als Sie sich auf den Weg zum Ingerimm Tempel machen. Bitte beschreibt mir das. Es ist kurz nach Mittag, ich glaube 14 Uhr. Das Wetter ist ein Herbsttag, der einen Hauch von Wärme mit sich bringt, wenn die Sonne durch die Wolken lugt. Oberorken liegt vor Ihnen, liegt um sie herum. Der Markt ist vielleicht ein klein bisschen langsamer jetzt nach Mittag. Sie schreiten in Anschluss der Handelsstraße hinaus zur linken und rechten die Südvorstadt und betreten dann das Zentrum. Den großen Platz in der Mitte der Travia-Tempel weiter zur Linken der Ingerim-Tempel in den Häuserzeilen der Zwergischen Bevölkerung. Zur rechten strecken sich die zwei Straßen hinunter zum Fluss, zur Vrala...
Es war kurz nach Mittag, als die Gruppe am südlichen Ortseingang von Oberorken zum Stehen kam. Die Handelsstraße lag hinter ihnen – staubig, belebt, ein Band aus Erinnerung und erlebtem Wandel. Vor ihnen aber: Oberorken. Keine Durchgangsstation mehr. Ein Ort mit Gewicht. Vielleicht: ein Zuhause.
Die Luft war klar, der Wind mild, und zwischen den Wolken ließ sich immer wieder ein Streifen blauen Himmels erahnen. Die Sonne brach hier und da durch das graue Gewölk, und in diesen Momenten legte sich ein sanfter Glanz auf die Dächer der Stadt. Ein Hauch von Wärme – fast wie ein letztes Versprechen des Herbstes, bevor der lange Winter käme.
Der Weg führte sie die breite Straße hinauf, auf der noch vor Kurzem Fuhrwerke und Reisende unterwegs gewesen waren. Jetzt war es ruhiger. Zur linken streckten sich die Häuser der Südvorstadt – bescheiden, wohlgeordnet, mit kleinen Gärten hinter steinernen Mauern. Zur Rechten lagen die alten Viertel, jene, deren Straßen hinunter zur Vrala führten. Hier wehte aus den Fenstern der Häuser der Duft von Brot, von geröstetem Korn, ein Hauch Stall – Leben, das nicht eilig war, sondern fest verankert.
Mit jedem Schritt ließ die Gruppe die Stadt auf sich wirken. Tondar, vorn, hob immer wieder leicht das Kinn, als prüfe er die Winkel der Dächer, die Biegungen der Wege. Keldi ging neben ihm, schweigend, aber in seinen Augen lag der Blick eines Mannes, der etwas wiedererkennt, das er nicht benennen muss. Althea, einen halben Schritt hinter den beiden, ließ ihre Hand an den Hausfassaden entlanggleiten – nur ganz leicht, als wolle sie spüren, was für Geschichten im Stein lebten. Furka und Hurdin musterten alles – Türen, Läden, Mensch und Mauer – mit der pragmatischen Neugier von Leuten, die wissen, wie man sich zurechtfindet. Archon ging zuletzt. Nicht aus Vorsicht, sondern weil seine Gedanken schon tiefer griffen, in das, was diese Stadt ihnen bedeuten könnte.
Dann öffnete sich vor ihnen der Marktplatz. Kein Gedränge, kein Lärm – aber ein stetiges Murmeln. Händler saßen auf Kisten, Ziegenkäse und Bolzen wurden verhandelt, Kinder trugen Körbe heim. Der Markt war nicht leer, nur... gesättigt. Wie ein Herz, das nicht mehr schlagen musste, um zu leben.
Zur linken der Travia-Tempel, schlicht, aber mit offenem Tor, aus dessen Innerem Kerzen flackerten. Weiter zur rechten, über die schmalen Dächer der angrenzenden Häuser hinweg, erhob sich der Ingerimm-Tempel: ein massiver Bau aus dunklem Stein, mit einem Schlot, aus dem sich ein dünner Streifen Rauch in den Himmel zog. Die Häuser ringsum wirkten gedrungener, robuster – hier wohnte das zwergische Handwerk, das in dieser Stadt mit jedem Schlag auf den Amboss sprach.
