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Mich treibt im Moment die Frage um, ob der anhaltende Retrotrend bedeutet, dass Computerspiele früher besser waren.
Meine vorsichtige Antwort lautet: Ja.
Die Impulse kommen nicht von AAA-Titeln. Wie das x-te Battlefield aussieht, interessiert in einem Jahr keinen mehr. Kleine Titel wie Slenderman und Minecraft sind Dauerbrenner. Minecraft würde ich sogar als Borderlineretrotitel bezeichnen. Früher gab es viel individuellere Spieleschmiden. Hat unter den aktuellen Bombasttiteln einer das Zeug zum Klassiker?
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22.07.2018, 19:24
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.07.2018, 20:25 von aeyol.)
Gute Frage ... kann man das überhaupt objektiv und vor allem so verallgemeinert beantworten? Ich meine, nach welchen Kriterien willst du das beurteilen?
Zur Grafik:
Es gibt Spiele, kleine und große (also Indie- und AAA), die durch ihre visuelle Präsentation überzeugen und genau dadurch auch im Gedächtnis bleiben. Weil man merkt, dass da Entscheidungen getroffen wurden, Licht und Farbe bewusst eingesetzt wurden. Grading findet natürlich bei vielen Spielen statt, aber nicht alle wirken dadurch automatisch ästhetischer/ansprechender und "gut". Aber wenn es gelingt, ist dieser Aspekt handwerklich "gut" umgesetzt.
Aber kann Grafik allein dafür sorgen, dass ein Spiel im Gedächtnis bleibt und zum "Klassiker" wird? Also ersteres schon, würde ich meinen - wenn die Grafik wirklich sehr markant/charakteristisch ist. Aber das heißt nicht, dass das Spiel "automatisch" auch im Gedächtnis bleibt/zum Klassiker wird, nur weil es handwerklich gut gemacht ist!
Gameplay und Balancing:
Auch hier würde ich sagen, es gibt durchaus auch heute noch Spiele, die mit ihrem Gameplay überzeugen und auch in Zukunft als Klassiker noch funktionieren werden. Schon eher als alte Spiele, deren Gameplay heutzutage altbacken, mühsam und anstrengend wirken kann, oder? Andererseits: Sind nicht auch Spiele zu Klassikern geworden, OBWOHL ihr Gameplay (oder ein anderer Aspekt/andere Aspekte) eigentlich schlimm - also eben gerade NICHT gut war?
Story:
Auch da bin ich der Meinung, dass auch heute noch spannende oder tiefgründige Geschichten in Spielen erzählt werden. Sicher nicht in allen Spielen, und auch nicht mal in allen Spielen, in denen man dies versucht ...
Konzept/Spielidee (und Setting):
Das führe ich mal noch als eigenen Punkt auf, weil ein sehr eigenständiges, kreatives Spielkonzept sich sowohl in der Story als auch in der Steuerung/im Gameplay äußern kann.
Ein Spiel mit einem individuellen, herausragenden/genialen Konzept kann immer noch handwerklich und grafisch derart mies umgesetzt sein, dass es wohl kein Klassiker wird ...
Sound:
Gibt es Spiele, die allein oder vor allem aufgrund ihres Sounds im Gedächtnis bleiben? Vielleicht. Bei mir wäre möglicherweise Planescape Torment so ein Fall, weil ich den Soundtrack auch heute noch einfach nur genial finde. Der Sound allein macht aber natürlich nicht das Spiel selbst "gut" oder zum Klassiker.
Aber muss es denn ein Bombast-Titel sein, der das Zeug zum Klassiker hat?
Mir fällt spontan zum Beispiel die Deponia-Reihe von Daedalic ein, die ich schon ziemlich zeitlos finde. Klar, sie erinnert im Gameplay enorm an klassische Spiele und wendet sich eher in die Vergangenheit, als in die Zukunft. Und innovativere Projekte von Daedalic haben mich alle nicht so überzeugt (Silence - Gameplay und für meinen Geschmack geradezu widerwärtige Verniedlichung ;P).
