18.11.2011, 03:36
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18.11.2011, 03:40 von Wolverine.)
(16.11.2011, 14:15)Rabenaas schrieb:Gut, ich bin davon ausgegangen, dass wir nur über veröffentlichte Meinungen diskutieren, alles andere interessiert ja nicht.Zitat:Ehrlich gesagt merke ich gerade nicht, worauf Du hinaus willst?Vielleicht ist es nur Deine Ausdrucksweise. Kantel darf alles meinen, was er will. Zu Problemen kommt es u.U., wenn er seiner Meinung Ausdruck verleiht.
(16.11.2011, 14:15)Rabenaas schrieb:Um das ganze zu verstehen, muss man erkennen, dass es in einem wichtigen Punkt einen grundsätzlichen Dissens zwischen den beiden gibt: Bei der Frage der Abteibung. Für Kardinal Meissner (und die rkK) handelt es sich bei der Abtreibung um eine Tötung eines lebendigen Wesens (aus göttlicher Schöpfung), eine Tötung unter besonderen Umständen zwar, aber letztlich doch um eine Tötung. Er betrachtet dieses Problem auch eher aus der Theorie heraus (nicht ganz unlogisch für eine männerdominierte Organisation) und liegt dabei ja durchaus auf der Linie des Gesetzes. Denn laut §218 ist die Abtreibung grundsätzlich erstmal nicht erlaubt, es gibt aber zahlreiche Ausnahmen. Man kann das vielleicht am eheseten mit der Nothilfe/Notwehr vergleichen. Grundsätzlich darf ich einem anderen Menschen keinen körperlichen Schaden zufügen, es denn ... . Aus dieser Logik heraus sind die ~ 100000 Abtreibungen jedes Jahr allein in Deutschland für ihn dann auch vermeidbare und zu vermeidende Tötungen. Kumuliert man diese Zahl über ganz Europa und mehrere Jahre/Jahrzehnte kommt man folgerichtig zu Dimensionen, die dazu verleiten können, die Abtreibung mit Dingen zu vergleichen, mit denen man in Deutschland besser nichts vergleichen sollte: Punkt 1.Zitat:Es steht immer noch die Frage im Raum nach dem Sinn und Zweck seiner Tirade.Ich kann natürlich auch nur mutmaßen. Ausgelöst wurde der Vorfall ja durch die Äußerungen von Kardinal Meisner. Ich erkenne in diesen drei Hauptpunkte. Erstens haut er mit dem Vergleich brutal in eine alte Kerbe. Zweitens wird im Vorbeigehen die Antiatombewegung (und das Unglück von Fukushima) bagatellisiert.
Weiterhin stellt er aus dieser Sicht heraus fest, dass die Abtreibungen einen viel größeren Schaden anrichten, als es die Atomkraft (trotz Tschernobyl, Fukushima etc. ..) je könnte, woraus er schließt, dass der Protest gegen Abtreibungen eigentlich viel wichtiger sein müsste. Auch scheint ihn ein Gefühl beschlichen zu haben, dass bei vielen zur Atomkraft neutralen Menschen stehenden Menschen angesichts der Vorgänge im Ausland derzeit umsich greift, nämlich dass der übereilt beschlossene Atomaustieg nach Fukushima vielleicht doch nicht die beste Lösung und damit gar kein so erstebenswertes Ziel ist.
Kantel hingegen betrachtet die Abtreibung (vermutlich, denn genau weiss ich es natürlich nicht) aus der praktischen Sicht des Alltags heraus, in der sie de fakto erlaubt ist, solange man sich an gewisse Regeln hält. Wahrscheinlich betrachtet er sie auch als einen wichtigen Erfolg der Frauenbewegung bei ihrem Kampf für mehr Selbstbestimmungsrechte. Von dieser Warte ist sie dann ein 'normaler' und notwendiger, wenn auch nicht besonders erstrebensweter Vorgang, jedenfalls keine verdammungswürdige Massentötung. Deshalb ist es für ihn natürlich absurd, die Abtreibung mit dem Holocaust zu vergleichen. Ich vermute mal, ihm ist auch überhaupt nicht klar geworden, aus welcher Überlegung heraus (s.o.) Kardinal Meissner das getan hat. Ähnlich verhält es sich dann mit dem Vergleich zur Atomkraft, der für ihn genauso schräg ist. Aufgrund der Heftigkeit, mit der er reagiert hat, vermute ich mal, dass er sich zumindest von der Sympathie her in der Ant-Atomkraft-Bewegung verortet, für die der jetzt beschlossen Ausstieg natürlich ein ganz ganz großer Sieg war. Und vermutlich ist es bei ihm wie bei vielen anderen großen Wünschen, die in Erfüllung gehen: Hinterher beschleicht einen das ungute Gefühl, dass dessen Erfüllung möglicherweise (viel zu) teuer erkauft wurde: Punkt 2
(16.11.2011, 14:15)Rabenaas schrieb: Drittens bleibt die Skandalserie als elephant in the room unerwähnt.Das ist zwar richtig, klärt aber die entscheidende Frage nicht: Darf sich die rkK trotz des Missbrauchsskandals, begangen von weit weniger als 0,001 % ihrer Mitglieder, weiterhin zu anderen Themen äußern, oder nicht? Oder muss sie das immer mit der demütigen Erwähnung des Skandals verbinden, auch wenn es thematisch nichts miteinander zu tun hat?
