17.04.2025, 17:19
Unterwegs mit Zwergen #18 – Goldener Zwischenhalt
Die Sonne stand noch hoch, als sich die Gruppe aus Ljasdahl aufmachte, dem schmalen Pfad zu folgen, der sich sanft durch wogende Felder und lichte Haine wand. Althea schritt mit wehendem Mantel und ihrer Harfe über der Schulter vorneweg, ihre Stiefel kaum spürbar auf dem staubigen Weg. Hinter ihr schritten die Zwerge mit gemächlichem Tritt, die Stimmung leicht, fast sommerlich. Keldi pfiff leise, Hurdin trug einen Strauß wilder Kräuter, den er auf dem Weg gesammelt hatte. Der Duft von warmem Gras und Kornblumen lag in der Luft.
Der Hjallander Hof tauchte hinter einer Biegung auf – ein befestigtes Gehöft mit dicken Holzwällen, die eher nach Abwehr denn nach Gastfreundschaft rochen. Eine Mauer aus Schweigen empfing die Gruppe. Die wenigen Menschen, die man auf den Feldern oder zwischen den Gebäuden sah, senkten die Blicke oder wandten sich ab. Kein Willkommen. Kein Wasser. Kein Wort.
Furka scharrte mit dem Stiefel in der Erde.
„Ich dachte, die Leute hier wären gastfreundlicher.“
„Vielleicht haben sie Gründe“, murmelte Archon, den Blick auf die geschlossenen Tore gerichtet.
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Die Gruppe hatte einen Platz gefunden – etwas abseits, dort, wo ein paar kleinere Nebengebäude des Hjallander Hofs standen. Zwischen ihnen und dem eigentlichen Gehöft lagen Felder und ein Hain aus alten Bäumen, durch deren Äste das Licht der Sonne wie durch ein grünes Mosaik fiel. In der Nähe summten die Bienen – ein ganzes Dutzend kunstvoll gearbeiteter Bienenstöcke stand hier, umgeben von duftendem Klee.
Ein ausgebreitetes Tuch, das Althea aus ihrer Tasche gezogen hatte, diente als Tafel. Die Mahlzeit war einfach, aber von einer Qualität, wie man sie nur in Gegenden wie dieser bekommt: frisches, noch leicht warmes Brot mit dicker, geschlagener Sahne und goldenem Honig. Der mit Wasser verdünnte Wein schmeckte blumig und mild – sicher nicht der Hochprozentige, den Furka sonst bevorzugte, aber an einem Ort wie diesem völlig richtig.
Althea saß im Schneidersitz, die Harfe über den Knien, doch sie spielte nicht – sie ließ nur die Finger sanft über die Saiten gleiten, so wie man das Fell eines vertrauten Tieres streichelt. Ihr Blick wanderte über die Landschaft, dann zu ihren Gefährten.
Hurdin und Tondar hatten sich gegen einen alten Apfelbaum gelehnt, beide mit einem zufriedenen Ausdruck. Archon kaute schweigend, den Blick auf die Stöcke gerichtet, als würde er die Struktur des Honigs studieren, um später ein Gegenmittel daraus zu entwickeln. Keldi hatte eine Biene auf seiner Hand landen lassen und beobachtete sie mit kindlicher Faszination. Furka fluchte leise, als er sich ein wenig Honig in den Bart tropfen ließ – aber selbst er musste schmunzeln.
Der Wind trug den Duft des Sommers heran: Blüten, Staub, das Harz der nahen Wälder. Für einen Moment schien es, als würde die Zeit langsamer laufen – als hätte das Abenteuer selbst angehalten, um kurz durchzuatmen.
Kein Kampf, kein Rätsel, keine Last der Verantwortung. Nur Brot, Sahne und Honig. Und das Gefühl, dass sie – für diesen Augenblick – genau dort waren, wo sie sein sollten. Vielleicht hatte man sie am Tor nicht willkommen geheißen. Aber hier, bei den Bienen und dem goldenen Licht, war ihnen ein Stück Heimat geschenkt worden.
Als sie irgendwann weiterzogen, war da kein Groll. Nur das Gefühl, dass manche Türen eben geschlossen bleiben – und dass der Weg allein manchmal Antwort genug ist.
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Am Abend kehrten sie nach Ljasdahl zurück, müde, aber gelöst. Die Sonne senkte sich hinter den sanften Hügeln, und die Silhouetten der Windmühlen warfen lange Schatten über die Felder. Im Hjallander Haus – das mit dem Hof nur den Namen teilte – wurden sie bereits erwartet. Keine großen Worte, keine Zeremonien – nur ein gedeckter Tisch, ein heißes Bad, und weiches Licht, das durch buntes Glas in die Zimmer fiel.