Was sind denn für dich Spieleklassiker, und warum / aufgrund welcher Aspekte sind sie deiner Meinung nach zum Klassiker geworden? Ich frage mich wirklich, ob es überhaupt sinnvoll ist, die Eigenschaft "gut" mit "Klassiker" insofern gleichzusetzen, dass heutige Spiele nicht mehr zu Klassikern werden könnten, weil sie nicht "gut" seien. Oder zumindest nicht so gut wie Spiele "von früher" (wo fängt das "heute" an, wo hört das "früher" auf?).
Ich sehe auch keine mangelnde Individualität bei Indie-Spieleschmieden. Bei actionreicheren Titeln, also solchen, die eher als AAA für großes Publikum taugen, fallen mir als positive Beispiele Horizon Zero Dawn ein (okay zugegeben, Konsolenspiel - aber so ein cooles Setting ) sowie Hellblade. Und dann sind da noch die abgedrehten Japan-Actionspiele, denen man wohl kaum vorwerfen kann, nicht individuell zu sein (auch wenn ich selbst damit jetzt nichts anfangen kann). Nier Automata wurde da hochgelobt und soll angeblich grandios sein. Und Persona 5?
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22.07.2018, 20:54
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.07.2018, 21:21 von Rabenaas.)
Naja, es gibt schon mal die Spiele im Museum of Modern Art, an denen man sich orientieren könnte.
Was auffällt ist, dass der Schwerpunkt klar bei älteren oder irgendwie rückwärtsgewandten Titeln (Dwarf Fortress?!?) liegt.
Warum ist das so? Vielleicht weil, um de Saint-Exupéry zu paraphraisieren, Perfektion nicht durch Hinzufügen erreicht wird?
Viele alte Spiele hatten ein schräges Gameplay. Aber empfinden wir das nicht nur so? Ich habe vor einer Weile das hochgelobte Sinbad von Cinemaware gespielt. Da fiel es mir zum ersten mal auf, wie stromlinienförmig Spiele geworden sind. Wir haben uns an WASD gewöhnt haben. Es gibt einfach Spielgewohnheiten, die antrainiert sind. Ein Spiel mit großem Budget muss wie auf Schienen laufen, um niemand zu überfordern.
Viele Amiga-Spiele hatten erstklassige Grafik. Die durchschnittliche Teamstärke lag so bei 4-6 Nerds, würde ich sagen. Inklusive Programmierer und Musiker. Machen Spiele mit hunderten Schöpfern mehr oder weniger Spaß?
Klar, das ist ein wenig polemisch. PoP:Sands of Time mag ich sehr wegen der Stimmung, und die hatten z.B. ein großes Team. (Nichts im Vergleich mit dem Original natürlich, und da hat einer praktisch alles gemacht.) Oder Hλlf-Life. Red Dead Redemption würde ich gerne ausprobieren. Iko und Shadow of the Colossus sind ja schon zu Retro zu zählen. Das schöne ist, man muss nur fünf Jahre warten, dann ist alles irgendwie Retro.
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23.07.2018, 12:17
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.07.2018, 12:18 von aeyol.)
Naja, wenn sie den Schwerpunkt ganz bewusst auf die Wurzeln der Computerspiele setzen, wie wir sie heute kennen - dann ist es kein Wunder, wenn in der Ausstellung hauptsächlich "rückwärtsgewandte" Titel zu finden sind. Museum of "modern" Art - ok. Aber bei dieser Ausstellung bezieht es sich eben bloß auf Videospiele an sich als moderne Kunstform.
Auch wenn da ein paar neuere Titel dabei sind - auch das sind ja welche, die bereits Wurzeln für gameplaytechnisch vergleichbare Klone geworden sind. Es ist schön zu sehen, wo Spielkonzepte, die man vielleicht nur in abgekupferter Form gesehen/gespielt hat, ursprünglich herkommen. Aber das macht die Klone nicht automatisch schlechter als das Original.
