Nexus schrieb:Und 2.ens: Bist du von Beruf Therapeut?
Nein - Ich mache nichts, was unmittelbar mit Psychologie zusammenhängt. Aber wie Crystal schon sagte: ich bin Papa. Und ich war selbst mal Sohn (bins ja eigentlich immer noch ;o)
Das sind zwei seehr aufschlußreiche Berufe
Nexus schrieb:Wenn ich die Frage: Warum? stelle kommt meisens die Antwort: So Halt (=Weil ich es so sage).
Was soll ich da machen
Tja, blöd..
Mein Lieblingsvortragender bei meinen Weiterbildungskursen würde da sagen, dass ist ein klassisches Beispiel für die Traktionsanalyse. Klingt kompliziert, ist es aber nicht.
(bitte ausnahmsweise _nicht_ in der Wikipedia nachlesen.. dort ist es .. etwas komplizierter ;o))
Theorie
Prinzip ist, dass die Handlungen/Kommunikationsmuster/.. jedes Menschen aus einem von drei inneren Denkansätzen kommen:
-Eltern Ich (Du mußt jetzt..! Hast du schon wieder nicht..? Wie oft soll ich noch..?)
-Erwachsenen Ich (normale, rationale, Kommunikation - Warum, wieso, also meinen sie dass..)
-Kinder Ich (Immer ich!, Ja!*schnell verschwind*, Nein - dass mache ich ganz bestimmt nicht!, Und jetzt erst recht!, *heul*..)
Beispiele
Kommunikation Papa-Sohn, v1:
P: "Räum Dein Zimmer auf! Das schaut immer so aus!" (Papas ElternIch zielt auf Sohns KinderIch)
"Wie oft soll ich Dir noch sagen, dass Du dein Zimmer aufräumen sollst?" (Papas ElternIch zielt auf Sohns KinderIch)
S: dreht sich um und geht stumm zu werke (Sohns KinderIch antwortet Papas ElternIch)
"Nein, ganz sicher nicht" (setzt sich auf den Boden und wartet) (Sohns KinderIch antwortet Papas ElternIch)
Bsp 2:
P: Räume bitte Dein Zimmer auf (Papas ErwachsenenIch -> Sohns ErwachsenenIch)
S: Warum (Sohns ErwachsenenIch ->Papas ErwachsenenIch)?
P: Ich muß staubsaugen und sonst sauge ich dein Zeugs ein. (Papas ErwachsenenIch ->Sohns ErwachsenenIch)
S: Ja, mache ich (Sohns ErwachsenenIch ->Papas ErwachsenenIch)
Parallele Kommunikationsmuster:
In diesen Beispielen waren die Kommunikationswege parallel - dh:
PapaElternIch -> SohnKinderIch und SohnKinderIch -> PapaElternIch
oder
PapaErwachsenenIch -> SohnErwachsenenIch und retour sohnErwachsenenIch -> PapaErwachsenenIch
Parallel kommt daher, da wenn Du dir das aufmalst (links die drei Papa-Ichs[Eltern/Erwachs./Kinder-Ich] und rechts die drei Sohn-Ichs[Eltern/Erwachs./Kinder-Ich]), die Dialog-Pfeile zueinander parallel sind.
Parallele Kommunikationsmuster sind bei uns 'eingefahren', dass heißt sie "funktionieren", solange niemand sie verläßt. Wohin sie führen sei dahingestellt..
Gekreuzte Kommunikationsmuster
Interessant wird es, wenn der Papa aus seinem ElternIch auf das KinderIch des Sohnes zielt ("Wie oft soll ich Dir noch sagen, dass Du dein Zimmer aufräumen sollst?") aber das Kind ganz ernst aus seinem ErwachsenenIch das ErwachsenenIch des Papas anspricht:
"Warum muß ich heute schon wieder? Ich habe doch erst gestern zusammengeräumt und so schlimm sieht es ja nicht aus, oder meinst du was spezielles? Was genau soll ich bitte zusammenräumen?"