(16.11.2011, 14:15)Rabenaas schrieb: Ich denke, Kantel ist einfach der Kragen geplatzt, und er hat sein bisschen Medienmacht genutzt, um Gegenöffentlichkeit herzustellen. Dass sein Kommentar geradezu satirisch überspitzt ausfiel, liegt daran, dass die Kirche "normale" Kritik in der Vergangenheit immer erfolgreich ausgesessen hat.Das dumme ist aber, dass man nur mit normaler, konstruktiver Kritik überhaupt Wirkung erzielen kann. Und der Eindruck, dass die rkK diese bisher immer einfach ausgessen hat, täuscht. Sie reagiert durchaus darauf, nur äußerst langsam und schwerfällig, aber erkennbar an den Veränderungen, die sie über lange Sicht durchgemacht hat.
Mit seinem euphemistisch als "satirisch überspitzt" bezeichneten Rant erreicht er, wenn überhaupt, höchstens das Gegenteil: Die rkK sammelt ihre Truppen und bringt sie in Stellung, während die, die dem Rant zustimmen, der rkK vermutlich noch nie irgendetwas abgewinnen konnten.
Für mich, der mit der rkK bisher eher wenig am Hut hatte, hat er ihr mit dieser offensichtlich überzogenen Kritik auch nicht weiter geschadet, allerdings hat er seine eigene Glaubwürdigkeit komplett verloren. Auch habe ich erst jetz im Lauf unserer Diskussion begonnen zu verstehen, warum er so ausgerastet ist. Vorher war das für mich nur ein scheinbar sinnloser Anfall von Hass gegen Kardinal Meissner und die rkK.
(16.11.2011, 14:15)Rabenaas schrieb: Ob man Kantel jetzt Feigheit unterstellen muss, weil er vermutlich nicht mit Mordanschlägen bedroht wird, sei mal dahin gestellt. Immerhin reden wir von einer Staatskirche. Da darf man doch wohl gewisse Mindeststandards erwarten.Du meinst, wer eine Staatskirche beleidigt, sollte grundsätzlich mit einem gewissen Mindestlevel an (körperlicher) Bestrafung rechnen dürfen/können/müssen?
(16.11.2011, 14:15)Rabenaas schrieb:Zitat:Fällt Dir irgendein Skandal ein, nach dem man sich beruhigt zurücklehnen konnte, und sagen konnte, dass sowas jetzt garantiert nicht mehr passieren wird?Jedenfalls ist sowas hoffentlich einmalig.
Es wäre zu hoffen, dass dem so ist, aber ich glaube nicht daran: Sowohl in meiner Schulzeit als auch in meiner Zeit als Zivi hab ich Vorfälle mitbekommen, die eigentlich ein Fall für die Polizei gewesen wären, aber "intern geregelt" wurden. Natürlich nicht vom Kaliber dieses Missbrauchs; aber ich vermute mal, auch bei härteren Fällen hätte man zumindest in Erwägung gezogen, das erstmal intern zu klären. Dieses Bestreben dürfte umso größer werden, je wichtiger ein "guter Ruf" für die Organisation ist, in der es passiert. Da wird dann leicht argumentiert, dass individuelles Versagen nicht den Ruf der gesamten Organisation schaden dürfe, und der Betreffende genausogut intern bestraft werden kann. Anfällig für solche Ideen dürften vorallem Religionsgemeinschafte, karitative und soziale Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, sowie Gewerkschaften und Parteien sein. Ob man das "Göttliches Recht", "Lex Caritas" oder "Mir machet des so" nennt, ist dann nicht mehr wichtig.
(16.11.2011, 14:50)Edvard schrieb: Mal ne Frage: Woher kennt man den Kantel überhaupt? Nur durch seine Blogs oder ist er in der medialen Umwelt woanders auch noch zu sehen/lesen?Ich persönlich kannte Kantel vom Namen her vorher nicht, seinen Blog hatte ich früher zwar mal angesehen, aber als für mich nicht weiter interessant eingeordnet. Ich wüsste auch nicht, dass er außer diesem einen Blog irgendwo anders noch aktiv ist.
Mir war er bis dato nämlich unbekannt, daher könnte es auch gut sein (wenn ich mich als Normalfall betrachte), dass der Kirche trotz Anzeige und (wahrscheinlich) Prozess diese "Kritik" mittel- und langfristig am Allerwertesten vorbei geht.