Und nur weil man in dieser einen Ausstellung den Schwerpunkt auf genau diese Spiele setzt, bedeutet das ja nicht, dass die "besser" seien. Es ist eine Darstellung der Herkunft, der Geschichte des Videospiels. Insofern finde ich den Threadtitel bzw. die These absolut polemisch, ja. Nur weil ein Museum Höhlenmalerei zum Thema macht, bedeutet das nicht, dass die besser wäre als Kunst aus der Zeit des Impressionismus. Das ist ja das Schöne an der Computerspiel entwicklung, Konzepte und Ideen können, sollen und dürfen doch weiter entwickelt werden und sich mit der Zeit verändern. Und es ist wunderbar, wenn man auch die Ursprünge noch "erleben" kann und sie in heutiger Zeit auch immer noch in sich funktionieren und überzeugen, unterhalten, fordern, zum Nachdenken bringen können.
Wenn du dem deutschen Computerspielemuseum einen Besuch abstattest, wirst du wiederum sehen, dass die wieder eine andere Auswahl getroffen haben - mit meines Wissens auch teilweise wechselnder Ausstellung. Natürlich gibt es aber auch Überschneidungen. Aber die fangen teils bei noch älteren Spielen an.
Zitat:Machen Spiele mit hunderten Schöpfern mehr oder weniger Spaß?
Spielspaß hat nichts damit zu tun, wie ein Spiel entstanden ist und ob viele oder wenige Menschen an der Entwicklung beteiligt waren.
Mir fallen gerade noch zwei Spiele ein, die für mich Klassiker sein werden irgendwann einmal: "Unravel" und "Ori & the Blind Forest". Und Unravel ist, will ich meinen, steuerungstechnisch schon eher ungewöhnlich.
Und dann ist da noch "Thomas was Alone", welches sich meiner Meinung nach in jeder Hinsicht ebenfalls einen Platz im Museum verdient hätte.
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Früher war die Grafik nicht so aufwändig. Und ganz früher auch keine komplette Vertonung von Dialogen. Da blieb Geld und Zeit für Inhalte. Auch war alles neu, und man konnte mehr experimentieren.
Davon mal abgesehen, den Schrott den man früher auch produziert hat, ist vergessen. In Erinnerung bleiben die guten Spiele.
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Früher war es vermutlich auch einfacher, etwas zu entwickeln, was "noch nie dagewesen ist". Ich meine, dafür, dass das Rad bereits erfunden wurde, können die Entwickler von heute ja auch nichts.
Irgendwann beginnen Ideen, sich zu wiederholen, und man muss dafür nicht einmal wissen, dass bereits jemand anderer die Idee bereits hatte und umgesetzt hat.
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(23.07.2018, 13:30)Dablau schrieb: Früher war die Grafik nicht so aufwändig. Und ganz früher auch keine komplette Vertonung von Dialogen. Da blieb Geld und Zeit für Inhalte.
Ist nun der Inhalt das, worum es geht? Oder darf es auch graphisch bombastisch sein, ohne das der Inhalt in Mitleidenschaft gezogen wird?
Oder anders formuliert: Sind optisch ansprechende Games also inhaltlich eher unterbesetzt?
Blockbuster z.B. fahren in einem großen Teil auf dem Weg der graphischen Präsentation. Es ist nunmal einfacher, aus den Horden von Graphikdesignern (nicht abwertend gemeint) mit genügend Geld eine Truppe aufzubauen, die dann ein optisches Feuerwerk hinlegt. Moderne Engines sind leicht zu lizenzieren, also kann man mit relativ überschaubaren Aufwand einen Titel produzieren, der optische Vollgas gibt. Davon gibt es m.M.n. insbesondere bei EA einiges.
Es gibt aber auch Spiele, die graphisch auf hohem oder höchsten Niveau sind, inhaltlich aber noch mehr rausstechen. GTA V fällt mir da ein. Ist mittlerweile etwas älter, daher graphisch nicht mehr ganz SOTA, aber inhaltlich ein tolles Spiel mit ungezählten Anspielungen und satirischen Bemerkungen.