Und geradeaus – zwei Straßen, die sich zum Fluss hinabzogen, dem Band der Vrala folgend. Der Klang des Wassers war nicht zu hören, aber man spürte seine Nähe. Vielleicht in der Art, wie der Wind von dort heraufzog, oder in den Körben, die von dort hochgetragen wurden.
Sie standen einen Moment still.
Und dann setzte sich Tondar wieder in Bewegung.
Zielstrebig, aber nicht hastig.
Denn sie waren angekommen.
Die Strapazen der Reise, die Gefahren der Abenteurer, das Gewicht des Goldes in ihren Beuteln. Sie waren nicht mehr die selben, die damals hier durchgereist waren. Sie wählten ihren Weg bestimmt durch die Marktstände vom Travia Tempel vorbei in Richtung der Stätte des Ingerimms...
…und jeder Schritt über das Pflaster schien ihnen mehr zu sagen, als Worte es vermocht hätten.
Es war nicht mehr die Unruhe der Reisenden, die sie trugen, nicht das vorsichtige Umschauen, das jeden neuen Ort begleitete. Es war das Wissen, dass sie zurückkehrten – nicht als Gäste, sondern als solche, die etwas zu erzählen hatten.
Die Menschen auf dem Marktplatz nahmen sie wahr, wenn auch nicht mit Rufen oder Gesten. Es waren die Blicke, die ihnen folgten – ein leichtes Nicken, ein kurzes Innehalten im Gespräch. Die Zwerge, die an den Ständen standen, musterten sie mit einem prüfenden, fast anerkennenden Blick. Vielleicht erkannten sie nicht die Gesichter, aber sie sahen das, was auf der Haut geschrieben stand: Kampf, Marsch, Entscheidung.
Althea ging einen Schritt langsamer. Nicht aus Müdigkeit – sie sog den Moment ein. Der Herbst, das Volk, das leichte Spiel des Windes, der an ihrer Robe zupfte. Der Ingerimm-Tempel vor ihnen war kein Versprechen, sondern eine Antwort.
Furka schulterte seine neue Tasche etwas höher. Hurdin trat unwillkürlich aufrechter. Und Keldi… Keldi legte eine Hand an den Griff seines neuen Kurzschwerts, nicht als Drohung, sondern als Gruß an den Ort, den er kannte – und der ihn nun als einen der Seinen erkennen sollte.
Als sie die breite, leicht rußgeschwärzte Freitreppe des Tempels erreichten, war das Klopfen der Hämmer im Inneren bereits wie ein Herzschlag in der Luft. Warm, stetig, tief.
Sie waren nicht mehr die, die gegangen waren.
Und Oberorken war nicht mehr nur ein Ort auf der Karte.
Sie betraten den Tempel, eine große Halle, in der das ewige Schmiedefeuers brannte. Die rußgeschwärzte Decke strahlte Wärme aus. Althea blieb im Hintergrund, als die Zwerge ihre Last absetzen und sich vor dem Feuer versammelten. Keldi schüttete einen Beutel schimmernder Münzen in die Rinne, die das Feuer umgab. Ein In glosendem Orange gekleideter Geweihter stand abseits und nickte stumm...
Der Klang der Münzen, als sie über die Rinne rollten, war anders als jeder Klang draußen auf dem Markt – tiefer, fast ehrfürchtig. Das Glühen des Feuers war nicht bedrohlich, sondern umhüllend, wie eine Flamme, die nicht zerstört, sondern bewahrt.
Keldi neigte den Kopf. Nicht tief, aber mit der Haltung eines Zwerges, der seinen Platz kennt. Tondar trat einen Schritt zurück, legte eine Hand auf den Rand der steinernen Feuergrube. Hurdin zog das Amulett unter seinem Umhang hervor, eine kleine Arbeit aus Kupfer, und ließ es durch die Finger gleiten. Archon beobachtete schweigend, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, als sei er selbst aus Schatten gemacht.
Furka murmelte etwas – vielleicht ein alter Spruch aus den Minenschächten, vielleicht ein Liedvers. Niemand fragte nach.
