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Naturschutz in Selbstjustiz - ethisch gerechtfertigt?
(30.04.2012, 20:38)Rabenaas schrieb: Interessant. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ist es denn biologisch gesehen ein Nachteil, wenn es eine genetische Diversität gibt? Normalerweise bringt man das ja mit größerer genetischer "Robustheit" in Verbindung. So wurde mir das jedenfalls in Bio beigebracht. Andererseits will man manche reinrassigen Tierarten ja auch als solche erhalten. Macht also schon Sinn.

Genetische Diversität per se ist niemals ein Nachteil, aber unter Umständen sind standortfremde Provenienzen schlicht nicht überlebensfähig. Zur genetischen Vermischung kommt es bei Waldbäumen ohnehin erst nach sehr langer Zeit, persönlich würde ich sagen wenn der Baum es soweit geschafft hat besteht auch kein Grund mehr zur Sorge. Allerdings muss man beachten dass Provenienzen aus verschiedenen Ursprungsregionen auf der geographischen Nord-Süd-Achse unterschiedliche Eigenschaften haben die nicht nur das Holz als Rohstoff (Wirtschaftlichkeit/Nutzen) beeinflussen sondern auch Auswirkung auf die ökologische Stabilität des Waldökosystems haben. Beispielsweise haben Bäume aus südlichen Gefilden ein im Verhältnis zu nördlichen nach hinten verschobenen Wachstumszyklus, sprich der Baum fängt später an zu wachsen und hört auch im Herbst später damit auf. Prinzipiell ergibt sich hieraus eine erhöhte Winterfrostanfälligkeit. Im Umkehrschluss sind "nördliche" Pflanzen in "südlichen" Gefilden hochgradig spätfrostgefährdet. Das ist nur ein Beispiel das zeigen soll dass unvorsichtig ausgewähltes Saatgut hier vielleicht überhaupt nicht überlebensfähig ist. Ob die genetischen Eigenschaften der Spessart-Buchen so selten ist dass man den verlust genetischer Informationen durch die Einbringung fremder Bäume befürchten muss wage ich aber zu bezweifeln :D

(30.04.2012, 20:38)Rabenaas schrieb: Naja, durch subtilere Methoden wird man nicht die bekannteste grüne NGO. Und in manchen Fällen, wie z.B. der neuen Gesetzgebung zur Abholzung in Brasilien, wäre Holzhammeraktionismus schon angebracht, finde ich.

Da hast du recht und ich muss meine Aussage insofern korrigieren dass es manchmal wirklich Angebracht ist in akuten Missstandsfällen schnell und unbürokratisch zu handeln, erinnern wir uns an die ursprüngliche Walfangthematik. Raubbau in den Tropen ist selbstverständlich auch ein heikles Thema. Im Falle des Spessart-Konfliktes aber sehe ich persönlich im Verhalten von Greenpeace ein Fehlverhalten und eine Schädigung des Images der Organisation.

(30.04.2012, 22:14)Edvard schrieb: - Monokulturen: In Bayern ist es zumindest so, dass man beim Aufforsten (also das Setzen von Bäumen) vom Förster je nach Bodenbeschaffung, etc. vorgeschrieben bekommt, was man wie pflanzen muss. (Also welche Baumarten - es sind mindestens 2 - und in welchen Abstand zueinander.) Ob man hier Auswahlmöglichkeiten hat, kann ich grad nicht sagen.)
Trotzdem wird der wirtschaftliche Aspekt noch berücksichtigt.

Es ist bundesweit so dass das anlegen von Monokulturen nicht mehr zulässig ist. Es gibt sogenannte "forstliche Standortskartierungen" welche den Förstern die für ihren Standort geeigneten Baumarten aufzeigen. Das Mischungsverhältnis, Verjüngungsverfahren etc. obliegt dabei dem Urteilsvermögen des Försters der nach wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten dort relativ freie Hand hat, je nachdem wie der Forstbetrieb organisiert ist, welche Ziele er hat und wie weitsichtig er denkt.

Zitat:- *Verbiss: Gehört eigentlich nicht hierher, aber da das in vielen Regionen Bayerns ein ewiges Streitthema ist, will ich es kurz umreißen. In vielen Regionen gibt es viel zu viele Rehe, die gerade junge Bäume so stark verbeißen, dass die keine Chance haben zu wachsen. Die werden teilweise auch ganz rausgerissen. Dadurch sind die Wälder ohne Unterholz und es gibt keine natürliche Verjüngung. Will man die haben, muss der Waldbesitzer seinen Wald einzäunen und das Wild dadurch aussperren. Hat mein Bruder auch auf vielen Flächen gemacht und der Unterschied ist schon nach dem ersten Jahr wie Tag und Nacht.

Darauf will ich noch kurz eingehen, da ich ja die Jagd auch kurz erwähnt habe. Was du beschreibst ist tatsächlich der Grund wieso die Jagd auf Schalenwild (Reh, Rot, Dam, Schwarz (Schweine), Sika, Muffel) nicht nur wirtschaftlich sondern auch ökologisch sinnvoll und angebracht ist. Es ist nämlich stellenweise nicht möglich aufgrund der Wilddichte einen Wald in einen gesunden, naturnahen Mischzustand zu überführen weil die Verjüngung verbissen wird und der Wald in seiner Artenzahl dadurch verarmt. Zaunbau ist eine alternative die allerdings sehr teuer ist und auch das Wanderverhalten der Fauna unter Umständen stark beeinflusst. Wildbestände zu "bewirtschaften" bzw. populationen "gesundzuschießen" ist in aller Regel, erst recht bei Rehen, nicht nötig.

Zitat:Warum die Jäger die Abschusszahlen nicht erhöhen, kann unterschiedliche Gründe haben. Bei uns in der Gemeinde ist es teils Bequemlichkeit und teils ein finanzieller Aspekt.
Die Abschusszahlen werden alle (ich glaube) 5 Jahre neu bestimmt, allerdings kann man das oftmals durch lokalpolitisches Geschleime und Gedrohe so beeinflussen, dass alles beim alten bleibt.

Das Problem hierbei ist, dass der Jagdsektor in seinen Grundzügen immernoch im Mittelalter stehengeblieben ist, ebenso wie das Selbstverständnis vieler Jäger. Leider auch der (politische) Einfluss der Jägerschaften. Das umfasst viele Jagdzeiten (beispielsweise das Jagen auf Rehböcke im Mai ist einzig und allein auf die Trophäenjagd zurückzuführen und weder wildbiologisch noch ökologisch sinnvoll) genauso wie Abschusszahlen und die Freigabe bestimmter Tiere während der Jagd. Im Grunde muss, so denke ich, das Jägerhandwerk von Grund auf in seinem Verständnis und der Außenwirkung umgekrempelt werden und strikt nach Wildbiologischen- und Waldschutzrichtlinien ausgeprägt werden.

Zitat:Wer so einen typischen ungesunden und offensichtlich bewirtschafteten Wald sehen will, der schaue sich die ersten 10 Minuten von Game of Thrones an.

:D Du glaubst garnicht wieviele Filme mir dadurch kaputtgemacht worden XD Wenn beispielsweise die tapferen Gefährten durch eine Kiefernkultur ziehen oder Menschen in Gruselfilmen durch einen "dichten" Wald hetzen, man aber genau weiß dass man problemlos von der einen zur anderen Seite durchschauen könnte... :silly:
"Ich bin ein Schwein, ich bin die Krone der Schöpfung... Willst du mich?" - Rainald Grebe
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