Oder Watch Dogs 1 (auch nicht mehr ganz SOTA, aber immer noch ziemlich nett anzusehen). Inhaltlich aber ein Wahnsinnsbrett, meiner Meinung nach. Selten ein Spiel gespielt, was optisch meist recht bunt und fröhlich aussah, mit blauem Himmel und Sonnenschein, aber inhaltlich saumäßig düster rüber kam. Hellblade müsste in eine ähnliche Schublade fallen, das habe ich noch nicht gespielt. Sieht aber auch saugut aus (der Beginn des Trailers, wo einfach nur die ruhige See zu sehen ist, ist für mich immer noch ein Meisterwerk).
Ich glaube einfach, weil es mittlerweile deutlich einfacher geworden ist, ein Spiel zu produzieren (viele vorgefertige Engines, viele Freelancer für Digital Assets, ...), ist die Schwemme umso größer. Und weil in dieser Schwemme viele schlechte Games dabei sind, meint man, es wäre früher besser gewesen. Das glaube ich aber nicht. Früher waren es deutlich weniger Spiele insgesamt. Wie viele Top-Games sind euch noch in Erinnerung? Und wie viele erscheinen z.B. noch in 2018? Nur mal so als Verhältnis
Nebenbei gibt es auch moderne Spiele mit tollem Spielprinzip, ohne großen Graphikbombast. Factorio zum Beispiel
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(22.07.2018, 18:24)Rabenaas schrieb: Mich treibt im Moment die Frage um, ob der anhaltende Retrotrend bedeutet, dass Computerspiele früher besser waren.
Meine vorsichtige Antwort lautet: Ja. Meine Antwort lautet eher: Nein.
Früher wurde Schrott fabriziert und es wurden auch geile Spiele gemacht. Heute wird Schrott fabriziert und heute werden auch geile Spiele gemacht. Da ich persönlich nicht ALLE Spiele von damals und heute kenne, fällt es mir schwer, da ein Urteil zu fällen, zumal es sowieso schwierig ist, da objektiv zu sein. Aber die besten Spiele, die ich in den letzten Jahren so gekauft/gespielt habe, fand ich persönlich sogar besser als die besten "alten" Spiele, die ich so im Regal liegen habe. Von daher kann ich mich dieser Sichtweise nicht anschließen. Ich berufe mich da aber eben nur auf meine eigenen Erfahrungen.
Wie gesagt finde ich, dass das wirklich schwer objektiv zu beurteilen ist. Da kann ich mich aeyols Frage, anhand welcher Kriterien man das wirklich festmachen will, anschließen. Vielleicht hätte die subjektiv gehaltene Formulierung "Gefallen euch alte oder neue Spiele besser" besseren Diskussionsstoff geliefert. Den jetzigen Threadtitel, der irgendwie nach der absoluten Wahrheit sucht (und man liest deinen eigenen Standpunkt aus der Überschrift auch schon deutlich heraus), finde ich schwierig. Denn das scheint mir doch ein sehr subjektives Thema zu sein.
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23.07.2018, 18:49
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.07.2018, 18:50 von Rabenaas.)
Wir diskutieren doch. Mir kommt es auf objektive Urteile und letzte Wahrheiten gar nicht an. Soll doch jeder spielen, was sie oder ihn unterhält.
Aber was tatsächlich auffällig ist, ist die Retro-Lawine. Es gibt offensichtlich eine große Fraktion von Computerspielern, die mit den Füßen (und ihrem Geld) für alte oder auf alt gemachte Spiele abstimmen. GOG steht immer noch für "Good Old Games". Retrokonsolen von Nintendo und Sega werden zu Wucherpreisen gehandelt, weil sich der Bedarf nicht schnell genug decken lässt. Trauert die Generation Gameboy ihrer Kindheit hinterher, oder geht das tiefer?
Ich meine, größere Teams bedeuten größeres Budget, bedeutet finanzielles Risiko, bedeutet weniger Mut zum Experimentieren. Genau so wie in Hollywood. Die alten schwarz/weiß-Filme haben ihr Publikum eher respektiert, meine ich.