Althea blieb ein paar Schritte zurück, nahe dem Eingang, die Hände vor dem Körper gefaltet. Sie wusste, dieser Ort war nicht ihrer – und doch fühlte sie sich nicht ausgeschlossen. Das Feuer spiegelte sich in ihren Augen, während sie die Zeremonie beobachtete, in der kein Wort gesprochen wurde, aber alles gesagt war.
Der Geweihte trat schließlich vor, seine Hand kurz über das Opfer hebend, dann senkte er sie wieder. Kein Segensspruch, kein Ritual mit Pomp – nur ein Nicken, so knapp wie mächtig.
Dann wandten sie sich ab, und für einen Moment war es, als würde die Halle hinter ihnen den Atem anhalten.
Draußen war Oberorken.
Drinnen war Ingerimm.
Und für einen kurzen Moment dazwischen, waren sie daheim.
…und sie spürte es bei jedem Schritt, den sie hinter ihnen ging. Nicht weil sie es musste, sondern weil es richtig war. Althea war keine Zwergin, und dies war nicht ihr Tempel, aber sie war *ihre* Magierin, und sie war es geworden auf einem Weg, der durch Schnee, Feuer und Schatten geführt hatte.
Sie kannte ihre Schwächen, aber sie kannte auch die der anderen. Sie hatte Furka im Rausch gesehen, Keldi im Zorn, Archon im Zweifel. Sie hatte Tondars Schweigen getragen, Hurdins Müdigkeit geteilt. Sie hatte ihnen das Licht gereicht, wenn sie im Dunkeln standen, und sie hatte ihnen vertraut, wenn die Welt um sie wankte.
Jetzt stand sie in der Schwelle zwischen Feuer und Stein, und etwas in ihr sagte: *Ich habe sie hierher geführt. Ich werde sie auch weiterführen.*
Nicht mit Befehl. Nicht mit Macht. Sondern durch das stille Wissen: *Sie gehören zusammen.*
Als die Zwerge sich vom Feuer abwandten, trafen sich ihre Blicke. Kein großes Zeichen, kein Nicken, kein Wort. Aber Furka grinste. Und Keldi legte den Kopf leicht zur Seite, so wie er es tat, wenn er etwas verstanden hatte, das nicht gesagt wurde.
Und Althea trat aus dem Schatten des Tempels zu ihnen. Ihre Verantwortung. Ihr Weg. Ihre Familie.
Sie verließen den Tempel eine Weile später und machen sich auf dem Weg über dem Marktplatz die Straße in Richtung des Flusses. Die Herberge Glücklicher Prospektor, die ihnen schon einige Nächte Unterkunft geboten hatte, lag näher zum Marktplatz, denn zum Fluss. Drei Etagen unter einem spitzen Dach aus blauen Schindeln.
Das heißt, selbst war mit dunklem Holz getiefelt, still.Sie betraten den Gastraum. Zur linken die Treppe, die nach oben führte, zur rechten die kleine Gaststube neben der Küche. Der wird schließlich wiederzuerkennen. Auf jeden Fall kam er mit einem lächeln auf sie zu. Wie lange Sie bleiben wollten. Bis zum Frühling gab Althea mit einem sanften Lächeln zurück. Keldi legte einen schweren Beutel mit Gold auf den Tresen, dem zwei weitere folgten. Der Wirt erst etwas verdutzt, wurde geschäftig, singt der Angestellte zu sich. Er könne Ihnen Zimmer bieten im zweiten Stockwerk. Mit gutem Blick über den Marktplatz, wenn Sie wünschten.
Das Haus selbst war mit dunklem Holz getäfelt, dunkel und ruhig. Sie bezogen die Zimmer, die zweite Treppenstiege hinauf. Drei große Räume und ein Eckzimmer, eine weitere kleine Kammer. Die meisten Räume blickten über die Dächer der Häuser, über den Marktplatz und die Tempel in Richtung der Hügel im Westen. Das Eckzimmer und das anschließende Zimmer blickten auf die Straße vor dem Haus nach Norden...
…und aus dem Fenster des Eckzimmers konnte man sehen, wie der Wind das Laub über das Kopfsteinpflaster trieb, über den Weg, den sie vor einer Stunde noch beschritten hatten – als Gäste. Nun waren sie hier angekommen. Nicht nur körperlich.
