25.07.2013, 08:38
(24.07.2013, 20:26)Rabenaas schrieb: Irgendwelche mysteriösen Geheimverträge mit Adenauer und Brandt, welche das Grundgesetz und diverse andere Gesetze außer Kraft setzen? Und die sollen hier und jetzt bindend sein?Ein internationaler Vertrag hat, nachdem er ratifiziert ist, in der nationalen deutschen Rechtsordnung den Status eines einfachen Gesetzes. Er kann also andere einfache Gesetze im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängen. Er kann aber nicht das - höherrangige - Grundgesetz außer Kraft setzen.
Allerdings kann es zu einem permanenten Konflikt mit dem Grundgesetz kommen. Denn wenn ein ratifizierter internationaler Vertrag in einem Vertragsstaat gegen Verfassungsrecht verstößt, bleibt er völkerrechtlich gleichwohl wirksam und bindend. Dann kann es passieren, daß der Staat im Außenverhältnis zu seinen Vertragspartnern zu einer Leistung - hier Datenerhebung und -übermittlung - verpflichtet ist, die er innenrechtlich gar nicht vornehmen darf. Er hat dann die Wahl zwischen Vertrags- und Verfassungsbruch. Das ist der Grund, weshalb (nur) Ratifizierungsgesetze für völkerrechtliche Verträge (zuletzt z.B. das ESM-Gesetz) vor dem Inkrafttreten vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden können (wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird).
Ob diese Verträge wirklich das Grundgesetz verletzen, ist aber ja nochmal eine ganz andere Frage. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist ja nicht schrankenlos gewährleistet. Wenn die deutschen Verpflichtungen aus den Verträgen also vor dem Hintergrund eines legitimen Interesses noch verhältnismäßig sind, dann kann es sogar sein, daß die Verfassung dem nicht entgegensteht. Denn in den Verträgen steht ja - so wie ich die Berichte verstehe - nicht, daß Deutschland anlaßlos flächendeckend alle Daten erheben und weiterreichen muß.
Ich will damit nicht sagen, daß ich das alles gut finde, so wie es ist. Nur sollte man vorsichtig sein, mit dem Vorwurf von Rechts- und Verfassungsbruch. Der ist schnell ausgesprochen, wenn man etwas illegitim findet, muß aber nicht immer auch wirklich gegeben sein.
(24.07.2013, 16:39)tommy schrieb: Deutschland ist ganz groß darin, bestehende Verträge, egal welcher Art, auch lange nach deren "Notwendigkeit" (zum Beispiel im Kalten Krieg) aufrechtzuerhalten. Wenn man an der dt. Regierung diesbezüglich etwas kritisieren möchte, dann dies.Ein Problem bei internationalen Verträgen ist, daß sie nicht kündbar sind, wenn das nicht extra vereinbart wurde. Aus einem solchen Vertrag kommt man nur heraus, wenn man mit allen beteiligten Vertragsstaaten einen Aufhebungsvertrag schließt. Und das Interesse der Amis daran dürfte gegen Null tendieren. Mithin bestehen einfach wenig Optionen, dieses alte Recht außer Kraft zu setzen.
(24.07.2013, 20:26)Rabenaas schrieb: Anscheinend gibt es da schon ein paar Sachen, auf die man dann aber nach amerikanischer Intervention doch lieber verzichtet hat.Du hast gewißlich Recht, daß die EU den Wünschen der USA in Sachen Datenverfügbarkeit zuweilen deutlich zu weit entgegenkommt. Aber das ist ja ein anderes Thema. Die Frage war, ob Frau Merkel hinsichtlich der US-Geheimdienstaktivitäten bewußt weggeschaut hat bzw. was sie dagegen hätte tun können, wenn sie hingeschaut hätte. - Und schärfere Datenschutzregeln hätten dahingehend nun einmal überhaupt nichts bewirkt. Denn die NSA schert sich beim Mitschneiden von Internetkommunikation nun einmal nicht um das in anderen Staaten geltende Datenschutzrecht.
http://www.spiegel.de/international/worl...05520.html
"Haut die Säbel auffe Schnäbel."