Außerdem bedeuten z.B. vollvertonte Dialoge eine Einschränkung der Kompelexität, weil es einfach teuer ist, viele alternative Diskussionsfäden zu vertonen. Wenn es sich nur um Texte handelt, kann sich der Autor viel mehr Freiheiten erlauben. Insofern wirkt die Eingeschränktheit der alten Plattformen tatsächlich befreiend.
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(23.07.2018, 18:49)Rabenaas schrieb: GOG steht immer noch für "Good Old Games". Und werden dort nicht auch Spiele angeboten, deren Release gerade mal ein, zwei Jahre zurück liegt? Kann mich auch irren.
Nintendo ... ja, geile Kiste. Mein Cousin hat noch so'n Ding. Hat er mal ersteigert. Und wir treffen uns ein, zwei Mal im Jahr. Ich, mein Bruder und mein Cousin eben. Und wir kippen uns einen und zocken dabei Mario Kart, Superstar Soccer, Street Fighter II oder dergleichen. Und haben dabei einen Heidenspaß. Das sind geile Dinger, ohne Zweifel. Ob etwaige Wucherpreise nun in Wert oder Seltenheit begründet sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich hab über ebay auch schon mal ein uraltes PS1-Spiel für satte 50 Öcken ersteigert, weil es anderswo eben nicht mehr zu bekommen war.
Wieviele neue Spiele kennst du denn eigentlich? Du machst doch ohnehin um viele einen großen Bogen wegen Steamzwang und so weiter. Ist auch dein gutes Recht, ich bitte darum, nun nicht falsch verstanden zu werden. Kann dich keiner für kritisieren. Ich bin auch kein Freund von Steam, Origin oder dergleichen. Mir wär auch lieber, es ginge ohne. Hätte ich mich in dieser Hinsicht aber auf stur gestellt, wären mir viele Spiele entgangen, die ich mittlerweile nahezu vergöttere. Von daher bin ich froh, da über meinen Schatten gesprungen zu sein. Aber diese Steam-Debatte will ich nun eigentlich auch nicht wieder aufwärmen und sie gehört auch nicht hierher. Ich gebe nur zu bedenken, dass das den Blickwinkel verzerren kann. Ich finde es zweckmäßiger, ein Urteil anhand eigener Eindrücke zu fällen als anhand irgendwelcher Statistiken.
Zitat:Mir kommt es auf objektive Urteile und letzte Wahrheiten gar nicht an.
Das glaube ich dir gerne, aber wie gesagt, der Threadtitel und dein Eingangspost deuten nicht darauf hin. Das meinte ich von wegen Formulierung.
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Wenn ich z.B. als Spielentwickler-Veteran noch eine alte Lizenz rumliegen habe, von einem Spiel, das Spieler früher mal gemocht haben, dann kann ich wenig oder viel Arbeit in ein Remaster oder Remake investieren - die Leute werden es wohl kaufen, allein schon aus nostalgischen Gründen und wegen des Namens, bei dem man in etwa weiß, was einen erwartet. Erinnerung, glattgespült im Laufe der Zeit. Ich frage mich welcher Anteil der Spieler, die solche Remastered Versionen kaufen (ich meine jetzt solche, die nur für moderne Betriebssysteme angepasst wurden - und sei es nur mit passender DosBox) - diese dann auch tatsächlich nochmal durchspielen? Sind das für einige Spieler doch nur Erinnerungsstücke für ihr persönliches Spielemuseum? Die Disketten, CDs, Hardware fürs Original hat man ja vielleicht nicht mehr, hat auch keinen Platz für sowas (in der Wohnung oder im Leben), und dann gibt es wenigstens die Software noch.
Ich glaube, diese Sehnsucht nach Retrospielen kommt tatsächlich daher, dass viele mit dem Spielen von Videospielen irgendwann einfach aufgehört haben ... und dann sind das Erinnerungen an eine Zeit, in der sie sorgloser waren und Zeit für sowas hatten.