Furka war der Erste, der sich fallen ließ. Mit einem wohlig-knarzenden Laut sank er auf das breite Bett in der Mitte des nördlichen Zimmers und streckte sich wie ein zufriedener Hund. „Ich bleib bis zum Tauwetter“, murmelte er.
Keldi überprüfte die Fensterläden, ließ den Blick über die Dachlinie wandern. Er schien jeden Ziegel zu taxieren, als würde er einschätzen, wie sicher dieses Dach vor dem kommenden Winter schützen würde. „Das ist gut hier“, sagte er leise.
Archon stellte seine Tasche ab, zog sie aber gleich wieder zu sich heran, als sei sie ein Teil seines Körpers geworden. Im nächsten Moment war er schon im Nebenraum verschwunden – dem kleinen, abgeschlossenen Kämmerlein mit Blick auf die Straße –, seine Gedanken bereits bei Phiolen und Rezepten.
Hurdin lehnte sich im Türrahmen zurück und sah Althea an. „Zuhause?“ fragte er nicht, sagte es nur.
Sie trat langsam in den Mittelraum. Ihre Finger glitten über die Lehne eines der Stühle. Kein Artefakt, keine Aura, keine fremde Macht. Nur Holz, Handwerk, Wärme. *Das hier ist nicht Kunchom. Aber vielleicht... ist es mehr.*
Althea trat an das Fenster. Unter ihr lag Oberorken, in den letzten Stunden des Nachmittags. Händler schlossen erste Stände, Kinder rannten mit Laub in den Händen über den Platz. Ein einzelner Hammerschlag klang vom Ingerimm-Tempel herüber. Und in ihr breitete sich ein Gefühl aus, das weder Triumph noch Erleichterung war.
Es war Ruhe.
Sie drehte sich um. „Wir sind angekommen. Lasst uns auspacken.“
(Versatzstücke)
Die Gruppe steht gerade am südlichen Ortseingang von Oberorten, dort wo die große Handelsstraße ankommt. Sie blicken nach Norden, in Richtung des zentralen Marktplatzes. Sie sind angekommen. Bei jedem Schritt durch die Stadt lassen Sie Ihre Blicke nach rechts und links streichen, die Straßen hinunter, Blicke in die Viertel, als Sie sich auf den Weg zum Ingerimm Tempel machen. Bitte beschreibt mir das. Es ist kurz nach Mittag, ich glaube 14 Uhr. Das Wetter ist ein Herbsttag, der einen Hauch von Wärme mit sich bringt, wenn die Sonne durch die Wolken lugt. Oberorken liegt vor Ihnen, liegt um sie herum. Der Markt ist vielleicht ein klein bisschen langsamer jetzt nach Mittag. Sie schreiten in Anschluss der Handelsstraße hinaus zur linken und rechten die Südvorstadt und betreten dann das Zentrum. Den großen Platz in der Mitte der Travia-Tempel weiter zur Linken der Ingerim-Tempel in den Häuserzeilen der Zwergischen Bevölkerung. Zur rechten strecken sich die zwei Straßen hinunter zum Fluss, zur Vrala...
Es war kurz nach Mittag, als die Gruppe am südlichen Ortseingang von Oberorken zum Stehen kam. Die Handelsstraße lag hinter ihnen – staubig, belebt, ein Band aus Erinnerung und erlebtem Wandel. Vor ihnen aber: Oberorken. Keine Durchgangsstation mehr. Ein Ort mit Gewicht. Vielleicht: ein Zuhause.
Die Luft war klar, der Wind mild, und zwischen den Wolken ließ sich immer wieder ein Streifen blauen Himmels erahnen. Die Sonne brach hier und da durch das graue Gewölk, und in diesen Momenten legte sich ein sanfter Glanz auf die Dächer der Stadt. Ein Hauch von Wärme – fast wie ein letztes Versprechen des Herbstes, bevor der lange Winter käme.