Diese Kommunikation ist gekreuzt:
Papas ElternIch -> Sohn KinderIch
Sohn ErwachsneneIch -> Papas ErwachsenenIch
gekreuzte Kommunkationsmuster klappen nicht wie am Schnürchen. Was soll der Papa jetzt machen? Einlenken? Papa *grübelt* - Verliert er da Authorität? Soll er sein Verhalten ändern (Änderung = Aufwand & Risiko => macht niemand gern)?. Ergebnis ist meist kein Sinnvolles, in Bezug auf die aktuell besprochene Sache.. aber es besteht die Chance auf eine Verhaltensänderung, ein Einlenken in der Art der Kommunikation, ein umspuren auf eine parallele PapaErwachsenenIch -> SohnErwachsenenIch und retour sohnErwachsenenIch -> PapaErwachsenenIch Kommunikation.
Ziel
Dein Ziel ist es, deine Mutter dazu zu bringen, mit dir aus dem ErwachsenenIch zu reden.
Es besteht aber die Chance, dass - früher oder später - Sie einlenkt und ihr Verhalten ändert. Vor allem, wenn Du Sie immer fein mit ElternIch->ElternIch Kommunikation anspricht.
Tipps
Wie Du dir sicher denken kannst, ist das für sie um einiges komplizierter als die bisherige Schiene (Das 'weil ich es so sag' macht es ja sehr einfach für sie.. kein Argumente finden, keine langend Diskussionen, alles so wie immer weiter..) - also mache Ihr das Leben in dieserZeit nicht noch schwerer als es denn sein muß (Sohn spricht aus Erfahrung
)
Sorge wärend der Gespräche dafür, dass Du nicht auf das KinderIch zurückfällst, dh auch kein motzen und Gesicht verziehen, keine Klischees ausgraben (Ihr Mütter sagt ja immer..) und keine Vorurteile benutzt (Immer muß ich..). Gib auch acht, dass Du deine Eltern nicht lächerlich machst, indem du sie stellenweise parodierst; auch sei nicht herablassend und somit dein eigenes ElternIch herauskramst - lerne Dich im Griff zu haben für diese Gespräche.
Ein weiterer guter Ansatz, den ich gehört habe war dieser:
Beispiel Chef, der seine Mitarbeiter immer mit ElternIch -> KinderIch Kommunikation anspricht, und alle kuschen. Alle? Nein! Es gibt eigentlich immer einen, der anders ist (nein, kein Gallier) Einen in Chefs Umgebung, bei dem das nicht klappt. Einen, mit dem er 'normal' redet. Meist darum, weil bei diesem Einen die ElternIch -> KinderIch Schiene nicht klappt. Und dann frag Dich: was macht dieser eine anders? Und das adaptierst Du für Dich und baust es bei Dir mit ein.
Also beobachte mal, wie deine Mutter mit anderen spricht, und auf welche Muster sie wie antwortet.
Details und _wirklich_ lesenswertes:
Vielleicht gibt es eine bessere Quelle, aber das hier hab ich mal grade gefunden. Es macht einen
sehr guten Eindruck, ist kurz gehalten und recht einfach zu lesen. Bittesehr:
www.ibl.uni-stuttgart.de/selfstudy/fileadmin/projektstudie2005/vorlesung/transaktionsanalyse.ppt
wobei bis einschließlich Kapitel 4 die wichtigsten Sachen abgedeckt sind.
Das Prinzip zu durchschauen, und sich selbst in Bezug darauf zu kennen ist - meiner Meinung nach -eine Schlüsselfertigkeit im Leben. Wenn Du es fertig hast, würde ich Dir empfehlen, es nochmals zu lesen, denn das Verständnis dafür wird dafür sorgen, dass Dir in Zukunft niemand auf der Nase herumtanzt, angefangen bei deinen Eltern, fortgesetzt bei den Lehrern (vorsicht - Authoritätsverlust des Lehrers = qualvoller Lehrertod) und auch deine Vorgesetzten im Berufsleben Dich mit Respekt behandeln.
Vielleicht schreib ich morgen noch ein Post dazu, mit etwas .. hmm.. sagen wir mal 'interessanten' Ideen ;o)
cu, Daniel
Ich bin schizophren. Ich auch. Können Sie unser Gehalt verdoppeln?