Sie blieben noch eine Nacht. Aus freien Stücken.
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Am nächsten Morgen führte der Weg sie in aller Frühe zum Hafen. Die Docks lagen still, doch an einem der äußeren Stege war Bewegung – ein thorwalsches Kriegslangschiff, **die Skjaldbrud**, machte sich bereit.
Ein massiver Mann mit Zopf und Tätowierung über der Schläfe schien niemanden zu beachten – bis Althea das Schreiben des Hetmanns vorzeigte. Da hob sich die Braue des Kapitäns, und der Ton veränderte sich. Aus knappen Worten wurde Gespräch. Aus reservierter Distanz: Achtung.
„Ihr steht unter Auftrag des Hetmanns? Dann segelt ihr mit uns. Und keiner an Bord wird euch anrühren.“
Er musterte die Zwerge, Altheas Harfe, ihren Stab – und dann ihre Augen. Und senkte seinen Blick.
Das Schiff war eine andere Welt. Die Riemen lang, das Holz poliert vom Salz. Jeder Mann an Deck wusste, was zu tun war – kein Geschrei, nur Bewegung. Und als sie ablegten, war es wie der Sprung eines Raubtiers ins Wasser.
Die Skjaldbrud pflügte durch den Golf von Prem wie ein Schwert durch Nebel. Die Gischt spritzte hoch, der Wind sang in den Segeln – und alles bisher Gesehene wirkte... kleiner.
Furka schwieg. Archon hielt sich am Mast fest. Althea stand mit wehendem Umhang am Bug, als sei sie Teil des Schiffes selbst.
Kurz vor Ottarje trat der Kapitän zu ihr.
„Ich wünsche euch Glück bei eurem Unterfangen. Und wenn ihr dem Hetmann berichtet – sagt ihm, dass die Skjaldbrud wieder fährt.“
Dann wandte sich das Schiff, und während die Gruppe an Land ging, verschwand es mit donnerndem Bug Richtung Prem.
Nur ein Strudel in der See blieb – und ein Moment, der lange nachhallte.
Die Sonne stand noch hoch, als sich die Gruppe aus Ljasdahl aufmachte, dem schmalen Pfad zu folgen, der sich sanft durch wogende Felder und lichte Haine wand. Althea schritt mit wehendem Mantel und ihrer Harfe über der Schulter vorneweg, ihre Stiefel kaum spürbar auf dem staubigen Weg. Hinter ihr schritten die Zwerge mit gemächlichem Tritt, die Stimmung leicht, fast sommerlich. Keldi pfiff leise, Hurdin trug einen Strauß wilder Kräuter, den er auf dem Weg gesammelt hatte. Der Duft von warmem Gras und Kornblumen lag in der Luft.
Der Hjallander Hof tauchte hinter einer Biegung auf – ein befestigtes Gehöft mit dicken Holzwällen, die eher nach Abwehr denn nach Gastfreundschaft rochen. Eine Mauer aus Schweigen empfing die Gruppe. Die wenigen Menschen, die man auf den Feldern oder zwischen den Gebäuden sah, senkten die Blicke oder wandten sich ab. Kein Willkommen. Kein Wasser. Kein Wort.
Furka scharrte mit dem Stiefel in der Erde.
„Ich dachte, die Leute hier wären gastfreundlicher.“
„Vielleicht haben sie Gründe“, murmelte Archon, den Blick auf die geschlossenen Tore gerichtet.
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Die Gruppe hatte einen Platz gefunden – etwas abseits, dort, wo ein paar kleinere Nebengebäude des Hjallander Hofs standen. Zwischen ihnen und dem eigentlichen Gehöft lagen Felder und ein Hain aus alten Bäumen, durch deren Äste das Licht der Sonne wie durch ein grünes Mosaik fiel. In der Nähe summten die Bienen – ein ganzes Dutzend kunstvoll gearbeiteter Bienenstöcke stand hier, umgeben von duftendem Klee.
Ein ausgebreitetes Tuch, das Althea aus ihrer Tasche gezogen hatte, diente als Tafel. Die Mahlzeit war einfach, aber von einer Qualität, wie man sie nur in Gegenden wie dieser bekommt: frisches, noch leicht warmes Brot mit dicker, geschlagener Sahne und goldenem Honig. Der mit Wasser verdünnte Wein schmeckte blumig und mild – sicher nicht der Hochprozentige, den Furka sonst bevorzugte, aber an einem Ort wie diesem völlig richtig.