Der Weg führte sie die breite Straße hinauf, auf der noch vor Kurzem Fuhrwerke und Reisende unterwegs gewesen waren. Jetzt war es ruhiger. Zur linken streckten sich die Häuser der Südvorstadt – bescheiden, wohlgeordnet, mit kleinen Gärten hinter steinernen Mauern. Zur Rechten lagen die alten Viertel, jene, deren Straßen hinunter zur Vrala führten. Hier wehte aus den Fenstern der Häuser der Duft von Brot, von geröstetem Korn, ein Hauch Stall – Leben, das nicht eilig war, sondern fest verankert.
Mit jedem Schritt ließ die Gruppe die Stadt auf sich wirken. Tondar, vorn, hob immer wieder leicht das Kinn, als prüfe er die Winkel der Dächer, die Biegungen der Wege. Keldi ging neben ihm, schweigend, aber in seinen Augen lag der Blick eines Mannes, der etwas wiedererkennt, das er nicht benennen muss. Althea, einen halben Schritt hinter den beiden, ließ ihre Hand an den Hausfassaden entlanggleiten – nur ganz leicht, als wolle sie spüren, was für Geschichten im Stein lebten. Furka und Hurdin musterten alles – Türen, Läden, Mensch und Mauer – mit der pragmatischen Neugier von Leuten, die wissen, wie man sich zurechtfindet. Archon ging zuletzt. Nicht aus Vorsicht, sondern weil seine Gedanken schon tiefer griffen, in das, was diese Stadt ihnen bedeuten könnte.
Dann öffnete sich vor ihnen der Marktplatz. Kein Gedränge, kein Lärm – aber ein stetiges Murmeln. Händler saßen auf Kisten, Ziegenkäse und Bolzen wurden verhandelt, Kinder trugen Körbe heim. Der Markt war nicht leer, nur... gesättigt. Wie ein Herz, das nicht mehr schlagen musste, um zu leben.
Zur linken der Travia-Tempel, schlicht, aber mit offenem Tor, aus dessen Innerem Kerzen flackerten. Weiter zur rechten, über die schmalen Dächer der angrenzenden Häuser hinweg, erhob sich der Ingerimm-Tempel: ein massiver Bau aus dunklem Stein, mit einem Schlot, aus dem sich ein dünner Streifen Rauch in den Himmel zog. Die Häuser ringsum wirkten gedrungener, robuster – hier wohnte das zwergische Handwerk, das in dieser Stadt mit jedem Schlag auf den Amboss sprach.
Und geradeaus – zwei Straßen, die sich zum Fluss hinabzogen, dem Band der Vrala folgend. Der Klang des Wassers war nicht zu hören, aber man spürte seine Nähe. Vielleicht in der Art, wie der Wind von dort heraufzog, oder in den Körben, die von dort hochgetragen wurden.
Sie standen einen Moment still.
Und dann setzte sich Tondar wieder in Bewegung.
Zielstrebig, aber nicht hastig.
Denn sie waren angekommen.
Die Strapazen der Reise, die Gefahren der Abenteurer, das Gewicht des Goldes in ihren Beuteln. Sie waren nicht mehr die selben, die damals hier durchgereist waren. Sie wählten ihren Weg bestimmt durch die Marktstände vom Travia Tempel vorbei in Richtung der Stätte des Ingerimms...
…und jeder Schritt über das Pflaster schien ihnen mehr zu sagen, als Worte es vermocht hätten.
Es war nicht mehr die Unruhe der Reisenden, die sie trugen, nicht das vorsichtige Umschauen, das jeden neuen Ort begleitete. Es war das Wissen, dass sie zurückkehrten – nicht als Gäste, sondern als solche, die etwas zu erzählen hatten.
Die Menschen auf dem Marktplatz nahmen sie wahr, wenn auch nicht mit Rufen oder Gesten. Es waren die Blicke, die ihnen folgten – ein leichtes Nicken, ein kurzes Innehalten im Gespräch. Die Zwerge, die an den Ständen standen, musterten sie mit einem prüfenden, fast anerkennenden Blick. Vielleicht erkannten sie nicht die Gesichter, aber sie sahen das, was auf der Haut geschrieben stand: Kampf, Marsch, Entscheidung.
Althea ging einen Schritt langsamer. Nicht aus Müdigkeit – sie sog den Moment ein. Der Herbst, das Volk, das leichte Spiel des Windes, der an ihrer Robe zupfte. Der Ingerimm-Tempel vor ihnen war kein Versprechen, sondern eine Antwort.