Und dann neue Spiele, die einfach nur Retro-Optik haben: Zum einen gibt es Game Engines, die sowas forcieren. Siehe RPG Maker oder AGS.
Zum anderen sind, möchte ich behaupten, Spiele in Retro-Optik einfach günstiger zu produzieren. Es gibt kostenlose oder kostengünstige Pakete mit fertigen Pixelgrafiken, die generisch und abstrakt genug sind, dass sie schon irgendwie zum Setting des eigenen Spiels passen. Klar, ich betrachte das alles immer ein bisschen aus Grafiker-Sicht, und natürlich ist das nicht alles was ein Spiel braucht.
Aber für Sounds gilt ähnliches.
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23.07.2018, 19:29
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 23.07.2018, 19:43 von Rabenaas.)
@Pergor: Mit Retro-Konsolen meinte ich eigentlich nicht alte Originale, sondern die miniaturisierten Nachbauten mit großem Spielepaket. Es gibt sogar einen Atari 2600 mit Holzoptik. Gehen weg wie warme Semmeln.
Was Steam betrifft, deren Erfolg wäre vielleicht auch geringer ausgefallen, wären die teuren, neuen AAA-Titel zum Release nicht von vielen billigen alten flankiert. GOG bietet mittlerweile sogar pre-order auf viele Titel. Aber die Idee und das Kerngeschäft liegen nach wie vor woanders.
Ich bin insofern ein Spezialfall, weil ich immer schon hauptsächlich vom Grabbeltisch gekauft habe. Meine Vollpreisspiele kann man an einer Hand abzählen. (Aber die NLT war dabei. )Im Moment hänge ich (abgesehen von Freeware) mindestens zehn Jahre hinterher, wenn man vom gelegentlichen Daddeln an Fremdkonsolen absieht. Und ja, weil alle nur noch Steam-Spiele auf ihre Zeitschriften pappen, sieht es so aus, als würde der Rückstand noch größer werden.
Aber jetzt interessiert es mich, auch mit Hinblick auf den Threadtitel, welche Spiele Du vergötterst. Der Trend geht sowieso zum Let's-Play-Gucken.
(23.07.2018, 19:10)aeyol schrieb: Und dann neue Spiele, die einfach nur Retro-Optik haben: Zum einen gibt es Game Engines, die sowas forcieren. Naja, notch hat sich bewusst für die Minimalgrafik von Infiniminer entschieden. Shovel Knight war sicher auch kein "Opfer der Umstände". (Apropos, Grimrock, ...)
Ich glaube schon, dass Spieledesigner "retro" als selling point und biologische Nische erkennen. Am extremsten sieht man das vielleicht an der (kleinen) Renaissance der Textadventures.
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Ich meine ja auch nicht, dass ALLE ihre Spiele mit RPG Maker & Co machen, oder sich allein deshalb für die Retro-Optik entscheiden. Aber es mag einer der Gründe sein - einfach weil es besser finanzierbar ist, insbesondere für ein Indie-Studio in den Startlöchern. Natürlich kann man sich bewusst für Abstraktion entscheiden wie zB der Entwickler von Thomas was Alone - abstrakter geht es ja kaum - aber wenn alle das machen würden, wäre es auch wieder Einheitsbrei. Obwohl man sicher eine Menge Geschichten in dieser Form und Ästhetik erzählen könnte.
Retro ist halt einfach nur eine weitere Stilkategorie ... ich jedenfalls kaufe kein Spiel, *weil* es "retro" ist oder so aussieht. Wenn ich beispielsweise jetzt also DOTT nochmal spiele, dann nicht, weil es "retro" ist, sondern weil ich die Charaktere klasse finde - und das Zeitreise-Thema, das ich noch nicht in so vielen Spielen gesehen habe. Aber das Thema hat mich genauso auch in "Life is Strange" begeistert, ein komplett anderes Spiel, das überhaupt nicht retro ist.
