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Efferdmorgen
#38
Unterwegs zwischen Cardhavn und Vidsand, 19. Schlachtmond. Es ist Firunsdag.
Letzte Nacht war es spät geworden. Bjaki erzählte und erzählte. Vor lauter Reden hatte er fast nichts gegessen. Gut für den Rest von uns, denn die Ochsenkeule schmeckte wirklich vorzüglich. Einar erklärte mir, dass gerade Schlachtmond sei - der thorwalsche Name für den Monat Travia. Dieser heiße so, da um diese Jahreszeit jede Menge Vieh geschlachtet werde, da man nicht alles über den Winter bekomme. Beim Met wurden meine Thorwaler Freunde äußerst aufgeschlossen und ich hatte am Ende das Gefühl, einer von ihnen zu sein. Ich habe beschlossen, fortan meine Einträge in Thorwalscher Zeitrechnung zu notieren.
Wir hatten eine gute Zeit miteinander. Lediglich Torgrid wirkte hin und wieder etwas unentspannt, vor allem als Isidor einen seiner Jonglierbälle verlor und dieser unter Torges Bett kullerte. Sie ist eben eine Mutter, und das kann sie nicht mal gerade eben abschalten. Wir blieben noch den Vormittag und brachen nach dem Essen und einer ausführlichen Verabschiedung auf.
Leider sind Cardhavn und Vidsand nicht durch einen Pfad miteinander verbunden, und da heute kein Schiff in Richtung Süden auslief, beschlossen wir, uns irgendwie an der Küste entlang durchzuschlagen. Der Weg über Waskir und Tyldon ist keine Alternative, zumal uns da irgendwo noch Nariell auflauern könnte, was für uns mit Sicherheit keine angenehme Begegnung werden dürfte.
"Heute sehr windig sein", brach Isidor nach zwei Stunden Fußmarsch entlang der Küste die Stille, die seit unserer Abreise zwischen uns herrschte. "Das Gefühl habe ich auch", erwiderte Bjaki, "nur, dass es diesmal nicht der Beleman ist. So wie hier die Wellen in die Brandung haun, sollten wir unser Lager heute weiter landeinwärts aufschlagen." - "Belewas?", hakte ich nach. "Der Westwind", erklärte mir Svanja. "Er ist einer der Sieben Winde." -"Und was ist mit den anderen sechs?" -"Die sind nicht ganz so harmlos", tönte es aus dem Rauschebart unseres Druiden. Besorgniserregend fuhr er fort: "Nuianna, die zweite der Sieben Winde, bringt Nebel. Horoban, der dritte, sorgt für Dunst. Nummer vier, Rondrikan, kommt als Hurrikan. Der fünfte, Caranthu, ist ein geheimnisvoller Ostwind, der Schiffe schnell werden lässt. Zu schnell, wenn man nicht aufpasst. Der sechste, Harunka, ist ein Kälte bringender Fallwind." - "Und der siebte?" - "Lasst uns ein Nachtlager aufschlagen. Wir haben nicht mehr lange Tageslicht." Ich kann es ehrlich gesagt gar nicht haben, wenn jemand meine Fragen ignoriert. Bei Lornir allerdings kann ich es zweimal nicht haben, weil das meistens nichts Gutes bedeutet. Gereizt warf ich meinen Rucksack auf den Boden. Ich spürte eine warme Hand auf meiner Schulter. Es war Svanja. "Katla." -"Und?" -"Katla ist die jüngste der Sieben Windgeschwister. Man sagt sich, wenn sie aus dem Meer emporsteigt und singt, dass dann das Wasser um sie herum zu Säulen wird und die Flut so heftig, dass ganze Landstriche bis weit ins Geest überflutet werden. Außerdem..." - "Außerdem was?"- "Naja, ich bin Thorwalerin. Wir sind ein abergläubisches Volk. Du wirst mir ja doch nicht glauben." - "Das werde ich erst beurteilen können, wenn du mir sagst, was es noch mit Katla auf sich hat." - "Einer der Seefahrer in den Vier Winden erzählte mir mal, dass er Katla mitten im Meer singen gesehen habe und die Wassersäulen um sie herum so stark gewesen sein sollen, dass es abscheuliche Kreaturen aus dem Wasser gezogen hat...." - "Wie sahen diese Kreaturen aus?" Es war Lornir, der Svanja unterbrach. "Naja...er war schon was angetrunken...", fuhr unsere Thorwalerin fort. - "Svanja, du sagst mir jetzt, wie diese Kreaturen aussahen!" Lornir wurde lauter. Jetzt schien auch er besorgt zu sein. Währenddessen blies es unbeeindruckt weiter um unsere Ohren. Bjaki und Isidor hatten alle Mühe damit, unser Gepäck zusammenzuhalten. "Naja...", fuhr Svanja schließlich fort. "...Laut Aussage des Gasts waren es mehrere Seeschlangen. Ihre schwarze, schuppige Haut war voll von Muscheln, Algen und Seetang besetzt - wie bei Wracks, die es auf den Meeresgrund verschlagen hat. Eines von ihnen soll sogar gehörnt gewesen sein." - "Bist du dir sicher, Svanja?" Lornir wollte es genau wissen. "Klar bin ich mir sicher. Der Gast erinnerte sich sogar noch an die genaue Anzahl der Hörner. Es waren acht." - "Schamaschtu", kam es dem Alten über die Lippen. Keiner von uns wagte nachzufragen, was es damit auf sich hat.
Stillschweigend versuchten wir zu vergessen, was wir gerade eben gehört haben. Hinter einem Felsvorsprung wurde ein Feuer gemacht. Einar hat uns reichlich Ochsenfleisch mitgegeben, von dem wir heute Abend zehren konnten. Als ich zum Austreten für einen kurzen Augenblick verschwand, folgte mir Lornir Mit seinen eisgrauen Augen starrte er mich an: "Fion, du musst Grimring finden. Versprich mir das." - "Ich verstehe nicht." - "O doch, du verstehst. Versprich mir, dass du Thorwal und Hetmann Tronde bei deinem Leben verteidigen wirst." -"Ich verspreche es dir, Freund Lornir." Er packte meine rechte Hand mit der seinen, sodass sich unsere Unterarme berührten. Dann verschwand er in Richtung Strand.
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Efferdmorgen - von Fíonlaighrí - 08.02.2013, 16:29
RE: Efferdmorgen - von Fíonlaighrí - 09.02.2013, 10:09
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