Furka schulterte seine neue Tasche etwas höher. Hurdin trat unwillkürlich aufrechter. Und Keldi… Keldi legte eine Hand an den Griff seines neuen Kurzschwerts, nicht als Drohung, sondern als Gruß an den Ort, den er kannte – und der ihn nun als einen der Seinen erkennen sollte.
Als sie die breite, leicht rußgeschwärzte Freitreppe des Tempels erreichten, war das Klopfen der Hämmer im Inneren bereits wie ein Herzschlag in der Luft. Warm, stetig, tief.
Sie waren nicht mehr die, die gegangen waren.
Und Oberorken war nicht mehr nur ein Ort auf der Karte.
Sie betraten den Tempel, eine große Halle, in der das ewige Schmiedefeuers brannte. Die rußgeschwärzte Decke strahlte Wärme aus. Althea blieb im Hintergrund, als die Zwerge ihre Last absetzen und sich vor dem Feuer versammelten. Keldi schüttete einen Beutel schimmernder Münzen in die Rinne, die das Feuer umgab. Ein In glosendem Orange gekleideter Geweihter stand abseits und nickte stumm...
Der Klang der Münzen, als sie über die Rinne rollten, war anders als jeder Klang draußen auf dem Markt – tiefer, fast ehrfürchtig. Das Glühen des Feuers war nicht bedrohlich, sondern umhüllend, wie eine Flamme, die nicht zerstört, sondern bewahrt.
Keldi neigte den Kopf. Nicht tief, aber mit der Haltung eines Zwerges, der seinen Platz kennt. Tondar trat einen Schritt zurück, legte eine Hand auf den Rand der steinernen Feuergrube. Hurdin zog das Amulett unter seinem Umhang hervor, eine kleine Arbeit aus Kupfer, und ließ es durch die Finger gleiten. Archon beobachtete schweigend, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, als sei er selbst aus Schatten gemacht.
Furka murmelte etwas – vielleicht ein alter Spruch aus den Minenschächten, vielleicht ein Liedvers. Niemand fragte nach.
Althea blieb ein paar Schritte zurück, nahe dem Eingang, die Hände vor dem Körper gefaltet. Sie wusste, dieser Ort war nicht ihrer – und doch fühlte sie sich nicht ausgeschlossen. Das Feuer spiegelte sich in ihren Augen, während sie die Zeremonie beobachtete, in der kein Wort gesprochen wurde, aber alles gesagt war.
Der Geweihte trat schließlich vor, seine Hand kurz über das Opfer hebend, dann senkte er sie wieder. Kein Segensspruch, kein Ritual mit Pomp – nur ein Nicken, so knapp wie mächtig.
Dann wandten sie sich ab, und für einen Moment war es, als würde die Halle hinter ihnen den Atem anhalten.
Draußen war Oberorken.
Drinnen war Ingerimm.
Und für einen kurzen Moment dazwischen, waren sie daheim.
…und sie spürte es bei jedem Schritt, den sie hinter ihnen ging. Nicht weil sie es musste, sondern weil es richtig war. Althea war keine Zwergin, und dies war nicht ihr Tempel, aber sie war *ihre* Magierin, und sie war es geworden auf einem Weg, der durch Schnee, Feuer und Schatten geführt hatte.
Sie kannte ihre Schwächen, aber sie kannte auch die der anderen. Sie hatte Furka im Rausch gesehen, Keldi im Zorn, Archon im Zweifel. Sie hatte Tondars Schweigen getragen, Hurdins Müdigkeit geteilt. Sie hatte ihnen das Licht gereicht, wenn sie im Dunkeln standen, und sie hatte ihnen vertraut, wenn die Welt um sie wankte.
Jetzt stand sie in der Schwelle zwischen Feuer und Stein, und etwas in ihr sagte: *Ich habe sie hierher geführt. Ich werde sie auch weiterführen.*
Nicht mit Befehl. Nicht mit Macht. Sondern durch das stille Wissen: *Sie gehören zusammen.*
Als die Zwerge sich vom Feuer abwandten, trafen sich ihre Blicke. Kein großes Zeichen, kein Nicken, kein Wort. Aber Furka grinste. Und Keldi legte den Kopf leicht zur Seite, so wie er es tat, wenn er etwas verstanden hatte, das nicht gesagt wurde.