Tja, aber ich gehöre wohl auch einfach nicht zu DER Zielgruppe von Retro-Käufern, die du meinst. Denn mein Geld würde ich eben nicht für irgendwelche alten oder auf alt getrimmten Konsolen zum Fenster rauswerfen. Weil es mir um die Inhalte geht, und nicht um die Verpackung.
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Bei den Konsolen geht es mMn auch eher um das Softwarepaket. Der C64-Joystick war ja eben auch kein Brotkasten. Das ist so, als hätte man eine umfassende Sammlung.
Gerade habe ich gelesen, dass Nintendo jetzt ROM-Seiten verklagt. Scheint so, als wollen die nach Jahrzehnten an ihren alten Titeln wieder was verdienen.
https://www.notebookcheck.com/Nintendo-v...730.0.html
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Nein früher war nicht alles besser, aber ....
Erinnert ihr euch an den 3D-Kino Blockbuster Avatar?
Die alte Geschichte von Pocahontas in 3D und die Eingeborenen sind nicht rot sondern blau.
Geschichten (Inhalt), Storyline und Spielprinzip gibt es halt nicht endlos viele.
Gerne bleibt uns der Erste in Erinnerung aber durchaus auch Andere, die es schaffen Story, Optik und Spielbarkeit zeitgemäß umzusetzen.
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Mir hat "Avatar" trotzdem gefallen.
Eines kann man wohl sagen: "Früher war alles neuer!"
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24.07.2018, 15:23
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24.07.2018, 16:30 von Pergor.)
(23.07.2018, 19:29)Rabenaas schrieb: @Pergor: Mit Retro-Konsolen meinte ich eigentlich nicht alte Originale, sondern die miniaturisierten Nachbauten mit großem Spielepaket. Naja, wenn die Spiele von damals nicht gut gewesen wären, würde sich der Kram ja gar nicht verkaufen. Letztlich ist das ja egal. Diese Nachbauten werden ja eben gekauft, weil die Originale kaum mehr zu bekommen sind.
Zitat:Aber jetzt interessiert es mich, auch mit Hinblick auf den Threadtitel, welche Spiele Du vergötterst. Der Trend geht sowieso zum Let's-Play-Gucken.
Also mit diesen "Let's Plays" brauchst du mir nicht zu kommen, damit befasse ich mich nun wirklich kein Stück.
Ich könnte ein paar Spiele runterleiern, aber sicherlich habe ich so ziemlich jedes davon hier im Forum schon irgendwo erwähnt. Witcher 2 und 3 [Edit: Wobei Teil 1 auch super war, aber es ist ewig her, dass ich mir das gekauft habe], Mass Effect 1-3, die letzten beiden Tomb Raider ... alles Meisterwerke, wie ich finde. Und sie alle bestechen durch enorme Spiellänge, ohne dabei langweilig zu werden. Oder wenn, dann nur phasenweise mal. Und viel Story mit guter Qualität (meiner Meinung nach) ist da auch überall vorhanden. Also da bekommt man auch was für sein Geld geboten. Viel mehr Spiele habe ich die letzten Jahre auch gar nicht gekauft. "The Evil Within" noch, was mir auch durchaus gefallen hat, und halt diverse "Point&Click"-Adventures, bei denen auch keins dabei war, dessen Kauf ich im Nachhinein bereut habe.
Im "Point&Click"-Bereich (mag ich ja auch sehr gerne) habe ich bisher immer noch echte Perlen gefunden, wenn ich da mal wieder was spielen wollte. Auch Sachen, die aus dieser Dekade stammen. Wobei die Suche da zugegebenermaßen immer schwieriger wird, dieses Genre erlebt derzeit wohl nicht gerade einen Boom. Schade eigentlich.
Edit2: Ich habe grade zufällig gesehen, dass sogar in einigen Wochen ein neuer "Tomb Raider" erscheinen wird. Ich bin mir jetzt schon sicher, dass der auch wieder grandios wird.