Althea saß im Schneidersitz, die Harfe über den Knien, doch sie spielte nicht – sie ließ nur die Finger sanft über die Saiten gleiten, so wie man das Fell eines vertrauten Tieres streichelt. Ihr Blick wanderte über die Landschaft, dann zu ihren Gefährten.
Hurdin und Tondar hatten sich gegen einen alten Apfelbaum gelehnt, beide mit einem zufriedenen Ausdruck. Archon kaute schweigend, den Blick auf die Stöcke gerichtet, als würde er die Struktur des Honigs studieren, um später ein Gegenmittel daraus zu entwickeln. Keldi hatte eine Biene auf seiner Hand landen lassen und beobachtete sie mit kindlicher Faszination. Furka fluchte leise, als er sich ein wenig Honig in den Bart tropfen ließ – aber selbst er musste schmunzeln.
Der Wind trug den Duft des Sommers heran: Blüten, Staub, das Harz der nahen Wälder. Für einen Moment schien es, als würde die Zeit langsamer laufen – als hätte das Abenteuer selbst angehalten, um kurz durchzuatmen.
Kein Kampf, kein Rätsel, keine Last der Verantwortung. Nur Brot, Sahne und Honig. Und das Gefühl, dass sie – für diesen Augenblick – genau dort waren, wo sie sein sollten. Vielleicht hatte man sie am Tor nicht willkommen geheißen. Aber hier, bei den Bienen und dem goldenen Licht, war ihnen ein Stück Heimat geschenkt worden.
Als sie irgendwann weiterzogen, war da kein Groll. Nur das Gefühl, dass manche Türen eben geschlossen bleiben – und dass der Weg allein manchmal Antwort genug ist.
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Am Abend kehrten sie nach Ljasdahl zurück, müde, aber gelöst. Die Sonne senkte sich hinter den sanften Hügeln, und die Silhouetten der Windmühlen warfen lange Schatten über die Felder. Im Hjallander Haus – das mit dem Hof nur den Namen teilte – wurden sie bereits erwartet. Keine großen Worte, keine Zeremonien – nur ein gedeckter Tisch, ein heißes Bad, und weiches Licht, das durch buntes Glas in die Zimmer fiel.
Sie blieben noch eine Nacht. Aus freien Stücken.
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Am nächsten Morgen führte der Weg sie in aller Frühe zum Hafen. Die Docks lagen still, doch an einem der äußeren Stege war Bewegung – ein thorwalsches Kriegslangschiff, **die Skjaldbrud**, machte sich bereit.
Ein massiver Mann mit Zopf und Tätowierung über der Schläfe schien niemanden zu beachten – bis Althea das Schreiben des Hetmanns vorzeigte. Da hob sich die Braue des Kapitäns, und der Ton veränderte sich. Aus knappen Worten wurde Gespräch. Aus reservierter Distanz: Achtung.
„Ihr steht unter Auftrag des Hetmanns? Dann segelt ihr mit uns. Und keiner an Bord wird euch anrühren.“
Er musterte die Zwerge, Altheas Harfe, ihren Stab – und dann ihre Augen. Und senkte seinen Blick.
Das Schiff war eine andere Welt. Die Riemen lang, das Holz poliert vom Salz. Jeder Mann an Deck wusste, was zu tun war – kein Geschrei, nur Bewegung. Und als sie ablegten, war es wie der Sprung eines Raubtiers ins Wasser.
Die Skjaldbrud pflügte durch den Golf von Prem wie ein Schwert durch Nebel. Die Gischt spritzte hoch, der Wind sang in den Segeln – und alles bisher Gesehene wirkte... kleiner.
Furka schwieg. Archon hielt sich am Mast fest. Althea stand mit wehendem Umhang am Bug, als sei sie Teil des Schiffes selbst.
Kurz vor Ottarje trat der Kapitän zu ihr.
„Ich wünsche euch Glück bei eurem Unterfangen. Und wenn ihr dem Hetmann berichtet – sagt ihm, dass die Skjaldbrud wieder fährt.“
Dann wandte sich das Schiff, und während die Gruppe an Land ging, verschwand es mit donnerndem Bug Richtung Prem.
Nur ein Strudel in der See blieb – und ein Moment, der lange nachhallte.