Und Althea trat aus dem Schatten des Tempels zu ihnen. Ihre Verantwortung. Ihr Weg. Ihre Familie.
Sie verließen den Tempel eine Weile später und machen sich auf dem Weg über dem Marktplatz die Straße in Richtung des Flusses. Die Herberge Glücklicher Prospektor, die ihnen schon einige Nächte Unterkunft geboten hatte, lag näher zum Marktplatz, denn zum Fluss. Drei Etagen unter einem spitzen Dach aus blauen Schindeln.
Das heißt, selbst war mit dunklem Holz getiefelt, still.Sie betraten den Gastraum. Zur linken die Treppe, die nach oben führte, zur rechten die kleine Gaststube neben der Küche. Der wird schließlich wiederzuerkennen. Auf jeden Fall kam er mit einem lächeln auf sie zu. Wie lange Sie bleiben wollten. Bis zum Frühling gab Althea mit einem sanften Lächeln zurück. Keldi legte einen schweren Beutel mit Gold auf den Tresen, dem zwei weitere folgten. Der Wirt erst etwas verdutzt, wurde geschäftig, singt der Angestellte zu sich. Er könne Ihnen Zimmer bieten im zweiten Stockwerk. Mit gutem Blick über den Marktplatz, wenn Sie wünschten.
Das Haus selbst war mit dunklem Holz getäfelt, dunkel und ruhig. Sie bezogen die Zimmer, die zweite Treppenstiege hinauf. Drei große Räume und ein Eckzimmer, eine weitere kleine Kammer. Die meisten Räume blickten über die Dächer der Häuser, über den Marktplatz und die Tempel in Richtung der Hügel im Westen. Das Eckzimmer und das anschließende Zimmer blickten auf die Straße vor dem Haus nach Norden...
…und aus dem Fenster des Eckzimmers konnte man sehen, wie der Wind das Laub über das Kopfsteinpflaster trieb, über den Weg, den sie vor einer Stunde noch beschritten hatten – als Gäste. Nun waren sie hier angekommen. Nicht nur körperlich.
Furka war der Erste, der sich fallen ließ. Mit einem wohlig-knarzenden Laut sank er auf das breite Bett in der Mitte des nördlichen Zimmers und streckte sich wie ein zufriedener Hund. „Ich bleib bis zum Tauwetter“, murmelte er.
Keldi überprüfte die Fensterläden, ließ den Blick über die Dachlinie wandern. Er schien jeden Ziegel zu taxieren, als würde er einschätzen, wie sicher dieses Dach vor dem kommenden Winter schützen würde. „Das ist gut hier“, sagte er leise.
Archon stellte seine Tasche ab, zog sie aber gleich wieder zu sich heran, als sei sie ein Teil seines Körpers geworden. Im nächsten Moment war er schon im Nebenraum verschwunden – dem kleinen, abgeschlossenen Kämmerlein mit Blick auf die Straße –, seine Gedanken bereits bei Phiolen und Rezepten.
Hurdin lehnte sich im Türrahmen zurück und sah Althea an. „Zuhause?“ fragte er nicht, sagte es nur.
Sie trat langsam in den Mittelraum. Ihre Finger glitten über die Lehne eines der Stühle. Kein Artefakt, keine Aura, keine fremde Macht. Nur Holz, Handwerk, Wärme. *Das hier ist nicht Kunchom. Aber vielleicht... ist es mehr.*
Althea trat an das Fenster. Unter ihr lag Oberorken, in den letzten Stunden des Nachmittags. Händler schlossen erste Stände, Kinder rannten mit Laub in den Händen über den Platz. Ein einzelner Hammerschlag klang vom Ingerimm-Tempel herüber. Und in ihr breitete sich ein Gefühl aus, das weder Triumph noch Erleichterung war.
Es war Ruhe.
Sie drehte sich um. „Wir sind angekommen. Lasst uns auspacken.“