Edit3: Ja, Avatar war wegen der eher abgelutschten Story hier und da Kritik ausgesetzt. Trotzdem mochte ich den Film auch. Und speziell im Kino war er wirklich ein Erlebnis.
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24.07.2018, 20:57
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24.07.2018, 21:03 von Rabenaas.)
(24.07.2018, 15:23)Pergor schrieb: Zitat:Aber jetzt interessiert es mich, auch mit Hinblick auf den Threadtitel, welche Spiele Du vergötterst. Der Trend geht sowieso zum Let's-Play-Gucken.
Also mit diesen "Let's Plays" brauchst du mir nicht zu kommen, damit befasse ich mich nun wirklich kein Stück. Klar, aber so kann man die Spiele nachvollziehen, ohne dass man sie kaufen oder gar einen Steam-Client ( ) installieren muss.
Die Kinder gucken heute nur noch LPs. Selbst spielen ist denen zu stressig.
EDIT: An Avatar fand ich den glaubwürdigen Bösewicht gut. Der ist ja eigentlich gar nicht böse, sondern macht nur seinen Job sehr gründlich. Der Rest - naja, ich hab's zwei mal auf DVD gesehen. Kann so schlimm nicht gewesen sein.
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25.07.2018, 18:50
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2018, 18:58 von Pergor.)
(24.07.2018, 20:57)Rabenaas schrieb: EDIT: An Avatar fand ich den glaubwürdigen Bösewicht gut. Der ist ja eigentlich gar nicht böse, sondern macht nur seinen Job sehr gründlich. War das ironisch gemeint? Ich fand ihn schauspielerisch zwar auch gut. Stephen Lang gefällt mir sowieso, auch z.B. in "Terra Nova". Aber dass der in Avatar "eigentlich gar nicht böse" ist, kann ich so nicht unterschreiben. So wurde er m.E. nicht dargestellt. Als die Situation eskalierte, hat der seinem Vorgesetzten irgendwas vorgelabert von wegen "Verluste gering halten" und erstmal "ganz human mit Tränengas". Letztendlich wurde daraus ein Gemetzel und das von Anfang an. Unter seiner Führung.
Zitat:Die Kinder gucken heute nur noch LPs. Selbst spielen ist denen zu stressig.
Erstmal wäre ja zu klären, wer in die Kategorie "Die Kinder" fällt, aber ich finde, das stimmt so nicht. Der Trend ist in den letzten Jahren viel dahin gegangen mit diesen "Let's Plays". Steht außer Frage. Aber die wenigen aus meinem Umfeld, die sich damit befassen, spielen auch selber sehr viel. Ohne Ausnahme. Mag nicht repräsentativ für die ganze Welt sein, ok. Aber dennoch wage ich mal, diese Aussage in Frage zu stellen. Stressvermeidung scheint mir kaum die vorrangige Motivation für Interesse an "Let's Plays" zu sein.
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25.07.2018, 19:16
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 25.07.2018, 19:44 von aeyol.)
Ich gehöre zwar nicht zur Generation Youtube, schaue aber hin und wieder durchaus mal in Let's Plays rein. Sei es, weil ich ein tolles Spiel eh nie spielen werde, weil es exklusiv auf einer Konsole erscheint, die ich nicht haben will... oder weil ich in einem Spiel mal nicht weiterkomme und nen kleinen Hint brauche. Klar, für letzteres sind walkthroughs besser geeignet.
Aber auch aus Spielentwicklersicht können Let's Plays super interessant sein! Zum einen ist es oft unterhaltsames Feedback, zum anderen hilft es, wenn ein Spiel sich noch in Entwicklung befindet, Probleme ausfindig zu machen, die beim Testen vielleicht nicht als störend aufgefallen sind. Was man dann wieder in Patches oder zukünftigen Spielen verbessern kann. Let's Plays sind also eben nicht nur für Kinder.
Es gibt ein Spiel, das ich mitten drin hingeschmissen und als lets play zuende geschaut habe, weil die quick time events einfach nur zum kotzen waren und das spiel keinen spaß mehr gemacht hat - Fahrenheit...
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